Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 31.07.2014


BVerwG 31.07.2014 - 2 B 20/14

Beweiswertlosigkeit des Polygraphietests im Disziplinarverfahren


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
2. Senat
Entscheidungsdatum:
31.07.2014
Aktenzeichen:
2 B 20/14
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 16. Dezember 2013, Az: 3d A 2670/10.O, Urteilvorgehend VG Münster, 3. November 2010, Az: 13 K 2237/09.O, Urteil
Zitierte Gesetze

Leitsätze

1. Auch im gerichtlichen Disziplinarverfahren ist ein am beklagten Beamten durchgeführter Polygraphietest ein ungeeignetes Beweismittel (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 30. November 2010 - 1 StR 509/10 - NStZ 2011, 474).

2. Die Würdigung der Glaubwürdigkeit eines Zeugen sowie der Glaubhaftigkeit seiner Aussage ist grundsätzlich Sache des Gerichts. Die Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens ist jedenfalls dann geboten, wenn die Aussagetüchtigkeit eines Zeugen durch Umstände, wie etwa bestimmte Erkrankungen, beeinträchtigt sein kann, deren Bedeutung der Richter regelmäßig nicht eindeutig beurteilen kann.

Gründe

1

Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie auf Verfahrensfehler gestützte Beschwerde des Beklagten (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO und § 67 Satz 1 LDG NRW) ist unbegründet.

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1. Der 1945 geborene Beklagte stand als Studiendirektor im Dienst des Klägers. Auf seinen Antrag hin versetzte ihn der Kläger zum Ende des Monats Juli 2008 in den Ruhestand. Im Mai 2009 wurde der Beklagte wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen im Zeitraum von 1986 bis 1989 zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von elf Monaten verurteilt. Im sachgleichen Disziplinarverfahren hat das Verwaltungsgericht dem Beklagten das Ruhegehalt aberkannt. Auch im erneuten Berufungsverfahren hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

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Aufgrund der Beweisaufnahme sei das Gericht davon überzeugt, dass der Beklagte an zwei nicht näher bestimmbaren Tagen im Zeitraum zwischen 1986 und 1989 seine 1980 geborene Tochter sexuell missbraucht habe. Die Disziplinarwürdigkeit des sehr schweren außerdienstlichen Dienstvergehens ergebe sich bereits aus dem Strafrahmen für den sexuellen Missbrauch. Die gesetzliche Strafandrohung sei auch Orientierungsrahmen für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme und reiche hier bis zur Aberkennung des Ruhegehalts. Die Gesamtbewertung des Dienstvergehens des Beklagten, sämtlicher für und gegen ihn sprechenden Umstände sowie seine aus den Akten ersichtliche und in der Berufungsverhandlung erkennbar gewordene Persönlichkeit führe zu der Prognoseentscheidung, dass das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit in den Beklagten unwiederbringlich zerstört sei. Die durch sein Verhalten verursachte Beeinträchtigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortdauer des Beamtenverhältnisses nicht wieder gut zu machen. Wäre der Beklagte noch im Dienst, so müsste er, weil untragbar, aus diesem entfernt werden.

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2. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO und § 67 Satz 1 LDG NRW) sind nicht erfüllt.

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Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr, u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). In Bezug auf die in der Beschwerdebegründung aufgeworfene Frage

"ob Sachverständigengutachten bzgl. polygraphischer Untersuchungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ein völlig ungeeignetes Beweismittel darstellen",

ist dies nicht der Fall. Die Frage ist bereits durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, rechtsgrundsätzlich geklärt.

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Auch im Verwaltungsprozess ist ein Beweismittel ungeeignet, wenn es keinerlei Beweiswert hat und deshalb untauglich ist. Ein entsprechender Beweisantrag kann unter Hinweis auf die entsprechend heranzuziehende Bestimmung des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO abgelehnt werden (Beschlüsse vom 9. Mai 1983 - BVerwG 9 B 10466.81 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 5 und vom 31. Juli 1989 - BVerwG 7 B 104.89 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 265). Es bedarf nicht der Durchführung des angestrebten Revisionsverfahrens, um rechtsgrundsätzlich zu klären, dass das beim Kläger durchgeführte polygraphische Testverfahren nichts zur Klärung der Frage beitragen kann, ob der Beklagte im Zeitraum zwischen 1986 und 1989 seine 1980 geborene Tochter zweimal sexuell missbraucht hat.

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Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und deshalb nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat die Psychologin, die mit Hilfe eines Polygraphie-Geräts die Reaktion des Beklagten auf verdachtsbezogene Fragen getestet hat, einen sog. Kontrollfragentest durchgeführt (vgl. dazu BGH, Urteil vom 17. Dezember 1998 - 1 StR 156/98 - BGHSt 44, 308 = juris Rn. 20). Nach der ständigen Rechtsprechung der Strafsenate des Bundesgerichtshofs kommt diesem Kontrollfragentest kein auch nur geringfügiger indizieller Beweiswert zu (BGH, Urteil vom 17. Dezember 1998 a.a.O. Rn. 45 ff. und Beschluss vom 10. Februar 1999 - 3 StR 460/98 - NStZ-RR 2000, 35). Das Kontrollfragenverfahren ist ungeeignet, weil es sich nicht um eine Methode handelt, die in den maßgebenden Fachkreisen allgemein zweifelsfrei als richtig und zuverlässig eingestuft wird. Hierfür sind folgende Gründe maßgeblich:

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Zwischen bestimmten kognitiven oder emotionalen Zuständen eines Menschen und spezifischen Reaktionen des vegetativen Nervensystems, die vom Polygraphen während der Befragung kontinuierlich gemessen werden, sind keine eindeutigen Zusammenhänge zu erkennen. Dies gilt insbesondere für Reaktionen bei der unwahren Beantwortung von Fragen (BGH, Urteil vom 17. Dezember 1998 a.a.O. Rn. 28 und 45 ff.). Damit ist es nicht möglich, aus der Sichtung erzielter Messergebnisse darauf zu schließen, der Proband habe im Rahmen der Untersuchung eine auf die Tat bezogene Frage bewusst falsch beantwortet. Eine derartige Einschätzung kann nur an unterschiedlich starke Reaktionen bei der Beantwortung der tatbezogenen Fragen und der Kontroll- oder Vergleichsfragen anknüpfen. Dieser methodisch zweifelhafte Ansatz gibt dem Gericht keine Möglichkeit zu überprüfen, ob das Testverfahren im konkreten Fall zu zutreffenden Ergebnissen geführt hat. Diese Einschätzung hat der Bundesgerichtshof jüngst bestätigt, wobei er sich mit den Einwendungen gegen seine Rechtsprechung auseinander gesetzt hat (Beschluss vom 30. November 2010 - 1 StR 509/10 - NStZ 2011, 474). Für das Zivilverfahren hat der Bundesgerichtshof diese Rechtsprechung der Strafsenate übernommen (Beschluss vom 24. Juni 2003 - VI ZR 327/02 - NJW 2003, 2527).

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Diese Beurteilung des Kontrollfrageverfahrens als ungeeignetes Beweismittel gilt generell. Aus der Beschwerdebegründung ergeben sich keine Anhaltspunkte, die diese Bewertung substantiiert in Frage stellen und eine rechtsgrundsätzliche Klärung auch für den Verwaltungsprozess erforderlich erscheinen lassen.

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Für die Bewertung des Kontrollfragentests als ungeeignet ist der Befund tragend, dass zwischen bestimmten kognitiven oder emotionalen Zuständen eines Menschen und spezifischen Reaktionen des vegetativen Nervensystems, die vom Polygraphen während der Befragung kontinuierlich gemessen werden, keine eindeutigen Zusammenhänge zu erkennen sind und dies insbesondere für Reaktionen bei der unwahren Beantwortung von Fragen gilt (BGH, Urteil vom 17. Dezember 1998 a.a.O. Rn. 28 und 45 ff.). Diese tragenden Erwägungen stellt die Beschwerdebegründung durch den bloßen Hinweis auf die hohe durchschnittliche Trefferquote bei experimentellen Untersuchungen an realen Beschuldigten nicht in Frage. Die in der Begründung aufgeführten Gerichtsentscheidungen stammen zum Teil noch aus der Zeit vor dem grundlegenden Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. Dezember 1998 (1 StR 156/98) und berücksichtigen deshalb nicht die Erkenntnisse, die der Bundesgerichtshof aus den von ihm eingeholten Sachverständigengutachten gewonnen hat. Auch die späteren, in der Begründung angeführten Gerichtsentscheidungen in Sorgerechtsstreitigkeiten (OLG Dresden, Beschluss vom 14. Mai 2013 - 21 UF 787/12, 21 UF 0787/12 - juris Rn. 19; AG Bautzen, Beschluss vom 28. Januar 2013 - 12 F 1032/12 - juris Rn. 64 ff.) verweisen in erster Linie auf die weltweite Verbreitung und Anerkennung von polygraphischen Befragungsverfahren, nehmen aber nicht ausreichend zur Frage eines festen Zusammenhangs zwischen einem bestimmten Aussageverhalten und spezifischen Reaktionsmustern des vegetativen Nervensystems Stellung.

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Da das Beweismittel des Kontrollfragenverfahrens mittels eines Polygraphen kein geeignetes Beweismittel ist, verletzt die Ablehnung des Beweisantrags des Beklagten auf Anhörung der Frau K. als Sachverständige zu dem Test vom 8. November 2013 ihn auch nicht in seinem Recht auf rechtliches Gehör.

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3. Auch die weiteren von der Beschwerde gerügten Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO und § 67 Satz 1 LDG NRW) liegen nicht vor.

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a) Der Beklagte macht zunächst geltend, das Oberverwaltungsgericht habe dadurch gegen die ihm nach § 86 Abs. 1 VwGO obliegende Verpflichtung zur Klärung des Sachverhalts verstoßen, dass es trotz der Annahme, der von der Zeugin M. vorgelegte Fragebogen sei tatsächlich von zwei verschiedenen Personen ausgefüllt worden, nichts weiter zur Klärung der Glaubwürdigkeit dieser Zeugin und der Glaubhaftigkeit ihrer Aussage unternommen hat. Diese Verfahrensrüge ist unbegründet.

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Derjenige Verfahrensbeteiligte, der einen Verstoß gegen die dem Gericht obliegende Pflicht zur Klärung des Sachverhalts (§ 57 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW sowie § 3 Abs. 1 LDG NRW und § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) geltend macht, obwohl er - durch eine nach § 67 Abs. 1 VwGO postulationsfähige Person sachkundig vertreten - in der Berufungsinstanz keinen förmlichen Beweisantrag gestellt hat, muss, um den gerügten Verfahrensmangel prozessordnungsgemäß zu bezeichnen, substantiiert darlegen, weshalb sich dem Tatsachengericht aus seiner maßgeblichen materiellrechtlichen Sicht die Notwendigkeit einer weiteren Sachaufklärung in der aufgezeigten Richtung hätte aufdrängen müssen. Denn die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um - vermeintliche - Versäumnisse eines Prozessbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen von förmlichen Beweisanträgen, auszugleichen (Beschlüsse vom 2. März 1978 - BVerwG 6 B 24.78 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 164 S. 43 f., vom 6. März 1995 - BVerwG 6 B 81.94 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265 und vom 27. Januar 2012 - BVerwG 5 B 2.12 - juris Rn. 12). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

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Der Beschwerdebegründung ist nicht zu entnehmen, dass sich dem Oberverwaltungsgericht die vom Beklagten vermisste Beweisaufnahme durch die erneute Ladung der Zeugin M. und der Konfrontation mit dem Umstand, dass der von ihr vorgelegte Fragebogen tatsächlich von zwei Personen ausgefüllt worden ist, hätte aufdrängen müssen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Aussage der Zeugin M., die Angaben auf dem Fragebogen stammten ausschließlich von der Tochter des Beklagten, entsprechend seiner Wahrunterstellung, der Fragebogen sei tatsächlich von zwei verschiedenen Personen ausgefüllt worden, als objektiv unrichtig bezeichnet. Das Oberverwaltungsgericht hat aber die Glaubwürdigkeit der Zeugin M. und die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage, die für die Würdigung der Aussage der Tochter des Beklagten, von Bedeutung sind, aufgrund der ihm als Tatsachengericht obliegenden Beweiswürdigung ohne erneute Befragung und Konfrontation dieser Zeugin mit der Unrichtigkeit dieses Teils ihrer Aussage beurteilt.

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Aufgrund seiner Wertung, die Unterschiedlichkeit der beiden Handschriften auf dem Fragebogen sei offensichtlich, hat das Oberverwaltungsgericht die Annahme ausgeschlossen, die Zeugin M. habe mit ihrer Aussage, die Tochter des Beklagten habe den Fragebogen vollständig selbst ausgefüllt, den Beklagten bewusst irreführend belasten wollen. Ferner hat das Oberverwaltungsgericht dargelegt, dass die Aussage der Zeugin M. glaubhaft ist, die Angaben auf dem Fragebogen stammten sämtlich von der Tochter des Beklagten. Hinsichtlich des Umstands der Niederschrift der Angaben im Fragebogen durch eine andere Person hat es nachvollziehbar dargelegt, dass die Tochter des Beklagten die Angaben im Rahmen der Therapiesitzungen mündlich gemacht und die Zeugin M. diese dann eigenhändig im Fragebogen vermerkt hat. Schließlich hat das Oberverwaltungsgericht die Zeugin M. trotz der vom Beklagten geäußerten Zweifel an ihren Angaben aufgrund ihres Erscheinungsbildes für glaubwürdig gehalten. Diese Ausführungen stehen im Zusammenhang mit der "ins Blaue hinein" aufgestellten Vermutung des Beklagten, die Zeugin M. sei selbst Opfer eines Missbrauchs.

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b) Einen Verstoß gegen die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen nach § 86 Abs. 1 VwGO sieht die Beschwerde ferner darin, dass das Oberverwaltungsgericht den Beweisantrag des Beklagten abgelehnt hat, in Bezug auf die Tochter des Beklagten ein aussagepsychologisches Gutachten zur Frage einzuholen, ob deren Aussage als eine authentische, unbeeinflusste, originale Aussage angesehen werden kann oder ob sie möglicherweise ein unauflösbares Gemisch von ursprünglich eigenen Erinnerungen der Zeugin und späteren Suggestionseffekten darstellt. Auch diese Verfahrensrüge ist nicht begründet.

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Nach § 57 Abs. 1 Satz 1 LDG NRW sowie § 3 Abs. 1 LDG NRW und § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO erhebt das Gericht im Disziplinarklageverfahren die erforderlichen Beweise. Die Ablehnung eines Beweisantrags zu einer unter Beweis gestellten und zu einem Rechtsstandpunkt erheblichen Tatsache verletzt den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (stRspr, Beschlüsse vom 12. Mai 1999 - BVerwG 9 B 264.99 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 3 S. 5, vom 29. Mai 2009 - BVerwG 2 B 3.09 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 5 = NJW 2009, 2614 und vom 26. Oktober 2011 - BVerwG 2 B 69.10 Rn. 19 ff.). Dies ist hier nicht der Fall.

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Die Beurteilung der Glaubwürdigkeit vernommener Zeugen sowie der Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen unter Berücksichtigung der vom Beklagten erhobenen Einwände ist grundsätzlich Sache des Gerichts (Urteil vom 29. Juli 2010 - BVerwG 2 A 4.09 - juris Rn. 158). Ausnahmen können dann gerechtfertigt sein, wenn besondere, in erheblicher Weise von den Normalfällen abweichende, Umstände vorliegen, deren Würdigung eine spezielle Sachkunde erfordert, die dem Gericht nicht zur Verfügung steht. Dies kommt bei Anhaltspunkten für das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung oder einer anderen, die Wahrnehmungsfähigkeit beeinträchtigenden Erkrankung in Betracht, deren mögliche Auswirkungen auf die Aussagetüchtigkeit eines Zeugen spezifisches Fachwissen erfordert, das nicht Allgemeingut von Richtern ist (stRspr des BGH, vgl. Beschluss vom 28. Oktober 2009 - 5 StR 419/09 -, NStZ 2010, 100 m.w.N. und Urteil vom 18. August 2009 - 1 StR 155/09 - NStZ 2010, 51; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 7. Juli 1999 - BVerwG 9 B 401.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 304 = juris Rn. 4 m.w.N.).

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Auch den Beweisantrag des Beklagten zur Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens hat das Oberverwaltungsgericht rechtsfehlerfrei abgelehnt. Der Beklagte legt zur Begründung der Verfahrensrüge dar, der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs sei erstmals aufgekommen, als seine Tochter 15 oder 16 Jahre alt gewesen sei und erhebliche Mengen an Marihuana konsumiert habe. Zuvor habe es allenfalls vage Hinweise gegeben. Der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs habe sich erst im Rahmen jahrelanger Therapiesitzungen verfestigt.

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Damit gibt die Beschwerdebegründung des Beklagten die maßgeblichen Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts zur Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens hinsichtlich der Zeugin L. D. nur lückenhaft wieder.

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Die Feststellungen hinsichtlich des sexuellen Missbrauchs beruhen hier, anders als in einigen vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fällen, nicht allein auf der Aussage des Opfers, die diese erst mit einem Abstand von etwa zehn Jahren nach dem Missbrauch gemacht hat. Denn die Zeugin D. hat nicht erstmals im Alter von 15 oder 16 Jahren vom Missbrauch durch den Beklagten berichtet. Vielmehr ergibt sich aus der - vom Oberverwaltungsgericht als glaubhaft gewürdigten - Aussage der Zeugin E., die die Tochter des Beklagten in diesem Zeitraum betreut hat, dass diese ihr gegenüber bereits im Jahr 1989 entsprechende Angaben gemacht hat. Diese waren so konkret, dass sich die Zeugin E. nach ihren Angaben mit der Mutter des Opfers in Verbindung gesetzt und zudem mehrfach bei der Tochter des Beklagten nachgefragt hat, ob sich die Vorfälle wiederholt hätten.

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Zudem ergibt sich aus der Aussage der weiteren Zeugin Dr. B., die der Beklagte nach ihrer Aussage im Alter zwischen zehn und zwölf Jahren im Bereich der Schamlippen gestreichelt hat, dass der Beklagte in Bezug auf seine Tochter gesagt hat, diese möge solche Berührungen. Auch hatte sich die Tochter des Beklagten im Sexualkundeunterricht in der Grundschule so auffällig verhalten, dass die Lehrerin die Mutter der Zeugin kontaktierte.

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Ferner hat das Oberverwaltungsgericht mit einer eingehenden Begründung eine suggestive Befragung der Tochter des Beklagten hinsichtlich des sexuellen Missbrauchs durch die Zeugin M. ausgeschlossen.