Entscheidungsdatum: 14.02.2018
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 198 31 774
…
…
hat der 19. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 14. Februar 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Kleinschmidt, der Richterin Kirschneck sowie der Richter Dipl.-Ing. Matter und Dipl.-Phys. Dr. Haupt
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Einsprechenden wird der Beschluss der Patentabteilung 1.23 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Juli 2015 aufgehoben und das Patent 198 31 774 mit folgenden Unterlagen weitergehend beschränkt aufrechterhalten:
Patentansprüche 1 bis 35 gemäß Hilfsantrag A, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 14. Februar 2018,
Beschreibung und Zeichnungen wie erteilt.
2. Die Beschwerde der Patentinhaberin und die weitergehende Beschwerde der Einsprechenden werden zurückgewiesen.
I.
Auf die am 15. Juli 1998 unter Beanspruchung der inländischen Priorität 197 30 310.2 vom 15. Juli 1997 eingereichte Anmeldung ist mit Beschluss vom 25. September 2012 das Patent 198 31 774 mit der Bezeichnung „Automatische Tür- oder Fensteranlage“ erteilt worden. Die Veröffentlichung der Patenterteilung ist am 22. November 2012 erfolgt.
Gegen das Patent hat die Einsprechende mit Schriftsatz vom 19. Februar 2013, per Fax eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am selben Tag, Einspruch erhoben und beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen. Die Einsprechende hat sinngemäß geltend gemacht, dass der Gegenstand des Patents nach §§ 1 bis 5 PatG nicht patentfähig sei (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG).
Hinsichtlich des Einspruchsgrunds der fehlenden Patentfähigkeit hat die Einsprechende auf die folgenden Druckschriften verwiesen:
D1 WO 92/13300 A1
D2 EP 0 597 208 A1
D3 DE 24 04 875 C3
D4 JP 09-195614 A
D5 EP 1 085 159 B1
D6 EP 0 959 218 B1
D7 DE 31 47 273 A1
D8 MEIER, Hans: Verteilte, kooperative Steuerung maschinennaher Abläufe, Dissertation der Technischen Universität München, 2001
D9 DE 39 28 451 A1
D10 DE 195 18 306 A1
D11 EP 0 747 215 A2
D12 KRIESEL, Werner: Integration der fünf Großen „C" - Vorstufe zu einer Allgemeinen Informationswissenschaft? In: Coy, Wolfgang; Schirmbacher, Peter (Hrsg.): Informatik in der DDR - Tagung Berlin 2010. Tagungsband zum 4. Symposium „Informatik in der DDR“ am 16. und 17. September 2010 in Berlin 2010, ISBN 978-3-86004-253-3, Seiten 275 – 293.
Die Patentinhaberin ist dem Vorbringen der Einsprechenden entgegengetreten und hat beantragt, das Patent in beschränktem Umfang aufrecht zu erhalten.
Mit dem am Ende der Anhörung vom 23. Juli 2015 verkündeten Beschluss hat die Patentabteilung 1.23 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent beschränkt aufrechterhalten.
Gegen diesen Beschluss richten sich die Beschwerde der Patentinhaberin vom 28. August 2015 und die Beschwerde der Einsprechenden vom 31. August 2015, jeweils eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am selben Tag.
Die Patentinhaberin beantragt,
den Beschluss der Patentabteilung 1.23 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Juli 2015 aufzuheben und das Patent 198 31 774 mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht zu erhalten:
Patentansprüche 1 bis 38 vom 28. April 2016,
übrige Unterlagen wie erteilt,
hilfsweise,
Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1, überreicht in der Anhörung vor der Patentabteilung am 23. Juli 2015, und Patentansprüche 2 bis 37 wie erteilt,
weiter hilfsweise,
Patentansprüche 1 bis 35 gemäß Hilfsantrag A, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 14. Februar 2018,
weiter hilfsweise,
Patentansprüche 1 bis 36 gemäß Hilfsantrag B, überreicht in der mündlichen Verhandlung am 14. Februar 2018,
Beschreibung und Zeichnungen zu den Hilfsanträgen jeweils wie erteilt,
sowie die weitergehende Beschwerde der Einsprechenden zurückzuweisen.
Die Einsprechende beantragt,
den Beschluss der Patentabteilung 1.23 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Juli 2015 aufzuheben und das angegriffene Patent in vollem Umfang zu widerrufen,
sowie die Beschwerde der Patentinhaberin zurückzuweisen.
Die unabhängigen Patentansprüche 1 und 38 lauten in der nach Hauptantrag geltenden Fassung wie folgt:
1. Automatische Tür- oder Fensteranlage mit mehreren Flügeln,
mit einer ortsfesten Laufschiene, in der die Flügel verschiebbar geführt sind, und mit einer elektrischen Antriebseinrichtung,
wobei die Antriebseinrichtung mehrere Antriebsmotoren aufweist, und
wobei mehrere der Flügel jeweils mindestens einen eigenen Antriebsmotor aufweisen, und
wobei eine Steuerungseinrichtung vorgesehen ist zur Steuerung einer oder mehrere Flügel in Abhängigkeit von der Bewegung eines anderen Flügels bzw. mehrerer anderer Flügel,
dadurch gekennzeichnet,
dass zur Versorgung der unterschiedlichen Antriebsmotoren (10) eine gemeinsame Stromschiene (11) vorgesehen ist,
wobei jeder der angetriebene Flügel (1, 2) eine separate Steuerungseinrichtung aufweist,
wobei eine Einrichtung zur Kommunikation mehrerer Steuerungseinrichtungen untereinander vorgesehen ist,
so dass die separate Steuerungseinrichtung jedes angetriebenen Flügels (1, 2) mit den Steuerungseinrichtungen weiterer angetriebener Flügel (1, 2) zusammenwirkt.
38. Automatische Tür- oder Fensteranlage, nämlich automatische Rundbogentür-, Karusselltür-, Teleskoptür-‚ Falttür- oder Fensteranlage, mit mehreren Flügeln,
mit einer ortsfesten Laufschiene, in der die Flügel verschiebbar geführt sind, und mit einer elektrischen Antriebseinrichtung,
wobei die Antriebseinrichtung mehrere Antriebsmotoren aufweist, und
wobei mehrere der Flügel jeweils mindestens einen eigenen Antriebsmotor aufweisen, und
wobei eine Steuerungseinrichtung vorgesehen ist zur Steuerung einer oder mehrere Flügel in Abhängigkeit von der Bewegung eines anderen Flügels bzw. mehrerer anderer Flügel,
dadurch gekennzeichnet,
dass zur Versorgung der unterschiedlichen Antriebsmotoren (10) eine gemeinsame Stromschiene (11) vorgesehen ist,
wobei jeder der angetriebene Flügel (1, 2) eine separate Steuerungseinrichtung aufweist,
wobei eine Einrichtung zur Kommunikation mehrerer Steuerungseinrichtungen untereinander und/oder mit einer übergeordneten Steuerungseinrichtung vorgesehen ist,
so dass die separate Steuerungseinrichtung jedes angetriebenen Flügels (1, 2) mit den Steuerungseinrichtungen weiterer angetriebener Flügel (1, 2) und/oder mit einer übergeordneten Steuerungseinrichtung zusammenwirkt.
Der einzige unabhängige Patentanspruch 1 in der nach Hilfsantrag 1 geltenden Fassung ist mit dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag identisch.
Der unabhängige Patentanspruch 1 lautet in der nach Hilfsantrag A geltenden Fassung wie folgt:
1. Automatische Tür- oder Fensteranlage mit mehreren Flügeln,
mit einer ortsfesten Laufschiene, in der die Flügel verschiebbar geführt sind, und mit einer elektrischen Antriebseinrichtung,
wobei die Antriebseinrichtung mehrere Antriebsmotoren aufweist, und
wobei mehrere der Flügel jeweils mindestens einen eigenen Antriebsmotor aufweisen, und
wobei eine Steuerungseinrichtung vorgesehen ist zur Steuerung einer oder mehrere Flügel in Abhängigkeit von der Bewegung eines anderen Flügels bzw. mehrerer anderer Flügel,
dadurch gekennzeichnet,
dass zur Versorgung der unterschiedlichen Antriebsmotoren (10) eine gemeinsame Stromschiene (11) vorgesehen ist,
wobei jeder der angetriebene Flügel (1, 2) eine separate Steuerungseinrichtung aufweist,
wobei eine Einrichtung zur Kommunikation mehrerer Steuerungseinrichtungen untereinander vorgesehen ist,
so dass die separate Steuerungseinrichtung jedes angetriebenen Flügels (1, 2) mit den Steuerungseinrichtungen weiterer angetriebener Flügel (1, 2) zusammenwirkt, wobei
der Antriebsmotor (10) flügelfest angeordnet ist, und wobei
der Antriebsmotor (10) laufwagenfest angeordnet ist.
Wegen des Hilfsantrags B und weiterer Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.
II.
1. Zunächst sind Mängel im Verfahren vor der Patentabteilung zu konstatieren.
1.1. Abgesehen davon, dass der wiedergegebene Tenor in der schriftlichen Begründung des angefochtenen Beschlusses, wenn auch nicht inhaltlich, so doch im Wortlaut von dem am Ende der Anhörung vor der Patentabteilung verkündeten Beschlusses abweicht, sind die Gründe unvollständig. Obwohl die Patentinhaberin ihren Hauptantrag, das Patent in der erteilten Fassung aufrechtzuerhalten, ausweislich des Beschlusstatbestandes und der Niederschrift über die Anhörung ausdrücklich weiterverfolgt hat, ist in dem Beschlusstenor ausschließlich die beschränkte Aufrechterhaltung des Patents in der Fassung gemäß Hilfsantrag 1 ausgesprochen und auch die Gründe befassen sich allein mit der Patentfähigkeit des Patents in der Fassung nach Hilfsantrag 1, nicht hingegen mit der – mangelnden – Patentfähigkeit in der erteilten Fassung nach Hauptantrag. Zwar wird man den Beschluss der Patentabteilung dahin auslegen können, dass in der ausschließlichen Entscheidung über die beschränkte Aufrechterhaltung des Patents gemäß Hilfsantrag 1 inzidenter die Zurückweisung des Antrags auf Aufrechterhaltung des Patents in der Fassung gemäß Hauptantrag liegt. Da jedoch jegliche Ausführungen dazu fehlen, warum die Patentabteilung eine Aufrechterhaltung des Patents nach Hauptantrag ausschließt, ist der Beschluss insoweit jedenfalls nicht mit Gründen versehen (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Oktober 1973 – X ZB 15/72, GRUR 1974, 294, II. 2. c) – Richterwechsel II). Der Hinweis im Tatbestand des Beschlusses, wonach die Patentinhaberin in der Anhörung ausgeführt habe, dass sie zu dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag keine Ausführungen machen würde, da dieser in Übereinstimmung mit der Einsprechenden mangels Neuheit gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik keinen Bestand haben könne, gibt lediglich die Auffassung der Patentinhaberin wieder, vermag jedoch nicht eine eigene Begründung der Patentabteilung zu ersetzen.
1.2. Weiterhin sieht der Senat einen Verfahrensfehler darin begründet, dass die Patentabteilung den von der Einsprechenden höchst hilfsweise gegenüber dem in der Anhörung von der Patentinhaberin neu eingereichten Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 geltend gemachten Widerrufsgrund der mangelnden Ausführbarkeit ohne nähere Begründung wegen verspäteten Vorbringens nicht mehr zugelassen hat.
Im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) sieht das Patentgesetz eine Zurückweisung verspäteten Vorbringens nicht vor. Die im Nichtigkeits- und Berufungsverfahren geltenden Verspätungsregelungen der § 83 Abs. 4 und § 117 PatG sind als Ausnahmevorschriften nicht analog auf das patentamtliche Verfahren anwendbar. Und auch eine analoge Anwendung der Verspätungsvorschriften der ZPO (§§ 530, 296 ZPO) scheiden als auf dem Beibringungsgrundsatz beruhend für das dem Amtsermittlungsgrundsatz unterliegende Verfahren vor dem DPMA (vgl. § 46 Abs. 1 Satz 1, § 59 Abs. 5 PatG) aus (vgl. Schulte, PatG, 10. Aufl., Einleitung Rdn. 235, § 59 Rdn. 213).
Zwar können nach der Rechtsprechung neue Tatsachen und Widerrufsgründe zur Stützung des Einspruchs nur innerhalb der Einspruchsfrist vorgebracht werden und es besteht kein Anspruch auf Berücksichtigung von nach Ablauf der Einspruchsfrist – insoweit verspäteten – Vorbringens (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Juni 1977 – X ZB 11/76, BlPMZ 1977, 277, III. 1. c) aa) – Gleichstromfernspeisung; Schulte, a. a. O., Einleitung Rdn. 236). Allerdings ist ein solchermaßen nach Ablauf der Einspruchsfrist verspätetes Vorbringen grundsätzlich auf seine sachliche Relevanz für die Entscheidung zu prüfen und kann nicht ohne diese als verspätet übergangen werden (vgl. BGH, a. a. O., III. 1. c) bb) – Gleichstromfernspeisung; Schulte, a. a. O., Einleitung Rdn. 236, § 59 Rdn. 213). Dies muss umso mehr gelten, wenn, wie vorliegend, die Einsprechende den neuen Widerrufsgrund nur als Reaktion auf den erst in der Anhörung von der Patentinhaberin gestellten Hilfsantrag geltend macht. Dass aber die Patentabteilung den Widerrufsgrund der unzureichenden Offenbarung (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG) vor ihrer Beschlussfassung über die beschränkte Aufrechterhaltung gemäß Hilfsantrag 1 auf seine Relevanz geprüft hätte, ist weder der Niederschrift über die Anhörung noch der Beschlussbegründung zu entnehmen. Vielmehr wurde dieser Widerrufsgrund jeweils allein mit der Begründung verspäteten Vorbringens nicht zugelassen. Entgegen der Auffassung von Schulte, a. a. O., Einleitung Rdn. 236, erachtet der Senat die Begründung der Nichtzulassung eines von der Einsprechenden nach Ablauf der Einspruchsfrist vorgebrachten neuen Widerrufsgrundes allein mit Verspätung, auch im Hinblick auf die neuere Entscheidung des BGH zur Zulassung neuer Widerrufsgründe durch den beschwerdeführenden Einsprechenden im Einspruchsbeschwerdeverfahren nach Maßgabe des § 263 ZPO (BGH, Beschluss vom 8. November 2016, X ZB 1/16, GRUR 2017, 54 – Ventileinrichtung), für unzureichend. Ohne einen, je nach Sach- und Rechtslage mitunter auch nur knappen Hinweis auf die mangelnde Relevanz des neu geltend gemachten Widerrufsgrundes, ist nicht erkennbar, ob sich die Patentabteilung mit dieser Frage überhaupt befasst hat. Es muss vorliegend daher davon ausgegangen werden, dass eine dahingehende Prüfung nicht stattgefunden hat und die Patentabteilung den Widerrufsgrund verfahrensfehlerhaft allein wegen verspäteten Vorbringens unberücksichtigt gelassen hat.
1.3. Trotz der aufgezeigten Verfahrensmängel hat der Senat davon abgesehen, die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses gemäß § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG an die Patentabteilung zurückzuverweisen. Im Hinblick auf die Entscheidungsreife nach mündlicher Verhandlung hat der Senat vielmehr aus Gründen der Verfahrensökonomie in der Sache selbst Beschluss gefasst.
2. Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde der Einsprechenden hat keinen vollständigen Erfolg, denn das Patent erweist sich in der Fassung nach Hilfsantrag A vom 14. Februar 2018 als patentfähig. Die ebenfalls statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde der Patentinhaberin, mit der sie gemäß Hauptantrag aufgrund des nebengeordneten Anspruchs 38 eine über die von der Patentabteilung beschränkt aufrechterhaltene Fassung hinausgehende Fassung des Patents beansprucht, hat keinen Erfolg.
3. Der Einspruch ist zulässig (§ 59 Abs. 1 PatG), insbesondere ist er fristgerecht am 19. Februar 2013 eingegangen sowie ausreichend substantiiert.
4. Die Erfindung betrifft eine automatische Tür- oder Fensteranlage mit mehreren Flügeln, mit einer ortsfesten Laufschiene, in der die Flügel verschiebbar geführt sind, und mit einer elektrischen Antriebseinrichtung, wobei die Antriebseinrichtung mehrere Antriebsmotoren aufweist, und wobei mehrere der Flügel jeweils mindestens einen eigenen Antriebsmotor aufweisen, und wobei eine Steuerungseinrichtung vorgesehen ist zur Steuerung eines oder mehrerer Flügel in Abhängigkeit von der Bewegung eines anderen Flügels bzw. mehrerer anderer Flügel (Oberbegriff des erteilten und beschränkt aufrechterhaltenen Anspruchs 1).
Nachteilig sei bei solchen Türanlagen nach dem Stand der Technik, dass diese aufwändige elektrische Einrichtungen, Beschaltungen sowie viel Bauraum benötigen und keinen flexiblen Betrieb der Flügel ermöglichen würden (Streitpatentschrift Absatz 0002).
Der Erfindung liegt laut Streitpatent die Aufgabe zugrunde, eine automatische Tür- oder Fensteranlage zu schaffen, bei der die Antriebseinrichtung besonders kompakt ausgebildet werden könne und ein flexibler Betrieb der Flügel möglich sei (Absatz 0006).
Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt der nach Hauptantrag und nach Hilfsantrag 1 geltende Anspruch 1 eine Anordnung mit folgenden Merkmalen vor:
1.1 Automatische Tür- oder Fensteranlage
1.2 mit mehreren Flügeln,
1.3 mit einer ortsfesten Laufschiene,
1.4 in der die Flügel verschiebbar geführt sind, und
1.5 mit einer elektrischen Antriebseinrichtung,
1.6 wobei die Antriebseinrichtung mehrere Antriebsmotoren aufweist, und
1.7 wobei mehrere der Flügel jeweils mindestens einen eigenen Antriebsmotor aufweisen, und
1.8 wobei eine Steuerungseinrichtung vorgesehen ist zur Steuerung einer oder mehrere Flügel in Abhängigkeit von der Bewegung eines anderen Flügels bzw. mehrerer anderer Flügel,
dadurch gekennzeichnet, dass
1.9 zur Versorgung der unterschiedlichen Antriebsmotoren (10) eine gemeinsame Stromschiene (11) vorgesehen ist,
1.10 wobei jeder der angetriebenen Flügel (1, 2) eine separate Steuerungseinrichtung aufweist,
1.11 wobei eine Einrichtung zur Kommunikation mehrerer Steuerungseinrichtungen untereinander vorgesehen ist,
1.12 so dass die separate Steuerungseinrichtung jedes angetriebenen Flügels (1, 2) mit den Steuerungseinrichtungen weiterer angetriebener Flügel (1, 2) zusammenwirkt.
Der nebengeordnete Anspruch 38 nach Hauptantrag lautet (zusätzliche Merkmale gegenüber dem Anspruch 1 nach Haupt- und Hilfsantrag 1 hervorgehoben):
38.1 Automatische Tür- oder Fensteranlage, nämlich automatische Rundbogentür-, Karusselltür-, Teleskoptür-, Falttür- oder Fensteranlage
1.2 mit mehreren Flügeln,
1.3 mit einer ortsfesten Laufschiene,
1.4 in der die Flügel verschiebbar geführt sind, und
1.5 mit einer elektrischen Antriebseinrichtung,
1.6 wobei die Antriebseinrichtung mehrere Antriebsmotoren aufweist, und
1.7 wobei mehrere der Flügel jeweils mindestens einen eigenen Antriebsmotor aufweisen, und
1.8 wobei eine Steuerungseinrichtung vorgesehen ist zur Steuerung einer oder mehrere Flügel in Abhängigkeit von der Bewegung eines anderen Flügels bzw. mehrerer anderer Flügel,
dadurch gekennzeichnet, dass
1.9 zur Versorgung der unterschiedlichen Antriebsmotoren (10) eine gemeinsame Stromschiene (11) vorgesehen ist,
1.10 wobei jeder der angetriebene Flügel (1, 2) eine separate Steuerungseinrichtung aufweist,
1.11ˊ wobei eine Einrichtung zur Kommunikation mehrerer Steuerungseinrichtungen untereinander und/oder mit einer übergeordneten Steuerungseinrichtung vorgesehen ist,
1.12ˊ so dass die separate Steuerungseinrichtung jedes angetriebenen Flügels (1, 2) mit den Steuerungseinrichtungen weiterer angetriebener Flügel (1, 2) und/oder mit einer übergeordneten Steuerungseinrichtung zusammenwirkt.
In der Fassung gemäß Hilfsantrag A umfasst der Anspruch 1 die Merkmale 1.1 bis 1.12 des Anspruchs 1 nach Haupt- und Hilfsantrag 1, an die sich die Merkmale 1.13 und 1.14 anschließen, die wie folgt lauten:
1.13 wobei der Antriebsmotor (10) flügelfest angeordnet ist, und
1.14 wobei der Antriebsmotor (10) laufwagenfest angeordnet ist.
5. Vor diesem Hintergrund legt der Senat seiner Entscheidung als Fachmann einen Ingenieur der Elektrotechnik mit langjähriger Berufserfahrung in der Entwicklung von Steuerungen für automatische Tür- und Fensteranlagen zu Grunde.
6. Der Fachmann versteht die Angaben im Anspruch 1 wie folgt:
6.1 Automatische Tür- oder Fensteranlage (Merkmal 1.1)
Den Begriff einer „Türanlage oder Fensteranlage“ versteht der Fachmann im Kontext des Streitpatents so weit, dass auch Raumtrennwände aus verfahrbaren Trennwandelementen bzw. Schiebewandanordnungen als durch den Anspruch 1 erfasst zu betrachten sind, insbesondere da im Absatz 0010 der Streitpatentschrift als besonders vorteilhafte Ausführungsform der Erfindung eine für versetzbare Raumtrennwände typische Vorrichtung beschrieben wird:
„Besondere Vorteile ergeben sich bei Ausführungen, bei denen eine Vielzahl von Schiebeflügeln vorgesehen sind, die in geschlossener Stellung linear nebeneinander angeordnet sind und eine geschlossene Front bilden, jedoch in geöffneter Stellung in eine z. B. rechtwinklig hierzu angeordnete Parkposition verfahrbar sind, in der die Schiebeflügel parallel zueinander stehen.“
Unter der Konkretisierung „automatisch“ wird er in diesem Zusammenhang die Ausgestaltung der Türanlage mit Mitteln verstehen, die es ermöglichen, dass die einzelnen Flügel selbsttätig bestimmte Abläufe ausführen, um den speziellen Zweck der jeweiligen Türanlage und den sicheren Betrieb zu gewährleisten.
6.2 Steuerungseinrichtung … Flügel in Abhängigkeit von der Bewegung … anderen Flügels … (Merkmal 1.8)
Der Fachmann wir in Kenntnis der dem Streitpatent zugrunde liegenden Anforderungen diese Anweisung so verstehen, dass eine Steuerungseinrichtung vorgesehen sein muss, die geeignet ist
- die Bewegung eines Flügels oder mehrerer Flügel zu steuern,
- in Abhängigkeit vom Bewegungszustand und/oder der Position eines anderen Flügels oder mehrerer anderer Flügel, was zwangsläufig
- eine Einrichtung zur Detektion des Bewegungszustandes und/oder der Position von Flügeln voraussetzt.
Er erkennt, dass diese Steuerungseinrichtung nicht aus einer einzelnen Steuerungseinheit bestehen muss, die einem einzelnen Flügel zugeordnet ist, wie es für die „eine separate Steuerungseinrichtung“ in den Merkmalen 1.10 und 1.12 gefordert ist.
6.3 Kommunikation … mehrerer Steuerungseinrichtungen … untereinander … zusammenwirkt (Merkmale 1.11 und 1.12)
Der Fachmann versteht die Merkmale 1.11 und 1.12, wonach „eine Einrichtung zur Kommunikation mehrerer Steuerungseinrichtungen untereinander vorgesehen ist“ und „die separate Steuerungseinrichtung jedes angetriebenen Flügels (1, 2) mit den Steuerungseinrichtungen weiterer angetriebener Flügel (1, 2) zusammenwirkt.“ nicht so, dass die einzelnen Steuerungseinrichtungen direkt, beispielsweise über eine Datenleitung miteinander verbunden sein müssen, vielmehr interpretiert er die „Einrichtung zur Kommunikation“ als eine beliebige Komponente oder Vorrichtung, über welche die einzelnen Steuerungseinrichtungen zur Übertragung von Information miteinander im Wechselwirkung treten. Somit schließt er beispielsweise weder die Kommunikation über eine weitere Steuereinheit, noch ein Bus-System oder eine Informationsübertragungseinheit über elektrische, optische oder akustische Signale aus. Ein Zusammenwirken der einzelnen Steuereinrichtungen ist dabei für den Austausch von Informationen bei der Kommunikation nur eine notwendige Bedingung.
6.4 Rundbogentür-, Karusselltür-, Teleskoptür-, Falttür- […]anlage (Merkmal 38.1)
Diese Begriffe im Merkmal 38.1 für spezielle Unterarten von Türanlagen sind dem Fachmann vertraut. Dabei ist lediglich zu beachten, dass umgangssprachlich teilweise andere Begriffe verwendet bzw. diese vertauscht werden, beispielsweise wird die Karusselltür umgangssprachlich meist als Drehtür bezeichnet.
6.5 laufwagenfest (Merkmal 1.14)
Unter einem Laufwagen versteht der Fachmann üblicherweise eine der Baugruppen bei Schiebetüren, welche die bewegliche Verbindung zwischen der ortsfesten Laufschiene und den relativ dazu verfahrbaren Türflügeln bzw. Trennwandelementen herstellen. Im Kontext des Streitpatents, bei dem in der Beschreibung anstelle von Laufwagen synonym der Begriff Rollenwagen verwendet wird, wird der Fachmann unter Berücksichtigung der nicht einschränkenden Ausführungsbeispiele gemäß den Figuren 8 bis 14 die Anweisung „laufwagenfest“ so verstehen, dass alle Komponenten, die als „laufwagenfest“ bezeichnet werden, nicht nur irgendwie mit dem Rollen- oder Laufwagen verbunden sind, sondern direkt an diesem befestigt oder sogar mit ihm identisch sind. Beispielsweise würde er einen Antriebsmotor im Türflügel, der über seine Abtriebswelle den Laufwagen bzw. dessen Rollen antreibt, nicht als „laufwagenfest“ verstehen.
7. Die Patentinhaberin hat sowohl beim Hauptantrag als auch bei den hilfsweise gestellten Anträgen die genannte inländische Priorität gemäß § 40 Abs. 1 PatG nicht wirksam in Anspruch genommen.
Der Inhalt der Nachanmeldung und des Patents gehen nämlich bezüglich der die Steuerungseinrichtung betreffenden Merkmale (Merkmale 1.10 bis 1.12) über den Inhalt der Voranmeldung 197 30 310.2 hinaus. Auch die Ausweitung des Gegenstands auf Fenster (Merkmal 1.1) bzw. im Falle des nebengeordneten Anspruchs 38 nach Hauptantrag auf eine automatische Rundbogentür-, Karusselltür- und Falttür (Merkmal 38.1) geht über die Offenbarung der beanspruchten Prioritäts-Voranmeldung hinaus.
Um aber eine Priorität wirksam in Anspruch nehmen zu können, muss die beanspruchte Erfindung in der Voranmeldung mit allen in ihrer Gesamtheit zur Erfindung gehörigen Merkmalen offenbart sein, da eine Priorität nur für eine frühere inländische Anmeldung derselben Erfindung in Anspruch genommen werden kann (§ 41 Abs. 1 PatG; vgl. auch BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 - X ZR 107/12, BHGZ 200, 63 - Kommunikationskanal, Leitsatz und Tz. 20 ff.). Es können nicht Einzelmerkmale mit unterschiedlicher Priorität in ein und demselben Patentanspruch kombiniert werden, da für diesen Fall in der Voranmeldung der Gegenstand des Anspruchs als Ganzes nicht als zur selben Erfindung gehörend offenbart ist (vgl. BGH, Urteil vom 11. September 2001 - X ZR 168/98, BGHZ 148, 383 - Luftverteiler). Eine wirksame Inanspruchnahme der Priorität ist damit ausgeschlossen. Als Folge ist der Zeitrang der Ansprüche 1 und 38 des Hauptantrags der Anmeldetag, also der 15. Juli 1998.
Da auch die Patentansprüche 1 der Hilfsanträge 1, A und B die Merkmale 1.10 bis 1.12 des Anspruchs des Hauptantrags enthalten, wird auch mit ihnen keine Erfindung beansprucht, die in der Voranmeldung in ihrer Gesamtheit offenbart ist. Damit ist auch für die Hilfsanträge die Priorität nicht wirksam in Anspruch genommen. Deshalb ist der Zeitrang aller Ansprüche der hilfsweise gestellten Anträge ebenfalls der Anmeldetag.
8. Es kann dahin gestellt bleiben, ob der Fachmann alle Merkmale, die über die ursprüngliche Fassung der Patentansprüche hinaus in den Patentansprüchen 1 der beschränkten Fassung gemäß Haupt- und Hilfsantrag 1 genannt sind, den ursprünglichen Unterlagen unmittelbar und eindeutig als zur Erfindung gehörend entnimmt (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG), da wegen mangelnder Patentfähigkeit ihrer Gegenstände eine beschränkte Aufrechterhaltung des Patents nach Haupt- und Hilfsantrag 1 nicht in Betracht kommt (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 1 Abs. 1 und § 3 PatG).
Die Beschwerde der Patentinhaberin, mit der sie die beschränkte Aufrechterhaltung des Patents durch die Patentabteilung angegriffen und die Aufrechterhaltung in einem demgegenüber erweiterten Umfang begehrt hat, war folglich zurückzuweisen.
8.1 Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist nicht neu und daher nicht patentfähig (§ 1 Abs. 1 i. V. m. § 3 PatG).
Da das Streitpatent seine Priorität nicht wirksam in Anspruch genommen hat (siehe hierzu unter 7.), ist die nachveröffentlichte Patentschrift D6 (= EP 0 959 218 B1) zu einer europäischen Anmeldung vom 8. Mai 1999, deren Zeitrang im Prioritätsintervall des Streitpatents liegt, maßgeblich, jedoch nur soweit als diese nicht über die Fassung ihrer prioritätsbegründenden deutschen Gebrauchsmuster-Voranmeldung 298 08 915.7 vom 16. Mai 1998 hinausgeht (§ 3 Abs. 2 Satz 2 PatG). Die Patentschrift D6 offenbart:
- eine automatische Tür- oder Fensteranlage (Absatz 0001: „eine versetzbare Raumtrennwand mit verfahrbaren Trennwandelementen, die von Antriebsmitteln angetrieben werden“ und Absatz 0019: „… eine zuverlässige vollautomatische Fahrweise“; Merkmal 1.1),
mit mehreren Flügeln (Figur 1 und Absatz 0023: „… mit drei verfahrbaren Trennwandelementen 2, 2' und 2" “; Merkmal 1.2);
- eine ortsfeste Laufschiene (Figur 1 und Absatz 0024: „Führungsschiene 6“; Merkmal 1.3),
in der die Flügel verschiebbar geführt sind (Absatz 0024: „Die Trennwandelemente sind … an einer Führungsschiene 6 aufgehängt.
… so daß sich die Trennwandelemente autark voneinander bewegen können.“; Merkmal 1.4);
- eine elektrische Antriebseinrichtung, wobei die Antriebseinrichtung mehrere Antriebsmotoren aufweist und mehrere der Flügel jeweils mindestens einen eigenen Antriebsmotor aufweisen (Absatz 0024: „Jedes Trennwandelement weist einen eigenen Antriebsmotor 8 auf“; Merkmale 1.5 bis 1.7);
- eine Steuerungseinrichtung (Absatz 0030: „Wie Figur 1 schließlich noch erkennen läßt, ist ferner eine zentrale Steuereinrichtung 26 vorgesehen, die außerhalb der Trennwandelemente 2, 2', 2" angeordnet … ist.“, sowie Absatz 0026: „eine Entfernungsmeß- und Steuerschaltung 12“ und Absatz 0031: „In Figur 2 ist der Aufbau der in jedem Trennwandelement vorgesehenen Schaltung 12 im Einzelnen dargestellt. Diese weist einen Mikrocomputer 28 … auf“) zur Steuerung eines Flügels oder mehrerer Flügel in Abhängigkeit von der Bewegung eines anderen Flügels bzw. mehrerer anderer Flügel (Absätze 0039 bis 0042, insbesondere Absatz 0042: „… jedes Trennwandelement autark seine Position bestimmt, wobei als Bezugspunkt die jeweils benachbarten Trennwandelemente sowie das stationäre Abschlußelement 22 dienen. In Abhängigkeit der ermittelten augenblicklichen Abstände steuert der Mikrocomputer 28 im Trennwandelement den zugehörigen Antriebsmotor 8… Stellt jedoch der Mikrocomputer 28 fest, daß der Abstand zum nächsten Trennwandelement … abnimmt, erkennt der Mikrocomputer 28, daß sich 'sein' Trennwandelement auf das benachbarte Trennwandelement … zubewegt.“; Merkmal 1.8);
- eine gemeinsame Stromschiene zur Versorgung der unterschiedlichen Antriebsmotoren (Absatz 0030: „… die (nicht dargestellte) in oder neben der Führungsschiene 6 verlaufende Stromschiene“, Absatz 0033: „… findet über die externe Stromschiene und die Schleifkontakte 10 auch die Spannungsversorgung statt, so daß die Schleifkontakte 10 ferner einen Massekontakt 10b und einen Spannungsversorgungskontakt 10c aufweisen, an denen in der Schaltung 12 gemäß Figur 2 der Motor-Leistungstreiber 32 und die Spannungsversorgungsschaltung 34 angeschlossen sind“ und Absatz 0039: „Angesteuert wird der Antriebsmotor 8 jedes Trennwandelementes über den zugehörigen Motor-Leistungstreiber 32“ i. V. m. der Figur 2 und den darin gezeigten Komponenten mit den Bezugszeichen 8, 10b, 10c, 32 und 34; Merkmal 1.9);
- eine separate Steuerungseinrichtung für jeden der angetriebenen Flügel (Figur 1 und darin das Bezugszeichen 12 i. V. m. Absatz 0026: „eine Entfernungsmeß- und Steuerschaltung 12“ und Absatz 0031: „In Figur 2 ist der Aufbau der in jedem Trennwandelement vorgesehenen Schaltung 12 im Einzelnen dargestellt. Diese weist einen Mikrocomputer 28 … auf“; Merkmal 1.10);
- eine Einrichtung zur Kommunikation mehrerer Steuerungseinrichtungen untereinander wird bei der Türanlage nach Druckschrift D6 dadurch realisiert, dass die einzelnen, in den Türflügeln eingebauten Steuerungseinrichtungen („Steuerschaltung 12“, „Mikrocomputer 28“) über an sie angeschlossene Ultraschallsender und Ultraschallempfänger (Absatz 0027: „An diese Schaltung 12 sind ein erster Schallwandler 14, ein erster Schallsensor 16, ein zweiter Schallwandler 18 und ein zweiter Schallsensor 20 angeschlossen, wie Figur 1 schematisch erkennen läßt.“) miteinander Informationen austauschen. Diese Kommunikation geht beispielsweise folgendermaßen vonstatten: Die Steuerschaltung 12 bzw. der darin enthaltenen Microcomputer 28 des einen Trennwandelements 2 aktiviert den Schallwandler 18 und die von diesem emittierten Ultraschallwellen werden vom Schallsensor 16 des benachbarten Trennwandelements 2ˊ empfangen und von dessen Steuerschaltung 12 bzw. Microcomputer 28 ausgewertet (Absatz 0040). Da die zentrale Steuereinrichtung 26 entsprechende Triggersignale bezüglich des Zeitpunkts der Aktivierung an beide Trennwandelemente sendet, kann so aus der Zeitdifferenz zwischen dem Zeitpunkt des Triggersignals und dem Auftreffen der Ultraschallwellen der Abstand zwischen den beiden Trennwandelement ermittelt werden (Absatz 0041). Weil somit schließlich der Mikrocomputer 28 im jeweiligen Trennwandelement den zugehörigen Antriebsmotor 8 in Abhängigkeit der ermittelten augenblicklichen Abstände steuert (Absatz 0042), wirkt die separate Steuerungseinrichtung jedes angetriebenen Flügels mit den Steuerungseinrichtungen weiterer angetriebener Flügel zusammen (Merkmale 1.11 und 1.12).
Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag wird damit vollständig von der Druckschrift D6 vorweggenommen.
Der Senat hat sich im Übrigen davon überzeugt, dass alle vorstehend zu den Merkmalen 1.1 bis 1.12 genannten Offenbarungsstellen der Druckschrift D6 inhaltlich nicht über den Offenbarungsgehalt der Fassung ihrer prioritätsbegründenden Gebrauchsmuster-Voranmeldung hinausgehen.
8.2 Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 stimmt mit dem Anspruch 1 nach Hauptantrag überein. Die vorstehenden Gründe gelten gleichermaßen.
9. Die weitergehende Beschwerde der Einsprechenden hat keinen Erfolg, da sich die Ansprüche 1 bis 35 in der Fassung nach Hilfsantrag A als rechtsbeständig erweisen.
9.1 Die nach Hilfsantrag A geltenden Patentansprüche sind zulässig.
Die nach Hilfsantrag A geltenden Ansprüche 1 bis 35 gehen nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG):
Die Merkmale des Gegenstandes des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag A gehen wie folgt auf die ursprünglichen Unterlagen vom Anmeldetag zurück:
1.1 bis 1.8 ursprünglicher Anspruch 1;
1.9 ursprünglicher Anspruch 7;
1.10 ursprünglicher Anspruch 5;
1.11 ursprünglicher Anspruch 18;
1.12 ursprüngliche Beschreibung, Seite 2, 3. Absatz, 2. Satz oder Seite 14, letzter Absatz, 2. Satz;
1.13 ursprünglicher Anspruch 2;
1.14 ursprünglicher Anspruch 2.
Die geltenden Unteransprüche 2 bis 35 des Anspruchssatzes nach Hilfsantrag A lassen sich aus den ursprünglichen Unteransprüchen 3, 4, 6, 9 bis 23, 26, sowie 29 bis 35 herleiten.
9.2 Mit den nach Hilfsantrag A geltenden Patentansprüchen wird der Schutzbereich des Patents gegenüber der erteilten Fassung nicht erweitert (§ 22 Abs. 1 2. Alternative PatG).
Denn der beschränkt aufrechterhaltene Anspruch 1 betrifft nur die Teilmenge der mit dem erteilten Anspruch 1 beanspruchten Gegenstände, bei denen
- die Einrichtung zur Kommunikation mehrerer Steuerungseinrichtungen untereinander und nicht auch alternativ mit einer übergeordneten Steuerungseinrichtung vorgesehen ist und
- der Antriebsmotor zusätzlich flügelfest und laufwagenfest angeordnet ist.
Die Unteransprüche 2 bis 35 gemäß Hilfsantrag A sind bis auf die Rückbezüge identisch mit den Ansprüchen 4 bis 37 des Streitpatents.
9.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag A gilt gegenüber dem Stand der Technik als neu (§ 3 PatG).
9.3.1 Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag A gilt gegenüber dem Stand der Technik nach der Druckschrift D6 als neu.
Wie unter 8. zum Hauptantrag dargelegt, zeigt die automatische Türanlage der Druckschrift D6 alle Merkmale 1.1 bis 1.12 des Patentgegenstands 1 nach Haupt- und Hilfsantrag 1.
Außerdem offenbart die Druckschrift D6, dass die Antriebsmotoren in der automatischen Türanlage der Druckschrift D6 jeweils flügelfest angeordnet sind (Absatz 0024: „Jedes Trennwandelement weist einen eigenen Antriebsmotor 8 auf, der, wie in Figur 1 erkennbar ist, vorzugsweise im oder am Oberteil des Trennwandelementes angeordnet ist“, Merkmal 1.13).
Das Merkmal 1.14 des Patentgegenstandes des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag A, wonach der Antriebsmotor laufwagenfest angeordnet ist, kann der Druckschrift D6 jedoch nicht entnommen werden. Die Aufhängung und der Antrieb der als Türflügel wirkenden Trennwandelemente wird in der Druckschrift D6 als Kraftübertragungsorgan bezeichnet, welches im Ausführungsbeispiel nach Figur 1 durch eine oder mehrere Rollen realisiert sein kann. Ein Laufwagen im Sinne des Streitpatents (siehe hierzu unter 6.4) wird nicht offenbart.
9.3.2 Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag A gilt gegenüber dem Stand der Technik nach der Druckschrift D2 als neu.
Das einzige Dokument aus dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik, das einen Laufwagen mit Antriebsmotor offenbart, ist die Druckschrift D2, die sich mit einer versetzbaren Trennwand mit mehreren plattenförmigen Wandelementen beschäftigt. Im Einzelnen offenbart die Druckschrift D2:
- eine Tür- oder Fensteranlage (Bezeichnung: „Versetzbare Trennwand mit mehreren plattenförmigen Wandelementen“), wobei die Trennwand der Druckschrift D2 nicht als „automatisch“ im Sinne des Streitpatents bezeichnet werden kann, da keine Steuerung der einzelnen Wandelemente vorgesehen ist (Teil von Merkmal 1.1),
mit mehreren Flügeln (Bezeichnung: „Versetzbare Trennwand mit mehreren plattenförmigen Wandelementen“; Merkmal 1.2);
- eine ortsfeste Laufschiene in der die Flügel verschiebbar geführt sind (Seite 2, Spalte 2, Zeilen 33 bis 36 und Zeilen 40 bis 42: „Jedes Wandelement 11 hängt verfahrbar unter einer Tragschiene. Dazu ist das Wandelement 11 … mit zwei Laufwagen 14 versehen.“, „Die Laufwagen 14 sind innerhalb der ortsfesten Tragschiene, die hier als Deckenschiene 15 ausgebildet ist, verfahrbar.“; Merkmale 1.3 und 1.4);
- eine elektrische Antriebseinrichtung, wobei die Antriebseinrichtung mehrere Antriebsmotoren aufweist und mehrere der Flügel jeweils mindestens einen eigenen Antriebsmotor aufweisen (Figuren 1 bis 3 und Seite 2, Spalte 2, Zeilen 48 bis Spalte 3, Zeile 1: „… mindestens einer der beiden Laufwagen 14 jedes Wandelements 11 mit einem eigenen, selbständigen Antrieb 16 versehen.“ und „Der Antrieb 16 ist dem entsprechenden Laufwagen 14 direkt bzw. unmittelbar zugeordnet und jeweils hauptsächlich durch einen Antriebsmotor, insbesondere einen E-Motor 17 … gebildet“; Merkmale 1.5 bis 1.7);
- eine gemeinsame Stromschiene zur Versorgung der unterschiedlichen Antriebsmotoren (Figur 3 und Seite 3, Spalte 4, Zeilen 51 bis 55: „Schließlich ist jedem der angetriebenen Laufwagen 14 ein Stromabnehmer 30 zugeordnet, der in Wirkverbindung mit einer Stromschiene 31 der Deckenschiene 15 steht, nämlich in dieser entlanggleitet.…“; Merkmal 1.9), wobei
- der Antriebsmotor flügelfest angeordnet ist (Figuren 1 bis 3 und darin die Bezugszeichen 14, 16 und 17; Seite 2, Spalte 2, Zeilen 48 bis 58: „… mindestens einer der beiden Laufwagen 14 jedes Wandelements 11 mit einem eigenen, selbständigen Antrieb 16 versehen. … Antriebsmotor, insbesondere einen E-Motor 17“; Merkmal 1.13) und
- der Antriebsmotor laufwagenfest angeordnet ist (Figuren 1 bis 3 und Seite 2, Spalte 2, Zeilen 48 bis 58: „… mindestens einer der beiden Laufwagen 14 jedes Wandelements 11 mit einem eigenen, selbständigen Antrieb 16 versehen.“ und „Der Antrieb 16 ist dem entsprechenden Laufwagen 14 direkt bzw. unmittelbar zugeordnet und jeweils hauptsächlich durch einen Antriebsmotor, insbesondere einen E-Motor 17 … gebildet“; Merkmal 1.14).
Alle Merkmale des Gegenstandes des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag A, die Steuerungseinrichtungen betreffen (Merkmale 1.8 und 1.10 bis 1.12), sind der Druckschrift D2 nicht zu entnehmen.
9.3.3 Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag A ist auch gegenüber dem übrigen von der Einsprechenden genannten Stand der Technik neu, was der Senat überprüft hat.
9.4 Der Gegenstand des nach Hilfsantrag A geltenden Anspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit (§ 4 PatG).
9.4.1 Ausgehend vom Stand der Technik nach der Druckschrift D6 kommt der Fachmann nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des nach Hilfsantrag A geltenden Anspruchs 1.
Der Fachmann mag ausgehend von der Druckschrift D6, die nach Überzeugung des Senats den nächstkommenden Stand der Technik darstellt, in Erwägung gezogen haben, die in der Figur 1 nur als einfachen Strich angedeuteten Tragorgane 4, mit denen die Trennwandelemente an einer Führungsschiene aufgehängt sind, als Laufwagen im Sinne des Streitpatents auszubilden. Der Fachmann hatte jedoch darüber hinaus keine Veranlassung, den Antriebsmotor in diesem Laufwagen anzuordnen, da nach der Lehre der Druckschrift D6 der „Antriebsmotor 8 … vorzugsweise im oder am Oberteil des Trennwandelementes angeordnet ist“, vgl. Absatz 0024. Selbst wenn der Fachmann vor die Aufgabe gestellt worden wäre, ausgehend von der Druckschrift D6 die Antriebseinrichtung besonders kompakt auszubilden, wäre er noch nicht zum Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag A gelangt. Denn die Unterbringung des Antriebsmotors im Laufwagen bietet keinen Vorteil bezüglich Platzeinsparung im Vergleich zur Unterbringung „im … Oberteil des Trennwandelementes“.
Ausgehend von dem Stand der Technik nach der Druckschrift D6 zieht der Fachmann, der Überlegungen anstellt, wie die Antriebseinrichtung der automatische Türanlage besonders kompakt ausgebildet werden kann und ein flexibler Betrieb der Flügel möglich wird, zur Überzeugung des Senats die Druckschrift D2 nicht in Betracht. Die Trennwandanlage der Druckschrift D2 verfolgt ein völlig anderes Konzept als das Streitpatent, was sich – wie bereits zur Neuheit ausgeführt – darin ausdrückt, dass keinerlei Steuerung benötigt wird und die Tür- bzw. Trennwandanlage nicht als eine „automatische“ im Sinne des Streitpatents angesehen werden kann. Vielmehr handelt es sich bei den dortigen Wandelementen um dem Fachmann ebenfalls bekannte, „autonome, selbstfahrende“ Wandelemente, deren Vorteil darin besteht, dass sie bei der Unterteilung von großen Sälen in mehrere kleinere Säle flexibel zu handhaben sind und schnell ausgetauscht werden können, da sie als sogenannte „Stand-Alone“-Einheiten fungieren.
9.4.2 Somit hat der Fachmann – vice versa – auch keine Veranlassung, von dieser Lehre abzuweichen und ausgehend von der Druckschrift D2 die Steuerungseinrichtungen betreffenden erfindungsgemäßen Merkmale zu ergänzen, um damit zu einer Vorrichtung nach Patentanspruch 1 zu gelangen.
9.4.3 Auch ausgehend von den weiter abliegenden Druckschriften D1, D3 bis D5, D7 und D9 bis D11 aus dem von der Einsprechenden genannten Stand der Technik kommt der Fachmann aus den gleichen Gründen nicht in naheliegender Weise zum Gegenstand des nach Hilfsantrag A geltenden Anspruchs 1.
Gegenteiliges hat der Vertreter der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung auch nicht geltend gemacht.
10. Die weiteren untergeordneten Ansprüche sowie die übrigen Unterlagen in der Fassung nach Hilfsantrag A erfüllen ebenso die an sie zu stellenden Anforderungen.
11. In der Fassung des Patents nach dem Hilfsantrag A liegen daher keine Patenthinderungsgründe vor. Die weitergehende Beschwerde der Einsprechenden war daher zurückzuweisen.