Entscheidungsdatum: 29.03.2012
1. Der Dienstvorgesetzte hat nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BDG ein Disziplinarverfahren einzuleiten, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen.
2. Tatsächlichen Feststellungen eines rechtkräftigen Strafbefehls kommt für das Disziplinarverfahren keine Bindungswirkung nach § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG zu.
3. Die Entscheidung über einen Beweisantrag, der auf die Vernehmung eines Auslandszeugen gerichtet ist, richtet sich auch im gerichtlichen Disziplinarverfahren danach, ob die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts die Vernehmung des Zeugen gebietet.
4. Ist die Entfernung eines Beamten aus dem Beamtenverhältnis geboten, so führen bei einem unangemessen langen Disziplinarverfahren weder Art. 6 Abs. 1 EMRK (juris: MRK) noch §§ 198 ff. GVG dazu, dass wegen der Verfahrensdauer eine mildere Disziplinarmaßnahme auszusprechen ist.
Der 19.. geborene Beklagte schloss im Jahr 19.. die Ausbildung zum Diplom-Verwaltungswirt (FH) ab. 19.. trat er als Angestellter in den Dienst des Bundesnachrichtendienstes (BND) ein. Im Oktober 19.. ernannte ihn die Klägerin zum Beamten auf Lebenszeit. Zuletzt hatte er das Amt eines Regierungsamtmanns (Besoldungsgruppe A 11) inne. Er ist verheiratet und hat zwei minderjährige Kinder. Im BND war der Beklagte zunächst operativ tätig, insbesondere im Bereich "...". Aufgrund seiner Sprachkenntnisse und guter Beurteilungen wurde er für eine Auslandsverwendung vorgeschlagen. Von August 2001 bis Juli 2005 war der Beklagte bei der BND-Residentur an der Deutschen Botschaft in B./K. tätig. Seitdem wird er wieder im Inland im Bereich Auswertung eingesetzt. Im Oktober 2009 erhielt er eine Leistungsprämie für vorbildlichen Einsatz in Höhe von 750 €.
Im Frühjahr 2006 erreichten den BND Informationen, nach denen sich der Beklagte zum Ende seines Einsatzes in K. gegenüber k. Staatsangehörigen als "deutscher Vizekonsul" bezeichnet und diesen gegenüber den Eindruck erweckt haben soll, Einfluss auf die Visa-Erteilung durch die deutsche Botschaft nehmen zu können.
Hierzu sagte der Beklagte in einem "Sicherheitsgespräch" vom 30. März 2006 gegenüber Mitarbeitern des BND aus, er sei von einem Mittelsmann gegen seinen Willen gegenüber k. Staatsangehörigen als Konsul oder als Mitarbeiter der Konsularabteilung vorgestellt worden. Der Beklagte bestritt, jemals finanzielle Zuwendungen oder andere Vorteile erhalten oder auf die Vergabe von Visa Einfluss genommen zu haben. Er räumte lediglich ein, bis zu 40 Visa-Anträge auf "formale Richtigkeit" hin geprüft zu haben.
Am 8. Juni 2006 wandte sich der BND an die Staatsanwaltschaft Be. und teilte dieser unter Vorlage eines Berichts über die damaligen Erkenntnisse mit, es bestehe der Verdacht, der Beklagte habe sich im Zusammenhang mit der Erteilung von Visa eines Betrugs zum Nachteil ausländischer Staatsbürger schuldig gemacht. Daraufhin eröffnete die Staatsanwaltschaft Be. gegen den Beklagten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bestechlichkeit. Unter dem 6. November 2006 leitete der Präsident des BND gegen den Beklagten das Disziplinarverfahren ein. Der Beklagte wurde weder über die Eröffnung des Strafverfahrens noch über die des Disziplinarverfahrens in Kenntnis gesetzt.
Am 3. Januar 2007 erteilte die Staatsanwaltschaft Be. die Freigabe für das weitere behördliche Disziplinarverfahren, nachdem sie das Büro des Beklagten beim BND und dessen Privatwohnung durchsucht und dabei dem Beklagten auch den strafrechtlichen Vorwurf eröffnet hatte. Der Beklagte wurde am 8. Januar 2007 vom BND über die Einleitung des Disziplinarverfahrens unterrichtet. Der Beklagte gab zunächst keine Stellungnahme ab. Mit Schreiben vom 9. Mai 2007 dehnte der Präsident des BND das Disziplinarverfahren auf den Vorwurf aus, der Beklagte habe im Jahr 2005 eine offene dienstliche E-Mail-Adresse privat genutzt. Das Disziplinarverfahren wurde im Juli 2007 im Hinblick auf das anhängige Strafverfahren ausgesetzt.
In Bezug auf den Vorwurf des Titelmissbrauchs (§ 132a StGB) beschränkte die Staatsanwaltschaft Be. die Strafverfolgung nach § 154a Abs. 1 StPO auf den Vorwurf des Betrugs. Hinsichtlich des Vorwurfs der Bestechlichkeit stellte sie das Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein. Da der Beklagte in der Botschaft in B. nicht für die Erteilung der Visa zuständig gewesen sei, fehle es am Tatbestandsmerkmal der pflichtwidrigen Diensthandlung.
Ende Januar 2009 erließ das Amtsgericht T. gegen den Beklagten einen Strafbefehl wegen des Vorwurfs, gemeinschaftlich mit B. zum Nachteil zweier k. Staatsangehöriger einen Betrug begangen zu haben. Der Beklagte habe sich gegenüber den Geschädigten als Konsul der Deutschen Botschaft ausgegeben und diesen gegen eine Zahlung von jeweils 1900 € die Erteilung von Schengen-Visa zugesagt. Tatsächlich habe er jedoch weder die Möglichkeit gehabt, auf die Erteilung der Visa Einfluss zu nehmen, noch habe er die Absicht gehabt, den Geschädigten die Visa zu verschaffen. Gegen diesen Strafbefehl erhob der Beklagte unbeschränkten Einspruch.
In der Verhandlung vor dem Amtsgericht T. am 19. Mai 2009 machte der Beklagte nach Belehrung Angaben zur Sache. Nachdem das Amtsgericht die Kriminalhauptkommissarin U. als Zeugin zur Sache vernommen hatte, beschränkte der Beklagte seinen Einspruch gegen den Strafbefehl auf das Strafmaß. Auf der Grundlage des im Schuldspruch rechtskräftigen Strafbefehls wurde der Beklagte wegen Betrugs zu einer Geldstrafe verurteilt.
Nach Eintritt der Rechtskraft des Strafurteils setzte der BND das Disziplinarverfahren fort. Der Beklagte wurde hiervon unterrichtet. Im März 2010 billigte der Präsident des BND den Vorschlag, gegen den Beklagten Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst zu erheben. Hiergegen erhob die Gruppe der Beamten im Personalrat des BND mit der Begründung Einwendungen, es sei zweifelhaft, ob der Beklagte das ihm zur Last gelegte Dienstvergehen tatsächlich begangen habe. Da der Präsident des BND am Ziel der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis festhielt, beantragte der Personalrat eine Entscheidung des Bundeskanzleramtes. Im Hinblick hierauf sagte der Präsident des BND dem Personalrat zu, den Klageantrag dahingehend umzustellen, dass kein bestimmter Antrag erhoben werde, sondern die Disziplinarmaßnahme stattdessen in das Ermessen des Gerichts gestellt werde. Zudem würden die Einbehaltung von 10 % der Bezüge des Beklagten und seine vorläufige Dienstenthebung zurückgestellt. Im Hinblick hierauf nahm der Personalrat seinen gegenüber dem Bundeskanzleramt gestellten Antrag auf Entscheidung zurück.
Am 27. Oktober 2010 hat der Präsident des BND Disziplinarklage erhoben. Dem Beklagten wird entsprechend der im Strafbefehl getroffenen Feststellungen vorgeworfen, Geld als Gegenleistung für die Verschaffung von Visa angenommen zu haben. Dabei müsse davon ausgegangen werden, dass die tatsächliche Zahl der Geschädigten sowie die gezahlten Beträge wesentlich höher seien als nach den Feststellungen im Strafbefehl, der nur von zwei geschädigten k. Staatsangehörigen und einem Schaden von 3 800 € ausgehe. Da bei den beiden k. Staatsangehörigen kein Motiv für eine Falschaussage erkennbar sei, sei von der Richtigkeit ihrer Aussagen auszugehen. Demgegenüber habe der Beklagte wegen seiner angespannten finanziellen Situation ein Motiv gehabt. Gegen den Beklagten spreche auch, dass er eingeräumt habe, Visa-Unterlagen von bis zu zwölf k. Staatsangehörigen entgegengenommen zu haben. Denn als Sachbearbeiter der Residentur B. habe er mit der Bearbeitung von Visa-Anträgen nichts zu tun gehabt. Gerade deshalb sei von der Staatsanwaltschaft auch der Vorwurf der Bestechlichkeit fallengelassen worden. Das Vorbringen, er habe die Visa-Formulare geprüft, um Interessenten für illegale Visa oder Einreisen weitermelden zu können, sei unglaubhaft. In den Jahren 2004 und 2005 habe die Residentur keine Meldung zum Thema "illegale Visa/Einreise" übermittelt. Aus der Schuldenerklärung aus dem Jahr 2006 ergebe sich, dass sich der Beklagte damals ungeachtet der höheren Auslandsbezüge in einer finanziell schwierigen Situation befunden und deshalb ein Motiv gehabt habe. Der Beklagte müsse eine dienstliche E-Mail-Anschrift an eine private Bekannte weitergegeben haben. Hierdurch habe er die Gehorsamspflicht verletzt. Das Versagen des Beklagten und die damit verbundene Schädigung des Ansehens der Bundesrepublik insbesondere im Ausland wögen schwer. Bereits der Anschein, die Ausstellung von Schengen-Visa könne bei einer deutschen Auslandsvertretung erkauft werden, sei geeignet, die Interessen des Bundes erheblich zu beschädigen. Gerade der BND müsse sich als Sicherheitsbehörde auf die korrekte und gewissenhafte Erfüllung der Dienstpflichten durch seine Mitarbeiter verlassen können. Bei einer Auslandsverwendung seien die Kontrollmöglichkeiten zudem erheblich eingeschränkt. Die Beschädigung der Integrität der Amtsführung sei so gravierend, dass das Vertrauensverhältnis irreparabel und nachhaltig zerstört sei. Unerheblich sei, dass das dienstliche Verhalten des Beklagten seit seiner Rückkehr nach Deutschland unauffällig und ob eine Wiederholung des Fehlverhaltens zu erwarten sei. Allein durch die in seinem Verhalten zu Tage tretende kriminelle Energie sei der Beklagte als Beamter nicht länger tragbar. Zwar liege das Fehlverhalten bereits mehr als sechs Jahre zurück und der Beklagte habe zwei minderjährige Kinder. Diese Milderungsgründe könnten nicht berücksichtigt werden, weil die Schwere des Fehlverhaltens keinen weiteren Bemessungsspielraum erlaube. Die lange Verfahrensdauer sei dem BND nicht anzulasten. Zudem stehe eine lange Verfahrensdauer der Verhängung der Höchstmaßnahme nicht entgegen. Unerheblich sei auch, dass der Beklagte nicht vorläufig seines Dienstes enthoben worden und er seit der Rückkehr nach Deutschland seinen dienstlichen Pflichten in lobenswerter Weise nachgekommen sei. Das angeschuldigte Dienstvergehen offenbare schwerwiegende charakterliche Defizite des Beklagten. Die mit den Vorkommnissen verbundene Schädigung des Ansehens des BND stehe einer weiteren vertrauensvollen Zusammenarbeit im Wege.
Die Klägerin stellt keinen Antrag.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die ihm im Zusammenhang mit der Beantragung von Visa vorgeworfene Tat habe er nicht begangen. Er habe sich nicht als deutscher Konsul oder Vizekonsul ausgegeben. Auch habe er keine Geldbeträge erhalten, um auf die Erteilung von Visa Einfluss zu nehmen. Ferner habe er nicht behauptet, auf die Erteilung von Visa Einfluss nehmen zu können. Dass Zeugen ihn auf Fotos erkannt hätten, könne auch darauf zurückgeführt werden, dass die Zeugen ihn zusammen mit Herrn B. gesehen hätten oder dieser den Zeugen Fotos von ihm gezeigt habe, um seine eigenen Einflussmöglichkeiten gegenüber den Visa-Interessenten glaubhaft zu machen. Er habe Herrn B. lediglich angeboten, die Visa-Anträge wie ein privater Visa-Dienst zu prüfen. Dabei sei es ihm um die Möglichkeit gegangen, mögliche Interessenten für illegale Visa oder Einreisen zu ermitteln und die so gewonnenen Informationen weiterzumelden. Herr B. sei eine interessante dienstlich nutzbare Quelle gewesen, weil dieser mitgeteilt habe, Informationen über Rauschgiftkuriere oder Schmuggler beschaffen zu können. Das Motiv für eine Falschaussage der Zeugen Q. und R. bestehe offensichtlich darin, dass ihre Chancen, die von ihnen bezahlten 3 800 € zurückzuerhalten, stiegen, wenn der Täterkreis auf den Beklagten erweitert werde. Denn dann bestehe die Möglichkeit, dass entweder der Beklagte oder die Botschaft zahle. Angesichts der ihn wirtschaftlich schwer belastenden Verurteilung zu einer Geldstrafe bestehe auch kein Bedürfnis nach einer zusätzlichen Pflichtenmahnung im Disziplinarverfahren. Sowohl die Klägerin als auch das Gericht seien angesichts der nicht vollständig abgeschlossenen Beweisaufnahme im strafgerichtlichen Verfahren und der lediglich aus Kostengründen erklärten Beschränkung des Einspruchs gegen den Strafbefehl auf das Strafmaß nicht an die Feststellungen des Strafgerichts gebunden. Zudem sei die einzige im Strafverfahren gehörte Zeugin lediglich eine Zeugin vom Hörensagen, weil sie lediglich an der Vernehmung von vermeintlichen Tatzeugen beteiligt gewesen sei. Während seiner Tätigkeit in K. habe der Beklagte wegen des Auslandsverwendungszuschlags ein höheres Einkommen gehabt. Deshalb habe bei ihm kein beachtliches Motiv zur Tatbegehung bestanden. Im Übrigen stehe ihm inzwischen ein höherer Nettobetrag zur Verfügung; eine Überschuldung sei nicht gegeben. Zwar kenne der Beklagte die Frau, die ihm zwei E-Mails geschickt habe, privat. Er könne sich aber nicht erklären, wie diese Frau an die Adresse gekommen sei. Es könne sein, dass diese "offene" Adresse auf der dienstlichen Visitenkarte angegeben gewesen sei. Die Zusendung von privaten E-Mails auf dienstliche E-Mail-Konten stelle kein Dienstvergehen dar. Jedenfalls habe er das E-Mail-Konto nicht aktiv privat genutzt. Da der von den Visa-Antragstellern mit 3 800 € behauptete Schaden unter 5 000 € liege, scheide die Höchstmaßnahme aus, weil diese bei Vermögensdelikten erst ab einem Betrag von 5 000 € in Betracht komme. Die von der Klägerin behauptete Zerstörung des Vertrauensverhältnisses sei nicht nachvollziehbar. Er sei während des gesamten Verfahrens nicht vorläufig seines Amtes enthoben worden, habe seine dienstlichen Pflichten vorbildlich erfüllt und habe eine Leistungsprämie von 750 € erhalten. Er sei auch weiterhin in einem sensiblen Bereich beschäftigt.
In der mündlichen Verhandlung hat der Senat gemäß § 56 Satz 1 BDG den gegen den Beklagten in der Klageschrift erhobenen Vorwurf aus dem Disziplinarverfahren ausgeschieden, er habe vor dem 4. Oktober 2005 eine vom BND für die Residentur in B. eingerichtete E-Mail-Adresse an Dritte zur Übersendung privater Nachrichten weitergegeben.
Aufgrund des Beschlusses vom 28. Februar 2012 und des Beweisbeschlusses vom 8. März 2012 ist D. S. vom beauftragten Richter als Zeuge zu dem Beweisthema vernommen worden, welche Aussagen die k. Staatsangehörigen R. und Q. sowie der l. Staatsangehörige B. zum Verhalten des Beklagten im Zusammenhang mit der Beantragung von Visa bei der Deutschen Botschaft in B./K. im Frühjahr 2005 gemacht haben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Zeugenvernehmung vom 12. März 2012 verwiesen.
In der mündlichen Verhandlung hat der Senat aufgrund des dort verkündeten Beschlusses durch Vernehmung der Zeugen D., U., Dr. und P. zum Verhalten des Beklagten im Zusammenhang mit der Beantragung von Visa durch die k. Staatsangehörigen Q. und R. bei der Deutschen Botschaft in B./K. im Frühjahr 2005 Beweis erhoben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Die von der Klägerin vorgelegten Personal- und Disziplinarakten des Beklagten sowie die beigezogene Strafakte einschließlich der Unterlagen des Rechtshilfeersuchens der Staatsanwaltschaft Be. sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Auf ihren sowie auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen.
Der Senat entscheidet über die Disziplinarklage in erster und letzter Instanz (§ 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO, § 45 Satz 5 BDG). Sie führt zu der Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis (§ 60 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 5 sowie §§ 10 und 13 Abs. 2 Satz 1 BDG).
a) Die Einleitung des Disziplinarverfahrens gegenüber dem Beklagten erst am 6. November 2006 entspricht nicht der Vorgabe des § 17 Abs. 1 Satz 1 BDG. Danach hat der Dienstvorgesetzte die Dienstpflicht, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen. Zweck der Vorschrift ist der Schutz des Beamten. Die disziplinarischen Ermittlungen sollen so früh wie möglich im Rahmen des gesetzlich geordneten Verfahrens mit seinen rechtsstaatlichen Sicherungen zu Gunsten des Beamten, insbesondere dem Recht auf Beweisteilhabe nach § 24 Abs. 4 BDG, geführt werden. Der Dienstvorgesetzte darf, wenn die Voraussetzungen zur Einleitung vorliegen, nicht abwarten und weiteres Belastungsmaterial sammeln. Verzögert der Dienstvorgesetzte entgegen § 17 Abs. 1 Satz 1 BDG die Einleitung des Disziplinarverfahrens, so kann dies bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme (§ 13 BDG) als mildernder Umstand berücksichtigt werden, wenn die verzögerte Einleitung für das weitere Fehlverhalten des Beamten ursächlich war (Beschluss vom 18. November 2008 - BVerwG 2 B 63.08 - Buchholz 235.1 § 17 BDG Nr. 1 Rn. 13 ff.).
Zwar darf der Dienstherr auch Verwaltungsermittlungen durchführen, weil ein Disziplinarverfahren wegen seiner stigmatisierenden Wirkung nicht vorschnell eingeleitet werden darf (Weiß, in: GKÖD, Bd. II, Disziplinarrecht des Bundes und der Länder, Teil 4 BDG, M § 17 Rn. 32). Verwaltungsermittlungen müssen aber wegen der Schutzwirkung der Verfahrensvorschriften in disziplinarrechtlich geführte Ermittlungen umschlagen, wenn der Dienstvorgesetzte Kenntnis von Tatsachen erlangt, aufgrund derer die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Beamte schuldhaft seine Dienstpflichten in disziplinarrechtlich relevanter Weise verletzt hat. Diese Voraussetzungen waren spätestens am 6. Juni 2006 erfüllt. Denn zu diesem Zeitpunkt hatte die Innenrevision des BND die gegen den Beklagten letztendlich erhobenen Vorwürfe schriftlich zusammengefasst, um sie der Staatsanwaltschaft Be. mit dem Ziel der Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens vorzulegen. Grundlage dieser Zusammenfassung waren vor allem detaillierte Berichte des Leiters der BND-Residentur P. an die BND-Zentrale über den weiteren Fortgang seiner Ermittlungen, insbesondere über die in B. geführten Gespräche mit dem "Vermittler" B.
Ein Verstoß gegen die aus § 17 Abs. 1 Satz 1 BDG folgende Pflicht zur rechtzeitigen Einleitung des behördlichen Disziplinarverfahrens stellt einen Mangel i.S.v. § 55 Abs. 1 BDG dar. Der Begriff des Mangels i.S.v. § 55 Abs. 1 BDG erfasst Verletzungen von Verfahrensregeln, die im behördlichen Disziplinarverfahren von Bedeutung sind (Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <254> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1). Hierunter fallen Verstöße gegen verfahrensrechtliche Vorschriften und Rechtsgrundsätze, die den äußeren Ablauf des behördlichen Disziplinarverfahrens bis zur abschließenden behördlichen Entscheidung, also bis zur Erhebung der Disziplinarklage oder bis zu dem Erlass einer Disziplinarverfügung, betreffen (vgl. Beschluss vom 18. November 2008 a.a.O. Rn. 14).
Dieser Mangel des behördlichen Disziplinarverfahrens ist aber nicht wesentlich i.S.d. § 55 BDG. Es lässt sich mit hinreichender Sicherheit ausschließen, dass er sich auf das Ergebnis des Disziplinarverfahrens ausgewirkt haben kann (Urteil vom 24. Juni 2010 - BVerwG 2 C 15.09 - BVerwGE 137, 192 = Buchholz 235.1 § 55 BDG Nr. 6, jeweils Rn. 19). Hätte die Klägerin das Disziplinarverfahren entsprechend ihrer Verpflichtung aus § 17 Abs. 1 Satz 1 BDG im Zeitraum zwischen dem Sicherheitsgespräch vom 30. März 2006 und der Erstellung des zusammenfassenden Berichts vom 6. Juni 2006 eingeleitet, so wäre der Beklagte hiervon in rechtlich nicht zu beanstandender Weise nicht unterrichtet worden. Die Vorgehensweise der Klägerin, den Beklagten über die Einleitung des Disziplinarverfahrens bis zum Abschluss der Durchsuchungen seines Büros und seiner Privatwohnung im Rahmen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens nicht zu informieren, ist durch § 20 Abs. 1 Satz 1 BDG gedeckt. Durch eine Unterrichtung des Beklagten über die Einleitung des Disziplinarverfahrens wäre die Aufklärung des disziplinarrechtlich relevanten Sachverhalts gefährdet gewesen. Bei einer früheren Unterrichtung bestand die Gefahr, dass der Beklagte private Unterlagen über seine Kontakte zum "Vermittler" B. und den geschädigten k. Visa-Antragstellern beseitigt oder mit diesen Kontakt aufnimmt.
b) Das Anschreiben vom 8. Januar 2007, mit dem die Klägerin den Beklagten über die Einleitung des Disziplinarverfahrens unterrichtet hat, genügt den formellen Anforderungen des § 20 Abs. 1 Satz 2 und 3 BDG. Es lässt erkennen, welches Dienstvergehen dem Beklagten zur Last gelegt wird, und weist diesen auf die ihm im Verfahren zustehenden Rechte hin. Der Personalrat ist auf Antrag des Beklagten beteiligt worden.
c) Die Zuständigkeit des Präsidenten des BND zur Erhebung der Disziplinarklage folgt aus § 34 Abs. 2 Satz 2 BDG i.V.m. Nr. 3 der Anordnung zur Übertragung disziplinarrechtlicher Zuständigkeiten und Befugnisse im Bereich des BND vom 28. Januar 2002 (BGBl I S. 560).
2. Im Ergebnis weist auch die Klageschrift keine wesentlichen Mängel auf.
a) In Bezug auf das Verhalten des Beklagten im Zusammenhang mit der Beantragung von Schengen-Visa bei der Deutschen Botschaft in B. genügt die Disziplinarklageschrift allerdings nur mit einer vom Vertreter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf Anregung des Senats erklärten Einschränkung den Anforderungen des § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG.
Nach § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG muss die Klageschrift den persönlichen und beruflichen Werdegang des Beamten, den bisherigen Gang des Disziplinarverfahrens, die Tatsachen, in denen ein Dienstvergehen gesehen wird, und die anderen Tatsachen und Beweismittel, die für die Entscheidung bedeutsam sind, geordnet darstellen. Die Sachverhalte, aus denen das Dienstvergehen hergeleitet wird, müssen aus sich heraus verständlich geschildert werden. Ort und Zeit der einzelnen Handlungen müssen möglichst genau angegeben, die Geschehensabläufe nachvollziehbar beschrieben werden. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass sich der Beamte gegen die gegen ihn erhobenen disziplinarischen Vorwürfe sachgerecht verteidigen kann. Zugleich werden durch eine den Anforderungen des § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG genügende Klageschrift Umfang und Grenzen der gerichtlichen Disziplinarbefugnis festgelegt. Denn nach § 60 Abs. 2 Satz 1 BDG dürfen nur Handlungen zum Gegenstand der Urteilsfindung gemacht werden, die dem Beamten in der Klage oder einer Nachtragsdisziplinarklage als Dienstvergehen zur Last gelegt worden sind (Urteile vom 25. Januar 2007 - BVerwG 2 A 3.05 - Buchholz 235.1 § 52 BDG Nr. 4 Rn. 27 f. und vom 29. Juli 2010 - BVerwG 2 A 4.09 - juris Rn. 146 f.; Beschluss vom 26. Oktober 2011 - BVerwG 2 B 69.10 - juris Rn. 6). Zwar ist es nicht erforderlich, dass die Klageschrift die angeschuldigten Sachverhalte disziplinarrechtlich zutreffend würdigt. Aufgrund des doppelten Zwecks der Disziplinarklageschrift muss der Dienstherr aber erkennen lassen, gegen welche Dienstpflichten das angeschuldigte Verhalten des Beamten verstoßen soll und ob dem Beamten Vorsatz oder Fahrlässigkeit zur Last gelegt wird (Beschluss vom 28. März 2011 - BVerwG 2 B 59.10 - IÖD 2011, 143, juris Rn. 5).
Die Disziplinarklage des BND stellt den persönlichen und beruflichen Werdegang des Beklagten und auch den bisherigen Gang des Verfahrens ausreichend dar. Soweit sich die Disziplinarklageschrift inhaltlich am Gegenstand des Strafbefehls des Amtsgerichts T. vom 29. Januar 2009 orientiert, sind die Anforderungen des § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG auch hinsichtlich der Bestimmung des Dienstvergehens erfüllt. Es werden die dem Beklagten vorgeworfenen konkreten Verhaltensweisen, die konkret geschädigten Personen (Q. und R.) sowie der diesen durch das vorgeworfene Verhalten entstandene finanzielle Schaden dargelegt. Die Disziplinarklage enthält die Beweismittel, insbesondere den wesentlichen Inhalt der Zeugenaussagen, würdigt den als erwiesen angesehenen Tatvorwurf und stellt auch die vorsätzliche Begehung des Dienstvergehens fest.
Soweit aber in der Klageschrift ausgeführt wird, die tatsächliche Zahl der Geschädigten sowie die gezahlten Beträge lägen erheblich über den Feststellungen im strafrechtlichen Verfahren zum Verhalten des Beklagten gegenüber Q. und R., fehlt es an einer Darstellung i.S.v. § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG. Der Vertreter der Klägerin hat aber in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass diese Umstände nicht Gegenstand der Disziplinarklage sein sollen.
b) Die formellen Mängel der Klageschrift im Hinblick auf den gegen den Beklagten erhobenen Vorwurf, eine dienstliche E-Mail-Adresse privat genutzt zu haben, sind unerheblich. Diese Handlungen sind vom Senat nach § 56 BDG ausgeschieden und nicht wieder in das Disziplinarverfahren einbezogen worden.
c) Unerheblich ist, dass die Klägerin in der Disziplinarklageschrift keinen bestimmten Antrag gestellt hat. § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG schreibt dies im Gegensatz zu § 82 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht vor. Es bedarf keines Antrags des Dienstherrn, weil nach § 60 Abs. 2 Satz 2 BDG die Gerichte die erforderliche Disziplinarmaßnahme bestimmen (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 255 f. bzw. Rn. 16 und vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 26).
Aufgrund der Beweisaufnahme sieht der Senat folgenden Sachverhalt als erwiesen an:
Am 2. März 2005 sprachen die beiden k. Staatsangehörigen Q. und R. aus M. bei der Deutschen Botschaft in B. vor, um in Erfahrung zu bringen, welche Voraussetzungen für ein Visum für die Bundesrepublik Deutschland erfüllt und welche Unterlagen vorgelegt werden müssen. In der Warteschlange wurden die beiden Interessenten vom l. Staatsangehörigen B. angesprochen, der ihnen gegen Geld seine Hilfe bei der Beschaffung der Visa anbot und auch darauf verwies, dass er die Kontaktperson zum Vizekonsul sei, der bei der Deutschen Botschaft für die Erteilung der Visa zuständig sei. Die beiden Interessenten nahmen das Hilfsangebot an und überwiesen, nachdem sie den "Vermittler" B. überprüft hatten, in der Folgezeit auf dessen Konto insgesamt ca. 12 Mio. COP (Peso Colombiano; ca. 3 800 €); außerdem übersandten sie ihm die für die Erteilung der Visa erforderlichen Unterlagen, darunter den Pass, ein Führungszeugnis und eine Kopie des Personalausweises. Als die beiden Interessenten insgesamt ca. 8 Mio. COP überwiesen hatten, bestellte sie Herr B. zur Übergabe der Visa nach B. Beim Treffen am 23. März 2005 bei einem Hotel in der Nähe der Deutschen Botschaft in B. konnte der "Vermittler" B. den Interessenten die zugesagten Visa nicht übergeben. Zur Beruhigung der beiden Interessenten zog Herr B. den Beklagten zu diesem Gespräch hinzu. Herr B. stellte den beiden Interessenten den Beklagten ohne Namensnennung als Mitarbeiter der Botschaft vor. Die beiden Interessenten, der "Vermittler" B. und der Beklagte begaben sich in eine in der Nähe der Botschaft gelegene Ladenpassage. Bei diesem Gespräch bezeichnete sich der Beklagte selbst als Vizekonsul und als der für die Erteilung der Visa zuständige Mitarbeiter der Botschaft. Der Beklagte sagte ferner, dass er die Visa bereits genehmigt habe und dass man nur auf die Freigabe zur Aushändigung aus Deutschland innerhalb von 15 Tagen warte. Bei dieser Aussage war dem Beklagten bewusst, dass die beiden Interessenten an Herrn B. Geld gezahlt hatten, damit dieser ihnen abredegemäß Visa beschafft. Am 24. März 2005 überwies Q. auf das Konto des Herrn B. weitere, von diesem für die Beschaffung der beiden Visa geforderte 1,7 Mio. COP. 15 Tage später rief Herr B. Q. an und bestellte die beiden Interessenten zur Übergabe der Visa in die Nähe der Deutschen Botschaft. Der "Vermittler" B. erschien aber nicht am vereinbarten Treffpunkt und war für die Interessenten auch telefonisch nicht zu erreichen. Die Interessenten warteten daraufhin mehrere Stunden vor der Deutschen Botschaft. Als der Beklagte das Botschaftsgebäude verließ, lehnte er jedes Gespräch mit ihnen über die Visa ab und verwies sie an den "Vermittler" B. Q. und R. wurden auch in der Folgezeit keine Visa erteilt.
1. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich nicht bereits nach § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG aus dem Urteil des Amtsgerichts T. vom 19. Mai 2009. Dieses Urteil ist für das gerichtliche Disziplinarverfahren nicht bindend, weil es zum tatsächlichen Geschehen keine Feststellungen trifft.
Gegenstand des Urteils vom 19. Mai 2009 ist nur das Strafmaß, nachdem der Beklagte seinen ursprünglich unbeschränkt erhobenen Einspruch gegen den Strafbefehl vom 29. Januar 2009 in der Hauptverhandlung nach § 410 Abs. 2 StPO auf das Strafmaß beschränkt hatte. Die Feststellungen zum Tatgeschehen beruhen lediglich auf dem im Schuldspruch rechtskräftigen Strafbefehl vom 29. Januar 2009.
Feststellungen in einem rechtskräftigen Strafbefehl kommt trotz seiner strafprozessualen Gleichstellung mit einem rechtskräftigen Urteil (§ 410 Abs. 3 StPO) keine Bindungswirkung i.S.v. § 23 Abs. 1 und § 57 Abs. 1 Satz 1 BDG zu. Dies ist in der Rechtsprechung zu § 18 BDO allgemein anerkannt (Urteil vom 16. Juni 1992 - BVerwG 1 D 11.91 - BVerwGE 93, 255 <258>). Hintergrund hierfür ist die Überlegung, dass nur solche tatsächlichen Feststellungen eine sichere Entscheidungsgrundlage für ein Disziplinarverfahren liefern können, die aufgrund der Sachverhaltsfeststellungen in einer Hauptverhandlung vor Gericht und nach richterlicher Beweiswürdigung getroffen worden sind. Demgegenüber liegt einem Strafbefehl lediglich eine in einem besonders geregelten summarischen Verfahren getroffene richterliche Entscheidung zugrunde. Er ergeht ohne Hauptverhandlung und gerichtliche Beweisaufnahme und bietet damit nicht das Maß an Ergebnissicherheit, das Voraussetzung für eine Bindungswirkung ist. Die in § 410 Abs. 3 StPO ausgesprochene Gleichstellung bestimmt lediglich den Umfang der Rechtskraft eines Strafbefehls (BTDrucks 10/1313, S. 38) und dient insoweit der prozessrechtlichen Klarstellung (Urteil vom 8. Juni 2000 - BVerwG 2 C 20.99 - Buchholz 237.7 § 51 NWLBG Nr. 1).
Aus der Entstehungsgeschichte der §§ 23 und 57 BDG (Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts, BTDrucks 14/4659, S. 41 f. und 49) ist zu schließen, dass der Gesetzgeber in Übereinstimmung mit der bisherigen Rechtsprechung den rechtskräftigen Strafbefehl hinsichtlich der Bindungswirkung nicht einem rechtskräftigen Strafurteil gleichgestellt hat (Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, § 23 Rn. 4; Weiß, a.a.O. § 23 Rn. 24; Hummel/Köhler/Mayer, BDG, 5. Aufl., § 23 Rn. 2). Denn der Bundesgesetzgeber ist einem entsprechenden Vorschlag des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren nicht gefolgt (BTDrucks 14/4659, S. 59 f.; vgl. dazu Gegenäußerung der Bundesregierung, BTDrucks 14/4659, S. 64).
Auch die Anwendung des § 57 Abs. 2 BDG ist ausgeschlossen, wonach die in einem anderen gesetzlich geordneten Verfahren getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht bindend sind, aber der Entscheidung ohne erneute Prüfung zugrunde gelegt werden können. Denn der Beklagte bestreitet substantiiert die im Strafbefehl vom 29. Januar 2009 getroffenen Feststellungen zu seinem Verhalten im Zusammenhang mit der Beantragung von Schengen-Visa durch Q. und R. im März 2005. Wegen des im Wortlaut angelegten Regel-Ausnahme-Verhältnisses und des systematischen Zusammenhangs mit der in § 58 Abs. 1 BDG geregelten gerichtlichen Aufklärungspflicht ist für die Anwendung des § 57 Abs. 2 BDG nur Raum, wenn die Richtigkeit der anderweitig festgestellten Tatsachen vom betroffenen Beamten im gerichtlichen Disziplinarverfahren nicht substantiiert angezweifelt wird (Beschluss vom 4. September 2008 - BVerwG 2 B 61.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 4 Rn. 8 m.w.N.).
2. a) Die tatsächlichen Feststellungen beruhen vorrangig auf den konsularischen Vernehmungen der k. Staatsangehörigen Q. und R. durch den Zeugen S. vom 26. Februar 2007 und des l. Staatsangehörigen B. durch den Zeugen Dr. vom 13. April 2007. Wie in der mündlichen Verhandlung festgestellt, befinden sich in der vom Senat beigezogenen Strafakte die von den vernommenen Personen eigenhändig unterschriebenen und in spanischer Sprache abgefassten Originale der Niederschriften über die in Spanisch geführten Vernehmungen. Bei den Vernehmungen haben die Zeugen S. und Dr. die für ihre Amtstätigkeit als Konsularbeamte geltenden Schranken nach § 4 KonsG beachtet. Das Wiener Übereinkommen vom 24. April 1963 über konsularische Beziehungen (BGBl II 1969 S. 1585), das in seinem Art. 5 die von einer konsularischen Vertretung im Empfangsstaat wahrzunehmenden konsularischen Aufgaben aufführt, ist nach seinem Art. 77 Abs. 2 für K. am 6. Oktober 1972 in Kraft getreten (Bekanntmachung über den Geltungsbereich des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vom 15. Februar 1973, BGBl II S. 166). Nach § 15 Abs. 4 KonsG stehen die Vernehmungen und die über sie aufgenommenen Niederschriften den Vernehmungen sowie den darüber aufgenommenen Niederschriften inländischer Gerichte und Behörden gleich.
Die Zeugen S. und Dr. haben den Inhalt der Vernehmungen gegenüber dem erkennenden Gericht überzeugend wiedergegeben. Der Senat hält die Bekundungen der k. Staatsangehörigen Q. und R. für glaubhaft, diejenigen des l. Staatsangehörigen B. allerdings nur im Kern insoweit, als er eine Zusammenarbeit mit dem Beklagten angegeben und die Überweisung der geforderten 12 Mio. COP auf sein Konto bestätigt hat.
Das Ergebnis der konsularischen Vernehmungen ist durch die Bekundungen der vom Senat vernommenen Zeugen U. und P. über den Inhalt im Frühjahr 2006 geführter informatorischer Gespräche mit den beiden k. Staatsangehörigen Q. und R., dem l. Staatsangehörigen B. und der bei der k. Generalstaatsanwaltschaft zuständigen Sachbearbeiterin bestätigt worden. Kopien der Belege für die Überweisungen der Geschädigten an den "Vermittler" B. befinden sich in der Akte des Rechtshilfeersuchens. Bestandteil der beigezogenen Strafakten der Staatsanwaltschaft Be. sind auch die Unterlagen des an die Republik K. gerichteten Rechtshilfeersuchens der Staatsanwaltschaft Be. vom 15. Juni 2007. Zudem haben die beiden Zeugen U. und P. inhaltlich übereinstimmend glaubhaft ausgesagt, dass Q. und R. im Rahmen ihres Gesprächs in einem Café in M. am 16. Mai 2006 den Beklagten anhand von sechs Fotos als denjenigen Mitarbeiter der Botschaft identifiziert haben, der sich ihnen gegenüber am 23. März 2005 als Vizekonsul bezeichnet und ihnen zugleich versichert hat, die von ihnen beantragten Visa seien bereits bewilligt und könnten in ungefähr zwei Wochen ausgehändigt werden. Auch im Rahmen ihrer konsularischen Vernehmungen haben die beiden k. Staatsangehörigen den Beklagten auf den insgesamt sechs Fotos wiedererkannt.
Bei der Würdigung des Umstands, dass Q. und R. jeweils im Mai 2006 und im Februar 2007 den Beklagten auf den ihnen vorgelegten Bildern erkannt haben, berücksichtigt der Senat, dass einem Zeugen bei einer Wahllichtbildvorlage nacheinander Lichtbilder von wenigstens acht Personen vorgelegt werden sollen. Denn ein Zeuge kann bei dieser größeren Vergleichszahl etwaige Unsicherheiten in seiner Beurteilung besser erkennen und dementsprechend offen legen, so dass eine Wiedererkennung unter (mindestens) acht Vergleichspersonen einen höheren Beweiswert gewinnen kann (BGH, Beschluss vom 9. November 2011 - 1 StR 524/11 - NJW 2012, 791, Rn. 6 f. m.w.N.). Dies schließt es aber nicht aus, das Ergebnis einer Wiedererkennung im Rahmen einer auf fünf vergleichbare Porträtfotos beschränkten Wahllichtbildvorlage in die Gesamtwürdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme einzubeziehen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die beiden Geschädigten, die dem Beklagten nicht nur am 23. März 2005 persönlich begegnet sind, sondern diesen auch ca. zwei Wochen später nach mehrstündigem Warten vor dem Gebäude der Deutschen Botschaft wiedererkannt und von sich aus auf den Verbleib der ihnen zugesagten Visa angesprochen haben, diesen auf einem Gruppenfoto der Beschäftigten der Deutschen Botschaft - unter ca. 35 Personen - wiedererkannt haben.
Die Angaben der Zeugen S., U. und P. zum Inhalt der Äußerungen des unmittelbar geschädigten Q. zum Verhalten des Beklagten sowie des "Vermittlers" B. decken sich zudem mit dessen Schilderungen gegenüber der k. Staatsanwaltschaft im Rahmen des dort gegen den "Vermittler" B. wegen des Verdachts des Betrugs geführten Ermittlungsverfahrens. In der eigentlichen Anzeige vom 3. Mai 2005 sowie in seiner weiteren Vernehmung vom 25. Juli 2006 aus Anlass des Scheiterns der zwischen dem "Vermittler" B. und der k. Staatsanwaltschaft getroffenen Gütevereinbarung hat der Geschädigte Q. den Sachverhalt übereinstimmend dargestellt. Dort hat dieser auch geschildert, dass sich Herr B. bereits beim ersten Zusammentreffen am 2. März 2005 berühmt hatte, die Kontaktperson zu dem in der Deutschen Botschaft für die Erteilung von Visa zuständigen Bediensteten zu sein. Inhaltlich im Wesentlichen übereinstimmend sind auch die verschiedenen Angaben des Herrn Q. zu den in der Nähe der Deutschen Botschaft gelegenen Örtlichkeiten der Zusammentreffen mit dem "Vermittler" B. und mit dem Beklagten am 23. März 2005.
b) Aus seinen Angaben im zweiten Teil des mit Mitarbeitern des BND geführten Sicherheitsgesprächs vom 30. März 2006 sowie in der Beschuldigtenvernehmung vom 20. September 2007 ergibt sich, dass dem Beklagten seit November 2004 bekannt war, dass sein Bekannter B. für seine "Vermittlungstätigkeit" von den Visa-Antragstellern Geldzahlungen erhielt. Die vom Beklagten unterschriebene Niederschrift über das Sicherheitsgespräch ist im Disziplinarverfahren verwertbar.
§ 54 Satz 3 BBG a.F. (in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. März 1999, BGBl I S. 675) sieht vor, dass das Verhalten eines Beamten der Klägerin innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden muss, die sein Beruf erfordert. Nach § 55 Satz 1 BBG a.F. hat ein Beamter seine Vorgesetzten zu beraten und zu unterstützen. Hieraus folgt, dass der Beamte in dienstlichen Angelegenheiten wahrheitsgemäß und vollständig zu berichten hat (Urteil vom 27. August 1997 - BVerwG 1 D 49.96 - BVerwGE 113, 118 <126 f.> = Buchholz 232 § 52 BBG Nr. 9). Über diese Pflicht ist der Beklagte von Mitarbeitern des BND zu Beginn des Gesprächs und unmittelbar vor der Korrektur seiner bisherigen Aussage zu seinen Kontakten zum "Vermittler" B. auch noch nach seiner Rückversetzung in das Inland zutreffend belehrt worden. Die Bediensteten des BND haben den Beklagten auch auf das ihm zustehende Recht hingewiesen, die Aussage zu verweigern, wenn er sich dabei strafrechtlich belasten würde. Vor dem Abschluss des Sicherheitsgesprächs bestand auch noch keine Dienstpflicht zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens i.S.v. § 17 Abs. 1 Satz 1 BDG mit der Folge, dass der Beklagte nach § 20 Abs. 1 Satz 3 BDG darauf hinzuweisen gewesen wäre, dass es ihm freistehe, sich schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und sich jederzeit eines Bevollmächtigten oder Beistands zu bedienen. Die Einleitung des Disziplinarverfahrens kam frühestens im Anschluss an dieses Gespräch in Betracht. Denn erst aufgrund der Angaben des Beklagten im Gespräch vom 30. März 2006 hatte der Dienstvorgesetzte von solchen Tatsachen Kenntnis erlangt, aufgrund derer die hinreichende Wahrscheinlichkeit bestand, dass der Beklagte schuldhaft seine Dienstpflichten in disziplinarrechtlich relevanter Weise verletzt hatte.
c) Der Beklagte ist in der mündlichen Verhandlung zu den Ereignissen in K. sowie zu den Aussagen der Zeugen in Bezug auf die Angaben der Geschädigten Q. und R. zu seinem Verhalten und zu dem des "Vermittlers" B. im Zusammenhang mit der Beantragung von Visa im Frühjahr 2005 angehört worden. Seine Äußerungen beschränkten sich im Wesentlichen auf Ausflüchte oder auf die Geltendmachung von Erinnerungslücken. Ihn belastende Angaben im Sicherheitsgespräch oder Unterschiede zwischen diesen Angaben und seinen Äußerungen in der mündlichen Verhandlung hat er nicht plausibel zu erklären vermocht.
In der zweiten Hälfte des Sicherheitsgesprächs vom März 2006 hatte es der Beklagte zumindest nicht ausgeschlossen, dass er sich im Verlauf eines von seinem Bekannten B. initiierten Telefongesprächs, in dem es um Visa-Anträge und Geldüberweisungen an Herrn B. ging, gegenüber dem ihm unbekannten Gesprächspartner des Herrn B. selbst als Konsul vorgestellt hat. Bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung ist ihm diese Aussage vorgehalten worden; er hat dann aber nachdrücklich bestritten, sich jemals so vorgestellt zu haben. Diese gravierende Abweichung konnte der Beklagte nicht erklären.
Wenig überzeugend sind auch die Reaktionen des Beklagten auf andere Vorhalte aus der Niederschrift über das Sicherheitsgespräch vom 30. März 2006 gewesen. Dies gilt insbesondere für seine Schilderung im Sicherheitsgespräch, eine ihm unbekannte Person per Telefon aufgefordert zu haben, eine Überweisung zu veranlassen, damit Anträge für Visa positiv beschieden werden können. Im Sicherheitsgespräch vom März 2006 hatte der Beklagte noch ausgesagt, im Januar 2006 habe ihm sein Bekannter B. telefonisch mitgeteilt, Visa-Antragsteller, die Geld auf dessen Konto eingezahlt hätten, ohne dass die Visa erteilt worden seien, hätten bei der Staatsanwaltschaft Anzeige erstattet. In der mündlichen Verhandlung konnte sich der Beklagte an dieses Telefonat und seinen ihn belastenden Inhalt nicht mehr erinnern.
Unglaubhaft ist auch die Angabe des Beklagten, er habe sich deshalb bereit erklärt, ihm vom "Vermittler" B. übergebene Visa-Anträge auf "formale" Richtigkeit zu überprüfen, um diesen als nachrichtendienstliche Verbindung zu halten und um damit an für den BND bedeutsame nachrichtendienstliche Informationen zu gelangen. Denn da nach den Vorgaben des BND Mitarbeiter einer BND-Residentur dienstlich gerade nicht mit der Erteilung von Visa befasst sind, hätte es sich aus Sicht eines Mitarbeiters einer BND-Residentur geradezu aufgedrängt, die - angeblich - im Rahmen einer nachrichtendienstlichen Zusammenarbeit mit Herrn B. vorgenommene Kontrolle von Visa-Anträgen dem unmittelbaren Dienstvorgesetzten mitzuteilen. Die Brisanz seiner Befassung mit Visa-Angelegenheiten im Rahmen seines Kontakts zu der nachrichtendienstlichen Quelle B. als Mitarbeiter des BND an der Deutschen Botschaft war dem Beklagten durchaus bewusst. Denn er hat diese Tätigkeit in der mündlichen Verhandlung selbst als "heikle Angelegenheit" bezeichnet. Der Zeuge P. hat aber in Übereinstimmung mit dem Beklagten ausgesagt, dass er von dieser Tätigkeit des Beklagten keine Kenntnis hatte.
d) Der Umstand, dass der "Vermittler" B. mit den beiden Interessenten Anfang April 2005 telefonisch einen bestimmten Termin zur Aushändigung der Visa vereinbart hat, obwohl er die versprochene Gegenleistung tatsächlich nicht erbringen konnte, steht den Feststellungen nicht entgegen. Aus dem schriftlichen Bericht des Zeugen P. über das Treffen mit Q. und R. am 16. Mai 2006, der Teil der Strafakte ist, ergibt sich, dass der "Vermittler" B. häufig und regelmäßig mit diesen telefonisch in Kontakt getreten ist, so dass sie dies als Ausdruck seines hohen Interesses und Engagements gewertet haben. Auch vor dem Zusammentreffen vom 23. März 2005, an dem Herr B. die versprochenen Visa nicht aushändigen konnte und zur Beruhigung der Interessenten den Beklagten als den Garanten der Erteilung der Visa präsentiert hatte, hatte der "Vermittler" B. Q. und R. telefonisch nach B. bestellt.
e) Angesichts der aufgeführten Beweismittel bedurfte es zur Feststellung des Verhaltens des Beklagten im Zusammenhang mit der Zusage der Erteilung von Visa an Q. und R. im Frühjahr 2005 nicht der unmittelbaren Vernehmung der im Ausland zu ladenden Zeugen R., Q. und B.
3. Nach der im Verwaltungsprozess entsprechend anwendbaren Bestimmung des § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO kann ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre, abgelehnt werden, wenn er nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die das Bundesverfassungsgericht gebilligt hat (Kammerbeschluss vom 21. August 1996 - 2 BvR 1304/96 - NJW 1997, 999 f.), ist für die Anwendung des § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO maßgebend, ob die Erhebung des beantragten Beweises ein Gebot der Aufklärungspflicht ist (BGH, Urteil vom 18. Januar 1994 - 1 StR 745/93 - BGHSt 40, 60 <62> = NJW 1994, 1484 f., Beschluss vom 5. September 2000 - 1 StR 325/00 - NJW 2001, 695 f.). Es ist dem Richter erlaubt und aufgegeben, das bisherige Ergebnis der Beweisaufnahme zugrunde zu legen. Das sonst im Beweisantragsrecht weitgehend herrschende Verbot einer Beweisantizipation gilt nicht. Die Entscheidung über den Beweisantrag darf davon abhängig gemacht werden, welche Ergebnisse von der Beweisaufnahme zu erwarten sind und wie diese zu erwartenden Ergebnisse zu würdigen wären (Beschluss vom 20. Mai 1998 - BVerwG 7 B 440.97 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 153).
a) Nach diesen Grundsätzen hat der Senat den Antrag des Beklagten abgelehnt, die in K. zu ladenden Q. und R. als Zeugen in der mündlichen Verhandlung dazu zu vernehmen, ob sie mit dem Beklagten zusammengetroffen sind und was der Beklagte mit ihnen beredet hat. Der Vertreter des Beklagten hat den in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag in Übereinstimmung mit seinem schriftlichen Antrag vom 27. März 2012 damit begründet, die Glaubwürdigkeit von Q. und R. sei zweifelhaft und müsse durch eine Vernehmung durch den Senat geklärt werden.
Die Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 58 Abs. 1 BDG, § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gebietet hier die Vernehmung der beiden k. Staatsangehörigen durch den Senat zur Klärung ihrer Glaubwürdigkeit nicht. Gemäß § 58 Abs. 1 BDG erhebt das Gericht die erforderlichen Beweise. Demnach hat es grundsätzlich selbst diejenigen Tatsachen festzustellen, die für den Nachweis des Dienstvergehens und die Bemessung der Disziplinarmaßnahme von Bedeutung sind (BTDrucks 14/4659, S. 49 zu § 58 BDG). Entsprechend § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO folgt daraus grundsätzlich die Verpflichtung, diejenigen Maßnahmen zur Sachaufklärung zu ergreifen, die sich nach Lage der Dinge aufdrängen. Aufgrund der beigezogenen Akten und der Aussagen der Zeugen in der mündlichen Verhandlung ist der Senat von der Glaubwürdigkeit der beiden k. Staatsangehörigen überzeugt, so dass die gerichtliche Aufklärungspflicht nicht die persönliche Befragung der Zeugen durch den Senat erfordert.
Für die Glaubwürdigkeit des Geschädigten Q. spricht insbesondere, dass er den Sachverhalt und das Verhalten des Beklagten anlässlich der beiden Zusammentreffen am 23. März 2005 und Anfang April 2005 viermal geschildert hat, ohne sich in Widersprüche zu verwickeln oder seine Darstellung zum Nachteil des Beklagten auszuschmücken oder zu steigern. Die jeweiligen Angaben des Herrn Q. stehen aufgrund der Beweisaufnahme fest. Der Inhalt seiner Aussage anlässlich der Erstattung der Anzeige bei der k. Staatsanwaltschaft vom 3. Mai 2005 sowie seine Äußerung gegenüber dieser Staatsanwaltschaft vom 25. Juli 2006 nach dem Scheitern der Gütevereinbarung ergeben sich aus der Antwort auf das Rechtshilfeersuchen der Staatsanwaltschaft Be. Über die nach Belehrung von Herrn Q. gemachten Angaben beim Zusammentreffen mit den Mitarbeitern der Deutschen Botschaft in B. U. und P. in einem Café in M. am 16. Mai 2006 sind diese in der mündlichen Verhandlung als unmittelbare Zeugen vernommen worden. Der Inhalt der Aussage des Zeugen Q. bei seiner k. Vernehmung durch den Zeugen S. am 26. Februar 2007 ergibt sich zum einen aus der von ihm eigenhändig unterschriebenen Niederschrift über diese Vernehmung sowie aus den Angaben des Zeugen S. in dessen Vernehmung durch den beauftragten Richter vom 12. März 2012.
Auch Frau R. hat Verhalten und Aussagen des Beklagten mehrfach geschildert, ohne ihre Darstellung abzuändern oder sich in Widersprüche zu verwickeln. Gemeinsam mit Herrn Q. hatte sie sich mit den Zeugen U. und P. am 16. Mai 2006 in einem Café in M. getroffen und nach einer Belehrung über ihre Pflicht zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Aussage über Angaben und Verhalten des Beklagten am 23. März 2005 und Anfang April 2005 berichtet. Auch Frau R. ist vom Zeugen S. am 26. Februar 2007 in der Deutschen Botschaft konsularisch vernommen worden und hat die in Spanisch abgefasste Niederschrift über diese Vernehmung eigenhändig unterschrieben.
Für die Glaubwürdigkeit der beiden geschädigten k. Staatsangehörigen spricht ferner, dass sie gegenüber den Zeugen U. und P. anlässlich des Treffens in einem Café in M. am 16. Mai 2006 freimütig eingeräumt haben, gegenüber der k. Staatsanwaltschaft die Angaben über ihre Zahlungen an Herrn B. um ca. 5 Mio. COP erhöht zu haben, um auf diese Weise die ihnen entstandenen Unkosten für die Reisen von ihrem Heimatort M. nach B. auszugleichen. Ihre Glaubwürdigkeit ergibt sich auch aus ihrem Eingeständnis gewusst zu haben, dass die Erlangung von Schengen-Visa auf dem vom "Vermittler" B. vorgeschlagenen Weg nicht legal war. Herrn Q. war nach seinen Angaben bei der konsularischen Vernehmung zudem bewusst, dass er nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügte, um im vorgeschriebenen Verfahren ein Visum zu erhalten.
Die Zeugen U. und P., die insoweit unmittelbare Zeugen und nicht nur Zeugen vom Hörensagen sind, haben das Verhalten der Frau R. sowie des Herrn Q. anlässlich ihres Treffens in M. am 16. Mai 2006 eingehend geschildert. Das geschilderte Verhalten spricht für die Glaubwürdigkeit der Geschädigten und die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben zum Verhalten des Beklagten. Die von den Zeugen U. und P. übereinstimmend geschilderte anfängliche Zurückhaltung der beiden k. Staatsangehörigen gegenüber den Mitarbeitern der Deutschen Botschaft ist von den beiden Geschädigten nachvollziehbar begründet worden. Die beiden K. gingen zunächst davon aus, ihnen drohten durch die beiden Mitarbeiter der Botschaft seitens der Botschaft oder seitens des Herrn B. Repressalien. Die Geschädigten hatten sich vor dem Gespräch mit den Zeugen U. und P. bei der k. Staatsanwaltschaft nach dem Hintergrund der Kontaktaufnahme durch Mitarbeiter der Deutschen Botschaft erkundigt und haben ihre anfängliche Zurückhaltung im Gespräch vom 16. Mai 2006 erst nach der Klarstellung durch die Zeugen U. und P. aufgegeben, dass das Gespräch ausschließlich dazu diene, das Verhalten eines Mitarbeiters der Botschaft im Zusammenhang mit ihren Visa-Anträgen aufzuklären. Im Anschluss hieran haben die beiden Geschädigten den Sachverhalt inhaltlich übereinstimmend berichtet und dabei auch freimütig eigenes Fehlverhalten, d.h. das "Aufschlagen" von ca. 5 Mio. COP auf die an Herrn B. tatsächlich gezahlte Gesamtsumme von 12 Mio. COP zur Abdeckung der ihnen entstandenen Reisekosten, eingeräumt. Die Angaben des Zeugen P. in der mündlichen Verhandlung zu Auftreten und Äußerungen der beiden Geschädigten anlässlich des Gesprächs vom 16. Mai 2006 decken sich mit seinem detaillierten, an die Zentrale des BND gerichteten Bericht vom 17. Mai 2006, der Bestandteil der Strafakte ist.
Die Zeugin U., eine erfahrene Kriminalbeamtin, hat die beiden Geschädigten aufgrund ihres Verhaltens anlässlich des Zusammentreffens in M. am 16. Mai 2006 als glaubwürdig angesehen. Für diese Einschätzung spricht nach Auffassung des Senats insbesondere, dass die beiden Geschädigten nach den deckungsgleichen Aussagen der Zeugen U. und P. ihre Antworten im Gespräch vom 16. Mai 2006 nicht bedenken mussten, sondern spontan und inhaltlich übereinstimmend ausgesagt haben. Ferner haben sie sich auch auf Nachfragen der beiden Mitarbeiter der Botschaft nicht in Widersprüche verwickelt. Nach den Bekundungen der Zeugen U. und P. haben die beiden Geschädigten den Sachverhalt und das Verhalten des Beklagten am 16. Mai 2006 ohne größere Emotionen oder Ärger geschildert. Dies deckt sich mit der Beurteilung des Verhaltens der Geschädigten durch die Zeugin D.. Diese hat in der mündlichen Verhandlung ausgesagt, die beiden k. Staatsangehörigen hätten bei ihren konsularischen Vernehmungen am 26. Februar 2007 einen ruhigen Eindruck gemacht. Sie hätten die ihnen gestellten Fragen flüssig und ohne sichtliche Emotionen gegenüber dem Beklagten beantwortet. Triebfeder für das Vorgehen der Geschädigten Q. und R. ausschließlich gegen den "Vermittler" B. war der Umstand, dass sie an diesen ganz erhebliche Geldzahlungen geleistet hatten, ohne die ihnen von diesem zugesagte Gegenleistung zu erhalten.
b) Die Geschädigten wären unglaubwürdig, wenn sich Anhaltspunkte für die These finden ließen, sie hätten den Beklagten als Mitarbeiter der Deutschen Botschaft nur deshalb der Mitwirkung bei ihrem Versuch der illegalen Erlangung von Visa bezichtigt, um diesen persönlich oder mittelbar die deutsche Botschaft unter Hinweis auf eine drohende Veröffentlichung zur Rückzahlung der von ihnen an den "Vermittler" B. gezahlten Gesamtsumme von 12 Mio. COP drängen zu können. Für diese "Komplotttheorie" oder die Tendenz der Geschädigten, den Beklagten durch unrichtige Angaben zu belasten, fehlt jedoch jeglicher Anhalt.
Wie die beiden Geschädigten bei ihren konsularischen Vernehmungen übereinstimmend ausgesagt haben, ging es ihnen zwar darum, die ganz erhebliche Summe von 12 Mio. COP, die sie sich darlehnsweise beschafft und als Gegenleistung für die zugesagte Beschaffung der beiden Visa an Herrn B. auf dessen Konten überwiesen hatten, zurückzuerhalten. Die Ernsthaftigkeit dieses Bestrebens ist durch den Umstand belegt, dass Herr Q. den "Vermittler" B. bereits am 3. Mai 2005, d.h. nur kurze Zeit nach der ausgebliebenen Aushändigung der Visa, bei der Staatsanwaltschaft wegen Betrugs angezeigt hat. Wäre es dem Geschädigten darum gegangen, einen Mitarbeiter der Botschaft zu Unrecht einer Mitwirkung zu bezichtigen, um einen weiteren, auch solventen Schuldner ihres Anspruchs auf Rückerstattung zu "konstruieren", so hätte es sich aufgedrängt, zeitgleich mit der Erstattung der Strafanzeige gegen Herrn B. bei der Deutschen Botschaft vorstellig zu werden, um den Beschäftigten oder die Deutsche Botschaft, z.B. durch die Drohung einer Veröffentlichung von Einzelheiten, zur Zahlung zu bewegen. Tatsächlich haben jedoch die Geschädigten von sich aus jeden Kontakt zum Beklagten oder der Deutschen Botschaft gemieden. Nicht die Geschädigten, sondern der "Vermittler" B. ist an die Botschaft herangetreten und hat diese vor dem Hintergrund des Ablaufs der in der Gütevereinbarung festgesetzten Frist zur Rückzahlung durch die Androhung der Veröffentlichung "unangenehmer Details" zur Zahlung der Gesamtsumme von 12 Mio. COP gedrängt. Zwar war Herrn Q. zum Zeitpunkt der Erstattung seiner Anzeige am 3. Mai 2005 der Name des Beklagten noch nicht bekannt. Nach seiner konsularischen Vernehmung hat er diesen aber im Verlauf des gegen Herrn B. bei der Staatsanwaltschaft geführten Verfahrens erfahren. Obwohl die Geschädigten den Mitarbeiter der Botschaft später namentlich benennen und zudem dessen auffällige Erscheinung bereits zum Zeitpunkt der Anzeigeerstattung detailliert beschreiben konnten, haben sie sich ausschließlich an den "Vermittler" B. als denjenigen gehalten, an den sie die verschiedenen Zahlungen geleistet hatten.
Dieser Zurückhaltung der Geschädigten gegenüber der Deutschen Botschaft und ihren Mitarbeitern widerspricht auch nicht der Umstand, dass die beiden k. Staatsangehörigen Anfang April 2005 vor dem Gebäude der Deutschen Botschaft mehrere Stunden auf das Erscheinen des Beklagten gewartet haben, um diesen nach dem Verbleib der ihnen vom "Vermittler" B. für diesen Tag zugesagten Visa zu fragen. Denn für die beiden Geschädigten war der Beklagte an diesem Tag, an dem sie ausschließlich wegen der angekündigten Erteilung der Visa von M. nach B. geflogen waren, die einzige Person, die ihnen nach dem Ausbleiben des Herrn B. vor Ort Auskunft hätte geben können.
1. Durch das festgestellte Verhalten hat der Beklagte die ihm nach § 54 Satz 2 und 3 sowie § 70 Satz 1 BBG a.F. obliegenden Pflichten vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft verletzt. Er hat gegen die Pflicht verstoßen, sein Amt uneigennützig nach bestem Gewissen zu verwalten, gegen die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten sowie gegen das Verbot, in Bezug auf das Amt geldwerte Vorteile anzunehmen. Damit hat der Beklagte ein Dienstvergehen i.S.v. § 77 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. begangen.
Im Hinblick auf den Verstoß gegen § 70 Satz 1 BBG a.F. ist es unerheblich, dass der Beklagte nach der Aufgabenverteilung in der Deutschen Botschaft in B. mit der Erteilung von Visa dienstlich nicht befasst war und die Geschädigten Q. und R. die geforderten Zahlungen an den "Vermittler" B. geleistet haben. Denn der Tatbestand des § 70 Satz 1 BBG a.F. ist bereits dadurch erfüllt, dass Q. an den "Vermittler" B. nach dem Zusammentreffen mit dem Beklagten am 23. März 2005 Geld für die Beschaffung von Visa überwiesen hat und der Beklagte im Zusammenwirken mit dem "Vermittler" B. gegenüber den Geschädigten wahrheitswidrig den Eindruck erweckt hat, er werde ihnen im Hinblick auf die an B. geleisteten Zahlungen die von diesem als Gegenleistung versprochenen Visa verschaffen.
Zweck des Verbots nach § 70 Satz 1 BBG a.F. ist es, bereits den bloßen Anschein zu vermeiden, dienstliche Handlungen seien durch Gefälligkeiten beeinflussbar und Amtshandlungen seien käuflich (Urteile vom 14. Dezember 1995 - BVerwG 2 C 27.94 - BVerwGE 100, 172 <176 f.> = Buchholz 236.1 § 19 SG Nr. 1 S. 5, vom 22. Oktober 1996 - BVerwG 1 D 76.95 - BVerwGE 113, 4 <5 f.> = Buchholz 232 § 70 BBG Nr. 4 und vom 23. November 2006 - BVerwG 1 D 1.06 - Buchholz 232 § 70 BBG Nr. 12 Rn. 29). Anknüpfungspunkt des gesetzlichen Verbots ist nicht das enge Gebiet der Amtshandlungen des Beamten, sondern nach dem Wortlaut sowohl das Amt im abstrakt- oder konkret-funktionellen Sinn als auch das Amt im statusrechtlichen Sinn (Urteil vom 20. Februar 2002 - BVerwG 1 D 19.01 - Buchholz 232 § 70 BBG Nr. 11 S. 18 f.). Danach besteht der in § 70 Satz 1 BBG a.F. geforderte Bezug zum Amt bereits dann, wenn nach den Umständen des Einzelfalls sich der Geber davon leiten lässt, dass der Bedienstete dienstlich tätig wird oder geworden ist. Es reicht aus, wenn, wie hier, nach den erkennbaren Vorstellungen und Motiven des Gebers der Gesichtspunkt der Anstellung oder dienstlichen Tätigkeit des Beamten zumindest mitkausal ist (Urteile vom 14. Dezember 1995 a.a.O. S. 176 bzw. S. 5 und vom 20. Februar 2002 a.a.O. S. 19). Auch dann, wenn der Beamte unter Hinweis auf seine Dienststellenzugehörigkeit beim Zuwender lediglich den wahrheitswidrigen Anschein erweckt hat, auf die begehrte Entscheidung der Dienststelle in irgendeiner Weise Einfluss nehmen zu können, ist der Bezug zum Amt gegeben.
Entsprechend dem Zweck des § 70 Satz 1 BBG a.F., bereits den Anschein der Käuflichkeit von Diensthandlungen zu vermeiden, werden von dem Verbot auch solche Belohnungen und Geschenke erfasst, die nicht dem Beamten persönlich, sondern einem Dritten zufließen, bei denen aber nicht der Dritte, sondern der Beamte wegen seiner dienstlichen Stellung oder seiner dienstlichen Handlungen den Grund für die Zuwendung bildet (Urteil vom 20. Februar 2002 a.a.O.; Plog/Wiedow, BBG alt, § 70 Rn. 3; Zängl, in: GKÖD, Bd. I, BBG, K § 70 Rn. 22; Schütz/Maiwald, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, § 76 LBG NRW a.F. Rn. 24). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, weil Herr Q. dem "Vermittler" B. - erneut - Geld zur Erlangung der Visa überwiesen hat, nachdem die Interessenten mit dem Beklagten am 23. März 2005 zusammengetroffen waren und dieser ihnen die Erteilung der Visa zugesichert hatte. Auch der Gesetzgeber geht offenkundig davon aus, dass das Verbot der Annahme von Belohnungen oder Geschenken auch Zuwendungen an Dritte erfasst, wenn Motiv für die Gewährung des Vorteils die dienstliche Stellung des Beamten oder seine dienstlichen Handlungen sind. Denn in § 71 Abs. 1 Satz 1 BBG in der Fassung des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes vom 5. Februar 2009 (BGBl I S. 160) ist nunmehr ausdrücklich bestimmt, dass Beamtinnen und Beamte keine Belohnungen, Geschenke oder sonstige Vorteile für sich oder einen Dritten in Bezug auf ihr Amt fordern, sich versprechen lassen oder annehmen dürfen. Inhaltlich ist aber mit der Neufassung der Vorschrift keine Änderung gegenüber der Vorgängerreglung des § 70 BBG a.F. verbunden (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 16/7076, S. 117).
Auf die dem § 54 Satz 2 und 3 sowie § 70 Satz 1 BBG a.F. entsprechenden Regelungen des § 61 Abs. 1 Satz 2 und 3 BBG n.F. und § 71 Abs. 1 Satz 1 BBG n.F. ist nicht abzustellen, weil die Vorschriften mit Ausnahme der redaktionellen Anpassung an die geschlechtergerechte Sprache mit den Vorgängerregelungen übereinstimmen und damit für den Beklagten gegenüber der zum Tatzeitpunkt geltenden Rechtslage keine günstigere Regelung geschaffen haben, auf die er sich nach dem Rechtsgedanken des § 2 Abs. 3 StGB im Disziplinarverfahren berufen könnte (vgl. Urteile vom 25. August 2009 - BVerwG 1 D 1.08 - Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1 Rn. 33, vom 25. März 2010 - BVerwG 2 C 83.08 - BVerwGE 136, 173 = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 11 jeweils Rn. 17 und vom 19. August 2010 - BVerwG 2 C 5.10 - Buchholz 235.2 LDisziplinarG Nr. 12 Rn. 11).
2. Das Dienstvergehen hat der Beklagte innerdienstlich begangen. Das pflichtwidrige Verhalten war in sein Amt und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden (Urteile vom 25. August 2009 Rn. 54, insoweit in Buchholz 232.0 § 77 BBG 2009 Nr. 1 nicht abgedruckt, und vom 29. Juli 2010 - BVerwG 2 A 4.09 - juris Rn. 194). Das Auftreten als Vizekonsul der Deutschen Botschaft gegenüber den Interessenten sowie das Inaussichtstellen von Visa war dem Beklagten allein aufgrund seiner dienstlichen Stellung als Mitarbeiter der Deutschen Botschaft möglich.
Den Verwaltungsgerichten ist durch § 60 Abs. 2 Satz 2 BDG die Disziplinarbefugnis in den durch die Disziplinarklage gezogenen Grenzen übertragen. Daher bestimmen sie die erforderliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer eigenen Bemessungsentscheidung nach Maßgabe des § 13 Abs. 1 und 2 BDG, wenn und soweit sie den Nachweis des dem Beamten zur Last gelegten Dienstvergehens für erbracht halten. An die Wertungen des klagenden Dienstherrn sind sie nicht gebunden (Urteil vom 3. Mai 2007 - BVerwG 2 C 9.06 - Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 3 Rn. 11).
Welche Disziplinarmaßnahme erforderlich ist, richtet sich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten. Aus den gesetzlichen Vorgaben folgt die Verpflichtung der Verwaltungsgerichte, die Disziplinarmaßnahme aufgrund einer prognostischen Gesamtwürdigung unter Berücksichtigung aller im Einzelfall belastenden und entlastenden Gesichtspunkte zu bestimmen. Dies entspricht dem Zweck der Disziplinarbefugnis als einem Mittel der Funktionssicherung des öffentlichen Dienstes. Danach ist Gegenstand der disziplinarrechtlichen Betrachtung und Wertung die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrechtzuerhalten (Urteil vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 16; Beschluss vom 13. Oktober 2005 - BVerwG 2 B 19.05 - Buchholz 235.1 § 15 BDG Nr. 2 Rn. 5).
Bei der Gesamtwürdigung haben die Verwaltungsgerichte die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen nach Maßgabe des § 58 Abs. 1 BDG zu ermitteln und mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Hier findet der Grundsatz "in dubio pro reo" Anwendung: Insbesondere bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens dürfen nur solche belastenden Tatsachen berücksichtigt werden, die zur Überzeugung des Gerichts feststehen. Demgegenüber sind entlastende Umstände schon dann beachtlich, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für ihr Vorliegen gegeben sind und eine weitere Sachverhaltsaufklärung nicht möglich ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 2 C 12.04 - BVerwGE 124, 252 <258 f.> = Buchholz 235.1 § 13 BDG Nr. 1 Rn. 22 und vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 17).
Als maßgebendes Bemessungskriterium ist die Schwere des Dienstvergehens gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 BDG richtungweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies bedeutet, dass das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des § 5 BDG aufgeführten Disziplinarmaßnahme zuzuordnen ist. Dabei können die vom Disziplinarsenat des Bundesverwaltungsgerichts für bestimmte Fallgruppen herausgearbeiteten Regeleinstufungen von Bedeutung sein (vgl. zur Vorteilsannahme Urteil vom 23. November 2006 - BVerwG 1 D 1.06 - Buchholz 232 § 70 BBG Nr. 12). Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 259 f. bzw. Rn. 24 ff. und vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 20).
Ein endgültiger Verlust des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit i.S.v. § 13 Abs. 2 Satz 1 BGB ist anzunehmen, wenn aufgrund der prognostischen Gesamtwürdigung auf der Grundlage aller im Einzelfall bedeutsamen be- und entlastenden Gesichtspunkte der Schluss gezogen werden muss, der Beamte werde auch künftig in erheblicher Weise gegen seine Dienstpflichten verstoßen oder die durch sein Fehlverhalten herbeigeführte Schädigung des Ansehens des Berufsbeamtentums sei bei einer Fortsetzung des Beamtenverhältnisses nicht wiedergutzumachen. Unter diesen Voraussetzungen muss das Beamtenverhältnis im Interesse der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und der Integrität des Berufsbeamtentums beendet werden (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 260 f. bzw. Rn. 26 f., vom 3. Mai 2007 a.a.O. Rn. 18 und vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - juris Rn. 17 ff., insoweit in Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 nicht abgedruckt).
Bei der Bestimmung der Schwere des Dienstvergehens ist entgegen dem Vorbringen des Beklagten nicht die Höhe der Zahlungen der geschädigten k. Staatsangehörigen an den "Vermittler" B. maßgebend. Im Vordergrund steht der vom Beklagten erweckte Anschein, die Erteilung von Visa, eine für Ausländer besonders bedeutsame Amtshandlung eines deutschen Beamten, sei durch Geldzahlungen zu beeinflussen. Die Bedeutung dieser Diensthandlung beschränkte sich nicht nur auf das Bundesgebiet, sondern betraf auch noch andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Nach dem zum Tatzeitpunkt geltenden Schengener Durchführungsübereinkommen (Art. 21 SDÜ) können sich Drittausländer aufgrund eines von einer deutschen Behörde erteilten Visums bis zu drei Monaten auch in den sonstigen Vertragsstaaten dieses Abkommens aufhalten.
Verstöße gegen § 70 Satz 1 und § 54 Satz 2 BBG a.F. sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seit jeher als sehr schwerwiegend eingestuft worden. Die uneigennützige, nicht auf den privaten Vorteil bedachte Führung der Dienstgeschäfte stellt eine wesentliche Grundlage des Berufsbeamtentums dar. Es ist Zweck der Vorschriften, bereits den Anschein zu vermeiden, ein Beamter könne sich bei Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben aus Eigennutz durch sachwidrige Erwägungen beeinflussen lassen und für Amtshandlungen allgemein käuflich sein. Es kann im Interesse einer gesetzmäßigen Verwaltung und im Interesse des allgemeinen Vertrauens in ein rechtsstaatliches Handeln der Verwaltung nicht hingenommen werden, wenn ein Beamter den Eindruck erweckt, er lasse sich in Bezug auf seine dienstliche Tätigkeit durch ihm oder Dritten gewährte oder zugesagte Vorteile beeinflussen. Unerheblich ist, ob es zu der in Aussicht gestellten Amtshandlung gekommen ist. Im Hinblick hierauf ist bei einem Verstoß gegen § 70 Satz 1 und § 54 Satz 2 BBG a.F. die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis jedenfalls dann Richtschnur für die Bestimmung der angemessenen Disziplinarmaßnahme, wenn erhebliche Geldzahlungen in Bezug auf die Diensthandlung geleistet worden sind. Dies gilt auch dann, wenn der Beamte keine pflichtwidrigen Amtshandlungen als Gegenleistungen erbracht hat. Das Inaussichtstellen einer konkreten Diensthandlung im Hinblick auf bereits an den Beamten oder einen Dritten geleistete oder diesen zugesagte Geldzahlungen offenbart ein besonders hohes Maß an Pflichtvergessenheit, weil jedem Beamten klar sein muss, dass er durch ein solches Verhalten die Grenze der Sozialadäquanz eindeutig überschreitet und den Anschein der Käuflichkeit erweckt. Die von der Schwere des Pflichtenverstoßes ausgehende Indizwirkung kann nur entfallen, wenn mildernde Umstände von erheblichem Gewicht vorliegen, so dass eine fallbezogene Gesamtbetrachtung den Schluss rechtfertigt, es sei noch kein endgültiger Vertrauensverlust eingetreten (Urteile vom 20. Februar 2002 - BVerwG 1 D 19.01 - juris Rn. 29 f., insoweit in Buchholz 232 § 70 BBG Nr. 11 nicht abgedruckt, und vom 23. November 2006 a.a.O. Rn. 29 f. m.w.N.).
Danach ist hier von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10 BDG) als Richtschnur auszugehen. Der Beklagte hat in dem für die Bundesrepublik Deutschland, aber auch für andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union sensiblen Bereich der Erteilung von Visa den Anschein erweckt, diese Diensthandlung sei käuflich oder sei zumindest durch Geldzahlungen zu beeinflussen. In Kenntnis der bereits an den "Vermittler" B. für die Beschaffung von Visa geleisteten Zahlungen hat er die geschädigten k. Staatsangehörigen durch sein Auftreten und seine Zusicherung, er habe die Visa bereits genehmigt, in der Annahme bestärkt, auf diese Weise die begehrten Visa erhalten zu können, und zu weiteren Zahlungen an den "Vermittler" B. veranlasst.
Der Gesamtbetrag von 12 Mio. COP (ungefähr 3 800 €), den Q. und R. an Herrn B. für die Vermittlung der Visa im Hinblick auf dessen Versicherung, Kontaktperson des bei der Deutschen Botschaft für die Genehmigung der Visa zuständigen Vizekonsuls zu sein, und den Äußerungen des Beklagten anlässlich des Zusammentreffens vom 23. März 2005 gezahlt haben, kann nicht als "Bagatellsumme" (100 DM/50 €; vgl. dazu Urteile vom 11. Juni 2002 - BVerwG 1 D 31.01 - BVerwGE 116, 308 <310 f.> = Buchholz 232 § 54 Satz 2 BBG Nr. 28 S. 26 und vom 14. November 2007 - BVerwG 1 D 6.06 - Rn. 48, insoweit nicht in Buchholz 235 § 4 BDO Nr. 3 abgedruckt) eingestuft werden, die von vornherein eine mildere Einstufung des Fehlverhaltens zulassen würde.
Der Vortrag des Vertreters der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zur Bemessungsentscheidung gibt Anlass zu dem Hinweis, dass sich die vom Gericht nach § 13 BDG zu treffende Bemessungsentscheidung nicht daran auszurichten hat, das Ansehen des BND im Verhältnis zu anderen Behörden, wie insbesondere dem Auswärtigen Amt, zu wahren. Unerheblich ist insoweit auch die Vorliebe eines Beamten für teure Autos, Schmuck oder wertvolle Uhren. Ein im Verhältnis zur tatsächlich gezahlten Besoldung gehobener Lebensstil eines Beamten ist kein Anlass für Zweifel an der "Korrektheit seiner Grundeinstellung" und ist nicht im Rahmen des § 13 BDG zu dessen Nachteil zu werten.
Milderungsgründe von Gewicht, die es rechtfertigen könnten, von der durch die Schwere des Dienstvergehens indizierten Höchstmaßnahme abzusehen, liegen nicht vor. Unter Geltung der Bemessungsvorgaben des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 BDG sind entlastende Umstände nicht auf den in der Rechtsprechung entwickelten Kanon der anerkannten Milderungsgründe beschränkt (Urteile vom 20. Oktober 2005 a.a.O. S. 260 ff. bzw. Rn. 26 ff. und vom 29. Mai 2008 - BVerwG 2 C 59.07 - juris Rn. 23 m.w.N., insoweit in Buchholz 235.1 § 70 BDG Nr. 3 nicht abgedruckt).
Auf eine existenzielle wirtschaftliche Notlage oder eine körperliche oder psychische Ausnahmesituation, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und deshalb nicht mehr vorausgesetzt werden kann, hat sich der Beklagte trotz des Hinweises des Senats, bei der Bemessungsentscheidung seien sämtliche entlastenden Umstände zu berücksichtigen und es sei auch Sache des betroffenen Beamten, entsprechende tatsächliche Anhaltspunkte vorzutragen, nicht berufen.
Dass der Beklagte bis zum Jahr 2005 straf- und disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten war, über lange Zeit sehr gute dienstliche Leistungen erbracht und bei der Dienstausübung großes Engagement gezeigt hat, fällt angesichts der Schwere der Verfehlung nicht ausschlaggebend ins Gewicht. Jeder Beamte ist verpflichtet, bestmögliche Leistungen bei vollem Einsatz seiner Arbeitskraft zu erbringen und sich innerhalb und außerhalb des Dienstes achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten (§ 54 Satz 1 und 3 BBG a.F.).
Der Umstand, dass der Beklagte nach der Aufdeckung der Verfehlung weiterbeschäftigt worden ist, an einem Sprachkurs teilgenommen und sich in seinem derzeitigen Tätigkeitsbereich bewährt hat, ist nicht geeignet, eine mildere Disziplinarmaßnahme zu rechtfertigen. Die Entscheidung über die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses obliegt den Verwaltungsgerichten unter Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung. Sie haben ohne Bindung an die Auffassung des Dienstherrn zu beurteilen, ob ein endgültiger Vertrauensverlust eingetreten ist. Ist dies der Fall, so vermag daran auch eine vorübergehende Weiterbeschäftigung auf einem anderen Dienstposten während des Disziplinarverfahrens nichts zu ändern. Denn das Vertrauen bezieht sich auf das Amt im statusrechtlichen Sinne (Urteile vom 20. Januar 2004 - BVerwG 1 D 33.02 - BVerwGE 120, 33 <53> = Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 35 S. 79 und vom 8. Juni 2005 - BVerwG 1 D 3.04 - juris Rn. 26 sowie Beschluss vom 1. März 2012 - BVerwG 2 B 140.11 - juris Rn. 7, stRspr). Zudem kann die Weiterbeschäftigung auf finanziellen Gesichtspunkten beruhen, die für die Disziplinarentscheidung ohne Bedeutung sind. Schließlich entspricht die Weiterbeschäftigung des Beklagten der zwischen dem Präsidenten des BND und dem Personalrat getroffenen Vereinbarung.
Weder die lange Dauer des Verfahrens noch das lange Zurückliegen des Dienstvergehens rechtfertigen es, von der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abzusehen, wenn diese Maßnahme geboten ist. Zwar kann eine pflichtenmahnende Disziplinarmaßnahme (z.B. Zurückstufung nach § 9 BDG) in diesen Fällen unvereinbar mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit werden. Bei Fortbestand des Beamtenverhältnisses kann das durch ein Dienstvergehen ausgelöste Sanktionsbedürfnis gemindert werden oder sogar entfallen, weil die mit dem Disziplinarverfahren verbundenen wirtschaftlichen und dienstlichen Nachteile positiv auf den Beamten eingewirkt haben, so dass sie eine günstigere Persönlichkeitsprognose ermöglichen. Demgegenüber geht es bei der Dienstentfernung darum, das Beamtenverhältnis in Fällen besonders schwerwiegender Dienstvergehen zu beenden, weil der Beamte im öffentlichen Dienst untragbar geworden ist. An dem endgültigen Vertrauensverlust (§ 13 Abs. 2 Satz 1 BDG), den er durch sein Fehlverhalten herbeigeführt hat, vermögen eine lange Verfahrensdauer oder ein langes Zurückliegen des Dienstvergehens nichts zu ändern. Das verlorene Vertrauen kann nicht durch Zeitablauf wiederhergestellt werden (BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 1977 - 2 BvR 80/77 - BVerfGE 46, 17 <28 f.>; Kammerbeschluss vom 9. August 2006 - 2 BvR 1003/05 - DVBl 2006, 1372 >1373>; BVerwG, Urteile vom 22. Februar 2005 - BVerwG 1 D 30.03 - juris Rn. 80, vom 8. Juni 2005 - BVerwG 1 D 3.04 - juris Rn. 27 und vom 7. Februar 2008 - BVerwG 1 D 4.07 - juris Rn. 29, insoweit in Buchholz 235 § 77 BDO Nr. 13 nicht abgedruckt; Beschlüsse vom 13. Oktober 2005 - BVerwG 2 B 19.05 - Buchholz 235.1 § 15 BDG Nr. 2 Rn. 8 und vom 26. August 2009 - BVerwG 2 B 66.09 - juris Rn. 11). Diesen Unterschied hat der Gesetzgeber dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er in § 15 BDG die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis im Gegensatz zu allen anderen Disziplinarmaßnahmen vom Maßnahmeverbot wegen Zeitablaufs ausgenommen hat.
Auch die Vorschriften des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 (BGBl I S. 2302) haben hieran nichts geändert. Der Verweis in § 3 BDG auf die Verwaltungsgerichtsordnung erfasst auch § 173 Satz 2 VwGO in der Fassung dieses Gesetzes, der wiederum die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes (§§ 198 ff.) mit Maßgaben für anwendbar erklärt. Der Gesetzgeber hat dem betroffenen Verfahrensbeteiligten in den §§ 198 ff. GVG für den Fall der gerügten unangemessenen Dauer eines Gerichtsverfahrens für dadurch verursachte Vermögensnachteile und immaterielle Folgen grundsätzlich einen Anspruch auf angemessene Entschädigung eingeräumt. Nach § 198 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 GVG geht die Wiedergutmachung des Verstoßes gegen das Gebot des gerichtlichen Rechtsschutzes in angemessener Zeit auf andere Weise dem Entschädigungsanspruch vor, der die durch die verzögerte gerichtliche Entscheidung bestimmte Rechtslage unberührt lässt. Der Gesetzgeber hat aber davon abgesehen, in den §§ 198 ff. GVG die Formen einer solchen Wiedergutmachung abschließend festzulegen (BTDrucks 17/3802, S. 16 und 19). Er hat aber auch nicht vorgesehen, dass die Wiedergutmachung in der Weise zu erfolgen hat, dass dem Betroffenen als Ausgleich für die Verzögerung des gerichtlichen Verfahrens die den Gegenstand des Rechtsstreits bildende Rechtsposition einzuräumen ist, deren materiell-rechtliche Voraussetzungen der Betroffene nicht erfüllt. Für andere als strafgerichtliche Verfahren (§ 199 Abs. 3 GVG) hat der Gesetzgeber in den §§ 198 ff. GVG als Form der Wiedergutmachung auf andere Weise lediglich die Möglichkeit einer Feststellung der überlangen Verfahrensdauer durch das Entschädigungsgericht bei gleichzeitiger Freistellung des Klägers von den Kosten des Entschädigungsrechtsstreits geregelt (BTDrucks 17/3802, S. 16). Ob im Übrigen eine dem Entschädigungsanspruch vorgehende Wiedergutmachung auf andere Weise möglich ist, richtet sich nach den jeweiligen formellen und materiell-rechtlichen Bestimmungen. Die für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme maßgeblichen Vorschriften schließen aber, wie dargelegt, die Wiederherstellung des verlorenen Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit allein durch eine unangemessene Dauer des Disziplinarverfahrens aus.
Etwas anderes folgt auch nicht aus Art. 6 EMRK. Art. 6 Abs. 1 EMRK gewährleistet das Recht auf ein faires Verfahren, insbesondere auf eine Entscheidung innerhalb angemessener Zeit. Zwar geht der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte davon aus, dass Art. 6 EMRK in seiner zivilrechtlichen Bedeutung auf ein Disziplinarverfahren, in dem der Beamte wegen eines Dienstvergehens aus dem Dienst entfernt worden ist, anwendbar ist (EGMR, Urteil vom 16. Juli 2009 - 8453/04 - NVwZ 2010, 1015 Rn. 39 m.w.N.). Haben Gerichte gegen Art. 6 Abs. 1 EMRK verstoßen - bei einem Disziplinarverfahren ist die Zeitspanne zwischen der Entscheidung über seine Einleitung bis zur letzten gerichtlichen Entscheidung maßgeblich -, so hat das entsprechende Urteil des Gerichtshofs, wie sich aus Art. 41 EMRK ergibt, lediglich Feststellungswirkung. Auch Art. 46 Abs. 1 EMRK, wonach der Vertragsstaat verpflichtet ist, das endgültige Urteil des Gerichtshofs zu befolgen, führt nicht dazu, dass der Vertragsstaat dem Betroffenen allein wegen der überlangen Dauer des Verfahrens eine Rechtsstellung einräumen muss, die diesem nach dem maßgeblichen innerstaatlichen materiellen Recht nicht zusteht; der Gerichtshof spricht vielmehr eine gerechte Entschädigung als Ersatz für immaterielle Schäden zu (Meyer-Ladewig, EMRK, 3. Aufl., Art. 41 Rn. 21). Die vom Gerichtshof der verletzten Person nach Art. 41 EMRK zuzusprechende gerechte Entschädigung, die den materiellen wie auch den immateriellen Schaden erfassen kann (EGMR, Urteil vom 16. Juli 2009 a.a.O. Rn. 59 ff.), lässt die sich nach dem innerstaatlichen Recht bestimmende materiell-rechtliche Rechtslage unberührt.
Aufgrund der vorliegenden Akten und der Erklärungen des Beklagten im gerichtlichen Verfahren besteht keine Veranlassung, von der gesetzlichen Regelung für den Unterhaltsbeitrag (§ 10 Abs. 3 BDG) abzuweichen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 77 Abs. 1 BDG und § 154 Abs. 1 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts für das gerichtliche Verfahren bedarf es nach § 78 Satz 1 BDG nicht, weil Gerichtsgebühren für das nach dem 31. Dezember 2009 anhängig gewordene gerichtliche Verfahren nach dem Gebührenverzeichnis der Anlage zu § 78 BDG erhoben werden (§ 85 Abs. 12 BDG). Hierbei ist von einer Disziplinarklage mit dem Ziel der Entfernung aus dem Dienst auszugehen.