Entscheidungsdatum: 28.01.2010
1. Eine mittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 2 AGG liegt nicht vor, wenn die unterschiedliche Behandlung durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.
2. Verlangt der Arbeitgeber von seinen Arbeitnehmern Kenntnisse der deutschen Schriftsprache, damit sie schriftliche Arbeitsanweisungen verstehen und die betrieblichen Aufgaben so gut wie möglich erledigen können, so verfolgt er ein sachlich gerechtfertigtes Ziel.
1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 17. Juli 2008 - 16 Sa 544/08 - aufgehoben.
2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 30. Oktober 2007 - 3 Ca 749/07 - wird zurückgewiesen.
3. Der Kläger hat auch die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Die Parteien streiten über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund einer von der Insolvenzschuldnerin (im Folgenden: Schuldnerin) ausgesprochenen ordentlichen Kündigung. Dabei steht die Frage im Vordergrund, ob die Kündigung den Kläger wegen seiner ethnischen Herkunft benachteiligt.
Der 1948 in Spanien geborene und dort aufgewachsene Kläger trat 1978 in die Dienste der Schuldnerin. Diese betrieb bis zur - am 1. August 2009 erfolgten - Insolvenzeröffnung ein Unternehmen der Automobilzulieferer-Industrie mit etwa 300 Arbeitnehmern. Bei der Schuldnerin besteht ein Betriebsrat.
Der Kläger arbeitete in der Spritzgussabteilung. Pro Schicht waren dort etwa 20 bis 30 Werker und ein Einrichter an mehreren Maschinen tätig. Zu den Hauptaufgaben des Klägers zählten das Überwachen der automatischen Behälterfüllung, das Einpacken von Teilen sowie die Produktionskontrolle, jeweils nach mündlichen und schriftlichen Anweisungen. Er sollte ggf. Fehler und Störungen an den Produktionsanlagen und an den Produkten erkennen und melden. In einer am 30. Oktober 2001 erstellten und vom Kläger unterschriebenen Stellenbeschreibung war unter „Anforderungen an den Stelleninhaber“ auch die Kenntnis der deutschen Sprache in Wort und Schrift aufgeführt.
Die von ihm verlangten Prüfungen nahm der Kläger nur nach Augenschein, unspezifisch und nicht nach Maßgabe des von der Schuldnerin vorgegebenen Prüfplans vor. Die Fehlercheckliste füllte er unvollständig aus. Zu der an sich vorgesehenen sog. messenden Prüfung war er nicht in der Lage. Sie wurde von einer dritten Person erledigt.
Im September 2003 besuchte der Kläger auf Kosten der Schuldnerin während der Arbeitszeit einen Deutschkurs. Einen ihm aufgrund seines geringen Kenntnisstandes und der Einschätzung des Lehrers empfohlenen Folgekurs lehnte er ab. Im Juli 2004 forderte die Schuldnerin ihn auf, an einem als Firmenseminar angebotenen Deutschkurs im Hause teilzunehmen. Dem kam der Kläger nicht nach. Eine Praxisveranstaltung zur Werkerselbstprüfung - worunter die Prüfung der Arbeitsergebnisse durch die Arbeiter selbst verstanden wird - schloss der Kläger mit dem Gesamtergebnis „ungenügend“ ab. Bei mehreren sog. internen Audits wurde festgestellt, dass der Kläger nicht in der Lage war, Arbeits- und Prüfanweisungen zu lesen und zu verstehen, da ihm die geforderten Deutschkenntnisse fehlten. Im September 2005 ermahnte die Schuldnerin ihn und forderte ihn auf, seine Deutschkenntnisse zu verbessern. Im Februar 2006 machte ihn die Schuldnerin darauf aufmerksam, er müsse mit einer betriebsbedingten Kündigung seines Arbeitsverhältnisses rechnen, wenn er die nötigen Sprachkenntnisse nicht nachweisen könne. Ein Audit kam im April 2007 zu dem Ergebnis, dass der Kläger nicht in der Lage sei, die vom Kunden geforderten Vorgaben und Spezifikationen einzuhalten. Am 18. Mai 2007 kündigte die Schuldnerin das Arbeitsverhältnis mit Zustimmung des Betriebsrats zum 31. Dezember 2007.
Der Kläger hat geltend gemacht, er habe seit 29 Jahren seine Arbeit beanstandungsfrei ausgeübt. Die Qualitätsnormen erforderten nicht notwendig deutsche Sprachkenntnisse in Wort und Schrift. Die wesentlichen Arbeitsabläufe seien gleichgelagert, auch die auftauchenden Fehler seien in gleichgelagerte Kategorien einzuteilen. An seinem Arbeitsplatz könnten Vorgaben auch unter Zuhilfenahme mündlicher Erklärungen umgesetzt werden, die keinen großen Zeitaufwand erforderten.
Der Kläger hat beantragt
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1. |
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung des Beklagten vom 18. Mai 2007 nicht zum 31. Dezember 2007 aufgelöst wird, sondern fortbesteht; |
2. |
den Beklagten zu verurteilen, ihn zu unveränderten Arbeitsbedingungen als Maschinenbediener in der Abteilung Spritzguss in Vollzeit weiterzubeschäftigen. |
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen, und vorgetragen, die Schuldnerin sei seit 2004 - unstreitig - nach den Qualitätsnormen ISO 9001 und ISO/TS 16949 zertifiziert. Aufgrund der voranschreitenden Entwicklung in der Autozulieferer-Industrie müssten die Arbeitnehmer die Herstellung unterschiedlicher Produkte beherrschen. Allein im Arbeitsbereich des Klägers (Spritzguss) setze sie ca. 40 unterschiedliche Maschinen mit etwa 1.500 aktiven Einzelteilen ein. Deshalb müssten die Arbeitnehmer schriftliche Arbeits- und Prüfanweisungen nicht nur lesen, sondern auch verstehen können. Ohne Lektüre der sich stetig ändernden prozessbegleitenden Dokumente könne der Kläger seine Arbeit nicht ausführen. Nach dem Hauptaudit, aufgrund dessen die Zertifizierung für den gesamten Betrieb vergeben worden sei, fänden in regelmäßigen Abständen sog. Rezertifizierungsaudits statt. Würden Mängel festgestellt, müsse sie einen Maßnahmeplan vorlegen, durch den innerhalb von 90 Tagen die Normabweichung abgestellt werde. Mängel in den Produktionsverfahren könnten zum Auftragsverlust oder dazu führen, dass Neuaufträge nicht mehr erteilt würden. Freie Arbeitsplätze, auf denen der Kläger mit seinen Sprachkenntnissen eingesetzt werden könnte, seien nicht vorhanden.
Das Arbeitsgericht hat nach Beweiserhebung über die Behauptung des Beklagten, die Fähigkeit, schriftliche in Deutsch abgefasste Arbeitsanweisungen und Dokumente lesen zu können, sei notwendig, die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Klägers nach den Klageanträgen erkannt. Mit der Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils.
Die Revision ist begründet und führt zur Wiederherstellung des arbeitsgerichtlichen Urteils. Die Klage ist unbegründet. Die Kündigung hat das Arbeitsverhältnis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist aufgelöst.
I. Die Kündigung ist durch Gründe in der Person des Klägers gerechtfertigt (§ 1 Abs. 2 Satz 1 1. Alt. KSchG).
1. Mit der Befugnis zur personenbedingten Kündigung soll dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnet werden, das Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn der Arbeitnehmer nicht (mehr) die erforderliche Eignung oder Fähigkeit besitzt, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Die Erreichung des Vertragszwecks muss durch den in der Sphäre des Arbeitnehmers liegenden Umstand nicht nur vorübergehend zumindest teilweise unmöglich sein (Senat 18. September 2008 - 2 AZR 976/06 - Rn. 22, EzA KSchG § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 23; 18. Januar 2007 - 2 AZR 731/05 - Rn. 15, BAGE 121, 32).
2. Diese Voraussetzungen sind gegeben. Die ausreichende Kenntnis der deutschen Schriftsprache war eine wesentliche Anforderung an die persönliche Eignung des Klägers für die von ihm zu verrichtende Arbeit. Dieses Verlangen der Schuldnerin stellt keine mittelbare Diskriminierung aus ethnischen Gründen iSd. § 3 AGG dar. Der Kläger erfüllte die genannte Anforderung nicht. Mit einer Behebung dieses Mangels war nicht zu rechnen. Eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit bestand nicht.
a) Nach den Feststellungen im Tatbestand des Berufungsurteils gehört zu den Hauptaufgaben des Klägers die Ausführung der ihm übertragenen Arbeiten gemäß mündlicher und schriftlicher Anweisung. Unstreitig ist der Kläger nicht in der Lage, in deutscher Sprache abgefasste Anweisungen zu lesen und zu verstehen. Ihm fehlt damit eine persönliche Fähigkeit zur Erfüllung jedenfalls eines wesentlichen Teils seiner vertraglichen Pflichten.
b) Die von der Schuldnerin gestellte Anforderung, nach schriftlichen, in deutscher Sprache abgefassten Arbeitsanweisungen zu arbeiten, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Ob sie auf einer vertraglichen Vereinbarung - wie es möglicherweise die Stellenbeschreibung vom 30. Oktober 2001 ist - beruhte oder auf der Ausübung des Direktionsrechts, kann offenbleiben. Weder als Vereinbarung über eine an die Fähigkeiten des Klägers gestellte Anforderung noch als Ausübung des vertraglichen Weisungsrechts (§ 106 GewO) verstößt sie gegen das Verbot der Benachteiligung wegen der ethnischen Herkunft (§ 3 Abs. 2, § 1 AGG).
aa) Eine unmittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 1 AGG liegt nicht vor. Die Anforderung, die deutsche Schriftsprache in dem verlangten Umfang zu beherrschen, knüpft nicht an eines der in § 1 AGG genannten Merkmale an. Die deutsche Schriftsprache kann unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer Ethnie beherrscht werden, gleichgültig, wie man den Begriff der Ethnie im Einzelnen abgrenzt.
bb) Es liegt auch keine mittelbare Benachteiligung iSd. § 3 Abs. 2 AGG vor. Ob der Kläger, allein weil er in Spanien geboren und dort zur Schule gegangen ist, das Diskriminierungsmerkmal der Zugehörigkeit zu einer „Ethnie“ erfüllt - wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat - kann dahinstehen. Selbst wenn dies so wäre und selbst wenn, was angenommen werden mag, die Anforderung deutscher Schriftsprachkenntnisse spanische Arbeitnehmer - im Vergleich zu deutschen Arbeitnehmern - iSd. § 3 Abs. 2 Satz 1 AGG in besonderer Weise benachteiligen kann (vgl. Bissels/Lützeler BB 2009, 833; aA offenbar Hunold Anmerkung zur Entscheidung des LAG Hamm vom 17. Juli 2008 NZA-RR 2009, 13, 17; vgl. auch ArbG Berlin 29. September 2007 - 14 Ca 10356/07 - AuR 2008, 112; dazu kritisch: Maier AuR 2008, 112; Tolmein jurisPR-ArbR 4/2008 Anm. 3; Greßlin BB 2008, 115; vgl. auch ArbG Berlin 11. Februar 2009 - 55 Ca 16952/08 - NZA-RR 2010, 16), so war doch die Anforderung hier durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und waren auch die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.
(1) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass im Streitfall ein rechtmäßiges Ziel iSd. § 3 Abs. 2 AGG vorlag.
(a) Rechtmäßige Ziele iSd. § 3 Abs. 2 AGG können alle nicht ihrerseits diskriminierenden (vgl. EuGH 31. März 1981 - C-96/80 - [J.P. Jenkins] Rn. 11, Slg. 1981, 911) und auch sonst legalen Ziele sein. Dazu gehören auch privatautonom bestimmte Ziele des Arbeitgebers, zB betriebliche Notwendigkeiten und Anforderungen an persönliche Fähigkeiten des Arbeitnehmers (vgl. Schleusener in Schleusener/Suckow/Voigt AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 74 f.; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 2. Aufl. § 3 Rn. 32 f.; ErfK/Schlachter 10. Aufl. § 3 AGG Rn. 8, 9; BeckOK R/G/K/U/Roloff AGG § 3 Rn. 20; Lingemann/Müller BB 2007, 2006; Hunold Anmerkung zur Entscheidung des LAG Hamm vom 17. Juli 2008 NZA-RR 2009, 13, 17; Herbert/Oberrath DB 2009, 2434). Das Ziel ist im Wortlaut des Gesetzes nicht weiter eingeschränkt als durch die Bestimmung, dass es rechtmäßig sein muss. In der Gesetzesbegründung findet sich lediglich der Hinweis, es müsse ein sachlicher Grund gegeben sein (BR-Drucks. 329/06 vom 18. Mai 2006 S. 34). Damit ist auf die bis dahin bestehende Rechtslage zu § 611a BGB verwiesen, nach der jedes rechtmäßige, seinerseits nicht diskriminierende Ziel ausreichend war.
(b) Das von der Schuldnerin mit der Forderung ausreichender Kenntnisse der deutschen Schriftsprache verfolgte Ziel bestand nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in der Erfüllung der Norm ISO/TS 16949. Aus dieser Norm ergibt sich die berufliche Anforderung der Kenntnis der deutschen Schriftsprache für die von der Schuldnerin im Spritzguss beschäftigten Werker. Der Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass die Erfüllung dieser Norm deshalb von Bedeutung ist, weil andernfalls keine Aufträge mehr akquiriert werden können. Damit liegt ein Ziel vor, das nicht diskriminierend und auch sonst rechtmäßig ist.
(c) Sieht man als Ziel des Verlangens nach deutscher Schriftsprache iSd. § 3 Abs. 2 AGG nicht die Erfüllung der ISO-Norm als solche, sondern - unabhängig von deren Vorgaben - die möglichst optimale Erledigung der anfallenden Arbeit, so ist auch dieses Ziel rechtmäßig. Der Arbeitgeber hat ein durch Art. 12 GG geschütztes Recht, seiner unternehmerischen Tätigkeit so nachzugehen, dass er damit am Markt bestehen kann. Er darf auch die sich daraus ergebenden beruflichen Anforderungen an seine Mitarbeiter stellen. Wenn er dabei aus nicht willkürlichen Erwägungen schriftliche Arbeitsanweisungen gibt und Schriftkenntnisse voraussetzende Prüftätigkeiten seiner Arbeiter vorsieht, ist das nicht zu beanstanden. Es ist nicht Sinn der Diskriminierungsverbote, dem Arbeitgeber eine Arbeitsorganisation vorzuschreiben, die nach seiner Vorstellung zu schlechten Arbeitsergebnissen führt. Die Diskriminierungsverbote sollen vielmehr das wirtschaftliche Geschehen von sachlich nicht gerechtfertigten und vernunftgebundene Entscheidungen hemmenden, zB auf Vorurteilen beruhenden Erwägungen der Marktteilnehmer freihalten und auf diese Weise gerade im Gegenteil die Dynamik rationaler, sachbezogener, rechtmäßiger Erwägungen erhöhen (vgl. von Hoff SAE 2009, 293).
(2) Das Mittel zur Erreichung dieses legitimen Ziels - die Forderung ausreichender Kenntnisse der deutschen Schriftsprache - war entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts erforderlich iSd. § 3 Abs. 2 AGG. Erforderlich ist ein Mittel zur Erreichung eines Ziels, wenn das Ziel ohne das Mittel nicht erreicht werden kann. So liegt es hier. Die Schuldnerin konnte die Erfüllung der Norm ISO/TS 16949 nicht nachweisen bzw. ihr unternehmerisches Ziel nicht erreichen, wenn die als Werker beschäftigten Arbeitnehmer die schriftlichen Arbeitsanweisungen und Prüfaufträge nicht lesen und verstehen und deshalb ihre Aufgaben nicht wie vorgesehen erfüllen können. Wenn das Landesarbeitsgericht demgegenüber meint, der Kläger habe in den vergangenen 29 Jahren seine „Fähigkeit“ unter Beweis gestellt und die meisten Fehler müssten ihm auch ohne genaue schriftliche Prüfanweisung sofort auffallen, dann misst es die „Erforderlichkeit“ des Mittels - nämlich der Anforderung, die deutsche Sprache zu beherrschen - nicht, wie nach § 3 Abs. 2 AGG geboten, an dem vom Arbeitgeber verfolgten Ziel, sondern an eigenen Vorstellungen von den Fähigkeiten, die ein Arbeitnehmer haben muss, um in etwa seinen Aufgaben gerecht zu werden. Außerdem darf der Arbeitgeber sowohl im Interesse seiner Wettbewerbsfähigkeit als auch in dem der Produktqualität und -sicherheit anstreben, nicht nur „die meisten“, sondern alle Fehler zu vermeiden. Dass dies - die vollständige Vermeidung von Fehlern - regelmäßig nicht gelingt, heißt nicht, dass es gar nicht erst beabsichtigt werden darf. Zu Unrecht würde dem Arbeitgeber sonst angesonnen, aus Gründen des Diskriminierungsschutzes Qualitätseinbußen bei seinen Produkten in Kauf zu nehmen und damit von der Verfolgung seiner rechtmäßigen Ziele abzusehen. Das steht mit den Vorgaben des Gesetzes nicht im Einklang.
(3) Das Mittel zur Erreichung des Ziels ist auch angemessen. Ein weniger belastendes Mittel ist nicht ersichtlich. Die Vorstellung, die Tätigkeit des Klägers müsse im Interesse der Diskriminierungsfreiheit gewissermaßen aufgespalten werden in solche Bestandteile, die er ohne deutsche Sprachkenntnisse erledigen kann, und solche, bei denen er Deutsch lesen können muss, ist nicht richtig, macht aber besonders deutlich, dass die Forderung von Deutschkenntnissen unumgänglich ist: Wäre es anders, so müsste der Schuldnerin nicht - wie es das Landesarbeitsgericht aber tut - zugemutet werden, - offenbar zweisprachiges - Personal für die Übersetzung und mündliche Erläuterung von Arbeitsanweisungen vorzuhalten und weitere Kräfte für an sich von ihm zu erbringende Teiltätigkeiten (Messen) einzusetzen. Das Gesetz verlangt vom Arbeitgeber derart weitgehende organisatorische Umgestaltungen nicht.
cc) § 3 Abs. 2 AGG verstößt in der hier zugrunde gelegten Auslegung nicht gegen Unionsrecht.
(1) Auch der Europäische Gerichtshof misst die Rechtfertigung mittelbarer Diskriminierungen daran, ob die unterschiedliche Behandlung auf Gründen beruht, die ihrerseits nicht diskriminierend sind. So hat er bei der mittelbaren Geschlechtsdiskriminierung persönliche Leistungsfähigkeit und Arbeitsqualität ausdrücklich als zulässige Unterscheidungsmerkmale anerkannt (26. Juni 2001 - C-381/99 - Rn. 72, Slg. 2001, I-4961).
(2) Zwar ist nach den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 5. März 2009 (- C-388/07 - [Age Concern England] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 9) und vom 18. Juni 2009 (- C-88/08 - [Hütter] EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2000/78 Nr. 11) fraglich geworden, ob nur noch Maßnahmen und Regelungen zur Förderung des Allgemeinwohls iSd. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der RL 2000/78/EG als Rechtfertigungsgründe für unterschiedliche Behandlungen wegen des Alters herangezogen werden können. Im Streitfall kommt es auf die in diesem Zusammenhang erörterten Fragen jedoch nicht an. Zum einen steht hier keine Altersdiskriminierung, sondern eine Benachteiligung aufgrund ethnischer Herkunft in Rede, so dass nicht Art. 6 der RL 2000/78/EG betroffen ist, sondern Art. 2 und Art. 4 der RL 2000/43/EG. Zu letzterer verhalten sich die genannten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs nicht. Zum anderen betrifft Art. 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG allein unmittelbare - nicht aber mittelbare - Diskriminierungen, worauf der Europäische Gerichtshof ausdrücklich hingewiesen hat (5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 62, aaO; vgl. BAG 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 - Rn. 40, AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 200 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 31). Für sachliche Rechtfertigungen hat der Europäische Gerichtshof bei der Prüfung mittelbarer Diskriminierungen als entscheidend angesehen, dass die Rechtfertigungen nicht auf ihrerseits diskriminierenden Gründen beruhen dürfen. Er hat weiter ausgeführt, dass die betreffenden Maßnahmen jedenfalls durch solche Ziele gerechtfertigt werden, die auch unmittelbare Benachteiligungen rechtfertigen (5. März 2009 - C-388/07 - [Age Concern England] Rn. 65 f., aaO). Da § 8 AGG in Übereinstimmung mit Art. 4 der hier einschlägigen RL 2000/43/EG wesentliche und entscheidende berufliche Anforderungen als Rechtfertigungsgrund für unmittelbare Diskriminierungen nennt, kann kein Zweifel bestehen, dass die hier in Betracht kommende Rechtfertigung dem Unionsrecht genügt.
dd) Die Forderung von Kenntnissen der deutschen Schriftsprache verstößt auch nicht gegen Art. 39 Abs. 2 EGV. Nach dieser Vorschrift ist die auf der Staatsangehörigkeit beruhende unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer unzulässig. Für den Zugang zu Beschäftigungsverhältnissen sieht jedoch Art. 3 Abs. 1 Satz 2 VO 1612/68 (Freizügigkeitsverordnung) vor, dass eine Ausnahme für Bedingungen gilt, welche die in Anbetracht der Besonderheit der zu vergebenden Stelle erforderlichen Sprachkenntnisse betreffen.
c) Nach den Umständen des vorliegenden Falls war mit einer zukünftigen Behebung der durch die fehlenden Sprachkenntnisse des Klägers eingetretenen Vertragsstörung nicht zu rechnen. Einer „Abmahnung“ bedurfte es nicht. Bei personenbedingten Kündigungen sind „Abmahnungen“ jedenfalls dann entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer keine Bereitschaft zeigt, an der an sich möglichen Behebung des personenbedingten Leistungshindernisses mitzuwirken (vgl. Senat 18. September 2008 - 2 AZR 976/06 - Rn. 33, EzA KSchG § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 23). Der Kläger wusste seit 2001, dass die Schuldnerin Kenntnisse der deutschen Schriftsprache von ihm erwartete. Sie hat danach mehrere Versuche unternommen, ihm die nötigen Kenntnisse zu verschaffen. Sie hat ihn in den Jahren 2004, 2005 und 2006 darauf hingewiesen, dass er seine Sprachkenntnisse verbessern müsse. Sprachkurse wurden ihm immer wieder angeboten. Der Kläger ist darauf nicht eingegangen. Er kann sich nicht erfolgreich darauf berufen, die Kurse seien nicht geeignet gewesen, seine Sprachmängel zu beseitigen. Er bezieht sich dazu auf einen Bericht der Firma M vom 23. April 2007. Aus diesem sind Anzeichen für Qualitätsmängel der angebotenen Sprachkurse nicht erkennbar.
d) Anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten auf freien Arbeitsplätzen bestanden nicht. Der Kläger hat insoweit allgemein auf den „Bereich Nacharbeit“ und den Versand verwiesen. Der Beklagte hat erwidert, auf diesen Arbeitsplätzen seien die Anforderungen an die deutsche Sprache eher höher als im bisherigen Arbeitsbereich des Klägers.
3. Die abschließende Interessenabwägung führt zu keinem dem Kläger günstigen Ergebnis. Zu seinem Vorteil fallen sein fortgeschrittenes Lebensalter und die lange Beschäftigungszeit ins Gewicht. Diesem Umstand hat die Schuldnerin aber bereits dadurch Rechnung getragen, dass sie ihm mehrere Jahre Zeit zur Anpassung gegeben hat. Wenn der Kläger, ohne dass er irgendwelche Gründe hierfür genannt hätte, alle diese Angebote ausschlug, kann er nicht verlangen, dass die Schuldnerin ihren betrieblichen Ablauf letztlich allein deshalb entgegen ihren rechtmäßigen Interessen organisiert, weil er auf einem vertragswidrigen, wenn auch möglicherweise menschlich verständlichen Standpunkt verharrt.
II. Die Kosten des Rechtsstreits fallen dem Kläger nach § 91 Abs. 1 ZPO zur Last.
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Kreft |
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Eylert |
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Schmitz-Scholemann |
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Röder |
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Niebler |