Entscheidungsdatum: 14.05.2013
Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Der 1954 geborene Kläger ist Jurist; im 1. juristischen Staatsexamen musste er krankheitsbedingt die Aufsichtsarbeiten wiederholen und benötigte deshalb eine Prüfungszeit von einem Jahr und 51 Tagen. Er stand zuletzt als Finanzamtsvorsteher im Dienst des beklagten Landes, bevor er zum Jahresende 2007 auf seinen Antrag hin vorzeitig in den Ruhestand versetzt wurde. Bei der Festsetzung seiner Versorgungsbezüge wurden unter Einbeziehung einer halbjährigen Prüfungszeit vier Jahre Studium als ruhegehaltsfähige Dienstzeit anerkannt und ein Ruhegehaltssatz von 59 v.H. zugrunde gelegt. Sein Begehren, für sein Studium einschließlich der Prüfungszeit mindestens viereinhalb Jahre als ruhegehaltfähige Dienstzeit nach dem bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Recht anzuerkennen und u.a. deshalb einen Ruhegehaltssatz von mindestens 61 v.H. zugrunde zu legen, ist erfolglos geblieben.
Das Oberverwaltungsgericht hat hinsichtlich der Anerkennung der Prüfungszeit den Begriff der "üblichen Prüfungszeit" i.S.v. § 12 Abs. 1 Nr. 1 BeamtVG als hinreichend bestimmt angesehen, der Verlängerungen aufgrund individueller Gegebenheiten, wie Krankheit oder Wiederholung der Prüfung, nicht erfasse. Dass in der einschlägigen Verwaltungsvorschrift im Wege einer typisierenden Betrachtung eine übliche Prüfungszeit von sechs Monaten angenommen werde, sei nicht willkürlich. Allerdings sei von einer längeren Dauer des Prüfungsverfahrens auszugehen, wenn feststehe, dass eine solche üblich gewesen sei. Diese Üblichkeit im Sinne einer Standarddauer bestimme sich nach den Verhältnissen an der jeweiligen Ausbildungsstätte im Zeitpunkt der Prüfung.
2. Der geltend gemachte Revisionsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.
Der Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO setzt voraus, dass die Rechtssache eine konkrete, in dem zu entscheidenden Fall erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Rechtsfortbildung der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf (Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18 und vom 2. Februar 2011 - BVerwG 6 B 37.10 - NVwZ 2011, 507; stRspr).
Die aufgeworfene Frage, ob der Begriff der üblichen Prüfungszeit in § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung verfassungsgemäß, insbesondere hinreichend bestimmt, ist, und - sofern dies zu bejahen ist - wie er auszulegen ist, rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision.
§ 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung bestimmt - wortgleich mit der gegenwärtig geltenden Fassung -, dass die nach Vollendung des 17. Lebensjahres verbrachte Mindestzeit der außer der allgemeinen Schulbildung vorgeschriebenen Ausbildung als ruhegehaltfähige Dienstzeit berücksichtigt werden kann; zu der vorgeschriebenen Ausbildung zählt diese Bestimmung auch die "übliche Prüfungszeit".
Grundsätzlicher Klärungsbedarf hinsichtlich der Verfassungskonformität des Begriffs der "üblichen Prüfungszeit" in § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG im Hinblick auf seine hinreichende Bestimmtheit besteht nicht. Die Ermittlung des Inhalts dieses unbestimmten Rechtsbegriffs kann ohne Weiteres mit den Mitteln der Auslegung bewältigt werden; dementsprechend hat die Rechtsprechung auch des Bundesverwaltungsgerichts nie Zweifel an der hinreichenden Bestimmtheit dieses Begriffs geäußert (stRspr, vgl. nur Urteil vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 2 C 9.08 - Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 17 Rn. 12, 21).
Klärungsbedürftigkeit besteht auch nicht hinsichtlich der Auslegung des Begriffs der "üblichen Prüfungszeit" in § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG. In der vom Kläger formulierten Allgemeinheit würde sie sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Wenn man sie zugunsten des Klägers dahin versteht, dass der Kläger geltend macht, dass auch krankheitsbedingte individuelle Verlängerungen der Prüfungszeit dem Begriff der "üblichen Prüfungszeit" unterfallen, bedarf es nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, um eine solche Auslegung auszuschließen. Sie wäre ersichtlich mit dem Wortlaut der Norm unvereinbar: Der Begriff "üblich" stellt gerade nicht die auf konkret-individuellen Verhältnisse des betreffenden Beamten ab, sondern auf losgelöst von der Person des jeweiligen Beamten bestehende tatsächliche Verhältnisse.
Eine solche Auslegung wäre auch mit dem Normzweck und der Systematik des Gesetzes nicht vereinbar. Der Zweck der Anrechnungsregelung des § 12 Abs. 1 BeamtVG besteht darin, Beamten, die eine für die Übernahme in das Beamtenverhältnis vorgeschriebene Ausbildung außerhalb des Beamtenverhältnisses durchlaufen haben, annähernd die Versorgung zu ermöglichen, die sie erhalten würden, wenn sie die Ausbildung im Beamtenverhältnis auf Widerruf absolviert hätten (Urteil vom 26. Januar 2012 - BVerwG 2 C 49.10 - Buchholz 239.1 § 67 BeamtVG Nr. 5). Damit erfasst dieser Normzweck nicht jedwede außerhalb des Beamtenverhältnisses durchlaufenen Ausbildungszeiten, sondern nach dem Wortlaut der Norm nur die Mindestzeiten einer vorgeschriebenen Ausbildung. So wie bei den Ausbildungszeiten individuelle Verhältnisse wie etwa eine krankheitsbedingte Verlängerung der Studienzeit sich nicht versorgungsrechtlich niederschlagen, so gilt dies auch für Prüfungszeiten.