Entscheidungsdatum: 31.07.2017
Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 69 BDG, § 41 Abs. 1 LDG SH) gestützte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1. Der Beklagte steht als Oberstudienrat im Dienst des Klägers. In der streitrelevanten Zeit bis 2009 war er an einer "Europaschule" tätig, die mit Mitteln der Europäischen Union gefördert wurde. Die Fördermittel flossen auf das Konto eines Vereins, für dessen Konto der Beklagte allein verfügungsberechtigt war. Im Dezember 2009 unterrichtete die Steuerfahndungsstelle den Beklagten über die Einleitung eines gegen ihn gerichteten steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, das im Zusammenhang mit Zahlungen seiner Schule an ihn stand. Im Rahmen eines weiteren daraufhin von der Staatsanwaltschaft gegen den Beklagten angestrengten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gestand dieser, von dem besagten Vereinskonto ungerechtfertigte Barabhebungen vorgenommen und Barauszahlungsquittungen gefälscht zu haben. Das Amtsgericht verhängte gegen den Beklagten wegen Untreue in 24 Fällen und Urkundenfälschung in 28 Fällen einen Strafbefehl über eine Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten.
Auf die sachgleiche Disziplinarklage des Klägers hat das Verwaltungsgericht den Beklagten aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Der Beklagte habe von Mai 2007 bis Dezember 2009 als Kontobevollmächtigter des Vereins Geldbeträge von dessen Konto in Höhe von 33 685,00 € für eigene Zwecke entnommen und angebliche Barauszahlungsquittungen an Schüler gefertigt, um die Entnahmen zu verschleiern. Hierdurch habe er wiederholt Straftaten gemäß §§ 266 und 267 StGB begangen, vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verstoßen sowie seine Pflicht zu uneigennützigem Verhalten verletzt. Aufgrund dieses innerdienstlichen Dienstvergehens sei der Kläger aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, weil er das Vertrauen des Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren habe. Dies folge schon aus der Schwere der Straftaten. Belastend fielen für den Beklagten Anzahl und Häufigkeit der Taten sowie die lange Dauer seines Fehlverhaltens ins Gewicht. Dem stehe kein anerkannter Milderungsgrund gegenüber. Darauf, ob sich der Beklagte nach dem 2. Dezember 2009 ohne äußeren Druck dazu entschlossen habe, von der Entnahme weiterer Geldbeträge abzusehen, komme es nicht an. Die bis dahin über einen langen Zeitraum hinweg begangenen vorwerfbaren Handlungen würden dadurch nicht in milderem Licht erscheinen.
2. Der von der Beschwerde aufgeworfenen Frage,
ob einer Tatbeendigung vor Entdeckung derselben mildernde Wirkung zukommt,
kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu.
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 69 BDG und § 41 Abs. 1 LDG SH, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 5 und vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9). Entscheidungserheblich sind solche Rechtsfragen, die für die Entscheidung des Berufungsgerichts tragend gewesen sind und die im Rahmen des Revisionsverfahrens vom Bundesverwaltungsgericht zu beantworten wären.
Unter Berücksichtigung der Beschwerdebegründung ist die vom Beklagten aufgeworfene Frage nicht so zu verstehen, dass sie auf die Beendigung einer einzelnen Tat Bezug nimmt, sondern dass sie sich auf den Umstand bezieht, dass ein Beamter, der in der Vergangenheit mehrere (gleichförmige) Taten begangen hat, ab einem bestimmten Zeitpunkt freiwillig darauf verzichtet, weitere solche Straftaten zu begehen. Die grundsätzliche Bedeutung der so zu verstehenden Frage ist schon deswegen zu verneinen, weil sie in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt ist.
Als Milderungsgrund anerkannt ist die tätige Reue. Diese kann darin bestehen, dass der Beamte vor Entdeckung sein Fehlverhalten offenbart oder den Schaden freiwillig wiedergutmacht (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Juli 2011 - 2 C 16.10 - BVerwGE 140, 185 Rn. 36 ff.; Beschluss vom 15. Juni 2016 - 2 B 49.15 - juris Rn. 13). Auch nach Auffassung des Beklagten sind diese Voraussetzungen - wie hier - nicht schon dann erfüllt, wenn ein Beamter, nachdem er mehrere Straftaten begangen hat, es schlicht unterlässt, weitere vergleichbare Straftaten zu begehen.
Ebenso ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt, dass sich Erschwerungsgründe etwa aus der Anzahl und Häufigkeit von Betrugshandlungen oder der Höhe des Gesamtschadens ergeben können (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 10. Dezember 2015 - 2 C 6.14 - BVerwGE 154, 10 Rn. 16 und - 2 C 50.13 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 39 Rn. 22 und 39; Beschluss vom 10. September 2010 - 2 B 97.09 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 14 Rn. 8). Daraus folgt, dass das bloße Unterlassen der Begehung weiterer Straftaten aus sich heraus noch keinen Milderungsgrund ergeben kann. Denn bei Fortsetzung der Straftaten führte dies zu einem Erschwerungsgrund, weil sich Anzahl, Häufigkeit, Gesamtdauer und der Schadensumfang steigern würden. Das bloße Unterlassen weiterer Straftaten trotz der Möglichkeit der Tatbegehung ist deswegen im Hinblick auf die Bewertung vergangener Straftaten neutral. Die ab diesem Zeitpunkt wiederhergestellte Rechtstreue des Beamten kann nicht als mildernd für vergangene Straftaten gewertet werden. Sie ist das Minimum dessen, was von jedem Beamten ohnehin zu verlangen ist. Ein Milderungsgrund kann der geschilderten Rechtsprechung entsprechend erst dann entstehen, wenn der Beamte durch sein aktives Tun an der Aufarbeitung und Wiedergutmachung der vergangenen Straftaten freiwillig und ohne bereits entdeckt worden zu sein, mitwirkt. Dem ist die bloße Rückkehr zur Rechtstreue - gleich ob diese freiwillig erfolgt - nicht gleichzusetzen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 77 Abs. 1 BDG und § 41 Abs. 1 LDG SH. Ein Streitwert für das Beschwerdeverfahren muss nicht festgelegt werden, weil die Höhe der Gerichtsgebühren nach der Anlage zu § 78 BDG betragsgenau festgelegt ist (§ 78 Satz 1 BDG und § 41 Abs. 1 LDG SH).