Entscheidungsdatum: 29.10.2018
In der Beschwerdesache
betreffend das Patent 10 2009 035 353
…
hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. Oktober 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Maksymiw, der Richterin Zimmerer und der Richter Hermann und Dr. Freudenreich
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 16. März 2016 hat die Patentabteilung 44 des Deutschen Patent- und Markenamts das deutsche Patent 10 2009 035 353 mit der Bezeichnung
„Vorrichtung zur Flüssigkeitsdrainage"
widerrufen.
Die erteilte Anspruchsfassung weist fünf Patentansprüche mit einem unabhängigen Patentanspruch 1 auf, der den folgenden Wortlaut hat:
Als Stand der Technik aufgeführt sind die im Erteilungs- und Beschränkungsverfahren ermittelten Druckschriften (1) bis (3), die im Einspruchsverfahren herangezogenen Druckschriften D1 bis D7 und Beweismittel B1 bis B6, sowie die von Seiten der Patentinhaberin im Beschwerdeverfahren angeführten Druckschriften P1 bis P2:
D1 WO 03/082430 A1
D2 WO 87/00439 A1
D3 US 3 982 538
D4 DE 201 15 990 U1
D5/(2) WO 96/05873 A1
D6 WO 03/018098 A2
D7 US 4 228 798
B1 Dom, der. Ohne Jahr. 2 Seiten. URL: http://www.dude n.de/Rechtschreibung/Dom_Gesteinsstruktur_Kesselaufsatz [abgerufen am 22. Januar 2016]
B2 Synonyme für Dom Bedeutung. Ohne Jahr. 2 Seiten. URL: http://synonyme.woxikon.de/synonyme/dom.php [abgerufen am 22. Januar 2016]
B3 „dom bedeutung“ als Google Recherche. Ohne Jahr. 1 Seite. URL: https://www.google.de/search?q=Dom+geologie&sourceid=ie7&rls=com.microsoft:d... [abgerufen am 22. Januar 2016]
B4 Dom. Januar 2016. 4 Seiten. URL: https://de.wiktionary.org/wiki/Dom [abgerufen am 22. Januar 2016]
B5 Dom. November 2013. 1 Seite. URL: http://www.wissen.de/print/259530 [abgerufen am 22. Januar 2016]
B6 PCR-Einzelröhrchen domförmig 0,2ml. Ohne Jahr. 1 Seite. URL: http://www.cln-freising.de/index.php/news-topmenu-19/item/353-pcr-einzelröhrchen-... [abgerufen am 24. Januar 2016]
(1) US 5 636 643 A
(3) EP 1 531 921 B2
P1 US 6 115 539 A
P2 US 2003 0210559 A1
Der Beschluss der Patentabteilung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass eine Vorrichtung zur Drainage von Flüssigkeit gemäß erteiltem Patentanspruch 1 aus den Druckschriften D1 und D2 jeweils bekannt und daher nicht neu sei. Nach gebotener Auslegung sei eine „domförmige“ Ausgestaltung des Verschlusskörpers auch bei den dort offenbarten Vorrichtungen verwirklicht. Die einen Bakterienfilter als Teil der Vorrichtung weiter ausgestaltenden Gegenstände der Hilfsanträge beruhten vor dem Fachwissen des Fachmanns oder gegenüber einer der Druckschriften D2, D6 und D7 nicht auf erfinderischer Tätigkeit.
Die Patentinhaberin hat mit Schriftsatz vom 14. April 2016 Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt. Sie hat in der mündlichen Verhandlung beantragt,
den angefochtenen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 16. März 2016 aufzuheben und das Patent in vollem Umfang, hilfsweise im Umfang der Hilfsanträge 1 und 2 beschränkt aufrechtzuerhalten.
Nach Hilfsantrag 1 wird in dem erteilten Patentanspruch 1 im ersten Teilstrichmerkmal zwischen „… Auslassöffnung (6)“ und „… aufweist,“ der Ausdruck „wobei die Unterdruckquelle (7) eine Saugleistung der Vorrichtung bewirkt,“ eingefügt und weiter das Merkmal
hinzugefügt. Die Unteransprüche entsprechen den erteilten Unteransprüchen.
Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ergänzt den Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 um das folgende Merkmal:
Die erteilten Unteransprüche 3 bis 4 sind gestrichen, und der erteilte Unteranspruch 5 ist in der Nummerierung, nicht aber in seinem Rückbezug angepasst.
Die Patentinhaberin und Beschwerdeführerin ist der Auffassung, dass eine isolierte Betrachtung des Merkmals „domförmig“, wie von der Patentabteilung im Einspruchsverfahren vorgenommen, den Gegenstand der Erfindung nicht zutreffend beschreibe. Bei sachgerechter Auslegung des Ausdrucks „sich domförmig erstreckend“ würden die Druckschriften D1 und D2 den Gegenstand des Streitpatents weder vorbeschreiben noch nahe legen, wähle man sie als Ausgangspunkt zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit. Dies gelte gleichermaßen für die Gegenstände nach den Hilfsanträgen 1 bis 2, von denen die Zusammenschau mit den Druckschriften D6 und D7 gerade wegführe.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hat mit Schriftsatz vom 22. Oktober 2018 und in der mündlichen Verhandlung ihre bereits im Einspruchsverfahren schriftlich dargelegte Meinung vertreten, dass die Vorrichtung im erteilten Umfang anhand der die Vorrichtung nach Patentanspruch ausgestaltenden Merkmale zu bewerten und folglich weiterhin nicht neu ist. Der Verschlusskörper könne ausweislich Abs. [0012] des Streitpatents unterschiedliche Bauformen aufweisen, wonach es auf die äußere Form nicht ankomme und wonach „domförmig“ bedeute, dass der Verschlusskörper in den Sammelbehälter hineinragt. Diese Ausgestaltung sei in D1 oder D2 neben allen anderen Merkmalen bereits verwirklicht. Auch der Gegenstand nach Hilfsantrag 1 sei gegenüber der D1 nicht neu, während die weitere Ausgestaltung nach Hilfsantrag 2 nicht auf erfinderischer Tätigkeit gründe.
Zur Begriffsbestimmung des Merkmals „domförmig“ wurden den Parteien vom Senat in der mündlichen Verhandlung die beiden Druckschriften
DE 10 2005 056 762 A1 und
DE 24 16 098 A1
überreicht.
II.
Die Beschwerde der Patentinhaberin ist frist- und formgerecht eingelegt worden und zulässig (§ 73 PatG). Sie hat jedoch keinen Erfolg, da die mit Patentanspruch 1 in erteilter Form und nach Hilfsantrag 1 beanspruchten Vorrichtung zur Flüssigkeitsdrainage nicht neu sind gegenüber dem aus der Druckschrift D1 bekannten Stand der Technik. Die Vorrichtung nach Hilfsantrag 2 beruht gegenüber der D1 und dem Fachwissen des Fachmanns bzw. der Kombination mit insbesondere der Druckschrift D7 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
1. Zuständiger Fachmann ist ein (FH-)Ingenieur der Medizintechnik oder des Maschinenbaus mit mehrjähriger Berufserfahrung auf dem Gebiet der Entwicklung von Sammelbehältern für medizinische Absauggeräte.
2. Das Streitpatent DE 10 2009 035 353 B4 (im Folgenden: B4-Schrift) betrifft eine Vorrichtung zur Flüssigkeitsdrainage nach den Merkmalen des Patentanspruchs 1 (vgl. B4-Schrift: Abs. [0001]). Aus der bereits am Anmeldetag als Stand der Technik genannten Druckschrift D3 ist eine in den Sammelbehälter hineinragende Auslassöffnung bekannt, mit einem darin befindlichen und sich durch Quellung schließenden patronenförmigen Verschlusskörper, der einen geringen Querschnitt aufweist und sich daher schon bei Berührung mit Wasser an seinem Ende abrupt verschließt (vgl. auch B4-Schrift: Abs. [0002]-[0004]). Aus der Druckschrift (1) geht ein durch Auftriebskraft den Verschluss ermöglichender ballförmiger Verschlusskörper hervor (vgl. B4-Schrift: Abs. [0005]).
Gegenüber diesem Stand der Technik setzt sich die Erfindung die Aufgabe, das Durchströmungsverhalten des Verschlusskörpers zu verbessern (vgl. B4-Schrift: Abs. [0006]). Dabei soll die erfindungsgemäße Konstruktion ein frühzeitiges Erkennen bzw. eine Detektion des Anstiegs des Flüssigkeitsspiegels erlauben (vgl. B4-Schrift: Abs. [0009]-[0010]).
3. Gelöst wird die Aufgabe nach erteiltem Patentanspruch 1 durch eine Vorrichtung, welche nachfolgend mit Merkmalen versehen ist:
M1 Vorrichtung zur Drainage von Flüssigkeit mit
M1.1 einem Sammelbehälter 1, welcher eine Einlassöffnung 5 zur Aufnahme der Flüssigkeit und eine mit einer Unterdruckquelle 7 verbindbare Auslassöffnung 6 aufweist,
M2 einem Verschlusskörper 12 im Bereich der Auslassöffnung 6,
M2.1a welcher als ein längserstreckter Hohlkörper,
M2.1b sich domförmig in den Sammelbehälter 1 erstreckender Sinterkörper ausgeführt ist
M2.2 und welcher eingelagerte, bei Kontakt mit Flüssigkeit aufquellende, die Poren des Sinterkörpers verschließende Quellkörper 14 aufweist.
Der Hilfsantrag 1 ergänzt den erteilten Patentanspruch 1 um folgende Merkmale:
M1.2 wobei die Unterdruckquelle 7 eine Saugleistung der Vorrichtung bewirkt
M2.3 wobei sich ab einem erstmaligen Benetzen der Poren mit Flüssigkeit die Saugleistung der Vorrichtung bis zum Verschluss aller Poren kontinuierlich reduziert.
Nach Hilfsantrag 2 werden den Merkmalen des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 weiter die folgenden Merkmale hinzugefügt (mit eingefügter redaktioneller Korrektur):
M3 einen einem strömungsabwärts des Verschlusskörpers angeordneten Bakterienfilter,
M3.1 wobei das Bakterienfilter randschlüssig in einem Gehäuse innerhalb des Sammelbehälters aufgenommen ist und der Verschlusskörper am freien Ende des Gehäuses befestigt ist.
4. Wegen fehlender Patentfähigkeit der Gegenstände gemäß erteiltem Patent oder den Hilfsanträgen 1 bis 2 kann die Zulässigkeit der Patentansprüche dahinstehen.
5. Einige Merkmale der geltenden Anspruchsfassungen bedürfen der Auslegung.
5a. Zwischen den Parteien insbesondere strittig ist der Ausdruck „sich domförmig erstreckend“ gemäß Merkmal M2.1b. Der Begriff „domförmig“ erlaubt keine Beschränkung auf eine schüsselähnliche, glockenähnliche oder kuppelähnliche Bauform. Dies hat der Senat in der mündlichen Verhandlung anhand der vorgelegten Druckschriften DE 10 2005 056 762 A1 und DE 24 16 098 A1 erläutert. Gerade nach der Definition des Streitpatents als eigenes Lexikon kann „domförmig“ gemäß Unteranspruch 2 zumindest eine kegelförmige-, kegelstumpfförmige-, zylinderförmige-, dreiecksförmige-, halbkreisförmige oder pyramidenförmige Bauform umfassen, mit der Zylinderform folglich nicht nur Bauformen, die sich entlang der Erstreckung verengen. Soweit die Beschwerdeführerin mit dem Begriff „sich domförmig erstreckend“ unter Verweis auf das in Abs. [0010] der B4-Schrift als erstes Wort gebrauchte „Durch“ zwei Wirkungen bzw. zwei technisch restriktive Ausgestaltungen, verstanden wissen möchte, nämlich als Form eine Erhabenheit gegenüber dem Rest des oberen Teils der Konstruktion, verbunden mit der sich durch die Erstreckung ergebenden Reduktion der Saugleistung, ist dieser Auslegung nur insoweit zu folgen, als die Erhabenheit nicht bedeuten muss, dass die domförmige Erstreckung gemäß der beispielhaften Ausgestaltung koaxial nach unten in den Sammelbehälter erfolgen muss. Denn der Wortlaut des Patentanspruchs 1 ist insoweit nicht beschränkt, sondern sieht lediglich funktional vor, dass die sich erstreckende Ausgestaltung des Verschlusskörpers einen allmählichen Verschluss ermöglicht. Somit kann auch die weiter geäußerte Auffassung der Beschwerdeführerin, dass mit dem Wort „Dom“ eine Hallenform gemeint sei, die durch eine in D1 oder D2 verwirklichte Stiftform des Verschlusskörpers nicht und gerade in der Funktion nicht vorweggenommen werden könne, nicht durchgreifen.
5b. Die Vorrichtung nach M1 ist gekennzeichnet durch die im Einzelnen aufgeführten beiden Baueinheiten Sammelbehälter und Verschlusskörper, die die Vorrichtung zumindest aufweisen muss. Der Sammelbehälter besitzt dabei zwei beliebig angebrachte Öffnungen, denn „verbindbar“ definiert keine räumlich-körperliche Ausgestaltung. Der Verschlusskörper muss nach dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 nicht zwingend die Auslassöffnung überdecken (M2: „im Bereich der Auslassöffnung“). Er erstreckt sich in den Sammelbehälter hinein und ist als Sinterhohlkörper mit eingelagerten Quellkörpern ausgebildet (M2.1b, M2.2). Soweit der Hohlkörper ein „längserstreckter“ Hohlkörper sein soll (M2.1a), ist diese Forderung bei einem dreidimensionalen Körper immer erfüllt, denn für die „Längserstreckung“ ist weder eine Richtung noch eine Dimensionierung vorgegeben.
Sinterkörper werden durch Sintern, also durch Verbinden feinkörniger Stoffe unter Wärmeeinwirkung, oftmals unter erhöhtem Druck, gewonnen, wobei die Temperaturen unterhalb der Schmelztemperatur der Hauptkomponenten bleiben, mit der Folge, dass die Gestalt (Form) des Werkstückes erhalten bleibt. Dabei kommt es in der Regel zu einer Schwindung, weil sich die Partikel des Ausgangsmaterials verdichten und Porenräume aufgefüllt werden. Der Grad der Porosität des gebildeten Körpers ist von der Art der Prozessführung abhängig. Wie in der D1 beschrieben, werden zur Gewinnung derartiger Körper Materialien wie Polyethylen (PE) als Verdünner und Carboxymethylcellulose als Quellkörper gemischt und gesintert (vgl. D1: S. 10 2. vollst. Abs.).
5c. Soweit sich nach Hilfsantrag 1 die Saugleistung der Vorrichtung ab einem erstmaligen Benetzen der Poren mit Flüssigkeit bis zum Verschluss aller Poren in Abhängigkeit vom angelegten Unterdruck kontinuierlich reduziert, wird dies, wie auch von der Beschwerdeführerin dargestellt, bereits durch den sich als Hohlkörper in den Sammelbehälter erstreckenden Verschlusskörper gewährleistet, der von unten nach oben befeuchtet wird. Dies gilt sinngemäß auch für die die Saugleistung der Vorrichtung bewirkende Unterdruckquelle, die mit dem Verschluss der Poren abnimmt. Da die Vorrichtung mit dieser Quelle nur verbindbar ist, vermögen diese lediglich die Wirkung der Unterdruckquelle und des Verschlusskörpers wiedergebenden Ausgestaltungen die Vorrichtung nach Patentanspruch 1 nicht weiter zu beschränken.
5d. Bei dem nach Hilfsantrag 2 strömungsabwärts des Verschlusskörpers angeordneten und randschlüssig in einem Gehäuse innerhalb des Sammelbehälters aufgenommenen Bakterienfilter, an dessen freiem Gehäuseende der Verschlusskörper befestigt ist, ist das dem Verschlusskörper zugewandte Ende als „freies Ende“ zu verstehen, da eine Anordnung des Filters strömungsabwärts sonst nicht möglich ist. Dem Wort „frei“ kommt bis auf die Tatsache, dass das Ende des Gehäuses zum Verschlusskörper hin geöffnet ist, keine weitere räumlich-körperliche Ausgestaltung zu. Auch das andere Ende des Gehäuses ist räumlich nicht ausgestaltet und somit als „frei“ zu bezeichnen.
6. Die Vorrichtung nach erteiltem Patentanspruch 1 ist aus der Druckschrift D1 bekannt und somit nicht neu.
Nach der gebotenen Auslegung beschreibt die D1 sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 (vgl. in D1: M1: S. 1 Z. 5-15; M1.1: S. 1 Z. 9-15; M2: S. 6 Z. 13-17 „filter 10“); M2.1a,b: Patentanspruch 1 i. V. m. S. 6 Z. 13-17, S. 11 Z. 23-25 und Fig. 1; M2.2: Patentanspruch 1 i. V. m. S. 9 le. Abs. – S. 10 drittle. Z.). Das Filter 10 nach Fig. 1 erstreckt sich domförmig in den Sammelbehälter.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass die Lehre der D1, anders als die patentgemäße Lösung, auf ein sofort schließendes Filter 10 gerichtet sei, weshalb der Verschlusskörper innerhalb der Vakuumleitung des Deckels und von einem Schild 30 gegen beim Einleiten verspritzende Flüssigkeit abgeschirmt sei (vgl. D1: S. 6 Z. 13 – S. 7 Z. 1: „… within the conduit or passageway …“, „… by inserting the filter 10 in a longitudinal direction into the filter shield 30 …“). Die in Fig. 1 der D1 gezeigte Konstruktion führe zu einem siphonähnlichen Effekt und der Filter schließe wegen des durch die Flüssigkeit abgedichteten Spaltes umgehend. Dem stehe auch nicht entgegen, dass in der D1 bei vergleichbaren Materialien des Verschlusskörpers (vgl. B4-Schrift: Abs. [0009] und D1: S. 10 Z. 4-14) von trockenen und nassen Regionen des Verschlusskörpers gesprochen werde oder von einer fortschreitenden angefeuchteten Region (vgl. D1: S. 14 Z. 11-22 „… the wet hydrated region advancing in area toward the first portion … of the filter“; auch S. 13 le. 4 Z.).
Diese Argumentation lässt jedoch außer Betracht, dass die D1 in der oben angesprochenen Passage explizit darstellt, dass der Verschluss allmählich erfolgt und es erst nach vollständiger Befeuchtung zu einem Verschluss kommt (vgl. D1: S. 14 Z. 22-24 „Eventually, the entire filter is saturated, thereby preventing flow of air and liquid … and shutting off the vacuum …“), wird die erfindungsgemäße Lösung nach Streitpatent (B4-Schrift: Abs. [0010]) explizit vorweggenommen wird. Denn unter Vakuum ergibt sich kein siphonähnlicher Effekt.
Damit kann auch das weitere Argument der Beschwerdeführerin, dass der Spalt zwischen Filter 10 und Schild 60 eine Art „Strohhalm“ darstelle, in den die Flüssigkeit so rasch ansteige, dass der Verschluss sofort erfolge, nicht durchgreifen. Denn diese Sichtweise steht im Widerspruch zum Wort „advancing“ und der insoweit auch nicht vorgegebenen Spaltbreite sowie den im Streitpatent oder der D1 insoweit fehlenden Angaben zur Steuerung des Verfahrens. Das gilt auch für ihren Einwand, dass der Verschlusskörper nach der Lehre der D1 automatisch schließe (vgl. D1: S. 15 Z. 14-17), denn „automatisch“ bedeutet nicht „sofort“. Schließlich kann auch ihr Argument nicht überzeugen, dass sich der in der D1 gezeigte Verschlusskörper durchweg innerhalb des Schildes 60 befinde, da der Anspruchswortlaut des Streitpatents einen Spritzschutz nicht ausschließt.
7. Die Gegenstände von Hauptantrag und Hilfsantrag 1 unterscheiden sich nicht, da, wie ausgeführt, sich dieselbe Wirkung bei der in D1 angegebenen Konstruktion unter Vakuum einstellt (Merkmale M1.2, M2.3). Damit ist auch die Vorrichtung gemäß Hilfsantrag 1 gegenüber D1 nicht neu.
Nach Hilfsantrag 2 wird die Vorrichtung durch ein stromabwärts des Verschlusskörpers angeordnetes Bakterienfilter, das randschlüssig in einem Gehäuse innerhalb des Sammelbehälters aufgenommen ist und der Verschlusskörper am freien Ende des Gehäuses befestigt ist, weiter ausgestaltet (Merkmale M3, M3.1). Die D1 betont, dass die Vakuumquelle vor Kontamination geschützt werden muss (vgl. D1: S. 1 Z. 16-19). In diesem Sinne führt die Beschwerdeführerin in der Verhandlung dann auch zutreffend aus, dass die Leitung zur Pumpe frei haltende, auch einem Verschlussfilter nachgeschaltete Bakterienfilter zwar aus den Druckschriften D5-D7 bekannt seien (vgl. D5: S. 10 Z. 10-15; D6: Fig. 1 Bz. 20 und 22 und S. 7 Z. 6-10; D7: Fig. 1 Bz. 64 und 10 und Sp. 3 Z. 33-37, Sp. 6 Z. 26-53), dass der Fachmann aber ausgehend von D1 oder D2 bereits aus Platzgründen von der Installation eines nachgeschalteten Bakterienfilters Abstand nehme.
Der Senat vermag sich dieser Sichtweise nicht anzuschließen. Wie ausgeführt, bilden Filterkombinationen aus sich schließendem Filter und nachgeschaltetem Bakterienfilter eine dem Fachmann alternativ zum Kombinationsfilter geläufige und genutzte Ausgestaltung zum Schutz der Vakuumpumpe, die er ohne weiteres mitberücksichtigt. Sofern er hintereinander geschaltete Filter vorsieht, wird er den Bakterienfilter möglichst nahe und damit kompakt ausgebildet am Verschlussfilter anbringen, um die ansonsten mühsam zu reinigenden Leitungen weitgehend steril zu halten. Zudem kann er bei einer zweiteiligen Ausbildung den Bakterienfilter eingebaut lassen und muss nur den Verschlussfilter wechseln.
Auch Platzgründe stehen einer kompakten Bauweise nicht entgegen, das es für den Fachmann ersichtlich keine Rolle spielt, ob ein nachgeschaltetes Filter 10, wie in Fig. 1 der D7 gezeigt, nahe beim Deckelrand oberhalb oder unterhalb angeordnet wird. Somit liegt die örtliche Anbringung des Bakterienfilters im Belieben des Fachmanns und kann, ebenso wie dessen bereits in Fig. 1 der D7 verwirklichte randschlüssige Anbringung, nun innerhalb des Gehäuses, keine erfinderische Tätigkeit begründen.
8. Soweit die Gegenstände der erteilten Unteransprüche nicht bereits in die Patentansprüche 1 nach den Hilfsanträgen Eingang gefunden haben, fallen sie aufgrund der Antragsbindung. Im Übrigen vermögen auch sie keine erfinderische Tätigkeit zu begründen.
Dass die domförmige Ausgestaltung nicht beschränkend wirkt, wird nach der gebotenen Auslegung durch den Unteranspruch 2 nach Hilfsantrag 2 belegt. Bereits die D1 sieht sich verändernde Durchmesser beim Filter (vgl. D1: S. 5 Z. 15-17) vor. Für den Fachmann erschließt sich für die Wahl der Form lediglich, dass diese den Verschluss der Poren von unten nach oben ermöglicht (vgl. D1: S. 14 Z. 11-24).
Nach Unteranspruch 3 des Hilfsantrags 2 ist der Sammelbehälter mit einem Steckanschluss zum Verbinden den Unterdruckquelle versehen, was bereits in der im Streitpatent vom Anmeldetag zitierten D3 und in der D1 als fachüblich verwirklicht ist (vgl. D3: Fig. 4 aufgesteckter Schlauch zum Vakuum A; D1: Fig. 1 „vacuum port 21“).
Nach alledem erweisen sich die Gegenstände nach erteiltem Patent und nach nach den Hilfsanträgen 1 bis 2, sowie nach den Unteransprüchen als nicht patentfähig. Die Beschwerde der Patentinhaberin war daher zurückzuweisen.