Entscheidungsdatum: 21.04.2016
1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg - Kammern Mannheim - vom 10. Juli 2015 - 12 Sa 20/15 - aufgehoben.
2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 18. Dezember 2014 - 8 Ca 328/14 - wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen, die Kosten des Berufungsverfahrens zu 1/4 die Klägerin und zu 3/4 die Beklagte.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist.
Die 1959 geborene Klägerin war zunächst als Bundesbeamtin für die Deutsche Postbank AG tätig. Ab dem 1. Juni 2002 wurde sie - unter gleichzeitiger Gewährung von Sonderurlaub durch die Deutsche Postbank AG - von der Beklagten als Arbeitnehmerin eingestellt. Im Jahre 2011 wurde sie als Beamtin zur Deutsche Post AG versetzt. Die Klägerin ist als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 60 anerkannt.
Die Beklagte war ursprünglich eine Tochtergesellschaft der Deutsche Postbank AG. Die Präambel der Konzernbetriebsvereinbarung vom 20. Februar 2002 über die „Rahmenbedingungen des Wechsel von Mitarbeitern in die … [Beklagte]“ (KBV 2002) benennt als ihre Aufgabe, „Mitarbeiter der Postbank, die infolge betrieblicher Umstrukturierungsmaßnahmen ihren Arbeitsplatz bei der Postbank verloren haben, bis zur Vermittlung eines dauerhaften Arbeitsplatzes im Rahmen des Kaskaden-Modells des TV-Ratio Postbank übergangsweise zu beschäftigen“. Die Beklagte besitzt die Genehmigung zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung. Sie beschäftigte im Jahr 2015 bundesweit rund 520 Arbeitnehmer, darunter etwa 270 Beamte.
Nach dem Arbeitsvertrag vom 6. Mai 2002 finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die für die Beklagte geltenden Tarifverträge Anwendung. Gemäß § 9 Nr. 6 des Manteltarifvertrags vom 20. Februar 2002 (MTV) können Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmern der Beklagten, die das 50. Lebensjahr und eine Zeit der Beschäftigung bei der Beklagten von mindestens zehn Jahren vollendet haben, nur noch nach Maßgabe von § 626 BGB gekündigt werden. Die Kündigungsgründe sind auf Verlangen des Arbeitnehmers darzulegen (§ 9 Nr. 3 Satz 2 MTV).
Ende 2010 erwarb die Deutsche Bank AG die Mehrheit der Gesellschaftsanteile an der Deutsche Postbank AG. Die Gesellschaftsanteile an der Beklagten übernahm die Deutsche Post AG.
In einer Konzernbetriebsvereinbarung von Mai 2012 war die Reduzierung des Personalbestands der Beklagten durch den Wechsel von Beschäftigten zur Deutsche Post AG festgelegt. Die Beurlaubungen der von dieser Maßnahme erfassten Beamten sollten nach näherer Maßgabe von § 3 dieser KBV am 31. Mai 2012 enden. Die betroffenen Arbeitnehmer wurden in Listen verzeichnet. Auf der Liste für den Standort K war ua. die Klägerin aufgeführt.
In einem an die Klägerin gerichteten Schreiben der Beklagten vom 29. Mai 2012 heißt es:
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„… aufgrund der Mitteilung der Deutschen Post AG wird Ihre Beurlaubung gemäß § 13 Sonderurlaubsverordnung für eine Tätigkeit bei der … [Beklagten] zum 01.06.2012 beendet. Somit endet Ihr Beschäftigungsverhältnis … mit Ablauf des 31.05.2012.“ |
Die Klägerin arbeitete nach Beendigung ihrer Beurlaubung nicht mehr für die Beklagte. Die Deutsche Post AG ordnete sie von August 2012 bis März 2014 an die Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten ab. Das Angebot zu einer Abordnung an die Beklagte lehnte die Klägerin ab, weil sie dort aus ihrer Sicht zu schlechteren Bedingungen als in ihrem Arbeitsverhältnis beschäftigt worden wäre.
Nachdem die Klägerin im Juli 2014 gegenüber der Beklagten eine Beschäftigungsklage erhoben hatte, entschloss sich die Beklagte zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Sie unterrichtete den bei ihr errichteten Betriebsrat mit Schreiben vom 12. September 2014 über ihre Absicht, das Arbeitsverhältnis personenbedingt außerordentlich mit sozialer Auslauffrist zum 30. Juni 2015 zu kündigen. Zeitgleich hörte sie die Schwerbehindertenvertretung an. Das Integrationsamt stimmte der beabsichtigten Kündigung am 1. Oktober 2014 zu. Mit Schreiben vom 2. Oktober 2014 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien „vorsorglich“ außerordentlich mit Auslauffrist zum 30. Juni 2015.
Dagegen hat die Klägerin rechtzeitig die vorliegende Kündigungsschutzklage erhoben. Die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die Beklagte habe den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört. Die Kündigung verstoße gegen § 9 Nr. 3 Satz 2 MTV. Die Kündigungsgründe seien nicht im Kündigungsschreiben angegeben.
Die Klägerin hat - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - beantragt
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festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 2. Oktober 2014 nicht zum 30. Juni 2015 beendet wird. |
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei bereits mit der Beendigung der Beurlaubung der Klägerin als Beamtin Ende Mai 2012 aufgelöst worden. Die Klägerin habe ihre Rechte aus dem Arbeitsverhältnis verwirkt. Zumindest die Kündigung vom 2. Oktober 2014 habe das Arbeitsverhältnis beendet. Die Klägerin sei nach Ablauf ihrer Beurlaubung außer Stande, ihre arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen.
Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Die Revision ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Entscheidung des Arbeitsgerichts zu Unrecht abgeändert und die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Das Berufungsurteil war deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Einer Zurückverweisung bedurfte es nicht. Die Sache war nach dem festgestellten Sachverhalt zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist weder durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 2. Oktober 2014 noch durch andere Beendigungsgründe aufgelöst worden.
I. Die Kündigungsschutzklage gem. § 4 Satz 1 KSchG ist nicht deshalb unbegründet, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien schon aus anderen Gründen bei Zugang der Kündigung beendet gewesen wäre oder bis zu dem mit der Kündigung vorgesehenen Auflösungstermin geendet hätte.
1. Gegenstand einer Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG ist das Begehren festzustellen, dass „das Arbeitsverhältnis“ durch die konkrete, mit der Klage angegriffene Kündigung zu dem in ihr vorgesehenen Termin nicht aufgelöst worden ist. Die betreffende Feststellung erfordert nach dem Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung eine Entscheidung über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung (BAG 20. März 2014 - 2 AZR 1071/12 - Rn. 17, BAGE 147, 358).
2. Das Arbeitsverhältnis der Parteien war bei Zugang der Kündigung vom 2. Oktober 2014 nicht bereits aus anderen Gründen beendet.
a) Die Parteien haben den Arbeitsvertrag nicht unter einer auflösenden Bedingung geschlossen (§ 21 iVm. § 15 Abs. 2 TzBfG), die bis zum Zugang der streitbefangenen Kündigung eingetreten wäre. Eine solche Beendigung wird auch nicht gem. § 21 iVm. § 15 Abs. 2, § 17 Satz 2 TzBfG und § 7 KSchG fingiert. Nach der Annahme des Landesarbeitsgerichts haben die Parteien weder ausdrücklich noch konkludent eine auflösende Bedingung vereinbart, nach der ihr Arbeitsverhältnis mit der Beendigung des Sonderurlaubs der Klägerin enden sollte. Dies lässt einen revisionsrechtlich erheblichen Rechtsfehler nicht erkennen. Daneben fehlte es für den Eintritt der Fiktion aus § 17 Satz 2 TzBfG an der nach § 21 iVm. § 15 Abs. 2 TzBfG erforderlichen Unterrichtung über den Eintritt der vermeintlich vereinbarten auflösenden Bedingung. Aus dem Schreiben vom 29. Mai 2012 leitet die Beklagte, wie sie im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat, keine Rechte her.
b) Das Arbeitsverhältnis hat nicht nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage ohne eine darauf bezogene Erklärung der Beklagten mit dem Ablauf des der Klägerin gewährten Sonderurlaubs am 31. Mai 2012 geendet. Gegenüber einer Anpassung nach § 313 BGB ist das Kündigungsrecht lex specialis. Sachverhalte, die zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage führen, sind daher ggf. daraufhin zu prüfen, ob sie eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen können (BAG 5. Juni 2014 - 2 AZR 615/13 - Rn. 23, BAGE 148, 227; 8. Oktober 2009 - 2 AZR 235/08 - Rn. 32).
II. Die Kündigungsschutzklage ist nicht deshalb abzuweisen, weil die Kündigung der Beklagten vom 2. Oktober 2014 ohnehin keine Rechtswirkungen entfaltet hätte. Selbst wenn die Beklagte sie unter der auflösenden Rechtsbedingung („vorsorglich“) erklärt haben sollte, dass das Arbeitsverhältnis nicht bereits zuvor beendet war (zur Zulässigkeit einer unter einer auflösenden Rechtsbedingung erklärten Kündigung zuletzt BAG 17. Dezember 2015 - 2 AZR 304/15 - Rn. 22), wäre diese Bedingung - wie vorstehend ausgeführt - nicht eingetreten.
III. Die Klägerin hat ihr Recht, sich auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses über den 31. Mai 2012 hinaus zu berufen, nicht verwirkt (§ 242 BGB).
1. Es ist schon zweifelhaft, ob das Recht, sich auf den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zu berufen, überhaupt verwirken kann, wenn das Arbeitsverhältnis zuvor unstreitig - als ein solches - begründet worden ist (ebenfalls kritisch dazu BAG 21. Oktober 2015 - 4 AZR 649/14 - Rn. 44; zur Möglichkeit einer Verwirkung des Rechts, sich auf die Entstehung eines nach Art. 1 § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG aF fingierten Arbeitsverhältnisses zu berufen BAG 30. Januar 1991 - 7 AZR 239/90 - zu II 1 der Gründe; dies bezweifelnd BAG 18. Februar 2003 - 3 AZR 160/02 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 105, 59). Verwirkung ist die Folge einer illoyalen Verspätung der Rechtsausübung (BAG 25. November 2010 - 2 AZR 323/09 - Rn. 20; BGH 26. Februar 2003 - XII ZR 66/01 - zu 2 c der Gründe; Palandt/Grüneberg BGB 75. Aufl. § 242 Rn. 87; Jauernig/Mansel BGB 16. Aufl. § 242 Rn. 53). Dauerschuldverhältnisse bestehen im Grundsatz jedoch unabhängig davon fort, ob sie „ausgeübt“ werden. Aus ihnen erwachsen zwar subjektive Rechte, die verwirken können. Dauerschuldverhältnisse selbst bestehen aber so lange, wie sie nicht einvernehmlich oder durch Kündigung beendet sind. Dies spricht dafür, sie insofern mit dinglichen Rechten wie zB dem Eigentum für vergleichbar zu halten, die ebenfalls nicht verwirken können, sondern nur die aus ihnen folgenden Ansprüche (dazu BGH 16. Mai 2014 - V ZR 181/13 - Rn. 17; ebenso MüKoBGB/Schubert 7. Aufl. § 242 Rn. 358). Die Verwirkung eines Arbeitsverhältnisses und nicht nur von sich daraus ergebenden Ansprüchen erscheint auch deshalb problematisch, weil dadurch Rechtspositionen erlöschen könnten, für die gesetzlich festgelegt ist, dass ihre Verwirkung ausgeschlossen ist (unter Hinweis auf § 77 Abs. 4 Satz 3 BetrVG und § 4 Abs. 4 Satz 2 TVG BAG 18. Februar 2003 - 3 AZR 160/02 - zu B II 2 a der Gründe, BAGE 105, 59).
2. Im Streitfall bedarf dies keiner Entscheidung. Selbst wenn eine Verwirkung des Rechts, sich auf den Bestand eines Arbeitsverhältnisses zu berufen, grundsätzlich in Betracht käme, lagen die Voraussetzungen dafür hier nicht vor. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.
a) Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) und soll dem Bedürfnis nach Rechtsklarheit dienen. Es ist nicht ihr Zweck, Schuldner, denen gegenüber Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Pflicht zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann allein der Zeitablauf die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen. Es müssen vielmehr zum Zeitmoment besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzutreten (Umstandsmoment), die es rechtfertigen, die späte Geltendmachung des Rechts als mit Treu und Glauben unvereinbar und für den Verpflichteten als unzumutbar anzusehen. Der Berechtigte muss unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erwecken konnten, er wolle sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Die Beurteilung der Frage, ob ein Recht verwirkt ist, obliegt grundsätzlich dem Gericht der Tatsacheninstanz. Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt allein, ob es alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird (BAG 13. August 2008 - 7 AZR 269/07 - Rn. 37 f.).
b) Das Landesarbeitsgericht hat zwar ohne eine hierauf bezogene Begründung das Vorliegen des Zeitmoments bejaht. Es fehle aber an besonderen Umständen, die ein Vertrauen der Beklagten hätten begründen können, sie werde mit der Geltendmachung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses durch die Klägerin nicht mehr konfrontiert werden. Die Beklagte habe aus der Tatsache, dass zwischen dem 1. Juni 2012 als dem ersten Arbeitstag, an dem die Klägerin von ihr nicht mehr beschäftigt worden sei, und der Zustellung von deren Beschäftigungsklage mehr als zwei Jahre vergangen seien, nicht ableiten können, die Klägerin werde ihr gegenüber keine Ansprüche mehr aus dem Arbeitsverhältnis geltend machen. Dies komme schon deshalb nicht in Betracht, weil die Klägerin ihr Ziel, das Arbeitsverhältnis zu erhalten, außergerichtlich über andere Gremien weiterverfolgt und die Beklagte hiervon Kenntnis gehabt habe.
c) Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Dabei kann dahinstehen, ob das Landesarbeitsgericht das Zeitmoment zu Recht als erfüllt angesehen hat. Es hat jedenfalls ohne Rechtsfehler angenommen, das daneben erforderliche Umstandsmoment sei schon deshalb nicht gegeben, weil die Beklagte Kenntnis davon hatte, dass die Klägerin ihre Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis weiterverfolgte. Die Beklagte hat bezogen auf diesen vom Landesarbeitsgericht zugrunde gelegten Sachverhalt keine Verfahrens(gegen-)rügen erhoben.
IV. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 2. Oktober 2014 zum Ende der Auslauffrist am 30. Juni 2015 aufgelöst worden. Ein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB lag nicht vor.
1. Die Klägerin hat sich auf die Rechtsunwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung mangels wichtigen Grundes iSd. § 626 BGB bereits im erstinstanzlichen Verfahren berufen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG iVm. § 4 Satz 1, § 6 KSchG). Zwar hat sie ausdrücklich nur geltend gemacht, die Kündigung sei „nicht sozial gerechtfertigt“. Worin die Beklagte einen wichtigen Grund iSd. § 626 BGB sehe, sei ihr nicht bekannt. Dies lässt aber ausreichend erkennen, sie wolle rügen, es fehle an einem Grund, der selbst eine ordentliche Kündigung iSv. § 1 KSchG sozial rechtfertigen könnte, und damit zugleich und erst Recht an einem wichtigen Grund iSd. § 626 BGB für die erklärte außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist.
2. Eine außerordentliche Kündigung mit einer der - fiktiven - ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist kommt in Betracht, wenn die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung ausgeschlossen ist und dies dazu führt, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer andernfalls noch für Jahre vergüten müsste, ohne dass dem eine entsprechende Arbeitsleistung gegenüberstünde (BAG 20. März 2014 - 2 AZR 288/13 - Rn. 28; für eine Kündigung aus betrieblichen Gründen BAG 24. September 2015 - 2 AZR 562/14 - Rn. 29 ).
a) Die Beklagte hat nicht geltend gemacht, sie habe aus betrieblichen Gründen keine Möglichkeit mehr gehabt, die Klägerin zu beschäftigen. Damit hätte sie auch schon deshalb keinen Erfolg haben können, weil sie den Betriebsrat zu einem solchen Kündigungsgrund nicht gem. § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG angehört hat. Auf dem Betriebsrat nicht mitgeteilte Kündigungsgründe kann der Arbeitgeber die Kündigung im Rechtsstreit nicht stützen (BAG 18. Juni 2015 - 2 AZR 256/14 - Rn. 47).
b) Im Streitfall bedarf es keiner Entscheidung, unter welchen Voraussetzungen ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB aufgrund von Umständen beendet werden kann, die in der Person des Arbeitnehmers liegen. Der festgestellte Sachverhalt rechtfertigt entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts bereits nicht die Annahme, im Zeitpunkt der Kündigung sei die Prognose berechtigt gewesen, die Klägerin werde aus Gründen in ihrer Person ihren Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nicht mehr nachkommen (können). Da schon kein Kündigungsgrund in der Person der Klägerin iSv. § 1 Abs. 2 KSchG gegeben ist, liegt erst recht kein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung iSv. § 626 Abs. 1 BGB vor.
aa) Eine auf § 1 Abs. 2 KSchG gestützte (ordentliche) Kündigung kann gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Sphäre liegen, jedoch nicht von ihm verschuldet sein müssen, zu der nach dem Vertrag vorausgesetzten Arbeitsleistung ganz oder teilweise nicht mehr in der Lage ist. In diesen Fällen liegt in der Regel eine schwere und dauerhafte Störung des vertraglichen Austauschverhältnisses vor, der der Arbeitgeber, wenn keine andere Beschäftigung mehr möglich ist, mit einer Kündigung begegnen kann (BAG 10. April 2014 - 2 AZR 812/12 - Rn. 26; 24. Februar 2005 - 2 AZR 211/04 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 114, 51).
bb) Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Weder ist mit der Beendigung des Sonderurlaubs eine notwendige und sachlich gerechtfertigte Anforderung für den Einsatz der Klägerin entfallen noch ist diese tatsächlich oder rechtlich an der Erbringung einer Arbeitsleistung für die Beklagte gehindert.
(1) Die Gewährung von Urlaub unter Wegfall der Besoldung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über den Sonderurlaub für Bundesbeamtinnen, Bundesbeamte, Richterinnen und Richter des Bundes - Sonderurlaubsverordnung - (SUrlV) idF der Bekanntmachung vom 11. November 2004 (BGBl. I S. 2836) stellt keine notwendige und sachlich gerechtfertigte Anforderung für die Tätigkeit der Klägerin bei der Beklagten dar.
(a) Ein Grund zur Kündigung aus Gründen in der Person des Arbeitnehmers kann gegeben sein, wenn dieser die erforderliche Eignung oder Fähigkeit nicht (mehr) besitzt, um zukünftig die geschuldete Arbeitsleistung - ganz oder teilweise - zu erbringen. Die Erreichung des Vertragszwecks muss durch den in der Sphäre des Arbeitnehmers liegenden Umstand nicht nur vorübergehend zumindest teilweise unmöglich sein (BAG 18. September 2008 - 2 AZR 976/06 - Rn. 22; Krause in v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 15. Aufl. § 1 Rn. 295). Ein Kündigungsgrund kann daher auch darin bestehen, dass eine für die Tätigkeit des Arbeitnehmers notwendige und sachlich gerechtfertigte Anforderung entfällt.
(b) Die Beurlaubung der Klägerin nach § 13 Abs. 1 Satz 1 SUrlV stellt keine solche Anforderung für ihre Tätigkeit bei der Beklagten dar.
(aa) Nach dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 6. Mai 2002 ist die Gewährung von Sonderurlaub nach § 13 Abs. 1 Satz 1 SUrlV keine für ihre Beschäftigung bei der Beklagten notwendige Voraussetzung. Einen Bezug zu ihrem Beamtenstatus lassen allein die Regelungen in § 4 Nr. 4 des Arbeitsvertrags erkennen. Ihnen zufolge sollte das Arbeitsverhältnis enden, ohne dass es einer Kündigung bedurfte, wenn die Klägerin die gesetzliche Altersgrenze für Beamte erreicht, eine beamtenrechtliche „Zurruhesetzung“ auf Antrag erfolgt oder ihr „die Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit gem. § 42 BBG zugestellt ist“. Soweit in § 1 Nr. 2 des Arbeitsvertrags auf die Tarifverträge der Beklagten sowie die KBV 2002 verwiesen wird, ergibt sich auch daraus nicht, eine Beurlaubung der Klägerin als Beamtin habe eine notwendige Voraussetzung für ihre Beschäftigung bei der Beklagten dargestellt. Weder einer der bei der Beklagten geltenden Tarifverträge noch die KBV 2002 sehen eine solche Voraussetzung vor. § 2 KBV 2002 bestimmt lediglich, Beamte, die von Maßnahmen nach § 1 betroffen seien, würden gem. § 13 SUrlV für eine Tätigkeit bei der Beklagten beurlaubt, nach § 4 PostPersRG bestehende Beurlaubungen würden aus Anlass des Wechsels in die Beklagte in Beurlaubungen nach § 13 SUrlV umgewandelt. Damit sind zwar die zugunsten der Betroffenen für ihre Beamtenverhältnisse zu schaffenden Rahmenbedingungen formuliert, dies aber nicht als notwendige Anforderungen für eine Beschäftigung bei der Beklagten. Aus der Präambel der KBV 2002 folgt nichts anderes.
(bb) Den Umständen des Vertragsschlusses zwischen den Parteien lässt sich auch nicht konkludent entnehmen, der für das Arbeitsverhältnis vorausgesetzte Vertragszweck verlange als notwendige und sachlich gerechtfertigte Anforderung für eine Beschäftigung der Klägerin, dass diese als Beamtin beurlaubt sei. Die Parteien dürften zwar bei Vertragsschluss nach den in der KBV 2002 beschriebenen Rahmenbedingungen davon ausgegangen sein, dass die Klägerin beurlaubt würde. Dies betraf aber allein ihr Beamtenverhältnis. Für die Arbeit bei der Beklagten war die Beurlaubung dagegen ohne Bedeutung (vgl. ebenso LAG Hamburg 24. April 2014 - 1 Sa 46/13 - zu 2 b aa der Gründe). Zu der Frage, welche Folgen es für das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten haben sollte, wenn die Beurlaubung der Klägerin als Beamtin nicht verlängert würde, sind im Arbeitsvertrag keine erkennbaren Festlegungen getroffen. Lediglich für den Fall eines „Wechsels“ zur Deutsche Postbank AG ist in § 8 KBV 2002 der Abschluss eines Auflösungsvertrags mit der Beklagten vorgesehen.
(2) Die Klägerin war nicht tatsächlich außerstande, ihre Arbeitsleistung gegenüber der Beklagten zu erbringen. Es ist weder festgestellt noch von der Beklagten behauptet, es sei im Kündigungszeitpunkt absehbar gewesen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs an der Erfüllung ihrer Arbeitspflicht tatsächlich gehindert gewesen wäre. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts lagen im Zeitpunkt der Kündigung auch keine hinreichenden Anhaltspunkte vor, nach denen die Prognose gerechtfertigt gewesen wäre, die Klägerin werde ihre Arbeitsleistung künftig aufgrund einer möglichen Kollision mit ihren Pflichten aus dem Beamtenverhältnis tatsächlich nicht mehr erbringen.
(a) Zu einer solchen Prognose berechtigte nicht schon der Umstand, dass die Klägerin nach der Beendigung des Sonderurlaubs wieder für ihre Dienstherrin tätig werden musste. Die Beklagte hat nicht behauptet, der Klägerin in dieser Zeit Aufgaben übertragen zu haben, der sie wegen bestehender Dienstpflichten nicht nachkommen konnte. Überdies hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, dass der Klägerin im Kündigungszeitpunkt schon seit mehreren Monaten keine dauerhafte, amtsangemessene Tätigkeit mehr zugewiesen worden war.
(b) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, es habe keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Klägerin zur Erhaltung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ausscheiden oder unter Verletzung ihrer Dienstpflichten als Beamtin bei der Beklagten weiterarbeiten würde, lässt außer Acht, dass die Beklagte die primäre Darlegungslast für den geltend gemachten Kündigungsgrund trägt. Es hätten daher - umgekehrt - hinreichende Anhaltspunkte dafür gegeben sein müssen, dass die Klägerin nicht bereit gewesen wäre, ihre Arbeitsleistung wieder zu erbringen. Dies war aber nicht allein deshalb anzunehmen, weil eine Weiterarbeit bei der Beklagten eine Verletzung ihrer Dienstpflichten als Beamtin mit sich bringen konnte. Die Entscheidung, es ggf. auf ein Disziplinarverfahren ihres Dienstherrn oder sonstige beamtenrechtliche Folgen, etwa für ihren Besoldungsanspruch, ankommen zu lassen, oblag vielmehr allein der Klägerin.
(3) Die Beendigung der Beurlaubung mit Ablauf des 31. Mai 2012 führte nicht dazu, dass der Klägerin die von ihr geschuldete Arbeitsleistung für die Beklagte rechtlich unmöglich geworden oder ihre ordnungsgemäße Erbringung aus diesem Grund für die Zukunft nicht mehr zu erwarten gewesen wäre.
(a) Rechtliche Unmöglichkeit iSd. § 275 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass die Leistung aus Rechtsgründen nicht erbracht werden kann (Palandt/Grüneberg BGB 75. Aufl. § 275 Rn. 16). Ein solcher Fall lag hier nicht vor. War die Klägerin als Beamtin nicht mehr beurlaubt, konnte es zwar Folge einer Erfüllung ihrer Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten sein, dass sie ihre Pflichten als Beamtin verletzte (vgl. etwa zum unerlaubten Fernbleiben vom Dienst § 96 Abs. 1 Satz 1 BBG; zur Ausübung von Nebentätigkeiten § 99 Abs. 1 Satz 1 BBG). Wäre es zu entsprechenden Pflichtverletzungen gekommen, hätte sie mit dienstrechtlichen Maßnahmen rechnen müssen. Deren Vornahme hätte aber nicht die rechtliche Unmöglichkeit ihrer Arbeitsleistung gegenüber der Beklagten zur Folge.
(b) Das Fehlen einer weiteren Beurlaubung als Beamtin führte nicht zu einem (gesetzlichen oder behördlichen) Beschäftigungsverbot, so dass die Beklagte aus diesem Grunde gehindert gewesen wäre, die Klägerin weiter zu beschäftigen.
(aa) Der Verlust einer öffentlich-rechtlichen Befugnis (Erlaubnis) bzw. ein damit einhergehendes Beschäftigungsverbot kann eine Kündigung aus Gründen in der Person des Arbeitnehmers rechtfertigen (zur Fahrerlaubnis BAG 5. Juni 2008 - 2 AZR 984/06 - Rn. 28; zur Erlaubnis nach § 19 AFG BAG 7. Februar 1990 - 2 AZR 359/89 - zu C II und C II 2 a der Gründe; zur Fluglizenz eines Verkehrsflugzeugführers BAG 31. Januar 1996 - 2 AZR 68/95 - zu II 2 der Gründe, BAGE 82, 139). Wenn der Arbeitgeber durch die Beschäftigung gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, kann er vertraglich nicht zur Entgegennahme der angebotenen Arbeitsleistung gezwungen sein. Das Gleiche gilt, wenn nicht die Beschäftigung mit der vertraglich geschuldeten Tätigkeit selbst gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, der Arbeitgeber aber aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat und die in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen, gesetzliche Verpflichtungen, die mit der Beschäftigung verbunden sind, nicht erfüllen kann (zur fehlenden Möglichkeit der Gewährung eines Ersatzruhetags BAG 24. Februar 2005 - 2 AZR 211/04 - zu B II 2 der Gründe, BAGE 114, 51). Auch in diesem Fall besteht ein Beschäftigungshindernis.
(bb) So liegt der Fall hier nicht. Die Beklagte hätte nicht gegen ein gesetzliches oder behördliches Verbot verstoßen, wenn sie die Klägerin beschäftigt hätte, ohne dass diese als Beamtin weiterhin beurlaubt war. Allein der Konflikt der gegenüber dem Dienstherrn bestehenden Dienstpflicht mit der Arbeitspflicht aus einem daneben bestehenden Arbeitsverhältnis begründet kein absolutes Beschäftigungsverbot für die Beklagte. Diese war trotz der möglichen Pflichtenkollision in der Person der Klägerin nicht gehindert, deren Arbeitsleistung entgegenzunehmen.
cc) Es kann dahinstehen, ob es der Beklagten aus Gründen konzernrechtlicher Verbundenheit mit der Dienstherrin der Klägerin unzumutbar gewesen wäre, diese wieder zu beschäftigen, nachdem sie als Beamtin nicht weiter beurlaubt worden war. Hierauf hat die Beklagte ihre Kündigungsabsicht gegenüber dem Betriebsrat nicht gestützt. Diesem hat sie lediglich mitgeteilt, sie könne die Klägerin tatsächlich nicht mehr beschäftigen, nachdem ihre Beurlaubung als Beamtin nicht mehr verlängert worden sei. Die Klägerin habe nunmehr ihre Dienstpflichten gegenüber der Dienstherrin zu erfüllen.
dd) Soweit die Beklagte geltend macht, es sei ein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB gegeben, „weil sich die Klägerin auf ein ständiges Leistungsverweigerungsrecht nach § 275 Abs. 3 BGB beruf(en habe)“, kann sie die Kündigung hierauf ebenfalls nicht mit Erfolg stützen. Die vermeintliche Ausübung eines Leistungsverweigerungsrechts seitens der Klägerin war nicht Gegenstand der Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Im Übrigen ist nicht festgestellt, dass sich die Klägerin auf ein Leistungsverweigerungsrecht berufen hätte. Eine darauf bezogene Verfahrens(gegen-)rüge hat die Beklagte nicht erhoben. Soweit sie meint, die Klägerin habe ihren Willen zur Leistungsverweigerung dadurch kundgetan, dass sie seit Juni 2012 wieder für die Deutsche Post AG bzw. in Abordnung für die Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten tätig geworden sei, lässt sich daraus nichts für den Zeitpunkt der Kündigung ableiten. Die Klägerin hatte vor dem Kündigungsausspruch sogar klageweise ihre Beschäftigung von der Beklagten verlangt, nachdem die Deutsche Post AG ihr seit April 2014 keine amtsangemessene Tätigkeit mehr übertragen hatte.
V. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Kündigung der Beklagten zudem aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist.
VI. Die Kosten der für die Klägerin erfolgreichen Revision fallen nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Beklagten zur Last. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat entsprechend § 92 ZPO hinsichtlich ihrer erfolglosen Berufung (§ 97 Abs. 1 ZPO) die Beklagte, hinsichtlich des zunächst auch von ihr anhängig gemachten, aber zurückgenommenen Berufungsantrags (§ 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO) die Klägerin zu tragen.
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Koch |
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Niemann |
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Rachor |
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Beckerle |
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K. Schierle |