Entscheidungsdatum: 22.12.2010
1. Es wird festgestellt, dass der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 11. August 2010 unwirksam ist.
2. Das Verfahren über die Ausschließung des Beschwerdeführers W. als Verteidiger der Beschwerdeführerin N. wird eingestellt.
Dem Beschwerdeführer W., einem Rechtsanwalt, wird vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis in sechs Fällen vorgeworfen, der Beschwerdeführerin N., seiner Ehefrau, fahrlässiges Zulassen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Die Verfahren wurden mit Beschluss des Amtsgerichts Weilheim - Strafrichter - vom 20. Oktober 2009 verbunden. Am gleichen Tage hat der Strafrichter die Eröffnung des Hauptverfahrens beschlossen und den Beschwerdeführer W. als Verteidiger seiner Ehefrau zurückgewiesen. Diese Zurückweisung wurde vom Landgericht München II im Beschwerdeverfahren aufgehoben. Der Strafrichter legte daraufhin die Akten dem Oberlandesgericht vor, das am 20. Juli 2010 beschloss, eine Entscheidung sei nicht veranlasst. Hiergegen hat der Beschwerdeführer W. im eigenen Namen und namens seiner Ehefrau "sofortige Beschwerde nach § 138d Abs. 5 Satz 1 StPO" erhoben. Das Oberlandesgericht beschloss am 11. August 2010, das Rechtsmittel sei gemäß § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO unzulässig und als Gegenvorstellung zu behandeln; diese Gegenvorstellung gebe keine Veranlassung zu einer abweichenden Entscheidung. Am 30. August 2010 beschloss der Strafrichter bei dem Amtsgericht erneut, dass der Beschwerdeführer W. als Verteidiger zurückgewiesen werde.
Der Beschluss des Oberlandesgerichts vom 11. August 2010 ist unwirksam. Im Verfahren über die sofortige Beschwerde besitzt das Gericht, dessen Beschluss angefochten ist, keine Abänderungskompetenz (§ 311 Abs. 3 Satz 1 StPO) und nur im Fall der Verletzung des Anspruches auf rechtliches Gehör eine Abhilfebefugnis (§ 311 Abs. 3 Satz 2 StPO). Eine Verwerfungskompetenz, wie sie in beschränktem Umfang für andere Rechtsmittel vorgesehen ist (§§ 319 Abs. 1, 346 Abs. 1 StPO), kennt das Beschwerderecht der Strafprozessordnung nicht. Dementsprechend ist das erstinstanzliche Gericht nicht dazu befugt, die Unzulässigkeit des Rechtsmittels festzustellen und es deshalb in eine Gegenvorstellung umzudeuten. Zudem ist für die Umdeutung eines von einem Rechtsanwalt ausdrücklich als "sofortige Beschwerde nach § 138d Abs. 5 Satz 1 StPO" bezeichneten Rechtsmittels in eine Gegenvorstellung kein Raum, da dies seinem erkennbaren Willen widerspricht.
Nachdem der Beschwerdeführer W. durch Beschluss des erkennenden Strafrichters vom 30. August 2010 zurückgewiesen wurde, ist das Verfahren über den Verteidigerausschluss gemäß §§ 138a ff. StPO gegenstandslos. Eine Fortführung ist nicht angebracht. Sie kommt nach § 138c Abs. 5 Satz 1 StPO nur mit begrenztem Ziel in Frage. Soweit ein solcher Fall nicht vorliegt, ist die Einstellung des Verfahrens über den Verteidigerausschluss geboten (vgl. Senat, NJW 1992, 3048). Die Zurückweisung als Verteidiger ist während des vorliegenden Beschwerdeverfahrens vom erkennenden Strafrichter bei dem Amtsgericht zu Recht ausgesprochen worden. Ein Rechtsanwalt, der selbst Angeklagter ist, kann entsprechend § 146a Abs. 1 Satz 3 StPO als Verteidiger eines Mitangeklagten zurückgewiesen werden. Eine abweichende Entscheidung im Beschwerdeverfahren vor dem Landgericht ist nicht zu erwarten. In demselben Strafverfahren kann ein Angeklagter nicht Verteidiger eines Mitangeklagten sein (vgl. Senat, BGHR StPO § 138a Anwendungsbereich 1).
Es besteht kein Anlass, die notwendigen Auslagen der Beschwerdeführer der Staatskasse aufzuerlegen (§ 473 Abs. 4 Satz 2 StPO).
Rissing-van Saan Fischer Eschelbach