Entscheidungsdatum: 20.07.2011
Die Beschwerde der Klägerin hat mit der Maßgabe Erfolg, dass der Rechtsstreit gemäß § 133 Abs. 6 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist. Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegen vor, weil das Berufungsurteil die Klägerin in ihrem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO verletzt und die Entscheidung auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen kann.
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Trennungsgeld für die Zeit vom 1. August 2008 bis zum 31. Oktober 2008. Während dieser Monate war sie als Rechtsreferendarin dem Auswärtigen Amt zur Ausbildung in ihrer Wahlstation zugewiesen. Ausbildungsstelle war die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Peking. Die Klägerin bewohnte seinerzeit in Mannheim ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft. Das Verwaltungsgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht die Klage abgewiesen.
1. Das Gebot, gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO rechtliches Gehör zu gewähren, verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidungsfindung in Erwägung zu ziehen (BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 <216>; stRspr). Das Gericht ist zwar nicht gehalten, das gesamte Vorbringen in den Entscheidungsgründen wiederzugeben und zu jedem einzelnen Gesichtspunkt Stellung zu nehmen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist aber jedenfalls dann verletzt, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass das Gericht nach seinem Rechtsstandpunkt zentrale Argumente eines Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen oder sich mit ihnen nicht auseinandergesetzt hat (Urteil vom 13. Mai 1976 - BVerwG 2 C 26.74 - Buchholz 237.4 § 35 HmbBG Nr. 1).
Diesem Maßstab genügt das Berufungsurteil nicht. Die Klägerin hat ihr Begehren maßgeblich darauf gestützt, eine "Wohnung" im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LTGV i.V.m. § 10 Abs. 3 LUKG innezuhaben. Das Oberverwaltungsgericht ist dem nicht gefolgt und hat sich zur Begründung auf den Hinweis beschränkt, ein zur Untermiete bewohntes Zimmer stelle keine Wohnung im trennungsgeldrechtlichen Sinne dar. Dass es sich mit dem Vortrag der Klägerin zu ihrer individuellen Wohnsituation auseinandergesetzt hat, ist nicht erkennbar. So hat die Klägerin vorgetragen, ihr Mietverhältnis unterscheide sich hinsichtlich der Pflicht, einen Mietzins und eine Kaution zu entrichten, anteilig für die Nebenkosten der Wohnung aufzukommen und im Falle seiner Beendigung eine Kündigungsfrist einzuhalten, nicht von demjenigen des Hauptmieters einer Wohnung. Der bloße Verweis auf eine Kommentarstelle (Meyer/Wicke, Umzugskosten im öffentlichen Dienst, Stand: November 2009, § 10 BUKG, Rn. 67) ändert daran nichts, weil diese sich in enger Anlehnung an Nr. 10.3 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu diesem Gesetz auf die Darstellung von Entscheidungsalternativen beschränkt. Aus welchen Gründen das Berufungsgericht die Unterkunft der Klägerin als den Anforderungen des trennungsgeldrechtlichen Wohnungsbegriffs nicht genügend erachtet, lässt sich auch nicht aus der Würdigung ableiten, Beamten, die über keine eigene Wohnung verfügen, entstünden keine zusätzlichen Kosten, die mit denen von Beamten vergleichbar seien, die schon bislang über eine eigene Wohnung verfügten und diese beibehielten.
Das Berufungsurteil kann auch auf dem Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO beruhen. Nach dem Rechtsstandpunkt des Berufungsgerichts hängt ein Anspruch der Klägerin wegen § 1 Abs. 5 Nr. 4, § 2 Abs. 1 LTGV davon ab, ob sie über eine Wohnung verfügt oder dem Personenkreis des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LTGV zuzuordnen ist. Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht, sofern es sich vertiefend mit dem Vorbringen der Klägerin auseinandergesetzt hätte, zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre.
2. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Gemäß § 6 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 LJAG erhalten Rechtsreferendarinnen und Rechtsreferendare Reisekostenvergütung und Trennungsgeld bei dienstlich veranlassten Reisen entsprechend den für Landesbeamte geltenden Vorschriften. Leistungen für dienstlich veranlasste Umzüge sind nach der als abschließend zu verstehenden Vorschrift nicht vorgesehen. § 18 Abs. 2 LJAPO begrenzt das Trennungsgeld bei einer Ausbildung außerhalb von Rheinland-Pfalz auf die Dauer von drei Monaten. Die Einzelheiten des Trennungsgeldanspruchs bei auswärtigem Verbleiben ergeben sich aus § 3 LTGV. Insbesondere hängt die Höhe des Anspruchs u.a. davon ab, ob die Berechtigte ihre bisherige Wohnung beibehält (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 LTGV) oder nicht (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LTGV); für den Begriff der Wohnung verweist die Vorschrift auf die Begriffsbestimmung des § 10 Abs. 3 LUKG.
Die den Trennungsgeldanspruch von Landesbeamten einschränkenden §§ 1 Abs. 5 Nr. 4 und 2 Abs. 1 LTGV dürften auf Rechtsreferendare nicht anwendbar sein. Denn sie setzen voraus, dass für den Berechtigten eine Erstattung von Umzugskosten in Betracht kommt und machen die Gewährung von Trennungsgeld deshalb davon abhängig, dass er uneingeschränkt umzugswillig ist und nur wegen Wohnungsmangels nicht an den neuen Dienstort umziehen kann. Da Rechtsreferendare jedoch im Hinblick auf die in ihrem Ausbildungsgang typische Abfolge zahlreicher Ausbildungsstationen von jeweils nur kurzer Dauer von Leistungen für Umzugskosten ausgeschlossen sind, wäre die Einschränkung von Trennungsgeldansprüchen nach § 2 Abs. 1 LTGV kaum systemgerecht. Denn sie stehen anders als Landesbeamte nicht vor der Wahl zwischen der Erstattung von Leistungen für Umzüge und der Gewährung von Trennungsgeld für erhöhten Aufwand an einem auswärtigen Ausbildungsort unter Beibehaltung der bisherigen Wohnung.
Sollte die Höhe des der Klägerin ggf. zustehenden Anspruchs trotz der von ihr erklärten teilweisen Klagerücknahme davon abhängen, ob die von ihr beibehaltene Unterkunft als Wohnung im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LTGV, § 10 Abs. 3 LUKG anzusehen ist, spricht manches dafür, diese Frage zu bejahen. Das auf dieser Rechtsgrundlage gewährte Trennungsgeld soll dem Mehraufwand der doppelten Haushaltsführung Rechnung tragen. Dies setzt die Beibehaltung einer Wohnung am bisherigen Dienstort voraus. Das Trennungsgeld wird zwar gewährt, um den Mehraufwand der Haushaltsführung am neuen Dienstort abzugelten. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LTGV soll es aber nur einer berechtigten Person zustehen, die mit einem Beibehaltungsaufwand belastet ist, der demjenigen des Eigentümers oder Mieters einer Wohnung entspricht, nicht dagegen demjenigen, der nur eine sonstige Wohngelegenheit (z. B. ein Zimmer in der elterlichen Wohnung, ein möbliertes Zimmer oder eine bereitgestellte Gemeinschaftsunterkunft) beibehält. Ob ein Untermietverhältnis als Wohnung in diesem Sinne anzusehen ist, ist unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden. Dabei dürfte zu berücksichtigen sein, dass die Wohnung, in der die Klägerin ein Zimmer bewohnt, den Anforderungen des qualifizierten Wohnungsbegriffs (§ 10 Abs. 3 LUKG) genügt und dass aus dem Untermietverhältnis das Recht der Klägerin folgt, nicht nur das ihr zur alleinigen Nutzung zugewiesene Zimmer, sondern auch die zur Wohnung gehörenden Gemeinschaftsräume zu nutzen. Dass die berechtigte Person Hauptmieter der Wohnung oder hinsichtlich aller Räume zumindest mitverfügungsberechtigt sein muss, sieht der Wortlaut des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LTGV nicht vor. Die Entstehungsgeschichte der Norm dürfte dieses weite Normverständnis stützen. Mit Art. 1 Nr. 2 der Ersten Landesverordnung zur Änderung der Landestrennungsgeldverordnung (GVBl 1999 S. 163) hat der Verordnungsgeber das in der Fassung vom 15. Januar 1993 (GVBl 1993 S. 111) noch enthaltene Erfordernis eines ausschließlichen Verfügungsrechts über die Wohnung gestrichen. Von Bedeutung mag schließlich auch sein, ob die Klägerin für die Zeit der dienstlichen Maßnahme verpflichtet ist, weiterhin nicht nur den Mietzins zu entrichten, sondern auch anteilig für die im Zuge der gemeinschaftlichen Nutzung der gesamten Wohnung anfallenden (Neben-)Kosten aufzukommen.