Entscheidungsdatum: 15.01.2019
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 100 43 992
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hat der 17. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 15. Januar 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Morawek, der Richterinnen Eder und Dipl.-Phys. Dr. Thum-Rung sowie des Richters Dipl.-Ing. Hoffmann
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Auf die am 5. September 2000 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Patentanmeldung 100 43 992.6 der L… GmbH in W… ist am 23. August 2013 durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G02B das Patent unter der Bezeichnung
„Verfahren zur Untersuchung einer Probe und konfokales Scan-Mikroskop“
erteilt worden. Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 24. Dezember 2013.
Gegen das Patent ist am 24. März 2014 Einspruch erhoben worden. Die Einsprechende hat ihren Einspruch unter anderem auf vorveröffentlichte Druckschriften gestützt sowie offenkundige Vorbenutzung eines „LSM 510 Laser Scanning Microscope“ der Firma Z… geltend gemacht. Hierzu hat sie unter anderem ein Operating Manual, Release 2.3 (vollständige Version siehe D13) eingereicht, das nach ihren Angaben vorveröffentlicht sei, und hat hierfür Zeugenbeweis angeboten.
Die Patentinhaberin hat dem Vorbringen der Einsprechenden widersprochen.
Die Patentabteilung 56 hat mit Beschluss vom 16. November 2015 das Patent beschränkt aufrechterhalten mit den Patentansprüchen 1 bis 11 und der Beschreibung gemäß Hilfsantrag 8, eingegangen am 16. November 2015, sowie mit den Zeichnungen gemäß Patentschrift. Für den Hauptantrag und die Hilfsanträge 1 bis 7 hat die Patentabteilung jeweils mindestens einen der beanspruchten Gegenstände als nicht neu gegenüber D13 beurteilt. Zur Frage des Veröffentlichungsdatums der D13 hat die Patentabteilung in der Anhörung vom 16. November 2015 den von der Einsprechenden genannten Zeugen vernommen. Nach Würdigung der Zeugenaussage und der übrigen von der Einsprechenden vorgelegten Unterlagen ist die Patentabteilung zu der Überzeugung gelangt, dass das Dokument D13 und die darin enthaltenen Dokumente D4, D10 und D11 vor dem Anmeldetag des Streitpatents der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden und damit für die Beurteilung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit des Streitpatents als zum Stand der Technik gehörig zu berücksichtigen sind.
Diesen Beschluss haben beide Parteien am 20. Januar 2016 erhalten.
Gegen den Beschluss wendet sich die Einsprechende mit der am 3. Februar 2016 eingegangenen Beschwerde.
Im Beschwerdeverfahren macht die Einsprechende und Beschwerdeführerin mangelnde Neuheit gegenüber dem Dokument D13 sowie mangelnde erfinderische Tätigkeit ausgehend von D13 und unter Berücksichtigung von D2 und/oder D1 geltend.
Die Beschwerdeführerin (Einsprechende) beantragt,
den angegriffenen Beschluss aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent in der geltenden Fassung gemäß Beschluss vom 16. November 2015 aufrechtzuerhalten.
Im Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahren sind folgende Druckschriften und Unterlagen genannt und eingereicht worden:
D1: DE 197 33 995 A1 (in der Patentschrift genannt)
D2: DE 198 29 981 A1 (in der Patentschrift genannt)
D3: Fred S. Wouters et al., The EMBO Journal, Vol. 17, No. 24, Seiten 7179 – 7189, 1998 (in der Patentschrift genannt)
sowie zur geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung durch ein „LSM 510 Laser Scanning Microscope“ der Firma Z…:
D5: Auftragsbestätigung 45/2020081522 vom 8. September 1999
D6: Delivery Note 45/2030089458 vom 19. Oktober 1999
D7: Screenshot aus SAP Programm, Terminauftr.Schnitt 2020081522
D13: LSM 510 Laser Scanning Microscope, Operating Manual, Release 2.3, Z… in J…, 03/1999,
Seiten I bis 5-76, mit zugehöriger DVD
D4: Seiten I bis X, 2-1 bis 2-12, 3-1 bis 3-11, 4-88 sowie 4-104 bis 4-107 (Auszug aus D13)
D10: Seiten 4-81 und 4-83 (Auszug aus D13)
D11: Seite 4-97 (Auszug aus D13)
D12: „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ des „Z…
Online-Shop“, Druckdatum 17.05.2015.
Der geltende Patentanspruch 1 vom 16. November 2015 lautet (unter Hinzufügung einer Merkmalsgliederung):
„M1.1 Verfahren zur Untersuchung einer Probe (11) mittels eines konfokalen Scan-Mikroskops
M1.2 mit mindestens einer Lichtquelle (1), vorzugsweise einem Laser, zur Erzeugung eines Beleuchtungslichtstrahls (4) für die Probe (11)
M1.3 und einer Strahlablenkeinrichtung (9) zur Führung des Beleuchtungslichtstrahls (4) über die Probe (11),
mit den folgenden Verfahrensschritten:
M1.4 - Aufnehmen eines Voransichtsbilds (19, 30);
M1.5 - Markieren mehrerer interessierender Bereiche (16, 17; 27, 28) im Voransichtsbild (19, 30);
M1.6 - Zuordnen individueller Beleuchtungslichtstrahl-Wellenlängen und/ oder Beleuchtungslichtstrahl-Leistungen zu den Bereichen (16, 17; 27, 28);
M1.7 - Beleuchten der Bereiche (24, 25) der Probe (11) gemäß der Zuordnung;
M1.8 - Detektieren des von der Probe (11) ausgehenden Reflexions- und/ oder Fluoreszenzlichts,
M1.9 wobei der Beleuchtungslichtstrahl (4) mittels einer bereichsangepassten Scanbahn (26) derart geführt wird, dass im Wesentlichen nur die markierten Bereiche (24, 25) der Probe (11) beleuchtet werden,
M1.10 wobei der Beleuchtungslichtstrahl entlang der bereichsangepassten Scanbahn (26) zunächst über einen der markierten Bereiche (24) und dann, nach kompletter Abtastung des Bereichs (24), über einen anderen der markierten Bereiche (25) geführt wird, und
M1.11 wobei die Strahlablenkung zwischen den markierten Bereichen (24, 25) im Wesentlichen in direkter Linie von dem einen markierten Bereich (24) zu dem anderen markierten Bereich (25) erfolgt.“
Zu den Unteransprüchen 2 bis 11 und den weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist rechtzeitig eingegangen und auch sonst zulässig. Sie hat jedoch keinen Erfolg, da die geltend gemachten Widerrufsgründe nicht gegeben sind; das Patent ist in der geltenden Fassung patentfähig.
Der vorangegangene Einspruch war ebenfalls (unbestritten) zulässig.
1. Das Streitpatent betrifft ein Verfahren zur Untersuchung einer Probe mittels eines konfokalen Scan-Mikroskops mit mindestens einer Lichtquelle, vorzugsweise einem Laser, zur Erzeugung eines Beleuchtungslichtstrahls für die Probe und einer Strahlablenkeinrichtung zur Führung des Beleuchtungslichtstrahls über die Probe (Patentschrift Abs. [0001]).
In Abs. [0002] bis [0011] sind bekannte Verfahren erläutert, insbesondere das in D2 beschriebene Verfahren (Abs. [0010]).
Bei dem bekannten Verfahren und bei dem bekannten konfokalen Scan-Mikroskop sei problematisch, dass nicht klar ist, wie ein auszuwertendes Detail einer Probe für eine differenzierte Beleuchtung auswählbar ist. Somit sei eine sichere Auswahl und Festlegung der interessierenden Details der Probe nicht möglich. Des Weiteren werde zur Vermeidung einer unerwünschten Belichtung der Probe außerhalb des zu untersuchenden Bereichs oder der zu untersuchenden Bereiche lediglich eine zeitweise Unterbrechung der Einkopplung des Laserlichts – während der Ablenkung des Mikroskopstrahlengangs – durchgeführt. Dies stehe jedoch einer möglichst kurzen Gesamtdatennahmezeit entgegen (Abs. [0011]).
Der vorliegenden Erfindung soll die Aufgabe zugrunde liegen, ein Verfahren zur Untersuchung einer Probe bereitzustellen, wonach eine sichere Definierung interessierender Details einer Probe für eine differenzierte Beleuchtung auf einfache Weise ermöglicht ist (geltende Beschreibung Abs. [0012]).
Um dies zu erreichen, schlägt die Streitpatentschrift ein Verfahren zur Untersuchung einer Probe (11) mittels eines konfokalen Scan-Mikroskops (Merkmal M1.1) vor, wobei das Scan-Mikroskop (wie üblich) mindestens eine Lichtquelle (1), vorzugsweise einen Laser aufweist, um einen Beleuchtungslichtstrahl für die Probe zu erzeugen (Merkmal M1.2) sowie eine Strahlablenkeinrichtung (9) zur Führung des Beleuchtungslichtstrahls (4) über die Probe (11) (Merkmal M1.3), vgl. Patentschrift Fig. 1.
In dem Verfahren wird zunächst ein Voransichtsbild (19, 30) aufgenommen, anhand dessen ein Benutzer mehrere interessierende Bereiche (16, 17; 27, 28; üblicherweise auch als ROIs = regions of interest bezeichnet) markieren kann (Merkmale M1.4, M1.5). Den Bereichen werden individuelle Beleuchtungslichtstrahl-Wellenlängen und/oder Beleuchtungslichtstrahl-Leistungen zugeordnet (Merkmal M1.6), und die Bereiche werden (im Zuge der Abtastung) entsprechend dieser Zuordnung beleuchtet (Merkmal M1.7).
Das von der Probe (11) ausgehende Reflexions- und/oder Fluoreszenzlicht wird detektiert (M1.8; vgl. den Detektor 12 in Fig. 1).
Gemäß der Patentschrift Abs. [0006], [0007] und [0016] erlaubt das Verfahren die Durchführung von Untersuchungen, die auf dem Fluoreszenz-Resonanz-Energy-Transfer (FRET) beruhen, wobei mittels Licht einer bestimmten Wellenlänge eine indirekte Anregung von Molekülen in zwei Stufen erfolgt, und wobei mit Licht einer anderen Wellenlänge eine Direktanregung von Molekülen gemessen (und schließlich herausgerechnet) werden kann.
Demnach ist Merkmal M1.6 i. V. m. M1.7 im Lichte der Patentschrift so zu verstehen, dass den unterschiedlichen Bereichen jeweils individuelle Beleuchtungslichtstrahl-Wellenlängen und/oder Beleuchtungslichtstrahl-Leistungen zugeordnet werden, worauf die Bereiche (im Zuge der Abtastung) entsprechend dieser Zuordnung beleuchtet werden; beispielsweise ist es möglich, jeden Bereich mit Beleuchtungslicht einer anderen Wellenlänge zu beleuchten.
Gemäß dem patentierten Verfahren wird der Beleuchtungslichtstrahl beim Abtasten in spezieller Weise über die Probe geführt, wie dies in den Merkmalen M1.9, M1.10 und M1.11 dargelegt ist:
Diese Merkmale besagen, dass der Beleuchtungslichtstrahl (4) mittels einer bereichsangepassten Scanbahn (26) derart geführt wird, dass im Wesentlichen nur die markierten Bereiche (24, 25) der Probe (11) beleuchtet werden (M1.9), wobei der Beleuchtungslichtstrahl entlang der bereichsangepassten Scanbahn (26) zunächst über einen der markierten Bereiche (24) und dann, nach kompletter Abtastung des Bereichs (24), über einen anderen der markierten Bereiche (25) geführt wird (M1.10), und wobei die Strahlablenkung zwischen den markierten Bereichen (24, 25) im Wesentlichen in direkter Linie von dem einen markierten Bereich (24) zu dem anderen markierten Bereich (25) erfolgt (M1.11).
Mit dieser in Fig. 4 dargestellten Vorgehensweise ist es möglich, nur die markierten Bereiche der Probe zu untersuchen, wobei ein Bleichen von Probenbereichen außerhalb der markierten Bereiche verhindert und die Totzeit zwischen dem Abtasten der markierten Probenbereiche reduziert wird (Abs. [0045]).
Im Hinblick auf das Markieren interessierender Bereiche im Voransichtsbild (Merkmal M1.5) entnimmt der Fachmann Abs. [0013], [0014] und [0043] der Patentschrift, dass eine bildhafte Darstellung der zu untersuchenden Probe für den Beobachter geliefert wird; anhand dieses Voransichtsbilds kann der Betrachter interessierende Bereiche auswählen, die dann untersucht werden.
Das Merkmal M1.5 ist somit im Lichte der Patentschrift so zu verstehen, dass (abhängig von der Probe und dem zugehörigen Voransichtsbild sowie den Interessen des Betrachters) eine Vielzahl von Anordnungen interessierender (auch in unterschiedlichen Richtungen benachbarter) Bereiche möglich ist.
Die Merkmale M1.9, M1.10 und M1.11 sind dann in Verbindung mit dem Merkmal M1.5 im Sinne einer gezielten Strahlführung für alle möglichen, vom Benutzer beliebig ausgewählten Anordnungen von mindestens zwei interessierenden Bereichen zu interpretieren. Das beanspruchte Verfahren ist so ausgebildet, dass Vorsorge für eine Abtastung gemäß den Merkmalen M1.9, M1.10 und M1.1 für jede mögliche Anordnung der ausgewählten Bildbereiche getroffen ist.
Zur Strahlführung zwischen den markierten Bereichen „im Wesentlichen in direkter Linie von dem einen markierten Bereich zu dem anderen markierten Bereich“ ist der Patentschrift Abs. [0024] zu entnehmen, dass die Strahlablenkung zwischen den Bereichen von der (üblichen) sinus-, sägezahn- oder mäanderförmigen Strahlablenkung (siehe Abs. [0008]) abweichen kann, wodurch Bereiche auf einem kürzeren Weg angefahren werden könnten. Zudem ist in Fig. 4 zu erkennen, dass der Strahl beim Übergang von dem markierten Bereich (24) zu dem markierten Bereich (25) in Abweichung von der üblichen waagrechten Abtastrichtung leicht schräg nach oben geführt wird.
Der Fachmann wird damit die Formulierung „im Wesentlichen in direkter Linie“ in Merkmal M1.11 so interpretieren, dass zwar leichte, jedoch keine starken Abweichungen von der direkten Linie möglich sind. Wird beispielsweise im Fall zweier in y-Richtung beabstandeter Bereiche der Strahl zwischen dem Ende des ersten Bereichs und dem Anfang des zweiten Bereichs mehrmals über ganze Zeilen hin- und hergeführt, so fällt eine solche Strahlführung nicht unter das Merkmal M1.11.
Als Fachmann ist hier ein Physiker oder ein Ingenieur der Feinwerktechnik oder verwandter Fachrichtungen mit guten Kenntnissen in der Optik und mehrjähriger Erfahrung in der Konstruktion von Mikroskopen, insbesondere konfokaler Scan-Mikroskope anzusehen.
2. Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist neu und beruht auf erfinderischer Tätigkeit (§§ 3 und 4 PatG).
Dies ergibt sich aus der Würdigung der zum Stand der Technik genannten Druckschriften und Unterlagen.
Dies gilt selbst dann, wenn man davon ausgeht, dass die Bedienungsanleitung D13 zum vorveröffentlichten Stand der Technik gemäß § 3 Abs. 1 PatG zählt und damit bei der Beurteilung der Patentfähigkeit zu berücksichtigen ist.
Damit kann es dahinstehen, ob die öffentliche Zugänglichkeit der D13 vor dem Anmeldetag des Streitpatents tatsächlich nachgewiesen ist.
Im Übrigen neigt der Senat der auch von der Patentabteilung vertretenen Auffassung zu, dass die zur Frage der Offenkundigkeit von der Einsprechenden eingereichten Unterlagen D5, D6, D7 und D12 sowie das Ergebnis der Zeugeneinvernehmung vor der Patentabteilung keinen vernünftigen Zweifel daran lassen, dass D13 vor dem Anmeldetag des Streitpatents der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde; vgl. die diesbezüglichen, ausführlichen Erörterungen unter auf Punkt 5 auf den Seiten 22 bis 24 des Beschlusses der Patentabteilung vom 16. November 2015.
2.1. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist neu gegenüber dem im Einspruchs- und im Einspruchsbeschwerdeverfahren genannten Stand der Technik. Dies gilt insbesondere gegenüber dem von der Einsprechenden als neuheitsschädlich angesehenen Verfahren, das in der Druckschrift D13 gezeigt ist.
D13 zeigt ein konfokales Scan-Mikroskop und ebenso ein Verfahren zum Untersuchen einer Probe mit einem konfokalen Scan-Mikroskop (Titel, S. 2-10 Kap. 2.9 mit „4 confocal reflection/fluorescence channels“, S. 3-6 Fig. 3.2 mit Beschreibung) mit Laser-Lichtquellen (Laser Module in Fig. 3.2 rechts) zur Erzeugung eines Beleuchtungslichtstrahls für die Probe (Fig. 3.2 links „Specimen“) und mit einer Strahlablenkeinrichtung zur Führung des Beleuchtungslichtstrahls über die Probe (Fig. 3-2 Mitte „Scan Module“ mit „Scanner x/y“); das von der Probe ausgehende Reflexions- und/oder Fluoreszenzlicht wird detektiert (in den Photomultipliern PMT des Scan-Moduls in Fig. 3-2 Mitte) – Merkmale M1.1, M1.2, M1.3, M1.8.
Es wird ein Voransichtsbild aufgenommen, in dem mehrere interessierende Bereiche markiert werden (S. 4-104 Kap. 4.4.3.5 „A scan image allows certain areas (ROIs) to be defined“, Fig. 4-84 mit markierten ROIs) – Merkmale M1.4, M1.5.
Es können ein oder mehrere „Tracks“ definiert werden. Zu einem „Track“ gehört eine Menge von Parametern für die Detektionskanäle und für die Beleuchtung (Wellenlänge und Intensität), wobei der Track mit allen diesen Parametern gleichzeitig abgetastet und vom System unter einem einzigen Namen behandelt wird (S. 4-60 Kap. 4.4.3.3 Abs. 2). Die einem Track zuordenbaren, einstellbaren Parameter umfassen unter anderem ein oder mehrere Laserwellenlängen und jeweils zugehörige Leistungen (S. 4-67 Fig. 4-53 unter „Line active“ und „Transmission %“ mit der zugehörigen Beschreibung; S. 4-86 Fig. 4-68 mit Beschreibung).
Mehrere Tracks (multitracking) können als eine Konfiguration definiert werden (S. 4-70 oben). Während der Abtastung kann dann zwischen Tracks hin und hergewechselt werden, entweder nach jeder Zeile oder nach jedem Frame (S. 4-71 Fig. 4-57 und Beschreibung „The Line, Frame and Fast Switch buttons are used to determine in which way switching between tracks ist made during the scan procedure“, S. 4-72 mit der Tabelle „Modes“).
Die Abtastung kann z. B. frame-weise erfolgen. Bei der frame-weisen Abtastung ist es möglich, nur innerhalb von vorher definierten ROIs abzutasten (S. 4-77 unten vorle. und le. Spiegelstrich, S. 4-78 Tabelle mit der Beschreibung zu „Use ROI button“). Genauer gesagt wird mit der „Use ROI“-Funktion die Frame-Abtastung eingeschränkt auf ein oder mehrere frei definierbare ROIs im Bildfenster; der Laser tastet die gesamte Zeilenlänge ab, die Abtastung wird aber in der y-Richtung durch die ROIs eingeschränkt, daher ist die Abtastzeit reduziert (S. 4-97 Abs. 1 und 2 mit Fig. 4-79).
Im Fall eines einzigen abzutastenden ROIs ist es somit möglich, dieser Abtastung (d. h. dem entsprechenden Frame) Detektionsparameter wie Beleuchtungswellenlänge und -leistung zuzuordnen und das ROI entsprechend abzutasten. Damit sind die Merkmale M1.6 und M1.7 teilweise erfüllt.
Jedoch geht aus D13 nicht hervor, dass im Fall mehrerer markierter Bereiche in einem Frame (für beliebig definierte Anordnungen von ROIs in einem Frame, beispielsweise für in Zeilenrichtung nebeneinander liegende ROIs wie auf S. 4-97 Fig. 4-79 obere Hälfte) diesen Bereichen unterschiedliche Belichtungsparameter (Beleuchtungslichtstrahl-Wellenlängen und/oder Beleuchtungslichtstrahl-Leistungen) zugeordnet werden können.
Die Merkmale M1.6 und M1.7 sind damit im Verfahren der D13 nicht vollständig erfüllt.
Im Verfahren der D13 erfolgt die Strahlführung innerhalb eines Frames jeweils über ganze Zeilen; die Abtastung ist in der vertikalen Richtung (y-Richtung) durch die ROIs eingeschränkt (S. 4-97 Abs. 1 und 2 mit Fig. 4-79), d. h. es wird nur ein Teil des Frames abgetastet, der die markierten Bereiche enthält.
Jedoch ist in D13 keine derart bereichsangepasste Scanbahn zu erkennen, dass der Beleuchtungslichtstrahl zunächst über einen der markierten Bereiche und dann, nach kompletter Abtastung des Bereichs, über einen anderen der markierten Bereiche geführt wird, wobei die Strahlablenkung zwischen den markierten Bereichen im Wesentlichen in direkter Linie von dem einen markierten Bereich zu dem anderen markierten Bereich erfolgt, wie dies die Merkmale M1.9, M1.10 und M1.11 in ihrer Kombination erfordern. Dies gilt insbesondere auch für die ROIs der Fig. 4-79 und Fig. 4-84. Die Abtastung erfolgt grundsätzlich über ganze horizontale Zeilen; eine hiervon abweichende, kürzere Scanbahn etwa beim Übergang zwischen einem der beiden oberen ROIs zu einem der beiden unteren ROIs in Fig. 4-79 bzw. Fig. 4-84 ist nicht ersichtlich.
Die von der Anmelderin genannte Druckschrift D2 zeigt ein Verfahren und eine Anordnung zur konfokalen Mikroskopie, wobei eine Probe mittels Laserlicht abgetastet wird. Während der Ablenkung des Laserstrahls kann die spektrale Zusammensetzung und/oder die Intensität des Lichts verändert werden, so dass nebeneinander liegende Orte der Probe mit Licht unterschiedlicher Spektraleigenschaften und/oder mit Laserstrahlung unterschiedlicher Intensität beaufschlagt werden (Abstract). Beispielsweise können Orte (37) innerhalb eines auszuwertenden Details (Bereich 35) einer Probe mit Strahlung anderer Eigenschaften beaufschlagt werden als die Umgebung (36) (Fig. 2, Sp. 7 Z. 36 bis 53). Die Detektion und Auswertung des von jedem beaufschlagten Ort ausgehenden Lichts erfolgt synchron mit der Beaufschlagung (Sp. 7 Z. 62 bis 65).
In D2 sind weder mehrere markierte Bereiche noch eine spezielle Strahlführung über und zwischen diesen gezeigt. Die Merkmale M1.9, M1.10 und M1.11 sind nicht erfüllt.
D1 zeigt ein Laser-Scanning-Ophthalmoskop zur rasterförmigen Abtastung des Augenhintergrundes, das zur Durchführung von Fluoreszenzangiographien benutzt werden kann (Abstract, Sp. 1 Z. 3 bis 9). Dabei wird während der Einströmphase ein großes Bildfeld betrachtet, in der Spätphase werden dann vom Benutzer ausgewählte interessante Gebiete mit höherer Auflösung betrachtet (Sp. 1 Z. 10 bis 15, Sp. 3 Z. 63 bis 68). Das Scannen eines interessierenden Gebiets erfolgt mit der gleichen Pixelfrequenz und Bildaufbauzeit wie das Scannen des gesamten abtastbaren Bereichs, d. h. beim Scannen eines kleineren Gebiets (Zoom) wird dieselbe Anzahl von Daten erzeugt wie beim Scannen des gesamten abscanbaren Bereichs (Sp. 2 Z. 8 bis 15), wobei das Scannen des kleineren Gebiets ebenso viel Zeit in Anspruch nimmt wie die Abtastung des Gesamtbereichs für das Voransichtsbild.
Dass zu ausgewählten Gebieten individuelle Beleuchtungslichtstrahl-Wellenlängen und/oder Beleuchtungslichtstrahl-Leistungen zugeordnet werden und die Bereiche entsprechend dieser Zuordnung beleuchtet werden, geht aus D1 nicht hervor, d. h. die Merkmale 1.6 und 1.7 sind nicht erfüllt .
Die Druckschrift D3 liegt weiter vom Gegenstand des Streitpatents ab.
2.2. Gegenüber dem im Verfahren bekannt gewordenen Stand der Technik beruht der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 auf erfinderischer Tätigkeit.
Die Einsprechende und Beschwerdeführerin hat geltend gemacht, der patentierte Gegenstand sei für den Fachmann durch die Druckschrift D13 alleine oder durch die Kombination von D13 mit D2 und/oder mit D1 nahegelegt.
Wie oben ausgeführt, geht aus D13 nicht hervor, dass im Fall mehrerer markierter Bereiche in einem Frame (für beliebig definierte Anordnungen von ROIs in einem Frame, beispielsweise für in Zeilenrichtung nebeneinander liegende ROIs wie auf S. 4-97 Fig. 4-79 obere Hälfte) diesen Bereichen unterschiedliche Belichtungsparameter (Beleuchtungslichtstrahl-Wellenlängen und/oder Beleuchtungslichtstrahl-Leistungen) zugeordnet werden können, d. h. die Merkmale M1.6 und M1.7 sind im Verfahren der D13 nicht vollständig erfüllt. Zudem zeigt D13 keine bereichsangepasste Strahlführung gemäß der Kombination der Merkmale M1.9, M1.10 und M1.11.
Einzelne dieser Merkmale mögen zwar durch den Stand der Technik nahegelegt worden sein; jedoch ergab sich aus dem Stand der Technik keine Anregung für die Kombination aller noch fehlenden Merkmale, wie im Folgenden gezeigt wird.
Die Druckschrift D2 (siehe oben), die für ein konfokales Laser-Scanning-Mikroskop eine Beaufschlagung mit Strahlung unterschiedlicher Eigenschaften für verschiedene, auch innerhalb einer Abtastzeile benachbarte Orte oder Bereiche lehrt, insbesondere eine unterschiedliche Strahlungsbeaufschlagung für einen interessierenden Bereich einerseits und für einen Hintergrundbereich andererseits, mag es nahelegen, im Fall von mehreren interessierenden Bereichen wie in D13 auch diese einzelnen Bereiche mit unterschiedlicher Strahlung zu beaufschlagen, d. h. das Mikroskop und Verfahren der D13 um eine solche Funktion zu erweitern, so dass die Merkmale M1.6 und M1.7 möglicherweise für den Fachmann nahelagen. Im Hinblick auf Einzelheiten einer Strahlführung gemäß den Merkmalen M1.9, M1.10 und M1.11 ist D2 jedoch nichts zu entnehmen.
Des Weiteren zeigt die Druckschrift D1 Einzelabtastungen von Bildbereichen mit jeweils derselben Pixelfrequenz und Bildaufbauzeit wie bei der Abtastung eines Gesamtbilds, d. h. pro Bildbereich wird ein Frame abgetastet. Es ist bereits fraglich, ob diese Druckschrift den Fachmann dazu anregen konnte, innerhalb einer einzigen Frameabtastung jeden von zwei ausgewählten Bildbereichen komplett für sich alleine im Sinne der Merkmale 1.9 mit 1.10 abzutasten.
Jedenfalls ist D1 aber keine Anregung dahingehend zu entnehmen, den Beleuchtungslichtstrahl im Wesentlichen in direkter Linie von einem Bereich zum anderen zu führen, wie dies Merkmal 1.11 erfordert.
Auch keine andere der im Verfahren befindlichen Druckschriften zeigt eine solche Vorgehensweise oder legt diese nahe.
Damit ist dem Verfahren des Streitpatents eine erfinderische Tätigkeit nicht abzusprechen.
2.3. Die dagegen gerichteten Einwände der Beschwerdeführerin greifen nicht durch.
2.3.1 Die Beschwerdeführerin argumentiert, das Merkmal M1.11 mit „im Wesentlichen in direkter Linie“ liefere keine Einschränkung gegenüber dem Stand der Technik. Der Spiegel für die Abtastung in x-Richtung schwinge sehr schnell und könne nicht abrupt gebremst werden; d. h. die Abtastung zwischen den zwei Bereichen sei keine gerade Linie, sondern umfasse auch eine Schwingung.
Das Verfahren des Anspruchs 1 sei getroffen, wenn der Stand der Technik für eine bestimmte Anordnung von ausgewählten Bildbereichen eine Abtastung im Sinne der Merkmale M1.9 bis M1.11 liefere. In D13 Fig. 4-84 aus S. 4-104 sei eine Abtastung gemäß Merkmal M1.10 mit M1.9 gegeben, da zuerst die zwei oberen Bildbereiche gemeinsam (welche den ersten markierten Bildbereich enthalten) und dann die zwei unteren Bildbereiche gemeinsam (welche den zweiten markierten Bildbereich enthalten) abgetastet würden. Das Merkmal 1.11, welches keine Einschränkung enthalte, sei dann ebenfalls erfüllt.
Da zudem die Strahlführung „in direkter Linie“ des Merkmals M1.11 auch eine U- oder S-förmige Strahlführung umfasse, führe in D13 jedenfalls eine erhebliche Anzahl von Fällen (Anordnungen von Bildbereichen) zur Erfüllung der Merkmalskombination M1.9 bis M1.11, etwa wenn die zwei Bildbereiche in vertikaler Richtung getrennt angeordnet sind.
Allgemein ergebe sich aus dem Hinweis in D13 S. 4-97, die Abtastung in der y-Richtung auf die ROIs zu begrenzen, wodurch die Abtastzeit reduziert wird, für den Fachmann die Anregung, auch in x-Richtung eine solche Begrenzung vorzunehmen. Damit sei eine auf die einzelnen Bereiche beschränkte Abtastung gemäß den Merkmalen M1.9 und M1.10 nahegelegt.
Des Weiteren ergebe sich eine Zuordnung individueller Beleuchtungslichtstrahl-Leistungen (Merkmal 1.6) zu den Bereichen aus D13 S. 4-83 Mitte, wonach Mikroskopfunktionen, insbesondere die Geschwindigkeit, während des Scans online verändert werden können; dies führe zu einer Änderung der Leistung auf der beleuchteten Probe.
Zur Auswahl individueller Beleuchtungslichtstrahl-Wellenlängen zu den Bereichen weist die Beschwerdeführerin auf D13 S. 4-67 Fig. 4-53 hin. Unter den „individuellen Wellenlängen“ in Merkmal 1.6 seien einzelne Wellenlängen (im Gegensatz zu einem gesamten Spektralbereich) zu verstehen; diese müssten nicht für jeden Bildbereich unterschiedlich sein.
2.3.2 Diesen Einwänden der Beschwerdeführerin kann nicht gefolgt werden.
Zwar ist der Beschwerdeführerin darin zuzustimmen, dass, auch aufgrund der schnellen Abtastbewegung in x-Richtung, Abweichungen von der direkten, geraden Linie beim Übergang zwischen den Bildbereichen von Merkmal 1.11 umfasst sind. Wie oben erläutert, wird der Fachmann die Formulierung „im Wesentlichen in direkter Linie“ in Merkmal M1.11 so interpretieren, dass zwar leichte, jedoch keine starken Abweichungen von der direkten Linie möglich sind. Wird beispielsweise im Fall zweier in vertikaler Richtung beabstandeter Bereiche der Strahl zwischen dem Ende des ersten Bereichs und dem Anfang des zweiten Bereichs mehrmals über ganze Zeilen hin- und hergeführt (wie dies bei der konventionellen Strahlführung über ganze Zeilen gemäß D13 S. 4-97 Abs. 2 möglich ist), so fällt eine solche Strahlführung nicht unter das Merkmal M1.11.
Des Weiteren impliziert der Anspruch 1, der eine von einem Benutzer durchzuführende, prinzipiell beliebige Auswahl von Bildbereichen vorsieht und fordert, in nachfolgenden Verfahrensschritten die ausgewählten Bildbereiche in besonderer, von der Anordnung der ausgewählten Bildbereiche abhängiger Weise abzutasten, dass in dem beanspruchten Verfahren Vorsorge für eine Abtastung in der besonderen Weise für jede mögliche Anordnung der ausgewählten Bildbereiche getroffen ist.
Sähe man dagegen das Verfahren als bereits dadurch erfüllt an, dass im Fall bestimmter Anordnungen von Bildbereichen die besondere Abtastung gegeben ist, so würde dies der Kombination der Merkmale M1.5 mit der in diesem enthaltenen beliebigen Auswahlmöglichkeit interessierender Bereiche und M1.9 bis M1.11 mit der bereichsangepassten, besonderen Abtastung nicht gerecht.
Durch das aus D13 bekannte Verfahren, das im Allgemeinen, d. h. für beliebig gewählte Bildbereiche die besondere Abtastung der Merkmale M1.9 bis M1.11 nicht vorsieht, bei dem sich jedoch für bestimmte Anordnungen von ausgewählten Bildbereichen „zufällig“ eine solche Abtastung ergeben kann, ist die Merkmalskombination M1.5 mit M1.9, M1,10 und M1.11 nicht vorweggenommen.
Zudem lehrt D13 auf S. 4-97, immer die gesamte Zeilenlänge abzutasten und die Abtastung in der y-Richtung durch die ROIs zu begrenzen, wodurch die Abtastzeit reduziert wird. Zum einen ergibt sich dadurch keine Anregung, die Abtastung für jedes einzelne ROI in x- und y-Richtung auf den ROI-Bereich zu begrenzen; zum anderen ist D13 auch keine Anregung entnehmbar, die Abtastung beim Übergang zwischen den ROIs in von der üblichen Abtastung ganzer Zeilen abweichender Weise im Wesentlichen auf direktem Weg vorzunehmen, wie dies Merkmal M1.11 fordert.
Zudem ergibt sich aus D13 selbst keine Anregung dahingehend, den Bereichen individuelle Beleuchtungslichtstrahl-Wellenlängen und/oder Beleuchtungslichtstrahl-Leistungen zuzuordnen. Eine Änderung der Abtastgeschwindigkeit (D13 S. 4-83 Mitte) führt zwar zu einer Änderung der Beleuchtungsintensität auf der Probe, jedoch ändert sich die Leistung des beleuchtenden Lichtstrahls dadurch nicht. Des Weiteren ist Merkmal M1.6 nach seinem Wortlaut und ebenso im Lichte der Patentschrift eindeutig so zu verstehen, dass jedem Bereich eine eigene (individuelle) Wellenlänge zuordenbar ist, die von der dem zweiten Bereich zugeordneten Wellenlänge unterschiedlich sein kann; vgl. etwa Patentschrift Abs. [0016] und [0044], wonach zwei Bereiche mit unterschiedlichen Wellenlängen abgetastet werden.
Derartiges geht aus D13 nicht hervor. Eine Anregung für eine bereichsangepasste Beleuchtung kann sich allenfalls aus D2 ergeben, siehe die Ausführungen unter 2.2.
Wie erläutert ist dem Stand der Technik jedoch insgesamt kein Hinweis auf eine bereichsangepasste Strahlführung im Sinne der Kombination der Merkmale M1.9, M1.10 und M1.11 zu entnehmen.
3. Der geltende Patentanspruch 1 hat Bestand.
Die auf den Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 11 sind ebenfalls rechtsbeständig.