Entscheidungsdatum: 15.03.2013
Die auf Verfahrensfehler (§ 65 Abs. 1 HmbDG i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 65 Abs. 1 HmbDG i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde des Beklagten ist unbegründet.
1. Der Beklagte, ein im Dienst der Klägerin stehender Kriminaloberkommissar, wurde durch rechtskräftigen Strafbefehl zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen wegen Verwahrungsbruchs in Tateinheit mit Unterschlagung ihm anvertrauter Sachen verurteilt. Nach den Feststellungen des Strafgerichts hat der Beklagte mit einem ihm übergebenen Schlüssel den auf der Dienststelle befindlichen Tresor geöffnet und aus verschiedenen Asservatenbeuteln 4 435 € Bargeld sowie die für den Betriebsausflug gesammelten 310 € entnommen und das Geld für die Begleichung privater Schulden verwendet.
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten wegen schwerer innerdienstlicher Dienstvergehen aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Die Berufung des Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat zunächst über die Angaben, die der Beklagte vor seiner Entdeckung gegenüber seinem Sachgebietsleiter gemacht hatte, durch eine Zeugenvernehmung Beweis erhoben. In einem Fortsetzungstermin hat es darüber hinaus - mit Einverständnis des Beklagten - dessen Kontoauszüge eingeführt und ausgewertet. An diesem Termin nahm eine Berufsrichterin anstelle des im ersten Termins anwesenden Berufsrichters teil.
2. Die mit der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensmängel (vgl. § 65 Abs. 1 HmbDG i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor. Das Oberverwaltungsgericht war nicht verpflichtet, die Beweisaufnahme aufgrund des eingetretenen Richterwechsels im Fortsetzungstermin zu wiederholen.
Entgegen der von der Beschwerde vertretenen Auffassung verweist § 54 HmbDG hinsichtlich der Beweisaufnahme nicht umfassend auf die Bestimmungen der Strafprozessordnung. Ebenso wie § 3 BDG für Bundesbeamte ordnet vielmehr auch § 22 HmbDG hinsichtlich des gerichtlichen Disziplinarverfahrens eine ergänzende Anwendung der Verwaltungsgerichtsordnung an, soweit das Disziplinargesetz nicht etwas anderes bestimmt. Daher finden Regelungen der Strafprozessordnung nur Anwendung, wenn und soweit dies ausdrücklich gesetzlich angeordnet ist. Dementsprechend verweist § 54 Abs. 2 HmbDG für die gerichtliche Beweiserhebung nur punktuell auf die Strafprozessordnung. Die Frage, ob ein Richter an der Entscheidung mitwirken darf, der nicht an einer Beweisaufnahme teilgenommen hat, richtet sich somit nicht nach § 226 Abs. 1 und § 250 StPO, sondern nach den Vorgaben aus §§ 98 und 112 VwGO (vgl. zur bewussten Abkehr von den Bestimmungen der Strafprozessordnung auch BTDrucks 14/4659, S. 34 f.).
Danach war eine Wiederholung der Beweisaufnahme im Fortsetzungstermin vor dem Oberverwaltungsgericht hier nicht geboten. Nach § 112 VwGO entscheidet das Gericht durch diejenigen Richter, die zum Zeitpunkt der dem Urteil zugrunde liegenden, d.h. der letzten mündlichen Verhandlung unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben sowie der Beschlüsse des Gerichtspräsidiums und des zuständigen Spruchkörpers über die Geschäftsverteilung für die Entscheidung zuständig sind. Die Verwaltungsgerichtsordnung fordert nicht, dass die Richter an zuvor durchgeführten mündlichen Verhandlungen teilgenommen haben. Zur Mitwirkung berufen sind nicht diejenigen Richter, die an einer vorangehenden, sondern diejenigen Richter, die an der letzten mündlichen Verhandlung nach den Regelungen über die Geschäftsverteilung zuständig sind (Beschlüsse vom 2. April 1971 - BVerwG 4 B 5.71 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 78 = DÖV 1971, 711; vom 16. Oktober 1997 - BVerwG 7 C 7.97 - Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 50; vom 18. Dezember 2007 - BVerwG 2 B 113.07 - juris Rn. 12 und vom 14. März 2011 - BVerwG 8 B 61.10 - juris Rn. 23 m.w.N.).
Auch die in § 54 Abs. 1 HmbDG in Übereinstimmung zu § 96 Abs. 1 VwGO angeordnete Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme fordert nicht zwingend die Wiederholung der Beweisaufnahme im Falle des Richterwechsels, sondern lässt andere Möglichkeiten der Unterrichtung von hinzugetretenen Richtern zu (Beschluss vom 8. Juli 1988 - BVerwG 4 B 100.88 - Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 34). Eine Wiederholung der Zeugenvernehmung vor den das Urteil fällenden Richtern ist daher nur dann geboten, wenn der persönliche Eindruck des Zeugen für alle Richter unverzichtbar ist (Beschlüsse vom 1. Juni 2007 - BVerwG 8 B 85.06 - juris Rn. 11 und vom 12. Juli 1985 - BVerwG 9 CB 104.84 - Buchholz 310 § 103 VwGO Nr. 8 jeweils m.w.N.). Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Glaubwürdigkeit des vernommenen Zeugen und der Glaubhaftigkeit seiner Aussagen vorliegen (Beschluss vom 26. Oktober 2011 - BVerwG 2 B 69.10 - juris Rn. 13 und 21).
Derartiges hat die Beschwerde, die pauschal die Anwendung der Strafprozessordnung für die Zulässigkeit eines Richterwechsels fordert, aber nicht dargetan. Anhaltspunkte hierfür sind auch nicht ersichtlich. Vielmehr hat der Beklagte im Fortsetzungstermin auf ausdrückliche Nachfrage des Gerichts keine Einwände gegen den sachlichen Gehalt der Zeugenaussage erhoben. Allein der Umstand, dass der Zeuge offen gelegt hat, nicht mehr sicher sagen zu können, ob er den Beklagten angerufen hatte oder umgekehrt dieser ihn, begründet Glaubwürdigkeitszweifel nicht. Die Frage ist im Urteil im Übrigen nicht zu Lasten des Beklagten verwertet worden; vielmehr ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte die Tat dem Zeugen vor ihrer Entdeckung offenbart hat (S. 12 des Berufungsurteils).
3. Die Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 65 Abs. 1 HmbDG i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
Es kann als durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt gelten und bedarf daher nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, dass die Beweisaufnahme nach einem Richterwechsel unter Geltung der Verwaltungsgerichtsordnung nicht zwingend wiederholt werden muss. Wie bereits dargelegt verweisen §§ 22 und 54 Abs. 2 HmbDG insoweit nicht auf die Vorschriften der Strafprozessordnung.
Auch die zweite Frage rechtfertigt die Durchführung eines Revisionsverfahrens nicht. Es ist in der Rechtsprechung vielmehr geklärt, dass eine überlange Verfahrensdauer nicht zum Absehen der disziplinarrechtlich gebotenen Entfernung aus dem Beamtenverhältnis führen kann. Ein Beamter, der wegen eines gravierenden dienstlichen Fehlverhaltens nicht mehr tragbar ist, kann nicht deshalb im Beamtenverhältnis bleiben, weil das Disziplinarverfahren unangemessen lange gedauert hat (Urteil vom 29. März 2012 - BVerwG 2 A 11.10 - juris; Rn. 84 f. und Beschluss vom 16. Mai 2012 - BVerwG 2 B 3.12 - NVwZ - RR 2012, 609 Rn. 10 f.; vgl. hierzu auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. Januar 2013 - 2 BvR 1912/12 -).