Entscheidungsdatum: 13.12.2010
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 101 25 258.7-44
…
hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Feuerlein, der Richterin Schwarz-Angele und der Richter Dr. Egerer und Dr. Lange
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die n… in E , reichte am 23. Mai 2001 beim Deutschen Patent- und Markenamt eine Patentanmeldung ein, die am 9. Januar 2003 in Form der deutschen Offenlegungsschrift DE 101 25 258 A1 mit der Bezeichnung
„Verfahren zur Bestimmung des Bindeverhaltens von an Ziel-Molekülen spezifisch bindenden Liganden“
veröffentlicht wurde.
Im Verlauf des Prüfungsverfahrens wurde diese Patentanmeldung antragsgemäß mit Datum vom 9. Mai 2005 auf den Miterfinder Prof. Dr. W… in M…, umgeschrieben.
Mit Beschluss vom 7. Februar 2006 wies die Prüfungsstelle für Klasse G 01 N des Deutschen Patent- und Markenamts die Patentanmeldung zurück.
Dem Beschluss lagen die ursprünglich eingereichten Ansprüche 1 bis 23 folgenden Wortlauts zugrunde (elektronische Fotokopie aus DE 101 25 258 A1):
Die Zurückweisung der Patentanmeldung ist mit mangelnder Neuheit gegenüber der im Verlauf des Prüfungsverfahrens entgegengehaltenen nachveröffentlichten Druckschrift DE 100 28 186 A1 (8) begründet worden.
Weitere ermittelte und entgegengehaltene Druckschriften sind
(1) WO 99/50669 A1
(2) WO 01/22078 A1
(3) WO 97/43301 A2
(4) WO 96/22530 A1
(5) WO 00/00823 A1
(6) WO 99/45150 A1
(7) WO 00/47999 A1.
Gegen die Zurückweisung der Patentanmeldung hat der Anmelder mit Schriftsatz vom 3. April 2006 Beschwerde eingelegt und beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent auf der Grundlage der ursprünglichen Ansprüche 1 bis 23 zu erteilen, hilfsweise die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.
Zur Begründung seines Antrags bringt der Anmelder insbesondere vor, die Druckschrift (8), die im Übrigen nicht vorveröffentlicht sei, könne die Neuheit des Verfahrens gemäß Anspruch 1 nicht in Frage stellen, zumal aus (8) keine konkrete Lehre hinsichtlich des Einsatzes der darin erwähnten Referenzsubstanzen und Inhibitoren hervorgehe. Mangels Vorveröffentlichung von (8) sei es im Übrigen nicht zulässig, die in (8) fehlenden Informationen durch Naheliegendes zu ergänzen.
In der mündlichen Verhandlung am 13. Dezember 2010 stellt die Vertreterin des Anmelders den Antrag,
den Beschluss des Patentamts aufzuheben und das Patent zu erteilen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die betreffenden Schriftsätze und Prüfungsbescheide der Patentamtsakte bzw. der Gerichtsakte verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist frist- und formgerecht eingelegt worden und zulässig (PatG § 73). Sie hat jedoch aus nachfolgenden Gründen keinen Erfolg.
1. Der Erfindungsgegenstand betrifft in der geltenden Fassung des ursprünglich eingereichten Patentanspruchs 1 ein
1) Verfahren zur Bestimmung des Bindeverhaltens von an Ziel-Molekülen (Rezeptoren) spezifisch an mindestens einer Bindungsstelle bindenden Liganden
umfassend folgende Schritte
2) Herstellen einer ersten Mischphase und einer zweiten Mischphase unter jeweils identischen Bedingungen
2.1) in der ersten Mischphase werden die Liganden einer Konzentration K1 mit an die Rezeptoren spezifisch bindenden Markern einer Konzentration K2 sowie mit den Rezeptoren einer Konzentration K3 in Kontakt gebracht,
2.2) in der zweiten Mischphase werden die Marker mit den Rezeptoren in Kontakt gebracht,
3) Absondern der enthaltenen gebundenen Marker GM1 und GM2 jeweils von der ersten und zweiten Mischphase,
4) Ermitteln der jeweiligen Konzentrationen K4 und K5 der ungebundenen Marker in den beiden Mischphasen,
4.1) wobei aus der Konzentration K5 der zweiten Mischphase eine Konzentration K6 ermittelt wird, welche der Konzentration der ungebundenen Marker in der zweiten Mischphase unter der Annahme entspricht, dass darin die Marker in der Konzentration K2 mit den Rezeptoren in der Konzentration K3 in Kontakt gebracht worden sind,
4.2) Bestimmen des Bindeverhaltens der Liganden aus dem Verhältnis zwischen K6 und K4,
oder
5) Ermitteln der jeweiligen Mengen M1 und M2 der gebundenen Marker GM1 und GM2,
5.1) wobei aus der Menge M2 eine Menge M3 ermittelt wird, welche der Menge der gebundenen Marker in der zweiten Mischphase unter der Annahme entspricht, dass darin die Marker in der Konzentration K2 mit den Rezeptoren in der Konzentration K3 in Kontakt gebracht worden sind,
5.2) Bestimmen des Bindeverhaltens der Liganden aus dem Verhältnis zwischen den Mengen M3 und M1,
6) die Marker liegen jeweils in nativer Form vor
7) das Ermitteln der Konzentrationen K4 und K5 oder der Mengen M1 und M2 erfolgt mittels Massenspektrometrie.
2. Die in den Ansprüchen verwendeten funktionellen Begriffe Liganden, (native) Marker, Inhibitoren und Referenzsubstanzen stehen für chemische Verbindungen, die - im Kontext des beanspruchten Verfahrens - sämtlich an die gleichen Rezeptoren bzw. Ziel-Moleküle binden, im kompetitiven Fall an ein und dieselbe Bindungsstelle des Ziel-Moleküls, sodass diese Begriffe austauschbar sind. Über diese Begriffe bzw. über die gewählte Bezeichnung ist deshalb eine stoffliche Unterscheidung und damit eine Abgrenzung von gattungsgemäßen Verfahren des Standes der Technik nicht möglich. Die diesbezüglichen Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss vom 7. Februar 2006 (vgl. a. a. O. S. 8 Abs. 1) sowie in dem vorausgegangenen Bescheid der Prüfungsstelle vom 28. Dezember 2005 (vgl. a. a. O. S. 2 Abs. 2 und 3) sind deshalb nicht zu beanstanden.
Des Weiteren ist der Begriff „Marker“ gemäß der Lehre der vorliegenden Patentanmeldung nicht zu verwechseln mit einer Substanz, die mittels eines geeigneten Substituenten markiert ist, beispielsweise mittels eines fluorophoren Restes. Vielmehr ist ein Marker in der Bedeutung der vorliegenden Patentanmeldung als ein Ligand zu verstehen, dessen Bindungsverhalten bekannt ist, also eine Referenzsubstanz, und der chemisch unverändert, also nativ eingesetzt wird. Die Detektion eines solchen nativen Markers kann, ebenso wie die eines Liganden, über seine Masse durch massenspektrometrische Verfahren erfolgen.
Alternativ dazu besteht im Stand der Technik die Möglichkeit zur Verwendung von per se fluoreszierenden Stoffen als Marker, wobei die Anwendung zur Untersuchung des Bindungsverhaltens anhand der Fluoreszenzdetektion zwangsläufig begrenzt ist auf nur diejenigen Stoffe, die bereits in nativer Form fluoreszieren.
3. Im Verlauf des Prüfungsverfahrens wurde die Ausführbarkeit des beanspruchten Verfahrens in Frage gestellt und zwar insofern, als unklar sei, wie das Absondern und das Ermitteln erfolge. Außerdem wurde sinngemäß die Ausführbarkeit über die Anspruchsbreite bemängelt (vgl. Bescheid v. 24. November 2004 S. 2 Abs. 3).
Es trifft zwar zu, dass in Schritt b) des Verfahrens gemäß Anspruch 1 nicht angegeben ist, wie das Absondern realisiert wird. Jedoch geben nach Ansicht des Senats sowohl Anspruch 6 als auch die Beschreibung einschließlich der Ausführungsbeispiele genügend Informationen dazu, wie die Teillehre des Absonderns auszuführen ist.
Hinsichtlich der Schritte c1) und c2) gemäß Anspruch 1 ist zwar zu hinterfragen, was unter den betreffenden Teilmerkmalen 4.1 und 5.1 zu verstehen ist, insbesondere worin sich K6 und K5 sowie M3 und M2 unterscheiden bzw. wie aus K5 sowie M2 die Konzentration K6 sowie die Menge M3 ermittelt wird. Jedoch handelt es sich bei der Prämisse bzw. der zu treffenden Annahme gemäß 4.1 und 5.1 um nichts anderes als um die geforderten identischen Bedingungen, nämlich die identische Ausgangskonzentrationen von Markersubstanz und Rezeptor/Zielmolekül in den verschiedenen Mischphasen, hier der Mischphasen 1 und 2, im Übrigen auch in Übereinstimmung mit dem Merkmal des Anspruchs 2.
Insofern ist auch den Ausführungen im Prüfungsbescheid vom 24. November 2004 beizutreten (vgl. a. a. O. S. 2 Abs. 4), wonach die Bestimmung des Bindeverhaltens der Liganden aus dem Verhältnis zwischen den Konzentrationen K6 und K4 im Idealfall unter der Bedingung von in beiden Mischphasen übereinstimmenden Konzentrationen K2 der Marker und K3 der Rezeptoren/Zielmoleküle erfolgt, weil dann K6, per Definition, der direkt gemessenen Konzentration K5 ungebundener Marker in der zweiten Mischphase entspricht. Dagegen wäre bei Abweichungen davon eine Ermittlung von K6 aus dem gemessenen Wert von K5 anhand einer üblichen Eichkurve für das Rezeptorbindungsverhalten des/der Marker(liganden) erforderlich.
Die beiden Alternativen c1) und c2) stellen jedoch für den mit der Untersuchung von Rezeptor-Ligand-Bindungsverhalten befassten und vertrauten Fachmann eine Selbstverständlichkeit dar, sodass nach Ansicht des Senats die Ausführbarkeit, zu der im angefochtenen Beschluss nichts gesagt wurde, insgesamt als gegeben anzusehen ist. Unbotmäßige Anspruchsbreite stellt dagegen keinen Ausführbarkeitsmangel dar (vgl. BGH-Taxol, GRUR 2001, 813 - 819).
4. Zur Prüfung der Beschwerdegründe und damit zur Prüfung der Patentfähigkeit des Anmeldungsgegenstands sind die nachveröffentlichte deutsche Patentanmeldung DE 100 28 186.9 (vgl. DE 100 28 186 A1 (8)), die gegenüber der vorliegenden Anmeldung einen älteren Zeitrang aufweist, gemäß § 3 (2) PatG deshalb lediglich für die Neuheit zu berücksichtigen ist und auf die sich der angefochtene Beschluss ausschließlich stützt, sowie die im Erstbescheid des Prüfungsverfahrens für die erfinderische Tätigkeit als relevant erachteten Druckschriften WO 99/50669 A1 (1) und WO 01/22078 A1 (2) heranzuziehen.
a) Die nachveröffentlichte Druckschrift (8) mit älterem Zeitrang betrifft die Bestimmung der Menge von an Ziel-Molekülen (Rezeptoren) gebundenen Liganden und damit die Bestimmung des Bindeverhaltens. Die Formulierung des Merkmals 1 der vorliegenden Anmeldung unterscheidet sich deshalb in tatsächlicher Hinsicht nicht von dem gattungsgemäßen Verfahren der Druckschrift (8).
Im Einzelnen umfasst das in (8) beschriebene Verfahren - ebenso wie das anmeldungsgemäße Verfahren - das Inkontaktbringen von Rezeptoren (Ziel-Molekülen) und Liganden in einer ersten Mischphase in einem ersten Mischungsverhältnis und in mindestens einer weiteren (zweiten) Mischphase in mindestens einem weiteren (zweiten) Mischungsverhältnis (vgl. (8) Anspr. 1 a, b i. V. m. Anspr. 2 - Merkmale 2, 2.1, 2.2). Vorteilhafterweise kann das Verfahren gemäß (8) in Gegenwart eines selektiven Inhibitors, also eines konkurrierenden, kompetitiven Liganden, in einem Parallelansatz unter identischen Bedingungen durchgeführt werden (vgl. (8) Ausfbeisp. 3, insbes. Sp. 10 Z. 20 bis 26; Ausfbeisp. 2, insbes. Sp. 9 Z. 12 bis 17; Ausfbeisp. 1, insbes. Sp. 7 Z. 6 bis 12 i. V. m. Sp. 4 Z. 48 bis 61 sowie Anspr. 11). Der gemäß der Lehre von (8) für den Rezeptor und damit für das Ziel-Molekül selektive Inhibitor ist gleichwohl ein selektiver Ligand bzw. Marker. Denn im Wortsinn des Verfahrens der vorliegenden Anmeldung ist der selektive Ligand bzw. selektive Inhibitor insofern auch ein Marker, als sein Bindungsverhalten gegenüber dem Rezeptor bekannt ist; der Marker und der Inhibitor stellen damit nichts anderes als Referenzsubstanzen bzw. Referenzliganden dar. Dass es sich bei den gemäß (8) als Liganden eingesetzten Substanzen jedenfalls teilweise um solche mit einer bekannten Affinität zu den Ziel-Molekülen und damit um Referenzsubstanzen, d. h. um Marker im Sinne der vorliegenden Anmeldung zur Bestimmung von Liganden mit einer unbekannten Affinität handelt, geht im Übrigen aus der Beschreibung von (8) hervor (vgl. (8) Sp. 3 Z. 68 bis Sp. 4 Z. 3).
Aus dem Gesamtoffenbarungsgehalt von (8) ergibt sich darüber hinaus, dass diese native Form einer Markierung bevorzugt ist (vgl. (8) Ausführungsbeispiele i. V. m. Sp. 3 Z. 45 bis 51 sowie Anspr. 3 - Merkmal 6). Daneben ist die Markierung eines Liganden im Sinne einer stofflichen Veränderung bzw. Derivatisierung in (8) mittels eines fluorophoren Rests lediglich unter der Voraussetzung angesprochen, dass diese Derivatisierungmittels eines fluorophoren Rests das Bindungsverhalten des Liganden nicht verändert (vgl. (8) Sp. 3 Z. 51 bis 62).
Nach Inkubation in den beiden Mischphasen werden die an die Rezeptoren gebundenen Liganden, d. h. der Rezeptor-Ligand-Komplex, von der/den Mischphasen abgetrennt und zwar unter Bedingungen, unter denen die Menge an ungebundenen Liganden konstant bleibt (vgl. (8) Anspr. 1c i. V. m. Sp. 2 Z. 66 bis Sp. 3 Z. 12 - Merkmal 3), und es wird aus den verschiedenen Konzentrationen das Bindungsverhalten bzw. die Affinität ermittelt, vorzugsweise aus den Konzentrationen der nativen Liganden/Marker mittels Massenspektrometrie (vgl. (8) insbes. die Ausfbeisp. i. V. m. Sp. 3 Z. 13 bis 30, Sp. 4 Z. 62 bis Sp. 5 Z. 17 - Merkmal 7).
Damit sind die Merkmale 1 bis 3 sowie 6 und 7 unmittelbar aus (8) zu entnehmen, eine Abgrenzung des Verfahrens gemäß Anspruch 1 der vorliegenden Anmeldung von der Lehre gemäß (8) ist deshalb über diese Merkmale nicht gegeben.
Ein Unterschied des anmeldungsgemäßen Verfahrens ist auch nicht in den alternativen Teilschritten c1) und c2 betreffend die Ermittlung der Konzentrationen sowie der Mengen (vgl. die Merkmale 4 bis 4.2 sowie 5 bis 5.2) zu erkennen, insbesondere nicht gegenüber bevorzugten Ausführungsformen von (8) (vgl. (8) insbes. Ausführungsbeispiel 3). Vielmehr handelt es sich bei den anmeldungsgemäßen Vorgehensweisen gemäß den Merkmalen 4 bis 4.2 sowie 5 bis 5.2 um übliche, dem Fachmann geläufige und selbstverständliche Auswertungen, die sich zudem aus den Arbeitsweisen der Ausführungsbeispiele von (8) in Verbindung mit der Ausführungsform des Anspruchs 2 von (8) unter der Prämisse ergeben, dass - wie in der Beschreibung ausgeführt (vgl. (8) Sp. 3 Z. 68 bis Sp. 4 Z. 3) - Liganden auch als Referenzsubstanzen und damit als Marker im Sinne der vorliegenden Anmeldung fungieren (vgl. (8) insbes. Sp. 7 Z. 6 bis 12, Sp. 9 Z. 12 bis 17 sowie Ausführungsbeispiel 3). Die Merkmale 4 bis 4.2 sowie 5 bis 5.2 vermögen deshalb dem beanspruchten Verfahren nach Ansicht des Senats nicht zur Neuheit zu verhelfen.
Was das Vorbringen des Patentinhabers anbelangt, bei der Bewertung des Inhalts der nachveröffentlichten Druckschrift (8) mit älterem Zeitrang, die nach § 3(2) lediglich zur Neuheitsprüfung heranzuziehen ist, sei eine Einbeziehung von Naheliegendem und damit eine Vermengung mit erfinderischer Tätigkeit unstatthaft (vgl. GA Schrifts. v. 3. April 2006 S. 4 Abs. 1; PA Eing. v. 28. Januar 2006 S. 3 Abs. 3), so vermag der Senat unzulässiges Mitlesen oder unzulässiges Miteinbeziehen von Naheliegendem weder in der vorgenommenen Auslegung des technischen Inhalts der Druckschrift (8) betreffend die gegebenenfalls unterschiedlichen Funktionen der Bindungspartner der Ziel-Moleküle noch in den gemäß (8) zu einer Bestimmung des Bindeverhaltens von Bindungspartnern bzw. Liganden erforderlichen Auswertungen zu erkennen.
b) Aber selbst wenn man die Neuheit gegenüber der älteren deutschen Anmeldung (8) anerkennen wollte, so beruht das Verfahren gemäß Anspruch 1 jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber dem Inhalt der vorveröffentlichten Druckschriften (1) und (2).
Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist von der Aufgabe auszugehen, die darin bestehen soll, zur Behebung von Nachteilen des Standes der Technik ein Verfahren bereitzustellen, das mit geringem Aufwand die Ermittlung des Bindungsverhaltens beliebiger, von an Ziel-Molekülen spezifisch bindender Liganden ermöglicht, ohne dabei durch die direkte Quantifizierbarkeit der Liganden limitiert zu sein und ohne das Erfordernis von mit einer Markierungssubstanz versehenen Substanzen (vgl. DE 101 25 258 A1 S. 2 Z. 5 bis 40, insbes. Z. 37 bis 40).
Die Lösung dieser Aufgabe durch ein Verfahren mit dem Merkmalen 1 bis 7 war indessen für den Fachmann, ein mit der Analytik und Charakterisierung von Biomolekülen, insbesondere mit Rezeptor-Ligand-Bindungsstudien befasster und vertrauter promovierter Chemiker oder Biochemiker, ausgehend von dem Stand der Technik, wie er aus den vorveröffentlichten Druckschriften (1) und (2) hervorgeht, naheliegend.
Aus der Druckschrift (1), die das Screening von Substanzbibliotheken mit dem Ziel des Auffindens neuer Wirkstoffe betrifft, geht ein Verfahren zur Bestimmung des Rezeptor-Ligand-Bindungsverhaltens von (beliebig vielen) Liganden einer Substanzbibliothek unter Einsatz massenspektrometrischer Detektionsmittel und damit ein gattungsgemäßes Verfahren hervor, wobei die relative Affinität von Liganden untereinander sowie gegenüber einer Referenzsubstanz (pre-selected indicator compound) mit bekannter Affinität zu dem Rezeptor (Ziel-Molekül) ermittelt wird (vgl. (1) S. 9 Z. 28 bis S. 11 Z. 2).
Insbesondere werden gemäß der Lehre von (1) dabei Liganden und Markersubstanzen im nativen Zustand mit den Rezeptoren/Zielmolekülen (erste Mischphase) und im Vergleich dazu nur die Markersubstanzen mit den Rezeptoren (zweite Mischphase) inkubiert. Anschließend wird nach frontalchromatographischer Trennung von gebundenen und ungebundenen Markersubstanzen über die Durchbruchszeit das Bindungsverhalten bzw. die Affinität von Liganden per Massenspektrometrie bestimmt (vgl. (1) Anspr. 1 und 32, insbes. Anspr. 32 d und e i. V. m. S. 11 Z. 4 bis S. 12 Z. 2).
Damit ist der Druckschrift (1) ein Verfahren zur Bestimmung des Bindeverhaltens von an Ziel-Molekülen spezifisch bindenden Liganden mit den Merkmalen 1 bis 3 sowie 6 und 7 unmittelbar zu entnehmen.
Für die Ermittlung der Konzentrationen der ungebundenen Marker sowie der Mengen der gebundenen Marker sowie daraus des Bindeverhaltens von Liganden einer Substanzbibliothek gemäß den Merkmalen 4 bis 4.2 sowie 5 bis 5.2 bedarf es lediglich des Wissens und Könnens des Fachmanns. Eine gegebenenfalls detaillierte Abhandlung im jeweiligen Stand der Technik erübrigt sich deshalb.
Dem Vorbringen des Anmelders, der Druckschrift (1) sei kein Hinweis auf die erfindungsgemäße Lehre zu entnehmen, und die Verfahrensweise der Druckschrift (1) sei mit dem Nachteil stets immobilisierter Ziel-Moleküle bzw. Ziel-Rezeptoren und daraus resultierenden Abweichungen bei der Bestimmung des Bindungsverhaltens gegenüber dem Einsatz nativer Ziel-Moleküle verbunden, führt nicht zu einer anderen Bewertung. Denn die grundsätzliche Möglichkeit zur Durchführung von Rezeptor-Ligand-Bindungsstudien mit nativen Ziel-Molekülen bzw. Rezeptoren, die entweder membrangebunden oder aufgrund ihres Molekulargewichts leicht zentrifugierbar oder (ultra)filtrierbar und damit leicht abtrennbar sind, ist dem Fachmann aus dem Stand der Technik geläufig (vgl. z. B. (2) insbes. Beispiele 1 bis 3). Insofern als sowohl die vorliegende Anmeldung als auch die Lehre der Druckschrift (2) mit nativen membrangebundenen, damit partikulären und leicht entsprechend dem Merkmal 3 abtrennbaren Ziel-Molekülen arbeiten, erhielt der Fachmann beispielsweise durch (2) nicht nur eine Anregung, sondern er hatte darüber hinaus allen Anlass, ausgehend von der Lehre der Druckschrift (1) unter den Bedingungen wie in (2) mit nativen membrangebundenen Rezeptoren, die letztlich auch eine natürlich immobilisierte Form des Ziel- bzw. Rezeptormoleküls darstellen, im Batch-Versuch unter Gleichgewichtsbedingungen und ohne Frontalchromatographie zu arbeiten.
5. Auf die echten Unteransprüche 2 bis 23 brauchte bei dieser Sachlage nicht gesondert eingegangen zu werden; sie teilen das Schicksal des Hauptanspruchs 1, auf den sie rückbezogen sind (vgl. BGH v. 27. Juni 2007 - X ZB 6/05, GRUR 2007, 862 - Informationsübermittlungsverfahren II; Fortführung von BGH v. 26. September 1996 - X ZB 18/95, GRUR 1997, 120 - Elektrisches Speicherheizgerät).
Gleichwohl sind zahlreiche Merkmale der Unteransprüche bereits durch die Lehre der Druckschrift (8) vorweggenommen (vgl. (8), Sp. 10 Z. 20 bis 26 i. V. m. Sp. 3 Z. 63 bis Sp. 4 Z. 3 zu Anspr. 2; vgl. (8) Anspr. 19 i. V. m. Sp. 5 Z. 33 bis 38 zu Anspr. 3; vgl. (8) Sp. 4 Z. 48 bis 61 i. V. m. Anspr. 11 zu Anspr. 4; vgl. (8) Ausfbeisp. 2 zu Anspr. 5; vgl. (8) z. B. Sp. 4 Z. 4 bis 11 sowie Sp. 5 Z. 26 bis 33 zu Anspr. 6; vgl. (8) Anspr. 1c zu Anspr. 7; vgl. (8) z. B. Sp. 6 Z. 36 bis 40 zu Anspr. 8; vgl. (8) Sp. 4 Z. 4 bis 11 zu Anspr. 9; vgl. (8) Sp. 4 Z. 15 bis 19 zu Anspr. 10; vgl. (8) Sp. 3 Z. 63 bis Sp. 4 Z. 3 i. V. m. Sp. 4 Z. 29 bis 34 zu Anspr. 11; vgl. (8) Ausfbeispiele zu Anspr. 13; vgl. (8) Sp. 3 Z. 63 bis 65 zu Anspr. 14; vgl. (8) Ausfbeispiele zu Anspr. 16; vgl. (8) Sp. 5 Z. 33 bis 38 zu Anspr. 17; vgl. (8) Sp. 3 Z. 68 bis Sp. 4 Z. 3 zu Anspr. 18; vgl. (8) Sp. 3 Z. 51 bis 56 zu Anspr. 19; vgl. (8) Anspr. 17 zu Anspr. 20; vgl. (8) Anspr. 16 zu Anspr. 21; vgl. (8) Sp. 5 Z. 33 bis 38 zu Anspr. 22; vgl. (8) Anspr. 20 zu Anspr. 23) oder sie ergeben sich in naheliegender Weise aus der Zusammenschau der Lehren der Druckschriften (1) und (2) in Verbindung mit dem Wissen und Können des Fachmanns.