Entscheidungsdatum: 08.03.2011
Teilbeschluss
Wird im Patenterteilungsverfahren der Hauptantrag durch Teilbeschluss zurückgewiesen, obwohl der Hilfsantrag entscheidungsreif - und auch gewährbar - ist, so stellt dies eine unangemessene und den Grundsätzen der Verfahrensökonomie widersprechende Sachbehandlung dar (in Fortführung von 17 W (pat) 28/08 und 17 W (pat) 87/07).
Ein solcher Verfahrensfehler rechtfertigt die Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 80 Abs. 3 PatG.
In der Beschwerdesache
betreffend die Patentanmeldung 103 58 566.4-52
…
hat der 15. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 8. März 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Feuerlein, der Richterin Schwarz-Angele und der Richter Dr. Egerer und Dr. Lange
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Prüfungsstelle für Klasse G 01 N - vom 9. Februar 2007 aufgehoben und das Patent erteilt.
Bezeichnung: Kombination aus einem Behälter und einer Haltevorrichtung zum Halten eines Aufnahmemittels für ein biologisches Objekt, Laser-Mikrodissektionssystem sowie Verfahren zum Halten eines Aufnahmemittels für ein biologisches Objekt und Laser-Mikrodissektionsverfahren.
Anmeldetag: 15. Dezember 2003.
Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:
Patentansprüche 1 bis 16, eingegangen am 10. November 2006;
Beschreibung Seiten 1 bis 3, 3a, eingegangen am 10. November 2006; ursprüngliche Beschreibung Seiten 4 bis 11, eingegangen am 15. Dezember 2003;
ursprüngliche 2 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 4, eingegangen am 15. Dezember 2003.
2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.
3. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die Anmelderin reichte am 15. Dezember 2003 beim Deutschen Patent- und Markenamt eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung
„Haltevorrichtung zum Halten eines Aufnahmemittels für ein biologisches Objekt sowie entsprechendes Verfahren zur Laser-Mikrodissektion“
ein, die am 14. Juli 2005 in Form der DE 103 58 566 A1 veröffentlicht wurde.
Mit Teil-Beschluss vom 9. Februar 2007 wies die Prüfungsstelle für Klasse G 01 N des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung zurück. Dem Beschluss lag der Hauptantrag vom 10. November 2006 mit den Ansprüchen 1 bis 27, eingegangen am 23. Juli 2004, zugrunde. Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:
„1. Haltevorrichtung zum Halten mindestens eines zum Aufnehmen eines biologischen Objekts vorgesehenen Aufnahmemittels (9) in einem Behälter (10, 11), mit einem extern von dem Behälter (10, 11) anzuordnenden und gegenüber dem Behälter (10, 11) bewegbaren Halteabschnitt (1), und mit einem in dem Behälter (10, 11) anzuordnenden Aufnahmeabschnitt (4), welcher zum Halten des mindestens einen Aufnahmemittels (9) ausgestaltet ist, wobei der Halteabschnitt (1) und der Aufnahmeabschnitt (4) berührungslos derart gekoppelt sind, dass über den Halteabschnitt (1) der Aufnahmeabschnitt (4) in dem Behälter (10, 11) gehalten wird und durch Bewegen des Halteabschnitts (1) gegenüber dem Behälter (10, 11) positionierbar ist.“
Die Zurückweisung der Patentanmeldung wurde mit mangelnder Neuheit des Gegenstands gemäß Anspruch 1 nach Hauptantrag gegenüber der Lehre der Druckschrift
(5) DE 38 41 961 A1
begründet. Weitere im Prüfungsverfahren ermittelte Druckschriften sind:
(1) WO 2003/08934 A1
(2) DE 198 04 800 A1
(3) DE 201 11 939 U1
(4) WO 2002/14833 A1.
Eine Entscheidung über den Hilfsantrag vom 10. November 2006 mit den in der Anhörung vor der Prüfungsstelle für Klasse G 01 N vom 27. Juni 2006 ausgearbeiteten, als voraussichtlich gewährbar erachteten Ansprüchen 1 bis 16 wurde in dem Beschluss jedoch unter Verweis auf BGH - Mikroprozessor (vgl. PMZ Vol. 108 (2006) 285-286) zurückgestellt.
Dagegen richtet sich die mit Schriftsatz vom 12. April 2007 eingelegte Beschwerde der Anmelderin.
Sie beantragt, den Zurückweisungsbeschluss aufzuheben und ein Patent zu erteilen auf der Grundlage der am 23. Juli 2004 eingereichten Ansprüche 1 bis 27, hilfsweise mündliche Verhandlung. Außerdem beantragt sie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 80 (3) PatG.
Im Wesentlichen führt die Anmelderin in ihrer Begründung aus, dass die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen sei, da die Prüfungsstelle aus nicht erklärbaren Gründen über eine in der Anhörung am 27. Juni 2006 erarbeitete und als von der Prüfungsstelle gewährbar angesehene, hilfsweise beantragte Anspruchsfassung in dem Beschluss nicht entschieden, sondern die Entscheidung darüber zurückgestellt habe. Dies verstoße gegen den Grundsatz einer effizienten, fairen und ökonomischen Durchführung des Prüfungsverfahrens und zwinge sie zum Einlegen einer Beschwerde gegen den Zurückweisungsbeschluss. Die in dem angefochtenen Beschluss betreffend die Zurückstellung einer Entscheidung über den Hilfsantrag zitierte BGH-Entscheidung „Mikroprozessor“ sei auf das vorliegende Verfahren aus mehreren Gründen nicht anwendbar.
Aber auch in der Sache sei die Zurückweisung des Hauptantrags nicht begründet, da Anspruch 1 des Hauptantrags gegenüber der angezogenen Druckschrift (5) nicht nur neu, sondern auch erfinderisch sei. Denn aus der Druckschrift (5) gehe kein Behälter, in dem ein Aufnahmemittel mit einem biologischen Objekt aufgenommen wird, und auch keine Haltevorrichtung zum Halten eines derartigen Aufnahmemittels in einem Behälter hervor. Außerdem offenbare (5) keine Haltevorrichtung mit einem in einem Behälter anzuordnenden Aufnahmeabschnitt und einem extern von dem Behälter anzuordnenden Halterabschnitt, aber auch keinerlei berührungslose Kopplung zwischen irgendwelchen Komponenten derart, dass durch Bewegen der extern von einem Behälter anzuordnenden einen Komponente eine in dem Behälter anzuordnende zweite Komponente positioniert werden könnte.
Entsprechendes gelte für den Gegenstand des nebengeordneten Verfahrensanspruchs 18.
Auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung am 28. Februar 2011 ergänzt die Anmelderin ihre Anträge und beantragt mit Schriftsatz vom 16. Februar 2011 nunmehr hilfsweise, den Zurückweisungsbeschluss aufzuheben und ein deutsches Patent auf Grundlage der mit Eingabe vom 10. November 2006 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichten Ansprüche 1 bis 16 des Hilfsantrags zu erteilen.
Daraufhin wurde der anberaumte Verhandlungstermin mit Terminsnachricht vom 21. Februar 2011 von Amts wegen aufgehoben.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und bezüglich des Hilfsantrags auch begründet. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen. Die Beschwerdegebühr ist zurückzuzahlen.
1. Bezüglich ausreichender Offenbarung des Gegenstands der Anspruchsfassung gemäß Hauptantrag mit den Ansprüchen 1 bis 27 bestehen keine Bedenken, da deren Merkmale aus den ursprünglichen Unterlagen herleitbar sind.
Anspruch 1 ergibt sich aus dem ursprünglichen Anspruch 1 kombiniert mit einem Teilmerkmal aus dem ursprünglichen Anspruch 18 i. V. m. S. 4 re. Sp. [0026] i. V. m. Fig. 3, jeweils der DE 103 58 566 A1. Die Ansprüche 2 bis 17 sind im Wortlaut unverändert gegenüber der ursprünglichen Fassung (vgl. DE 103 58 566 A1). Anspruch 18 ergibt sich aus dem ursprünglichen Anspruch 18 kombiniert mit S. 4 re. Sp. [0026] i. V. m. Fig. 3, jeweils der DE 103 58 566 A1. Die Ansprüche 19 bis 27 sind im Wortlaut gegenüber der ursprünglichen Fassung unverändert geblieben (vgl. DE 103 58 566 A1).
Was die Patentfähigkeit des Anmeldungsgegenstands in der Fassung des Hauptantrags anbelangt, so ist eine Haltevorrichtung mit den Merkmalen gemäß Anspruch 1 nicht abgegrenzt gegenüber einer aus der vorveröffentlichten Druckschrift DE 38 41 961 A1 (5) entnehmbaren Haltevorrichtung, so dass es dem Gegenstand des Anspruchs 1 an der erforderlichen Neuheit mangelt.
Aus der Druckschrift (5), die ausweislich ihrer Bezeichnung ein Gerät zur Analyse von physiologischen oder anderen Flüssigkeiten in den Vertiefungen einer Mikrotestplatte betrifft, geht eine Haltevorrichtung mit einer Plattenhalterung bzw. einem Halteabschnitt 22 hervor, die zum Halten eines zum Aufnehmen eines biologischen Objekts vorgesehenen Aufnahmeabschnitts in Form einer Mikrotestplatte 1 geeignet ist (vgl. (5) Fig. 2 i. V. m. Sp. 3 Z. 59 bis 61). Der Aufnahmeabschnitt in Form einer Mikrotestplatte 1, der des Weiteren durch Vertiefungen 1’ und damit Aufnahmemittel ausgebildet ist, ist mit der Plattenhalterung bzw. deren U-förmiger Führung (Halteabschnitt) über einen ein- und ausschaltbaren Elektromagneten 24 und damit berührungslos derart gekoppelt (vgl. (5) Fig. 2 i. V. m. Sp. 3 Z. 61 bis 63 i. V. m. Z. 3 bis 4), dass die Mikrotestplatte 1 (Aufnahmeabschnitt) mittels des Halteabschnitts 22, 23 in der als Behältnis ausgebildeten Gesamtvorrichtung (vgl. hierzu auch Fig. 1 in (5)) gehalten und durch Bewegen des Plattenhalters 22, 23 innerhalb dieser Gesamtvorrichtung entlang der Schienen 4 (vgl. (5) Fig. 2), d. h. der Linie II (vgl. (5) Fig. 1) und auch hinein in das Erweiterungsmodul 13 mit seiner drehbaren Platte 70 positionierbar ist (vgl. (5) Fig. 2 i. V. m. Fig. 1 sowie Sp. 3 Z. 59 ff.).
Entsprechendes gilt für ein Verfahren gemäß Anspruch 18, welches sich sämtlicher gegenständlicher Merkmale des Anspruchs 1 auf die in Anspruch 1 angegebene funktionelle Art und Weise bedient.
Dem Vorbringen der Anmelderin in ihrem Beschwerdeschriftsatz, wonach die Druckschrift (5) mit dem Gegenstand der unabhängigen, zueinander in Nebenordnung stehenden Ansprüche 1 und 18 des Hauptantrags nicht vergleichbar sei, insbesondere dass dort keinerlei Behälter, in dem ein Aufnahmemittel mit einem biologischen Objekt aufgenommen wird, und auch keine Haltevorrichtung zum Halten eines derartigen Aufnahmemittels in einem Behälter offenbart seien, im Übrigen auch keinerlei berührungslose Kopplung von der Art des Gegenstands der vorliegenden Anmeldung, kann sich der Senat nicht anschließen.
Denn betreffende Teile der Gesamtvorrichtung gemäß Fig. 1 i. V. m. Fig. 2 der Druckschrift (5) sind als ein, wie auch im Fall der vorliegenden Anmeldung geschlossener Behälter anzusehen, in bzw. über dem die Haltevorrichtung mit dem Halteabschnitt für den Aufnahmeabschnitt in Form der Mikrotestplatte angeordnet ist und - wie im Fall der vorliegenden Anmeldung (vgl. DE 103 58 566 A1 z. B. S. 3 li. Sp. [0008]) - mittels eines ein- und ausschaltbaren Elektromagneten berührungslos bewegbar bzw. positionierbar ist. Die Vertiefungen der Mikrotestplatte (Aufnahmeabschnitt) stellen die Aufnahmemittel im Sinne der vorliegenden Anmeldung dar, in denen das zu untersuchende biologische Objekt aufgenommen wird, und entsprechen damit beispielsweise einer Kappe eines Mikrozentrifugenröhrchens als Aufnahmemittel der vorliegenden Anmeldung (vgl. DE 103 58 566 A1 z. B. S. 5 re. Sp. [0030]).
2. Dagegen hält die in der Anhörung vor der Prüfungsstelle erarbeitete, von der Prüfungsstelle auch als voraussichtlich gewährbar erachtete Anspruchsfassung gemäß Hilfsantrag einer Überprüfung stand.
Die Ansprüche 1 bis 16 des Hilfsantrags sind in den ursprünglichen Unterlagen offenbart. Anspruch 1 ergibt sich aus dem ursprünglichen Anspruch 12 in Verbindung mit den ursprünglichen Ansprüchen 1, 20 und 21 sowie Seite 4 rechte Spalte [0026] sowie Fig. 3, jeweils der DE 103 58 566 A1. Die Ansprüche 2 bis 11 sind im Wortlaut gegenüber den ursprünglichen Ansprüchen 2, 4 bis 10, 13 bis 17 unverändert geblieben. Anspruch 12 ergibt sich aus dem ursprünglichen Anspruch 18 sowie Seite 4 rechte Spalte [0026] sowie Fig. 3, jeweils der DE 103 58 566 A1. Die Ansprüche 13 bis 16 sind im Wortlaut gegenüber den ursprünglichen Ansprüchen 21, 22, 24 und 25 unverändert geblieben.
Der im Prüfungsverfahren zur Beurteilung der Patentfähigkeit herangezogenen Druckschriften stehen Neuheit und erfinderischer Tätigkeit des Anmeldungsgegenstands in der Fassung des Hilfsantrags nicht entgegen.
Aus keiner der im Verfahren befindlichen Druckschriften geht eine Kombination aus einem Behälter und einer Haltevorrichtung (Anspruch 1), ein Laser-Mikrodissektionssystem mit dieser Kombination aus einem Behälter und einer Haltevorrichtung (Anspruch 10), ein Verfahren zum Halten unter Verwendung dieser Kombination (Anspruch 12) und auch nicht ein Verfahren zur Laser-Mikrodissektion in einem Behälter unter Verwendung des Halteverfahrens nach Anspruch 12 (Anspruch 15) hervor, und die betreffenden Anspruchsgegenstände werden auch nicht durch diese Druckschriften in ihrer Zusammenschau nahegelegt.
Die in Reinschrift vorgelegten Ansprüche 1 bis 16, eingegangen am 10. November 2006, sind deshalb gewährbar. Da auch die Beschreibung durch Vorlage der geänderten Seiten 1 bis 3, 3a, eingegangen am 10. November 2006, angepasst und, wie vom zuständigen Prüfer im Anhörungsprotokoll festgehalten, auch die Druckschriften (1) und (2) in die Beschreibungseinleitung aufgenommen sind, ist dem Hilfsantrag unmittelbar und ohne Zurückverweisung an das Deutsche Patent- und Markenamt stattzugeben.
Der angefochtene Beschluss war somit aufzuheben und das Patent gemäß § 49 Abs. 1 PatG in der Fassung des Hilfsantrags zu erteilen.
3. Die Beschwerdegebühr ist dem Anmelder zurückzuerstatten. Aufgrund des Sachverhalts entspricht es der Billigkeit, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen (§ 80 (3) PatG). Denn die Sachbehandlung der Prüfungsstelle für Klasse G 01 N durch Teilentscheidung über den Hauptantrag und die Zurückstellung des Hilfsantrags stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar (vgl. BPatGE 23, 48).
Die Anmelderin konnte nach Eingabe einer Reinschrift der in der Anhörung erarbeiteten, gewährbaren Anspruchsfassung sowie einer auch durch Erfüllung der Auflage betreffend die Aufnahme der Druckschriften 1 und 2 in die Beschreibungseinleitung angepassten Beschreibung davon ausgehen, dass die Prüfungsstelle auch über den Gegenstand in der Fassung dieses Hilfsantrags entscheidet.
Bei der Zurückstellung ihrer Entscheidung über den Hilfsantrag hat die Prüfungsstelle für Klasse G 01 N verkannt, dass der Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Mikroprozessor“, auf die sie sich berufen hat, ein völlig anderer Sachverhalt zugrunde lag. Denn bei BGH-Mikroprozessor war, anders als im Fall der vorliegenden Anmeldung, noch nicht über den technischen Sachverhalt des Hilfsantrags, nicht einmal über den technischen Sachverhalt des Hauptantrags an sich, sondern vorab lediglich über die Frage der Zulässigkeit zweier zueinander in Nebenordnung stehender, jedoch aufeinander Bezug nehmender Sachansprüche (Mikroprozessor, Computer mit diesem Mikroprozessor) und damit über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung befunden worden. Eine getrennte Vorabentscheidung über die Frage der Zulässigkeit einer Anspruchsfassung mit zwei derartigen Sachansprüchen und damit allein über den Hauptantrag bot sich dort also an. Eine derartige Teilentscheidung wird nur in Ausnahmefällen als zulässig erachtet. Jedenfalls darf die Tatsache, dass das Verfahrensrecht an sich die Möglichkeit einer Teilentscheidung ermöglicht, nicht ohne triftigen Grund dafür benutzt werden, den Anmelder mit einer Vielzahl von Beschlüssen zu überziehen (z. B. wenn er mehrere Hilfsanträge stellt) und ihm somit zu mehrfachen Beschwerden zu zwingen (vgl. Schulte, Patentgesetz mit EPÜ, 8. Auflage, § 48 Rn. 12; BPatG vom 18.7.2008 17 W (pat) 28/08 m. w. Nachw. BPatG vom 28.04.2008 17 W (pat) 87/07).
Ein mit BGH-Mikroprozessor vergleichbarer Fall liegt hier ersichtlich nicht vor.
Eine getrennte bzw. eine isolierte Vorabentscheidung über den Hauptantrag und die Zurückstellung einer Entscheidung über den Hilfsantrag verbietet sich im Prüfungsverfahren der vorliegenden Anmeldung, in dem der technische und patentrechtliche Sachverhalt sowohl des Hauptantrags als auch Hilfsantrags bereits geprüft worden sind und damit sowohl der Haupt- als auch der Hilfsantrag entscheidungsreif waren. Dies umso mehr, als die Anspruchsfassung des Hilfsantrags bereits als voraussichtlich gewährbar erachtet worden war.
Die Sachbehandlung durch die Prüfungsstelle durch Teilentscheidung ist auch deshalb unangemessen, weil die bereits in Aussicht gestellte positive Entscheidung über den Hilfsantrag um je nach Belastung des Beschwerdegerichts geraume Zeit hinausgezögert und der Anmelderin - bei Beschwerde gegen den Hauptantrag - zudem die zeitnahe, von dem Ausgang der Beschwerde unabhängige Patenterteilung gemäß Hilfsantrag (reformatio in peius) verwehrt wird.
Die Zurückverweisung der Anmeldung liegt im Ermessen des Beschwerdegerichts. Der festgestellte wesentliche Verfahrensmangel hat die Zurückverweisung der Sache nicht zwingend zur Folge (vgl. BGH GRUR 1977, 209 - Tampon). Maßgeblich ist in vorliegendem Fall, dass das Beschwerdegericht aufgrund des ihm vorliegenden Materials zu einer Sachentscheidung in der Lage ist und eine Zurückverweisung den Abschluss des Verfahrens unter Umständen erheblich verzögern könnte (vgl. Benkard 10. Aufl. § 79 Rdn. 26).