Entscheidungsdatum: 28.10.2010
Die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes auf einen Kleinbetrieb ist - in verfassungskonformer Auslegung des § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 KSchG - nicht stets schon dann geboten, wenn der betreffende Betrieb nicht sämtliche der einen Kleinbetrieb typischerweise prägenden Merkmale tatsächlich aufweist.
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 17. Januar 2008 - 7 Sa 41/07 - aufgehoben.
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier ordentlicher Kündigungen und dabei über die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes.
Der im November 1949 geborene, verheiratete Kläger ist seit Januar 1990 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin als Hausmeister und Haustechniker tätig. Ihm oblag die „technische Betreuung“ der Liegenschaft „K“ in H. Im Arbeitsvertrag hat sich die Beklagte das Recht vorbehalten, dem Kläger „weitere Aufgaben im Umkreis von 20 km vom zuvorgenannten Arbeitsort entfernt zu übertragen“.
Die Beklagte ist auf dem Gebiet des Gebäudemanagements tätig. An ihrem Sitz in L beschäftigte sie zuletzt mindestens acht, an ihrem - einzigen - weiteren Standort in H sechs Arbeitnehmer, davon zwei Mitarbeiter, die im Jahr 2005 neu eingestellt worden waren. In H waren außer dem Kläger zwei weitere Arbeitnehmer als Hausmeister tätig: der 1990 eingestellte Arbeitnehmer F, geboren im September 1952, verheiratet, einem Kind zum Unterhalt verpflichtet, und der im Januar 2003 eingestellte Arbeitnehmer P, geboren im März 1975, ledig, keiner Person zum Unterhalt verpflichtet.
Im Jahr 2005 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich unter Berufung auf betriebliche Gründe. Im Verlauf des Kündigungsschutzprozesses nahm sie diese Kündigung „zurück“ und setzte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger einvernehmlich fort.
Mit Schreiben vom 29. März 2006 kündigte sie, vertreten durch den Arbeitnehmer S, das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2006 erneut, wobei sie sich wiederum auf betriebliche Gründe berief.
Der Kläger wies diese Kündigung gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 31. März 2006 unter Hinweis auf § 174 BGB zurück. Daraufhin teilte die Beklagte ihm mit, Herr S sei als Betriebsleiter des „H Betriebs“ bevollmächtigt, Einstellungen vorzunehmen und Kündigungen auszusprechen. Mit Schreiben vom 27. Juni 2006 kündigte sie das Arbeitsverhältnis „vorsorglich“ ein weiteres Mal zum 31. Dezember 2006.
Der Kläger hat Kündigungsschutzklage erhoben und geltend gemacht, die Kündigung vom 29. März 2006 sei schon deshalb unwirksam, weil dem Schreiben keine auf Herrn S lautende Vollmacht beigefügt gewesen sei. Beide Kündigungen seien zudem sozial ungerechtfertigt. Insbesondere fehle es an einer ausreichenden sozialen Auswahl. Das Kündigungsschutzgesetz finde Anwendung. Die H Betriebsstätte sei - jedenfalls bei verfassungskonformer Auslegung des Betriebsbegriffs - kein Kleinbetrieb im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes. Es fehle an der dafür typischen persönlichen Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie der charakteristischen geringen finanziellen Ausstattung und Leistungsfähigkeit. Selbst wenn man dies anders sehen wolle, seien die Kündigungen unberechtigt. Die Beklagte habe, indem sie weniger schutzwürdige Arbeitnehmer, insbesondere den Mitarbeiter P weiterbeschäftige, nicht einmal ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme gewahrt und sich damit treuwidrig verhalten.
Der Kläger hat beantragt
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1. |
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die Kündigung vom 29. März 2006, noch durch die Kündigung vom 27. Juni 2006 aufgelöst worden ist; |
2. |
die Beklagte zu verurteilen, ihn als Haustechniker zu unveränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen. |
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Zurückweisung der Kündigung vom 29. März 2006 sei ausgeschlossen. Sie habe dem Arbeitnehmer S mit Wirkung vom 1. Januar 2006 die „volle“ Verantwortung für das H Personal und insoweit auch die Befugnis übertragen, Einstellungen und Entlassungen vorzunehmen. Hiervon habe sie die in H beschäftigten Arbeitnehmer anlässlich einer Mitarbeiterversammlung vom 11. Januar 2006, an der auch der Kläger teilgenommen habe, in Kenntnis gesetzt. Mit Einsetzung des Arbeitnehmers S als Betriebsleiter habe sie zudem die Betriebsstätte H organisatorisch so weit verselbständigt, dass diese mit Wirkung vom 1. Januar 2006 als Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinne anzusehen sei. Mangels Überschreitung des nach § 23 Abs. 1 KSchG maßgebenden Schwellenwerts habe es einer sozialen Rechtfertigung der Kündigungen nicht bedurft. Die Kündigungen verstießen auch nicht gegen Treu und Glauben. Die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers P sei zur Aufrechterhaltung der bestehenden Altersstruktur erforderlich gewesen. Bereits im Jahr 2005 habe sie von damals noch insgesamt vier Hausmeistern - unstreitig - einen der beiden jüngeren Arbeitnehmer gekündigt. Darüber hinaus sei der Arbeitnehmer P leistungsfähiger und leistungsbereiter als der Kläger, den sie wegen Schlechtleistungen bereits mehrfach berechtigterweise abgemahnt habe.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte weiterhin, die Klage abzuweisen.
Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Ob das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 29. März 2006 oder jedenfalls durch die vorsorglich erklärte Kündigung vom 27. Juni 2006 aufgelöst worden ist, lässt sich mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen noch nicht abschließend beurteilen.
I. Die Begründung des Landesarbeitsgerichts trägt nicht das Ergebnis, die Kündigungen seien sozial ungerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 2, Abs. 3 KSchG und deshalb rechtsunwirksam, § 1 Abs. 1 KSchG. Es steht nicht fest, ob der Kläger in einem Betrieb beschäftigt war, dessen Arbeitnehmerzahl den nach § 23 Abs. 1 KSchG maßgebenden Schwellenwert übersteigt, und ob deshalb § 1 KSchG überhaupt zur Anwendung gelangt. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, selbst bei unterstellter organisatorischer Verselbständigung der Betriebsstätte H sei nicht diese, sondern das Unternehmen der Beklagten als „Betrieb“ im kündigungsschutzrechtlichen Sinne anzusehen, beruht auf einer fehlerhaften Anwendung von § 23 KSchG.
1. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG gelten die Vorschriften der §§ 1 bis 14 KSchG mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 KSchG und des § 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 KSchG nicht für Betriebe und Verwaltungen, in denen in der Regel fünf oder weniger Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten beschäftigt werden. Für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis erst nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat, ist gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG insbesondere § 1 KSchG dann nicht anwendbar, wenn im maßgebenden Zeitpunkt im Betrieb in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer beschäftigt waren; diese Arbeitnehmer sind bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer nach Satz 2 bis zur Beschäftigung von in der Regel zehn Arbeitnehmern nicht mit zu berücksichtigen.
2. Die umstrittenen Kündigungen sind damit hinsichtlich ihrer Wirksamkeit nur dann an § 1 KSchG zu messen, wenn die H Betriebsstätte der Beklagten und ihr (Haupt-)Betrieb in L im Kündigungszeitpunkt einen einheitlichen Betrieb iSd. § 23 KSchG bildeten. Lediglich unter dieser Voraussetzung ist auf die Gesamtzahl von mindestens 14 Arbeitnehmern abzustellen und der Schwellenwert des § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG überschritten. Handelte es sich dagegen bei der Betriebsstätte H und der Zentrale in L um zwei Betriebe im kündigungsschutzrechtlichen Sinne, wäre die erforderliche Arbeitnehmerzahl nicht erreicht. In H waren unstreitig lediglich sechs Arbeitnehmer beschäftigt, von denen zwei Arbeitnehmer im Jahr 2005 neu eingestellt worden waren. Diese zählten bei der Berechnung der Arbeitnehmeranzahl mit Blick auf den abgesenkten Schwellenwert des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG nicht mit (Senat 21. September 2006 - 2 AZR 840/05 - Rn. 24, BAGE 119, 343).
3. Der Begriff des Betriebs in § 23 KSchG ist gesetzlich nicht definiert. Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass § 23 KSchG der - allerdings im weitesten Sinne zu verstehende - allgemeine arbeitsrechtliche Betriebsbegriff zugrunde liegt. Danach ist unter einem Betrieb die organisatorische Einheit zu verstehen, innerhalb derer der Arbeitgeber allein oder in Gemeinschaft mit seinen Mitarbeitern mit Hilfe von sächlichen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung von Eigenbedarf erschöpfen (Senat 17. Januar 2008 - 2 AZR 902/06 - Rn. 15, BAGE 125, 274; 15. März 2001 - 2 AZR 151/00 - zu II 1 b der Gründe, EzA KSchG § 23 Nr. 23; 9. September 1982 - 2 AZR 253/80 - zu II 4 a der Gründe, BAGE 40, 145).
a) Ein Betrieb in diesem Sinne setzt einen einheitlichen organisatorischen Einsatz der Sachmittel und Personalressourcen voraus. Die einen Betrieb konstituierende Leitungsmacht wird dadurch bestimmt, dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen in personellen und sozialen Angelegenheiten von derselben institutionalisierten Leitung im Wesentlichen selbstständig ausgeübt wird. Entscheidend ist insoweit, wo schwerpunktmäßig über Arbeitsbedingungen und Organisationsfragen entschieden wird und in welcher Weise Einstellungen, Entlassungen und Versetzungen vorgenommen werden (Senat 3. Juni 2004 - 2 AZR 386/03 - zu B II 1 der Gründe, AP KSchG 1969 § 23 Nr. 33 = EzA KSchG § 23 Nr. 27).
b) Vom Betrieb als Ganzem zu unterscheiden sind Betriebsteile, die gegenüber dem Hauptbetrieb organisatorisch selbstständig sind und eine Teilfunktion von dessen arbeitstechnischem Zweck wahrnehmen (Senat 15. März 2001 - 2 AZR 151/00 - zu II 1 b der Gründe, EzA KSchG § 23 Nr. 23). Auch ein Hauptbetrieb und eine räumlich weit entfernte Betriebsstätte iSv. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG können einen Betrieb iSd. § 23 KSchG bilden. Im Unterschied zu § 4 Abs. 1 Satz 1 BetrVG differenziert § 23 KSchG nicht zwischen Betrieben und räumlich entfernten Betriebsteilen, die als selbstständige Betriebe im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes gelten. Die räumliche Einheit ist kündigungsschutzrechtlich kein entscheidendes Abgrenzungsmerkmal, weil es wesentlich auf die Leitung des Betriebs ankommt, der es obliegt, die Einzelheiten der arbeitstechnischen Zwecksetzung zu regeln (vgl. Senat 3. Juni 2004 - 2 AZR 577/03 - zu C I 1 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 141 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 55). Einheitlich und zentral gelenkte Verkaufsstellen, in denen jeweils nur wenige Arbeitnehmer beschäftigt sind, sind deshalb in ihrer Gesamtheit als ein „Betrieb“ im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes anzusehen (so bereits Senat 26. August 1971 - 2 AZR 233/70 - AP KSchG 1969 § 23 Nr. 1 = EzA KSchG § 23 Nr. 1).
4. Das Landesarbeitsgericht hat dahinstehen lassen, ob die H Betriebsstätte nach dieser allgemeinen Begriffsdefinition als - selbständiger - Betrieb anzusehen ist. Selbst wenn dies zugunsten der Beklagten unterstellt werde, sei zur Vermeidung einer mit Sinn und Zweck der Kleinbetriebsklausel nicht mehr zu vereinbarenden Benachteiligung des Klägers hinsichtlich der Berechnung des Schwellenwerts auf ihr Unternehmen als ganzes abzustellen. Dies steht mit § 23 KSchG nicht in Einklang. Das Landesarbeitsgericht überspannt die Anforderungen, die an ein verfassungskonformes Verständnis des Betriebsbegriffs in dieser Bestimmung zu stellen sind.
a) Ausgangspunkt der Auslegung sind Wortlaut und Systematik des Gesetzes. § 23 Abs. 1 KSchG stellt hinsichtlich des Geltungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes ausdrücklich auf den Betrieb und nicht auf das Unternehmen ab, obwohl das Kündigungsschutzgesetz - wie sich aus § 1 Abs. 1 KSchG ergibt - beide Begriffe kennt und zwischen diesen unterscheidet. Das Gesetz geht zudem, wie § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b KSchG zeigt, davon aus, dass ein Unternehmen mehrere Betriebe haben kann (vgl. Senat 17. Januar 2008 - 2 AZR 902/06 - Rn. 16, BAGE 125, 274).
b) Das Festhalten an der allgemeinen Definition des Betriebsbegriffs entspricht dem gesetzgeberischen Willen. Bereits im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Beschäftigungsförderungsgesetz 1996 wurde die Frage diskutiert, ob die Betriebsbezogenheit des Kündigungsschutzgesetzes beibehalten werden oder diese durch eine Unternehmensbezogenheit abgelöst werden solle. Dennoch blieb der Wortlaut des § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG selbst nach der erneuten Änderung der Norm durch das am 1. Januar 1999 in Kraft getretene Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. Dezember 1998 (BGBl. I S. 3843) unverändert (vgl. dazu Senat 15. März 2001 - 2 AZR 151/00 - zu II 1 a der Gründe, EzA KSchG § 23 Nr. 23). Durch das Gesetz zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3002) wurde § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG geändert und § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG eingefügt. Nach seinem Wortlaut stellt das Gesetz gleichwohl unverändert auf den Betrieb ab. Das schließt es aus, den Begriff des Betriebs in § 23 Abs. 1 KSchG mit dem des Unternehmens gleichzusetzen (Senat 17. Januar 2008 - 2 AZR 902/06 - Rn. 17 mwN, BAGE 125, 274; 3. Juni 2004 - 2 AZR 386/03 - zu B I 2 der Gründe, AP KSchG 1969 § 23 Nr. 33 = EzA KSchG § 23 Nr. 27).
c) Das Bundesverfassungsgericht hat den damit verbundenen Ausschluss von Kleinbetrieben aus dem Geltungsbereich des Kündigungsschutzes als mit dem Grundgesetz vereinbar angesehen. Auch die Anknüpfung des Kündigungsschutzgesetzes an den allgemeinen Betriebsbegriff hat es im Ergebnis nicht beanstandet, allerdings im Wege einer verfassungskonformen Auslegung eine Beschränkung auf solche Einheiten verlangt, für deren Schutz die Kleinbetriebsklausel allein bestimmt ist (BVerfG 27. Januar 1998 - 1 BvL 15/87 - BVerfGE 97, 169). Die Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer in Kleinbetrieben und derjenigen, die in größeren Betrieben beschäftigt seien, sei durch die besondere Lage der Arbeitgeber in Kleinbetrieben gerechtfertigt, die sich durch persönliche Zusammenarbeit, geringere Finanzausstattung und begrenzte Verwaltungskapazität des Unternehmens auszeichne. In einem Betrieb mit wenigen Arbeitskräften hänge der Geschäftserfolg mehr als bei Großbetrieben von jedem einzelnen Arbeitnehmer ab. Auf seine Leistungsfähigkeit komme es ebenso an wie auf Persönlichkeitsmerkmale, die für die Zusammenarbeit, die Außenwirkung und das Betriebsklima von Bedeutung seien. Kleine Teams seien anfällig für Missstimmungen und Querelen. Störungen des Betriebsklimas könnten zu Leistungsminderungen führen, die bei geringem Geschäftsvolumen spürbar auf das Ergebnis durchschlügen. Ausfälle ließen sich bei niedrigem Personalstand nur schwer ausgleichen. Typischerweise arbeite in kleineren Betrieben der Unternehmer selbst vor Ort mit. Damit bekomme das Vertrauensverhältnis zu jedem seiner Mitarbeiter einen besonderen Stellenwert. Auch die regelmäßig geringere Finanzausstattung falle ins Gewicht. Ein Kleinbetrieb sei häufig nicht in der Lage, Abfindungen bei der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses zu zahlen oder weniger leistungsfähiges, weniger benötigtes oder auch nur weniger genehmes Personal mitzutragen. Schließlich belaste auch der Verwaltungsaufwand, den ein Kündigungsschutzprozess mit sich bringe, den Kleinbetrieb stärker als ein größeres Unternehmen (BVerfG 27. Januar 1998 - 1 BvL 15/87 - zu B I 3 b bb der Gründe, aaO). Soweit damit in Einzelfällen auch Kleinbetriebe größerer Unternehmen unter den Betriebsbegriff fielen, für die diese Gesichtspunkte nicht zuträfen, sei dem durch verfassungskonforme Auslegung zu begegnen. Durch eine am Sinn und Zweck der Kleinbetriebsklausel orientierte Auslegung lasse sich die Anwendung des Betriebsbegriffs auf die Einheiten beschränken, für deren Schutz die Klausel allein bestimmt und für die die damit einhergehende Benachteiligung der Arbeitnehmer sachlich begründet sei (BVerfG 27. Januar 1998 - 1 BvL 15/87 - zu B II 4 b bb der Gründe, aaO).
d) Diese zu § 23 Abs. 1 Satz 2 KSchG idF des Gesetzes vom 26. April 1985 angestellten Erwägungen treffen auch auf die nachfolgenden Fassungen des Gesetzes, insbesondere auf § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 KSchG idF des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003, zu. Es ist nicht zu erkennen, dass der Gesetzgeber mit der dort normierten Anhebung des Schwellenwerts seinen ihm vom Bundesverfassungsgericht zuerkannten Typisierungsspielraum bei der Frage, bis zu welcher Betriebsgröße vom Vorliegen der für den Kleinbetrieb charakterisierenden Merkmale regelmäßig auszugehen ist, bereits überschritten hätte (Senat 21. September 2006 - 2 AZR 840/05 - Rn. 35, BAGE 119, 343). Mit seiner Entscheidung vom 12. März 2009 (- 1 BvR 1250/08 -) hat das Bundesverfassungsgericht die Anknüpfung an den Betriebsbegriff erneut gebilligt und auf eine ggf. gebotene verfassungskonforme Auslegung verwiesen, durch die eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes vermieden werde (vgl. dazu Senat 5. November 2009 - 2 AZR 383/08 - Rn. 21, EzA KSchG § 23 Nr. 36). Auch der Gerichtshof der Europäischen Union hat sich bereits mit der Kleinbetriebsklausel befasst und die Regelung als mit Unionsrecht vereinbar angesehen (vgl. EuGH 30. November 1993 - C-189/91 - AP KSchG 1969 § 23 Nr. 13 = EzA KSchG § 23 Nr. 13); Anhaltspunkte, die im Hinblick auf Neufassungen des § 23 KSchG oder Änderungen der unionsrechtlichen Grundlagen zu einer anderen Bewertung Anlass geben könnten, sind nicht ersichtlich (vgl. KR/Weigand 9. Aufl. § 23 KSchG Rn. 15).
e) Danach liegt im Streitfall keine Ausnahmekonstellation vor, die es von Verfassungswegen erfordern würde, unter allen Umständen - auch ggf. abweichend von der allgemeinen Begriffsdefinition - auf das Unternehmen der Beklagten als Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinne abzustellen.
aa) Eine verfassungskonforme Auslegung von § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 KSchG verlangt nicht, den Betriebsbezug des Schwellenwerts immer schon dann zu durchbrechen, wenn sich das Unternehmen zwar in mehrere kleine, organisatorisch verselbständigte Einheiten gliedert, insgesamt aber mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt (aA Gragert/Kreutzfeldt NZA 1998, 567, 569; Kittner NZA 1998, 731). Das liefe auf die vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte generelle Gleichsetzung von Betrieb und Unternehmen hinaus und berücksichtigte nicht, dass auch das Bundesverfassungsgericht lediglich von Einzelfällen ausgegangen ist, die dem gesetzgeberischen Leitbild nicht entsprächen (so auch v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 14. Aufl. § 23 Rn. 36).
bb) Ebenso wenig setzt die Anwendung der Kleinbetriebsklausel voraus, dass die als „Betrieb“ im kündigungsschutzrechtlichen Sinne zu verstehende Einheit sämtliche vom Bundesverfassungsgericht als charakteristisch benannten Merkmale eines Kleinbetriebs erfüllt (die Frage noch offen lassend: Senat 15. März 2001 - 2 AZR 151/00 - zu II 1 d der Gründe, EzA KSchG § 23 Nr. 23). Das Bundesverfassungsgericht hat lediglich beispielhaft Gesichtspunkte angeführt, die für einen Kleinbetrieb bezeichnend sind, ohne dass diese wie die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Norm zu behandeln wären. Maßgeblich ist vielmehr eine alle Umstände des Einzelfalls einbeziehende, wertende Gesamtbetrachtung dahingehend, ob die Anwendung der Kleinbetriebsklausel nach Maßgabe des allgemeinen Betriebsbegriffs unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse dem mit ihr verbundenen Sinn und Zweck (noch) hinreichend gerecht wird (vgl. Senat 13. Juni 2002 - 2 AZR 327/01 - zu II 1 d der Gründe, BAGE 101, 321). Ein „Berechnungsdurchgriff“ auf andere betriebliche Einheiten kommt nur in Betracht, wenn angesichts der vom Arbeitgeber geschaffenen konkreten Organisation die gesetzgeberischen Erwägungen für die Privilegierung des Kleinbetriebs bei verständiger Betrachtung ins Leere gehen und die Bestimmung des Betriebsbegriffs nach herkömmlicher Definition unweigerlich zu einer sachwidrigen Ungleichbehandlung betroffener Arbeitnehmer führen würde (vgl. APS/Moll 3. Aufl. § 23 KSchG Rn. 41; Falder NZA 1998, 1254, 1257).
cc) Dieser gebotenen Gesamtbetrachtung wird die Würdigung des Landesarbeitsgerichts nicht gerecht. Das Fehlen einer Mitarbeit des Geschäftsführers der Beklagten und deren finanzielle Ausstattung rechtfertigen es nicht, der H Betriebsstätte auch dann die rechtliche Behandlung als Kleinbetrieb zu versagen, wenn von deren organisatorischer Verselbständigung unter Einsatz eines dort beschäftigten, mit hinreichenden Befugnissen ausgestatteten Betriebsleiters auszugehen wäre.
(1) Unstreitig standen drei der insgesamt sechs in H tätigen Arbeitnehmer als Hausmeister im ständigen unmittelbaren Kontakt mit Kunden der Beklagten bzw. deren Mietern/Pächtern. Die Betreuung beschränkte sich auf eine geringe Anzahl von Objekten. Unter dieser Voraussetzung liegt es nahe anzunehmen, dass der Geschäftserfolg der Beklagten zu einem beachtlichen Teil durch das Auftreten ihres kleinen, aus wenigen Arbeitnehmern bestehenden H Teams mitbestimmt wird. Bedingt durch die enge Zusammenarbeit der Mitarbeiter ist zudem davon auszugehen, dass sich der Leistungsbeitrag eines einzelnen Arbeitnehmers unmittelbar, dh. in einer Weise auf das Betriebsklima und die Funktionsfähigkeit der am Standort H gebildeten Einheit auswirkt, wie dies dem gesetzgeberischen Leitbild des Kleinbetriebs entspricht. Obliegt zudem, wie die Beklagte behauptet hat, einem im Team mitarbeitenden Betriebsleiter die Wahrnehmung von Arbeitgeberfunktionen im sozialen und personellen Bereich, besteht die für einen Kleinbetrieb typische Gefahr, dass sich aus einem solch engen Kontakt atmosphärische Störungen ergeben, die dem Betriebsablauf abträglich sind. Auch lassen sich, wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, Ausfälle von Mitarbeitern angesichts der großen räumlichen Entfernung zwischen H und L nur schwerlich ausgleichen.
(2) Die Kapitalausstattung der Beklagten rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Das Landesarbeitsgericht verweist auf ein Haftungskapital von mindestens 25.000,00 Euro. Es ist schon zweifelhaft, ob ein Kapital in dieser Größenordnung ausreicht, um von einer für Kleinbetriebe atypischen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszugehen. Wollte man dies annehmen, müsste die Anwendbarkeit der Kleinbetriebsklausel für eine Vielzahl von Betrieben, die über Immobilien- oder sonstiges Anlagevermögen in vergleichbarer Höhe verfügen, in Frage gestellt werden. Letztlich kommt es darauf nicht an. § 23 KSchG will es dem Arbeitgeber ermöglichen, sich von einem Arbeitnehmer in der typischen Situation eines Kleinbetriebs, der geprägt ist von enger Zusammenarbeit und dem „Klima“ im Team, das sich regelmäßig auf die Qualität der Leistung und damit auf den Geschäftserfolg niederschlägt, leichter zu lösen. Liegen Trennungsgründe vor, nützt es dem Arbeitgeber in der Regel nicht, dass er über eine ausreichende Finanzkraft verfügt, um etwa eine Abfindung zu zahlen. Bei Geltung des Kündigungsschutzgesetzes bestünde auch dann die Gefahr einer Verwirklichung genau des Risikos, dem der Gesetzgeber durch die Schaffung von § 23 Abs. 1 Satz 2 und 3 KSchG begegnen wollte (Senat 13. Juni 2002 - 2 AZR 327/01 - zu II 1 d der Gründe, BAGE 101, 321).
II. Das Berufungsurteil stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Der Senat vermag auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen weder zu beurteilen, ob die H Betriebsstätte einen eigenständigen (Klein-)Betrieb darstellt, noch ob die ausgesprochene Kündigung womöglich selbst dann wegen Verstoßes gegen § 242 BGB unwirksam ist. Dies führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 ZPO).
1. Das Landesarbeitsgericht hat - von seinem rechtlichen Standpunkt aus konsequent - nicht näher geprüft, ob es sich bei der Betriebsstätte H nach allgemeinen Kriterien um einen Betrieb iSv. § 23 KSchG handelt. Das wird zumindest für den Fall nachzuholen sein, dass die Kündigung nicht gegen § 242 BGB verstößt. Dabei wird der Beklagten Gelegenheit zu geben sein, ihren Vortrag in Teilen zu erläutern. Sie hat dargelegt, sie habe mit Wirkung vom 1. Januar 2006 den vor Ort tätigen Arbeitnehmer S zum Betriebsleiter ernannt und ihm uneingeschränkte Verantwortung für „Personal und Soziales“ für den „H Betrieb“ übertragen einschließlich der Befugnis, Einstellungen und Entlassungen vorzunehmen. Auf der Grundlage dieses Vortrags erscheint es möglich, die vom Standort H aus betriebene, allein auf H Immobilien bezogene Hausverwaltung als Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinne anzusehen. Das gilt jedenfalls unter der - vom Kläger bestrittenen - Voraussetzung, dass die dortige Einheit tatsächlich von dem Mitarbeiter S eigenverantwortlich geführt worden ist. Das wiederum hängt entscheidend davon ab, ob diesem in personellen und sozialen Angelegenheiten ein gewisser Entscheidungsspielraum eingeräumt wurde. Ob die Beklagte dies meint, wenn sie davon spricht, Herrn S sei die „volle“ Verantwortung für das H Personal übertragen worden, ist nicht klar und bedarf der Erläuterung. Ebenso bedarf es - schon um der Gefahr eines Missbrauchs vorzubeugen - der Prüfung, wie dessen Befugnisse im Einzelnen ausgestaltet waren und ob der von der Beklagten für die Zeit ab dem 1. Januar 2006 behaupteten Änderung der Verhältnisse eine hinreichende Nachhaltigkeit beigemessen werden kann. Verbleiben diesbezüglich Zweifel, wird davon auszugehen sein, dass die Betriebsstätte H mit der Zentrale in L einen Betrieb bildete.
2. Findet das Kündigungsschutzgesetz uneingeschränkt Anwendung, sind beide Kündigungen nach bisherigem Sach- und Streitstand sozial ungerechtfertigt und damit nach § 1 Abs. 1 KSchG unwirksam.
a) Es fehlt, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, an hinreichendem Vorbringen der Beklagten zum Vorliegen dringender betrieblicher Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 KSchG. Die Beklagte hat ihren im Kündigungsschreiben enthaltenen Hinweis, sie habe im Jahr 2005 Aufträge verloren und Einsparmaßnahmen vornehmen müssen, ohne dass sich das Betriebsergebnis dadurch entscheidend verbessert habe, trotz Bestreitens des Klägers zu keiner Zeit substantiiert.
b) Unabhängig davon hat die Beklagte bei der Auswahl des Klägers soziale Gesichtspunkte nicht ausreichend berücksichtigt (§ 1 Abs. 3 KSchG). Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass der Kläger sozial deutlich schutzwürdiger ist als der Arbeitnehmer P. Er ist knapp 26 Jahre älter als dieser und 13 Jahre länger im Betrieb beschäftigt. Er ist zudem verheiratet, während der ledige Arbeitnehmer P keiner Person zum Unterhalt verpflichtet ist. Ein berechtigtes betriebliches Interesse der Beklagten an der Sicherung einer ausgewogenen Altersstruktur iSv. § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG hat das Landesarbeitsgericht mit nachvollziehbaren Gründen verneint. Die Beklagte hat auch nicht schlüssig aufgezeigt, dass die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers P wegen erheblicher und für die Arbeitsleistung relevanter Leistungsunterschiede im berechtigten betrieblichen Interesse liege, dh. mit welchen konkreten Nachteilen sie hätte rechnen müssen, wenn sie statt des Klägers einem aus ihrer Sicht leistungsstärkeren Arbeitnehmer gekündigt hätte.
3. Ob die Kündigungen auch dann unwirksam sind, wenn § 1 KSchG keine Anwendung findet, lässt sich auf der Grundlage des vom Landesarbeitsgericht festgestellten Sachverhalts nicht abschließend beurteilen.
a) Der Kläger hat sich darauf berufen, die Kündigung vom 29. März 2006 sei schon nach § 174 Satz 1 BGB unwirksam, weil dem Kündigungsschreiben - unstreitig - eine auf den Arbeitnehmer S lautende Vollmacht der Beklagten nicht beigefügt gewesen sei. Das hätte wegen § 174 Satz 2 BGB gleichwohl nicht die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge, wenn die Beklagte den Kläger zuvor von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hätte (Senat 19. April 2007 - 2 AZR 180/06 - Rn. 37 mwN, AP BGB § 174 Nr. 20). Ob das geschehen ist, ist zwischen den Parteien umstritten und bedarf ggf. weiterer Sachaufklärung. Die Beklagte hat schlüssig und unter Beweisantritt behauptet, sie habe den Kläger zusammen mit anderen in H beschäftigten Mitarbeitern anlässlich einer Betriebsversammlung am 11. Januar 2006 über die Einsetzung des Arbeitnehmers S als Betriebsleiter und eine damit verbundene Entlassungsbefugnis unterrichtet.
b) Ebenso wenig steht eine Treuwidrigkeit der Kündigungen fest.
aa) Arbeitgeber in Kleinbetrieben unterliegen bei der Ausübung ihres Kündigungsrechts den Schranken von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Bei der näheren Bestimmung dieser Schranken ist die Bedeutung grundrechtlicher Schutzpflichten zu beachten. Wie das Bundesverfassungsgericht (27. Januar 1998 - 1 BvL 15/87 - zu B I 3 b der Gründe, BVerfGE 97, 169) entschieden hat, ist zwar den Arbeitnehmern in Kleinbetrieben das größere rechtliche Risiko eines Arbeitsplatzverlustes angesichts der überwiegenden und grundrechtlich geschützten Belange der Arbeitgeber zuzumuten. Sie sind aber nicht völlig schutzlos gestellt. Sie sind durch die zivilrechtlichen Generalklauseln (§§ 138, 242 BGB) vor einer sitten- oder treuwidrigen Ausübung des Kündigungsrechts des Arbeitgebers bewahrt. Im Rahmen dieser Generalklauseln verlangt der objektive Gehalt der Grundrechte, hier vor allem aus Art. 12 Abs. 1 GG, nach Berücksichtigung.
bb) Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip verpflichtet den Arbeitgeber bei Kündigungen außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes insbesondere dann ein gewisses Maß an sozialer Rücksichtnahme walten zu lassen, wenn unter mehreren Arbeitnehmern eine Auswahl zu treffen ist. Der Arbeitgeber darf ein durch langjährige Mitarbeit erdientes Vertrauen in den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nicht unberücksichtigt lassen (Senat 6. Februar 2003 - 2 AZR 672/01 - zu II 2 a der Gründe, BAGE 104, 308; 21. Februar 2001 - 2 AZR 15/00 - zu B II 4 b der Gründe, BAGE 97, 92). Dies führt allerdings nicht dazu, dass die Grundsätze des § 1 KSchG über die Sozialauswahl entsprechend anwendbar wären. Das wäre mit den Gesichtspunkten, die es rechtfertigen, dem Arbeitgeber im Kleinbetrieb die Kündigung unter erleichterten Voraussetzungen zu ermöglichen, nicht vereinbar. Bei der Prüfung der Treuwidrigkeit einer Kündigung ist vielmehr § 242 BGB im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG auszulegen und anzuwenden. Es geht darum, den Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven, etwa auf Diskriminierungen beruhenden Kündigungen zu schützen (BVerfG 27. Januar 1998 - 1 BvL 15/87 - zu B I 3 b cc der Gründe, BVerfGE 97, 169).
cc) Eine vom Arbeitgeber im Kleinbetrieb getroffene Auswahlentscheidung kann danach nur darauf hin überprüft werden, ob sie unter Berücksichtigung der Belange des Arbeitnehmers am Erhalt seines Arbeitsplatzes gegen Treu und Glauben verstößt. Ein solcher Verstoß ist bei der Auswahl des sozial schutzwürdigeren Arbeitnehmers um so eher anzunehmen, je weniger bei der Auswahlentscheidung berechtigte Interessen des Arbeitgebers eine Rolle gespielt haben. Hat der Arbeitgeber keine spezifischen eigenen Interessen, einem bestimmten Arbeitnehmer zu kündigen, und entlässt er gleichwohl den sozial Schutzbedürftigsten, spricht viel dafür, dass er bei seiner Entscheidung das verfassungsrechtlich gebotene Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme außer Acht gelassen hat. Bestehen dagegen bestimmte betriebliche, persönliche oder sonstige Interessen des Arbeitgebers, so ist der durch § 242 BGB vermittelte Grundrechtsschutz des Arbeitnehmers um so schwächer, je stärker die ebenfalls grundrechtlich geschützten Positionen des Arbeitgebers betroffen sind (Senat 21. Februar 2001 - 2 AZR 15/00 - zu B II 4 d bb der Gründe, BAGE 97, 92).
dd) Daran gemessen sind die Kündigungen nicht deshalb als treuwidrig anzusehen, weil die Beklagte bestimmte Kündigungsgründe nicht ausreichend dargelegt hätte. Mit Blick auf § 242 BGB bedurfte es zunächst keiner eingehenden Substantiierung der im Kündigungsschreiben angeführten betrieblichen Erwägungen. Außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes hat vielmehr der Arbeitnehmer die behaupteten Unwirksamkeitsgründe darzulegen und zu beweisen, wobei die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast ihm dies erleichtern. Von der Rüge einer treuwidrigen Auswahlentscheidung abgesehen, hat der Kläger keine Umstände geltend gemacht, die die Annahme eines Verstoßes gegen Treu und Glauben rechtfertigen könnten. Es ist nicht ersichtlich, dass die in den Kündigungsschreiben benannten wirtschaftlichen Gründe vollkommen aus der Luft gegriffen wären.
ee) Nicht auszuschließen ist aber, dass sich die Kündigungen im Hinblick auf die getroffene Auswahlentscheidung als treuwidrig erweisen.
(1) Bei bloßer Betrachtung der vom Landesarbeitsgericht festgestellten Sozialdaten ist der Kläger, was die Beklagte nicht anders sieht, evident schutzwürdiger als der Arbeitnehmer P. Dem hat die Beklagte allerdings Mängel im Verhalten des Klägers entgegengesetzt, die grundsätzlich geeignet sind, den Einwand der Treuwidrigkeit der Kündigung zu entkräften. So hat sie behauptet, der Kläger zeichne sich durch häufige Unpünktlichkeit aus, und hat dafür konkrete Beispiele benannt. Außerdem habe er bei der Auftragsabwicklung ein nachlässiges, mieterunfreundliches Verhalten „an den Tag gelegt“ und mehrfach ihm übertragene, im Einzelnen beschriebene Aufgaben nicht durchgeführt, so dass Kollegen für ihn hätten einspringen müssen. In zwei Fällen habe sie den Kläger berechtigterweise abgemahnt. Der Kläger hat dieses Vorbringen der Beklagten bestritten und geltend gemacht, die Einwände seien nur „vorgeschoben“. Tatsächlich handele es sich um „an den Haaren“ herbeigezogene Beanstandungen. Zwar hat es der Kläger teilweise versäumt, seinen Vortrag unter Beweis zu stellen, und damit verkannt, dass es im Rahmen einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast letztlich Sache des Arbeitnehmers ist, die Tatsachen, aus denen sich die Treuwidrigkeit der Kündigung ergeben soll, zu beweisen (Senat 21. Februar 2001 - 2 AZR 15/00 - zu B II 4 d cc der Gründe, BAGE 97, 92). Ihm ist aber ggf. Gelegenheit zu geben, seine Ausführungen um entsprechende Beweisangebote zu ergänzen. Damit ist er nicht überfordert. Es steht ihm frei, sich der von der Beklagten als sekundär darlegungspflichtigen Partei benannten Beweismittel zu bedienen (vgl. dazu Senat 26. Juni 2008 - 2 AZR 264/07 - Rn. 28, BAGE 127, 102).
(2) Unbeachtlich ist demgegenüber der Vortrag der Beklagten, die Entlassung des Arbeitnehmers P hätte sich nachteilig auf die betriebliche Altersstruktur ausgewirkt. Die Beklagte hat keinerlei nachvollziehbare Gesichtspunkte vorgetragen, die erkennen ließen, dass ihr Interesse an einer ausgewogenen Altersstruktur im Arbeitsbereich des Klägers gegenüber dessen Interesse an einer willkürfreien Auswahlentscheidung Vorrang haben könnte. Sie beschränkt sich auf den allgemeinen Einwand, ältere Hausmeister seien weniger dienstbereit und zuverlässig als jüngere Kollegen. Dies entbehrt ersichtlich jeglicher Grundlage. In der Person des Klägers ausgemachte Defizite sind statt dessen konkret und bezogen auf seine Person zu würdigen. Ob es der Beklagten noch aus anderen Gründen verwehrt wäre, dem Einwand der Treuwidrigkeit ein Interesse an der Beibehaltung oder Herbeiführung einer bestimmten Personalstruktur entgegen zu setzen, kann dahinstehen.
III. Die gebotene Zurückverweisung erfasst auch den geltend gemachten Weiterbeschäftigungsantrag.
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Kreft |
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Eylert |
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Berger |
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Ehrenamtlicher Richter Dr. Bartel |
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Jan Eulen |