Entscheidungsdatum: 04.06.2014
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 23. September 2013 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 16 241,16 € festgesetzt.
Die auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützte Beschwerde (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO) des Klägers ist unbegründet.
1. Der 1977 geborene Kläger stand bis Ende 2010 als Soldat auf Zeit, zuletzt im Rang eines Oberbootsmanns, im Dienst der Beklagten. Im Juni 2010 wurde der Kläger zum Stichtag 30. September 2009 - letztmals - planmäßig beurteilt. Im August 2010 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Umwandlung seines Dienstverhältnisses in das eines Berufssoldaten ab. Die nach erfolgloser Beschwerde erhobene Klage auf Feststellung, dass die Ablehnung seines Antrags auf Übernahme in das Berufssoldatenverhältnis rechtswidrig war, hat in beiden Instanzen keinen Erfolg gehabt. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:
Bei der Auswahl der zu Berufssoldaten zu ernennenden Hauptbootsleute habe sich die Beklagte ohne Ermessensfehler für einen Konkurrenten des Klägers entschieden. Dessen Eignungs- und Leistungsbild sei günstiger als das des Klägers. Bei dieser Auswahlentscheidung habe die Beklagte die dienstliche Beurteilung des Klägers vom Juni 2010 zugrunde legen dürfen. Da der Kläger seine Beurteilung nicht mit der Beschwerde nach der Wehrbeschwerdeordnung angefochten habe, sei diese in Bestandskraft erwachsen und entfalte eine materielle Tatbestandswirkung. Wegen der Bestandskraft dieser Beurteilung sei ihre inzidente Prüfung im gerichtlichen Verfahren zur Überprüfung der Auswahlentscheidung ausgeschlossen.
2. Die Beschwerde sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in der Frage,
„ob die Beurteilung eines Soldaten bei nicht fristgerechter Anfechtung im Beschwerdeweg in formelle und materielle Bestandkraft erwächst und damit im Rahmen von Auswahl- und Perspektivbestimmungsverfahren ohne (inzidente) Prüfung zugrunde gelegt werden kann".
Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr; u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob die dienstliche Beurteilung eines Soldaten in Bestandskraft erwachsen kann, rechtfertigt die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht. Denn sie ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Sinne des Urteils des Oberverwaltungsgerichts geklärt. Ihre neuerliche grundsätzliche Bedeutung ist nicht dargelegt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erwächst die dienstliche Beurteilung eines Soldaten, die nicht fristgerecht angefochten wird, in Bestandskraft (Beschlüsse vom 28. November 2000 - BVerwG 1 WB 90.00 - Buchholz 236.11 § 1a SLV Nr. 12 S. 22, vom 3. Juli 2001 – BVerwG 1 WB 18.01 -, vom 28. Mai 2008 - BVerwG 1 WB 11.08 - Rn. 17 f. und vom 23. Februar 2010 - BVerwG 1 WB 36.09 - BVerwGE 136, 119 = Buchholz 449.2 § 2 SLV 2002 Nr. 17 jeweils Rn. 49), sofern sie nicht ausnahmsweise entsprechend den Grundsätzen des § 44 VwVfG nichtig ist (vgl. z.B. Beschlüsse vom 4. Juli 1990 - BVerwG 1 WB 103.89 - und vom 2. März 1994 - BVerwG 1 WB 25.93 -). Für die Rechtsbehelfe Beschwerde, weitere Beschwerde und Antrag auf Entscheidung des Truppendienstgerichts sind die Fristen der § 6 Abs. 1, § 16 Abs. 1 sowie § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO maßgeblich. Die Bestandskraft hat nicht nur zur Folge, dass die dienstliche Beurteilung nicht mehr mit Rechtsbehelfen angegriffen werden kann. Die dienstliche Beurteilung ist auch ohne inhaltliche Überprüfung anderen Entscheidungen, wie insbesondere im Rahmen von Auswahl- und Perspektivbestimmungsverfahren, zugrunde zu legen. Nach Eintritt der Bestandskraft kann der Soldat nur unter den Voraussetzungen der entsprechend anwendbaren Vorschrift des § 51 VwVfG eine Entscheidung über die Änderung oder Aufhebung der Beurteilung beanspruchen (vgl. Beschlüsse vom 18. Oktober 2007 - BVerwG 1 WB 65.06 - Rn. 26, vom 28. Mai 2008 - BVerwG 1 WB 11.08 - Rn. 22 und vom 25. Juni 2008 - BVerwG 1 WB 28.08 -Rn. 15). Im Übrigen kommt nur die Überprüfung im Wege der allein im öffentlichen Interesse wahrgenommenen Dienstaufsicht in Betracht (vgl. Beschluss vom 9. August 2007 - BVerwG 1 WB 51.06 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 62 Rn. 18 = NZWehrr 2007, 252). Ist, wie hier, für eine Klage aus dem Wehrdienstverhältnis der Verwaltungsrechtsweg gegeben, tritt nach § 23 Abs. 1 WBO das Beschwerdeverfahren an die Stelle des Vorverfahrens, so dass eine Maßnahme, die nicht innerhalb der genannten Fristen angefochten worden ist, in anderen Rechtsbehelfsverfahren auch nicht inzident auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden kann (Beschluss vom 23. Februar 2010 a.a.O. Rn. 58).
Eine bereits höchstrichterlich geklärte Rechtsfrage ist zwar dann wieder klärungsbedürftig, wenn neue Gesichtspunkte von Gewicht vorgebracht werden, die die bisherige Rechtsprechung in Frage stellen und eine erneute höchstrichterliche Entscheidung geboten erscheinen lassen (Beschluss vom 25. November 1992 - BVerwG 6 B 27.92 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 306 S. 224 m.w.N.). Dies ist der Beschwerdebegründung nicht zu entnehmen.
Die Beschwerde führt zwei Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts an, aus denen die erneute Klärungsbedürftigkeit der als rechtsgrundsätzlich bezeichneten Frage folgen soll: Zum einen habe das Urteil vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 2 C 11.11 - (BVerwGE 145, 237) zu einer Stärkung des Leistungsgrundsatzes im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG im Soldatenrecht geführt und zum anderen habe das Bundesverwaltungsgericht das Soldatenrecht durch den Beschluss vom 24. Mai 2011 - BVerwG 1 WB 59.10 - (Buchholz 449 § 3 SG Nr. 60) weiter an die Rechtsprechung zum Beamtenrecht angenähert. Damit werden aber keine neuen Gesichtspunkte vorgebracht, die die bisherige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Bestandskraft einer dienstlichen Beurteilung eines Soldaten als in einem Revisionsverfahren überprüfungsbedürftig erscheinen lassen.
Die mit den vorbezeichneten Entscheidungen in Bezug genommenen Aussagen des Bundesverwaltungsgerichts zur Bedeutung des Leistungsgrundsatzes des Art. 33 Abs. 2 GG bei der Besetzung von Berufssoldatenstellen im Hinblick auf das früher bei der Bundeswehr praktizierte System des Aufrufens nach Geburtsjahrgängen oder das Erfordernis der Aktualität von dienstlichen Beurteilungen von Soldaten bei Auswahlentscheidungen für die Besetzung von militärischen Dienstposten haben keine Bedeutung für die Anwendung von Fristenregelungen des Soldatengesetzes und die Folgen der Versäumung dieser Fristen.
Auch die Darlegungen der Beschwerde zur - gegenüber dem Soldatenrecht - abweichenden Behandlung von dienstlichen Beurteilungen von Beamten begründen nicht die rechtsgrundsätzliche Bedeutung des vorliegenden Verfahrens, bei dem es auf die dienstliche Beurteilung eines Soldaten ankommt. Der damit angesprochene Unterschied hat seinen Grund allein darin, dass für Beamte andere Rechtsnormen maßgeblich sind als für Soldaten.
Die dienstliche Beurteilung eines Beamten ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mangels einer Regelung mit bestimmten unmittelbaren Rechtswirkungen kein Verwaltungsakt. Für sie besteht nicht die Notwendigkeit baldigen Eintritts der Unanfechtbarkeit und deshalb einer Befristung der Anfechtbarkeit (Urteile vom 9. November 1967 - BVerwG 2 C 107.64 - BVerwGE 28, 191 <192> = Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 12, vom 13. November 1975 - BVerwG 2 C 16.72 - BVerwGE 49, 351 <353 ff.> = Buchholz 237.1 Art. 118 BayBG Nr. 1 und vom 18. April 2002 - BVerwG 2 C 19.01 – Buchholz 237.95 § 20 SHLBG Nr. 2 S. 2). Der Beamte kann in den durch die Grundsätze der Verwirkung gezogenen Grenzen seine Einwendungen gegen die dienstliche Beurteilung zu einem späteren Zeitpunkt, etwa in einem Konkurrentenstreitver-fahren, geltend machen und damit die dienstliche Beurteilung einer inzidenten Rechtmäßigkeitsprüfung zuführen. Die Vorschriften des 8. Abschnitts der Verwaltungsgerichtsordnung über den Lauf der Widerspruchsfrist (§ 70 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 sowie § 58 Abs. 2 VwGO) finden keine Anwendung auf Widersprüche von Beamten, die gemäß § 126 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 BRRG i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG (sowie § 126 Abs. 2 BBG und § 54 Abs. 2 BeamtStG) einer allgemeinen Leistungsklage oder einer Feststellungsklage aus dem Beamtenverhältnis vorgeschaltet sind. Denn der Lauf dieser Fristen wird nur durch die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts in Gang gesetzt. Daher kann ein sog. Feststellungs- oder Leistungswiderspruch nur dann als verspätet verworfen werden, wenn der Beamte bei der Erhebung die Widerspruchsbefugnis verwirkt hat (Urteil vom 31. März 2011 - BVerwG 2 A 3.09 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 24 Rn. 21 zum Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung). Dies ist anzunehmen, wenn er innerhalb eines längeren Zeitraums unter Verhältnissen untätig geblieben ist, unter denen bei vernünftiger Betrachtung etwas zur Wahrung der Rechtsstellung unternommen zu werden pflegt. Die Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO bietet hierfür eine zeitliche Orientierung, ihre Einhaltung stellt aber keine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Widerspruchs dar (Urteil vom 13. November 1975 a.a.O. S. 358).
Demgegenüber gelten im Bereich des Soldatenrechts für sämtliche Maßnahmen des Dienstherrn die Fristenregelungen der § 6 Abs. 1, § 16 Abs. 1 sowie § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 71 Abs. 1 Satz 2 GKG i.V.m. § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 GKG i.V.m. § 52 Abs. 5 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 1 GKG n.F.