Entscheidungsdatum: 10.04.2017
Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1. Der 1978 geborene Kläger trat 2004 in den Vorbereitungsdienst für den höheren Dienst des Auswärtigen Dienstes ein. Nach Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe wurde sein Besoldungsdienstalter auf den 1. Mai 1999 festgesetzt. Auf dieser Grundlage erreichte er am 1. Mai 2007 die Besoldungsstufe 5 und hätte nach weiteren 3 Jahren die nächste Stufe erreicht. Die Beklagte änderte mit Wirkung vom 1. Juli 2009 die gesetzliche Besoldungsstruktur und stellte die bis dahin geltenden Altersstufen auf Erfahrungsstufen um. Auf Grundlage des vom Kläger erzielten Bruttogehalts wurde er der Überleitungsstufe zu Stufe 2 zugeordnet, was zum Erreichen der regulären Stufe 2 zum 1. Mai 2010 führte. Den hiergegen gerichteten Widerspruch, mit welchem der Kläger die Höherstufung in die Stufe 3 beanspruchte, wies die Beklagte zurück. Klage und Berufung des Klägers sind ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Die Einordnung des Klägers in die Überleitung Stufe zu Stufe 2 entspreche den gesetzlichen Regelungen. Die früher allein am Lebensalter orientierte Besoldungsstruktur habe eine Diskriminierung wegen des Alters dargestellt. Diese Diskriminierung werde auch durch das Übergangsrecht teilweise fortgeschrieben, weil die Besoldung der Bestandsbeamten an die frühere Einstufung nach dem Lebensalter anknüpfe. Dies sei jedoch zur Wahrung des Besitzstandes und zur Vermeidung eines übermäßigen Verwaltungsaufwands nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union gerechtfertigt. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei es zulässig, Rechtsänderungen zu bestimmten Stichtagen vorzunehmen, ohne dass dies ohne Weiteres zu einem Gleichheitsverstoß führe.
2. Der vom Kläger genannten Rechtsfrage,
ob die Schlechterstellung nach dem 1. Juli 1977 geborener Bestandsbeamter gegenüber gleichaltrigen, gleich qualifizierten Neubeamten durch das Besoldungsüberleitungsgesetz des Bundes vom 5. Februar 2009 mit der Richtlinie 2000/78/EG und Art. 3 GG vereinbar ist,
kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 4 und vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9). Entscheidungserheblich sind solche Rechtsfragen, die für die Entscheidung des Berufungsgerichts tragend gewesen sind und die im Rahmen des Revisionsverfahrens vom Bundesverwaltungsgericht zu beantworten wären.
Die vom Kläger als rechtsgrundsätzlich bezeichnete Frage rechtfertigt die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht, weil sie aufgrund des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung und auf der Grundlage der bereits vorliegenden Rechtsprechung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens im Sinne des Oberverwaltungsgerichts zu beantworten ist.
a) Die durch das Besoldungsüberleitungsrecht der Beklagten vorgenommene Stufenzuordnung der nach dem 1. Juli 1977 geborenen Bestandsbeamten verstößt nicht gegen die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG Nr. L 303 S. 16 - RL 2000/78/EG -).
Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 des Besoldungsüberleitungsgesetzes (BesÜG) vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 221) werden Empfänger von Dienstbezügen nach einer Besoldungsgruppe der Besoldungsordnung A auf der Grundlage des am 30. Juni 2009 maßgeblichen Amtes mit den für Juni 2009 zustehenden Dienstbezügen den Stufen oder Überleitungsstufen des Grundgehaltes der Anlage 1 zu diesem Gesetz zugeordnet. Orientierungsmaßstab für die Zuordnung sind dabei die Dienstbezüge, die vor dem genannten Stichtag bezogen wurden unter Berücksichtigung der anteiligen Jahressonderzahlung sowie der allgemeinen Stellenzulage (§ 2 Abs. 2 BesÜG; BT-Drs. 16/7076 S. 96).
Mit dieser Regelung wird die bis dahin allein nach dem Lebensalter bestimmte Besoldungsstufe und die daraus abzuleitende Höhe der Dienstbezüge in das neue System der Erfahrungsstufen übertragen. Der Umfang der vor dem Stichtag liegenden und nach neuem Recht anerkennungsfähigen Erfahrungszeiten spielt bei dieser Zuordnung keine Rolle. Das führt dazu, dass nicht nur die vor dem Stichtag geltende Bestimmung der Besoldungshöhe nach dem Lebensalter, sondern auch die übergeleiteten Besoldungshöhen eine Altersdiskriminierung i.S.v. Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 und 2 Buchst. a RL 2000/78/EG darstellen (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - C-501/12 u.a. Specht - NVwZ 2014, 1294 Rn. 60; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6.13 - BVerwGE 150, 234 Rn. 16, jeweils zu anderen Regelungen als dem hier maßgeblichen Besoldungsüberleitungsgesetz des Bundes).
Nach dieser Rechtsprechung ist die Fortschreibung einer diskriminierenden Besoldungshöhe gleichwohl gerechtfertigt. Maßgebliche Rechtfertigungsgesichtspunkte sind die durch die Fortschreibung der Besoldungshöhe bezweckte Besitzstandswahrung, die ein zwingender Grund des Allgemeininteresses ist, sowie die Vermeidung von Verwaltungsaufwand, welche darin besteht, dass die Fortschreibung der bisherigen Besoldungshöhe es entbehrlich macht, etwaige Erfahrungszeiten, die zum Teil auch außerhalb des öffentlichen Dienstes erworben worden sind, für jeden einzelnen Beamten rückwirkend zu ermitteln (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - C-501/12 u.a. Specht - NVwZ 2014, 1294 Rn. 63 f., 75 f. und 78 ff.; BVerwG, Urteile vom 30. Oktober 2014 - 2 C 3.13 - BVerwGE 150, 255 Rn. 73 und - 2 C 6.13 - BVerwGE 150, 234 Rn. 72).
Diese Zielsetzungen verfolgt auch die hier maßgebliche gesetzliche Regelung. Mit der Fortschreibung der bis zum Stichtag geltenden Besoldungshöhe wird zunächst der Besitzstand gewahrt oder leicht verbessert (BT-Drs. 16/7076 S. 153 zu § 3 Abs. 3 BesÜG). Sodann vermeidet auch hier die Fortschreibung der Besoldungshöhe die besonders aufwändige individuelle rückwirkende Bewertung etwaiger Erfahrungszeiten. Im Jahr 2009 hielt die Beklagte allein 135 811 Planstellen für Beamte der Besoldungsordnung A vor (Anlage zum Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2009 - Haushaltsgesetz 2009 - BGBl. I S. 2899 - Übersichten zum Haushaltsplan 2009, Teil V S. 65 ff.). Die Anzahl der zu bewertenden beruflichen Werdegänge lag noch höher, da im Bereich von Teilzeitarbeit mehrere Beamte auf einer Planstelle geführt werden können.
Die Beschwerde geht mehrfach davon aus, dass die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union allein auf die besondere Situation des Landes Berlin bezogen sei, die dem dortigen Rechtsstreit zu Grunde gelegen hat. Dabei verkennt die Beschwerde, dass sich der Gerichtshof in seiner Subsumtion mit der Rechtslage im Land Berlin zu befassen hatte; die zuvor aufgestellten abstrakten Rechtssätze zur Auslegung des Unionsrechts sind aber gleichermaßen auf vergleichbare Regelungen der Mitgliedstaaten zu übertragen. So bezieht sich der Gerichtshof etwa nicht allein auf die von einem hohen Schuldenstand gekennzeichnete Haushaltslage im Land Berlin, sondern er führt in diesem Zusammenhang ebenso die gesamtstaatlichen Bemühungen um Haushaltskonsolidierung, die Bemühungen, weder das Einkommensniveau noch die Einkommenserwartung wesentlich abzusenken und die Vermeidung von Verwaltungsaufwand an (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - C-501/12 u.a. Specht - NVwZ 2014, 1294 Rn. 74). Diese Aspekte gelten auch für die hier relevante Regelung des Bundes.
Die Beschwerde überzeugt auch nicht mit dem Einwand, dem Bund sei offenbar eine differenziertere Regelung als dem Land Berlin möglich gewesen, woraus sie offenbar herleitet, für die Beklagte gelte die Rechtfertigung der Vermeidung von Verwaltungsaufwand nicht. Die Regelung des Bundes ist allein insoweit differenzierter, als sie bei der Bestimmung der Dienstbezüge vor der Zuordnung zu einer Stufe oder Überleitungsstufe neben dem Grundgehalt auch die allgemeine Stellenzulage und eine lineare Erhöhung von 2,5 % vorsieht, welche die frühere Sonderzahlung auf das monatliche Grundgehalt umlegt. Der zu vermeidende Verwaltungsaufwand, welcher nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine Rechtfertigung der Aufrechterhaltung der Diskriminierung darstellt, besteht hingegen in der individuellen Nachzeichnung der Ausbildungs- und Erwerbsbiographie zum Zweck der Bewertung von Zeiten, die nach der neuen Besoldungsstruktur als Erfahrungszeiten anerkannt werden können (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - C-501/12 u.a. Specht - NVwZ 2014, 1294 Rn. 78 ff.). Der hierdurch entstehende Verwaltungsaufwand (die Beklagte geht offenbar von rd. fünfeinhalb Stunden je Beamtem aus, vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - C-501/12 u.a. Specht - NVwZ 2014, 1294 Rn. 75) ist damit nicht vergleichbar.
Soweit der Kläger darauf Bezug nimmt, dass sich sein persönliches Besoldungsniveau gegenüber der früheren Regelung verschlechtere, kann dies nicht die absolute Besoldungshöhe zum Zeitpunkt der Systemumstellung am 1. Juli 2009, sondern allenfalls seine weitere Besoldungsentwicklung betreffen. Dass sich die Systemumstellung im Einzelfall auch nachteilig auswirken kann, ist aber gerade vor dem Hintergrund der Vermeidung erheblichen Verwaltungsaufwands und dem Fehlen einer im alten System bestehenden rechtmäßigen Bezugsgröße hinzunehmen (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - C-501/12 u.a. Specht - NVwZ 2014, 1294 Rn. 81; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6.13 - BVerwGE 150, 234 Rn. 19). Dies hat zwangsläufig auch zur Folge, dass in einzelnen Fällen der Vergleich mit einem gleichaltrigen, gleich erfahrenen aber nach dem Stichtag ernannten Beamten für den früher ernannten Beamten nachteilig sein kann.
b) Es liegt auch kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vor. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln, wesentlichen Unterschieden hingegen normativ Rechnung zu tragen. Er stellt es dem Normgeber aber frei, aufgrund autonomer Wertungen Differenzierungsmerkmale auszuwählen, an die er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Betrifft die zu prüfende Maßnahme oder Regelung ein Gebiet, in dem der Normgeber über ein weites Ermessen verfügt, so ist ein Gleichheitsverstoß nur dann anzunehmen, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs ein vernünftiger, einleuchtender Grund für die Regelung schlechthin nicht finden lässt, die Regelung also willkürlich erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30. September 1987 - 2 BvR 933/82 - BVerfGE 76, 256 <330>; BVerwG, Urteil vom 24. November 2011 - 2 C 57.09 - BVerwGE 141, 210 Rn. 31). In diesem Rahmen ist es dem Gesetzgeber nicht durch Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, auch wenn jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Einführung des Stichtags und die Wahl des Zeitpunkts am gegebenen Sachverhalt orientieren und damit sachlich vertretbar sind (stRspr, BVerfG, Urteil vom 5. Juli 1989 - 1 BvL 11/87 u.a. - BVerfGE 80, 297 <311>; Beschluss vom 27. Februar 2007 - 1 BvL 10/00 - BVerfGE 117, 272 <301>; Kammerbeschluss vom 19. Mai 2015 - 2 BvR 1170/14 - FamRZ 2015, 1263 Rn. 41; BVerwG, Urteil vom 19. November 2015 - 2 C 48.13 - Buchholz 239.1 § 57 BeamtVG Nr. 15 Rn. 22). Die Änderung der Besoldungsstruktur ist zum Stichtag 1. Juli 2009 erfolgt. Sie ist eingebettet in eine grundsätzliche Reform des Bundesdienstrechts durch das Gesetz vom 5. Februar 2009 zur Neuordnung und Modernisierung des Bundesdienstrechts (Dienstrechtsneuordnungsgesetz - DNeuG - BGBl. I S. 160) und damit Teil des im Jahr 2006 politisch beschlossenen Programms "Zukunftorientierte Verwaltung durch Innovationen" (BT-Drs. 16/7076 S. 1). Hierin ist ein ausreichender sachlicher Grund für die Wahl des Stichtags zu sehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Oktober 2015 - 2 BvR 413/15 - NVwZ 2016, 56 Rn. 23 ff.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 42 Abs. 1 und 3 GKG (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Februar 2017 - 2 C 25.15 -), wobei der vom Kläger angegebene Differenzbetrag von monatlich 185,00 € ab dem 1. Juli 2009 zugrunde gelegt worden ist.