Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 27.10.2011


BPatG 27.10.2011 - 11 W (pat) 316/06

Patenteinspruchsverfahren - CO2-Partikeldüse" - zur Beurteilung der Neuheit


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
11. Senat
Entscheidungsdatum:
27.10.2011
Aktenzeichen:
11 W (pat) 316/06
Dokumenttyp:
Beschluss

Tenor

In der Einspruchssache

betreffend das Patent 199 50 016

hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 27. Oktober 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Volker Hartung sowie der Richter Schell, Dipl.-Ing. Univ. Rothe und Dipl.-Ing. Univ. Hubert

beschlossen:

Das Patent 199 50 016 wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrecht erhalten:

Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag 2 vom 27. Oktober 2011, mit angepasster Beschreibung vom 27. Oktober 2011 sowie Zeichnung wie erteilt.

Gründe

I.

1

Die Patentanmeldung 199 50 016.9 ist am 18. Oktober 1999 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden. Die Erteilung des Patents mit der Bezeichnung "CO2-Partikeldüse" ist am 8. September 2005 veröffentlicht worden.

2

Gegen das Patent ist Einspruch erhoben worden.

3

Der Einsprechende macht geltend, dass die Vorrichtung gemäß dem erteilten Anspruch 1 nicht neu sei. Er nennt hierzu neben der bereits im Prüfungsverfahren in Betracht gezogenen Druckschrift

4

D1 EP 0 288 263 B1

5

die weitere Druckschrift

6

D2 US 5 125 979 A.

7

Zuletzt legt die Patentinhaberin am 27. Oktober 2011 einen aus dem vormaligen Hilfsantrag 3 vom 20. Oktober 2011 abgeleiteten Hilfsantrag 1 sowie einen Hilfsantrag 2 vor.

8

Der Einsprechende beantragt,

9

das Patent 199 50 016 zu widerrufen, soweit es über den Hilfsantrag 2 der Patentinhaberin vom 27. Oktober 2011 hinausgeht.

10

Die Patentinhaberin widerspricht dem Einspruchsvorbringen in allen Punkten und beantragt,

11

das Patent 199 50 016 in vollem Umfang aufrechtzuerhalten.

12

Hilfsweise das Patent 199 50 016 mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:

13

Patentansprüche 1 bis 10 gemäß Hilfsantrag 1 vom 27. Oktober 2011,

14

weiter hilfsweise mit den Patentansprüchen 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag 2 vom 27. Oktober 2011,

15

jeweils mit angepasster Beschreibung vom 27. Oktober 2011 sowie Zeichnung wie erteilt.

16

Sie trägt vor, die Druckschrift D1 befasse sich damit, flüssige CO2-Tropfen zu vergrößern und erst in der letzten Stufe der Düse daraus auch feste Partikel, also CO2-Schnee zu bilden. Somit sei die Kombination der gasförmigen mit der flüssigen Phase vorherrschend, erst in der letzten Stufe würde die Phasenkombination gasförmig/fest erzeugt. Weiterhin seien bei der Vorrichtung der D1 keine Prallflächen offenbart.

17

Der erteilte Anspruch 1 nach Hauptantrag lautet, hier wiedergegeben in einer den Parteien übermittelten Merkmalsgliederung des Senats:

18

a CO2-Partikel-Düse mit einer Zuleitung für fluides CO2 und einer Expansionsdüse zur Bildung eines Gemisches aus gasförmigem und festem CO2

19

b sowie mit einer mit der Expansionsdüse verbundenen Kammer,

20

 dadurch gekennzeichnet, daß

21

c in der Kammer (3) mindestens eine Prallfläche (7) zum Verdichten des festen CO2 vorgesehen ist.

22

Der erteilte nebengeordnete Anspruch 11 nach Hauptantrag lautet:

23

f Verwendung einer CO2-Partikel-Düse nach einem der Ansprüche 1 bis 10 zum Feuerlöschen.

24

Dem erteilten Anspruch 1 folgen die rückbezogenen Ansprüche 2 bis 10 gemäß Patentschrift.

25

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 lautet, hier wiedergegeben in einer Merkmalsgliederung des Senats:

26

a1 Verwendung einer CO2-Partikel-Düse zur Erzeugung eines Strahls von CO2-Trockeneispartikeln, welche eine Zuleitung für fluides CO2 und eine Expansionsdüse zur Bildung eines Gemisches aus gasförmigem und festem CO2 sowie eine mit der Expansionsdüse verbundene Kammer aufweist, wobei

27

b1 das fluide CO2 der Expansionsdüse zugeführt und mittels der Expansionsdüse so in die Kammer entspannt wird, dass ein Gemisch aus gasförmigem und festem CO2 gebildet wird,

28

 dadurch gekennzeichnet, dass

29

c1 in der Kammer (3) in Austrittsrichtung des CO2 aus der Expansionsdüse (2) hintereinander mehrere Prallflächen (7) angeordnet sind,

30

d1 dass ein Teil des festen CO2 von dem gasförmigen CO2 auf die Prallflächen (7) geschleudert und verdichtet wird und

31

e1 dass die durch die Verdichtung des festen CO2 erzeugten CO2-Trockeneispartikel von den Prallflächen (7) wieder abgelöst und abgestrahlt werden.

32

Diesem Anspruch folgen rückbezogene Ansprüche 2 bis 10.

33

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 lautet, hier wiedergegeben in einer Merkmalsgliederung des Senats:

34

a2 CO2-Partikel-Düse mit einer Zuleitung für fluides CO2 und einer Expansionsdüse zur Bildung eines Gemisches aus gasförmigem und festem CO2

35

b2 sowie mit einer mit der Expansionsdüse verbundenen Kammer,

36

 dadurch gekennzeichnet, daß

37

c2 in der Kammer (3) in Austrittsrichtung des CO2 aus der Expansionsdüse (2) hintereinander mehrere Prallflächen (7) zum Verdichten des festen CO2 angeordnet sind, wobei

38

d2 Stäbe als Prallflächen (7) vorgesehen sind, welche senkrecht zur Ausbreitungsrichtung des CO2-Strahls in der Kammer angebracht sind.

39

Der nebengeordnete Anspruch 9 nach Hilfsantrag 2 lautet:

40

f2 Verwendung einer CO2-Partikel-Düse nach einem der Ansprüche 1 bis 8 zum Feuerlöschen.

41

Dem Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 folgen rückbezogene Ansprüche 2 bis 8.

42

Zum Wortlaut der rückbezogenen Ansprüche der Hilfsanträge, zu den weiteren Einzelheiten sowie zum Vorbringen der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

43

1. Der zulässige Einspruch führt zur beschränkten Aufrechterhaltung des Patents gemäß dem Hilfsantrag 2 der Patentinhaberin.

44

Das angegriffene Patent betrifft gemäß Abs. [0001] der Patentschrift eine CO2-Partikel-Düse mit einer Zuleitung für fluides CO2 und einer Expansionsdüse zur Bildung eines Gemisches aus gasförmigem und festem CO2 sowie mit einer mit der Expansionsdüse verbundenen Kammer. Ferner bezieht sich das angegriffene Patent auf die Verwendung einer derartigen Düse.

45

Beim Strahlreinigen mit Trockeneis, d. h. festem Kohlendioxid, würden gemäß Abs. [0002] der Patentschrift komprimierte CO2-Partikel, sogenannte Pellets, als Strahlmittel eingesetzt. Die Trockeneispellets würden üblicherweise in einem Pelletierer hergestellt. Dabei werde flüssiges Kohlendioxid durch Entspannung in CO2-Schnee umgewandelt, komprimiert und durch eine Matrize gepresst. Zum Reinigen eines Werkstückes würden die Pellets in einer Strahlanlage beschleunigt und auf das zu reinigende Werkstück gestrahlt. Nach Abs. [0003] der Patentschrift verliefe das Gesamtverfahren in zwei Stufen: der Herstellung von Pellets und dem eigentlichen Strahlreinigen. Die Pellets müssten daher bis zum Einsatz in geeigneten isolierten Behältern gelagert und gegebenenfalls zum Einsatzort transportiert werden.

46

Nach Abs. [0004] der Patentschrift sei aus der EP 0 288 263 B1 (D1) ein einstufiges CO2-Strahlreinigungsverfahren bekannt, bei dem CO2-Teilchen in einer Strahlvorrichtung erzeugt und unmittelbar anschließend auf das Werkstück gestrahlt würden. Hierzu werde unter Druck stehendes, flüssiges CO2 über eine erste Düse in eine Kammer entspannt, um ein Gemisch aus gasförmigem CO2 und feinen CO2-Tröpfchen zu erhalten, welche sich anschließend in der Kammer aneinanderlagern und größere CO2-Tropfen bilden würden. Dieses Gemisch werde über eine zweite Düse entspannt, wodurch ein Gemisch aus gasförmigem und festem CO2 entstehe. Die mit dieser Strahlvorrichtung erzeugten CO2-Teilchen besäßen jedoch laut Abs. [0005] der Patentschrift eine deutlich geringere Härte als die in einem Pelletierer hergestellten CO2-Partikel. Der Energie- und Impulsübertrag auf das zu reinigende Werkstück und damit der aus dem Impulsübertrag resultierende Reinigungseffekt seien daher bei diesem Verfahren relativ gering.

47

Als Aufgabe ist in Abs. [0006] der Patentschrift angegeben, eine CO2-Partikel-Düse zu entwickeln, mit der feste CO2-Eispartikel erzeugt werden können.

48

Als den mit der Lösung dieser Aufgabe betrauten Fachmann sieht der Senat einen Dipl.-Ing. Maschinenbau mit FH-Abschluss und vertieften Erfahrungen in Entwicklung und Konstruktion von Strahlbehandlungseinrichtungen an.

49

Als Lösung soll nach Hauptantrag eine Vorrichtung mit den Merkmalen des erteilten Anspruchs 1 sowie die Verwendung der Vorrichtung mit den Merkmalen des erteilten Anspruchs 11, weiterhin nach Hilfsantrag 1 die Verwendung der Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 und schließlich nach Hilfsantrag 2 eine Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 sowie die Verwendung der Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 9 gemäß Hilfsantrag 2 dienen.

50

2. Hauptantrag

51

a) Die erteilten Ansprüche 1 bis 11 basieren auf dem ursprünglichen Offenbarungsgehalt und sind daher zulässig.

52

Der erteilte Anspruch 1 entspricht der Kombination der ursprünglich eingereichten Ansprüche 1 und 2. Die erteilten Ansprüche 2 bis 11 beruhen auf den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 3 bis 11 und 14.

53

b) Die selbstverständlich gewerblich anwendbare CO2-Partikel-Düse des erteilten Patentanspruchs 1 ist nicht neu.

54

Die Druckschrift D1 betrifft gemäß ihrer Bezeichnung eine Vorrichtung und ein Verfahren zum Entfernen von kleinen Partikeln von einem Substrat.

55

Sie offenbart gemäß Merkmal a des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag eine CO2-Partikel-Düse mit einer Zuleitung 6 für fluides CO2 und einer Expansionsdüse 10 zur Bildung eines Gemisches aus gasförmigem und festem CO2 (vgl. Fig. 3 und 4 und S. 3, Z. 30 bis 36).

56

Gemäß Merkmal b ist eine mit der Expansionsdüse 10 verbundene (zweiteilige) Kammer 30, 34 (vgl. Fig. 3 und 4) vorhanden.

57

Gemäß Merkmal c sind in der Kammer 30, 34 Prallflächen zum Verdichten des festen CO2 vorgesehen:

58

Zum Einen kann nämlich der CO2-Strom an die stromaufwärts gelegenen Stirnflächen der Stützstrukturen 48 und zum Anderen an die obere und die untere stromabwärts gelegene Endfläche des Kammerteils 34 prallen (vgl. jeweils Fig. 3 und 4).

59

Zwar ist die Patentinhaberin der Ansicht, dass eine die Kammer begrenzende Seitenwand nicht mit einer Prallfläche innerhalb der Kammer gleichzusetzen sei und dass die durch Anspruch 1 beanspruchte Prallfläche innerhalb des durch die Seitenwände der Kammer begrenzten Volumens liegen solle. Der Senat folgt dieser Ansicht jedoch nicht. Der Begriff "Kammer" als solcher definiert nach Überzeugung des Senats den genauen Aufbau dieser Kammer nicht im Einzelnen. Sie muss nur dazu geeignet sein, das gewünschte Gemisch aus gasförmigem und festem CO2 bilden zu können. Darüber hinaus ist eine Kammer in ihrer Größe und Ausbildung durch ihre Berandung definiert. Die inneren Wandflächen der Kammer gehören begrifflich genauso zur Kammer wie das durch sie gebildete Volumen. Eine sogenannte Prallfläche in der Kammer (wie in Merkmal c gefordert) kann auf Basis der erteilten Formulierung des Anspruchs 1 durchaus auch durch eine der inneren Wandflächen der Kammer gebildet werden, soweit diese durch ihre Ausrichtung einen gewissen Winkel zur Strömungsrichtung bildet.

60

Die Prallflächen der CO2-Partikel-Düse der Druckschrift D1 sind auch zum Verdichten des festen CO2 geeignet. Zwar ist (entsprechend dem diesbezüglichen Einwand der Patentinhaberin) auf S. 5, Z. 27 und 28 der D1 beschrieben, dass in der Kammer 30, 34 eine Phasenmischung gasförmig/flüssig vorliegen und die Trockeneispartikel (also die Phasenmischung gasförmig/fest) erst beim Austritt durch die stromabwärts gelegene Öffnung 16 entstehen soll (The larger liquid droplets/ gas mixture which forms in the forward section 34 of the coalescing chambers forms into a solid/gas mixture as it proceeds through the second orifice 16 and out of the exit port 20 (…)). Allerdings betrifft Anspruch 1 eine CO2-Partikel-Düse, somit eine Vorrichtung (und kein Verfahren), womit das die Verwendung der Prallflächen betreffende Teilmerkmal des Verdichtens des festen CO2 nur insofern beachtlich ist, als es die funktionelle Eignung und die konkrete räumlich-körperliche Ausgestaltung der CO2-Partikel-Düse zu erläutern vermag (vgl. BGH, GRUR 1981, 259 - Heuwerbungsmaschine II, Leitsatz 1). Somit muss eine anspruchsgemäße CO2-Partikel-Düse lediglich zum Verdichten des festen CO2 in der Lage sein. Der Fachmann erkennt nach Überzeugung des Senats problemlos, dass die genaue Funktion und damit die genaue Verwendung der beanspruchten CO2-Partikel-Düse beispielsweise über den Druck des flüssigen CO2 und den Volumenstrom je nach gewünschtem Resultat einstellbar ist. Die CO2-Partikel-Düse der Druckschrift D1 ist somit klar erkennbar geeignet, schon in der Kammer 30, 34 die Phasenkombination gasförmig/fest zu erzeugen, wodurch die sich an den senkrecht zur Strömungsrichtung ausgerichteten oben angegebenen Prallflächen absetzenden Trockeneispartikel verdichtet werden können. Die CO2-Partikel-Düse der Druckschrift D1 hat somit durch ihre räumlich-körperliche Ausgestaltung die funktionelle Eignung gemäß Merkmal c.

61

Damit sind alle Merkmale des erteilten Anspruchs 1 aus dem Gegenstand der Druckschrift D1 bekannt.

62

Der Anspruch 1 nach Hauptantrag hat daher mangels Neuheit seiner CO2-Partikel-Düse keinen Bestand.

63

c) Die selbstverständlich gewerblich anwendbare Verwendung einer CO2-Partikel-Düse gemäß dem erteilten Patentanspruch 11 fällt in der Antragsgesamtheit des Hauptantrags zusammen mit dem nicht patentfähigen Anspruch 1.

64

d) Mit dem erteilten Anspruch 1 fallen die auf ihn rückbezogenen Ansprüche 2 bis 10 nach Hauptantrag, zumal sie lediglich Weiterbildungen der Vorrichtung nach Anspruch 1 ohne eigenen erfinderischen Gehalt kennzeichnen und auch nicht als eigenständige Ansprüche geltend gemacht worden sind.

65

3. Hilfsantrag 1

66

a) Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 basiert auf den erteilten Ansprüchen 1 und 4 (somit auf den ursprünglichen Ansprüchen 1, 2 und 5) sowie auf Abs. [0008, 0009 und 0010] der diesbezüglich mit der ursprünglichen Beschreibung inhaltsgleichen Patentschrift. Die Ansprüche 2 bis 10 nach Hilfsantrag 1 ergeben sich aus den ursprünglichen Ansprüchen 3, 4 und 6 bis 11 sowie 14 bzw. aus den erteilten Ansprüchen 2, 3 und 5 bis 11. Sie erweitern den Gegenstand des Streitpatents nicht und sind daher zulässig.

67

b) Die selbstverständlich gewerblich anwendbare Verwendung einer CO2-Partikel-Düse nach Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 1 ist nicht neu.

68

Die Druckschrift D1 betrifft gemäß ihrer Bezeichnung eine Vorrichtung und ein Verfahren zum Entfernen von kleinen Partikeln von einem Substrat.

69

Sie offenbart gemäß Merkmal a1 des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 die Verwendung einer CO2-Partikel-Düse zur Erzeugung eines Strahls von CO2-Trockeneispartikeln, welche eine Zuleitung 6 für fluides CO2 und eine Expansionsdüse 10, die zur Bildung eines Gemisches aus gasförmigem und festem CO2 geeignet ist, sowie eine mit der Expansionsdüse 10 verbundene (zweiteilige) Kammer 30, 34 aufweist (vgl. Fig. 3 und 4 und S. 3, Z. 30 bis 36).

70

Gemäß Merkmal b1 wird das fluide CO2 der Expansionsdüse zugeführt. Es kann mittels der Expansionsdüse so in die Kammer 30, 34 entspannt werden, dass ein Gemisch aus gasförmigem und festem CO2 gebildet wird. Zwar ist (wie schon zu Anspruch 1 des Hauptantrags ausgeführt) in der Druckschrift D1 beschrieben, dass in der Kammer 30, 34 ein Gemisch aus gasförmigem und flüssigem CO2 gebildet werden soll, vgl. S. 5, Z. 27 und 28. Allerdings ist (wie ebenfalls schon zu Anspruch 1 des Hauptantrags ausgeführt) die CO2-Partikel-Düse der Druckschrift D1 baulich dazu geeignet, ein Gemisch aus gasförmigem und festem CO2 zu erzeugen.

71

Gemäß Merkmal c1 sind in der Kammer 30, 34 in Austrittsrichtung des CO2 aus der Expansionsdüse 10 hintereinander mehrere Prallflächen angeordnet. Diese sind (wie schon zu Anspruch 1 des Hauptantrags ausgeführt) zum Einen die stromaufwärts gelegenen Stirnflächen der Stützstrukturen 48 und zum Anderen die obere und die untere stromabwärts gelegene Endfläche des Kammerteils 34 (vgl. jeweils Fig. 3 und 4).

72

Gemäß Merkmal d1 wird hierbei zweifelsohne ein Teil des festen CO2 von dem gasförmigen CO2 auf die Prallflächen geschleudert und verdichtet werden, wobei gemäß Merkmal e1 die durch die Verdichtung des festen CO2 erzeugten CO2-Trockeneispartikel von den Prallflächen (zumindest in geringem Umfang) wieder abgelöst und abgestrahlt werden können.

73

Damit sind alle Merkmale des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 aus dem Gegenstand der Druckschrift D1 bekannt.

74

Für das oben zugrunde gelegte Verständnis des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 als Verwendungsanspruch einer Vorrichtung (nämlich der CO2-Partikel-Düse) spricht auch die Tatsache, dass im Falle eines Verständnisses als Verfahrensanspruch eine unzulässige Erweiterung des Schutzbereichs des erteilten Patents gegeben wäre. Denn wenn nach Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 die Verwendung mit genau den dort angegebenen Schritten geschützt werden sollte, läge eigentlich ein Verfahrensanspruch mit diesen genau definierten Schritten vor und damit ein Kategoriewechsel von einem erteilten Vorrichtungs- zu einem dann beanspruchten Verfahrensanspruch. Nach § 22 I PatG darf der Schutzbereich des erteilten Patents nicht erweitert werden. Damit sollen Dritte davor geschützt werden, dass ein erteiltes Patent in einem Verfahren nach der Patenterteilung (beispielsweise im hier vorliegenden Einspruchsverfahren) überraschend einen größeren Schutzbereich erhält, vgl. Schulte, Patentgesetz mit EPÜ, 8. Auflage, Rdn. 10 zu § 22 PatG. Der sogenannte Verletzungstest kann zur Ermittlung der Erweiterung des Schutzbereichs dienen, vgl. Schulte, Patentgesetz mit EPÜ, 8. Auflage, Rdn. 16 zu § 22 PatG. In seiner Anwendung würde ein Verfahren, das das erteilte Patent (mangels Schutzes eines Verfahrens) nicht verletzen würde, nach Änderung der Patentkategorie das Patent nunmehr verletzen. Somit läge aber durch den beantragten Kategoriewechsel eine unzulässige Erweiterung des Schutzumfangs vor. Dies hat der BGH bereits explizit entschieden, vgl. BGH GRUR 1967, 25 - Spritzgußmaschine III, 2. Leitsatz). Darüber hinaus wurden im vorliegenden Fall im Laufe des Patenterteilungsverfahrens die ursprünglichen Verfahrensansprüche 15 und 16 gestrichen. Damit hat die Patentinhaberin bewusst auf den Schutz eines Verfahrens verzichtet, ein eventueller Irrtum hinsichtlich der zu wählenden Patentkategorie im Sinne des Kap. VII der BGH-Entscheidung Spritzgußmaschine III (hier: Verwendung einer Vorrichtung oder Verfahren) liegt somit nicht vor.

75

Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 ist daher mangels Neuheit der Verwendung seiner CO2-Partikel-Düse nicht patentfähig.

76

c) Mit dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 fallen die auf ihn rückbezogenen Ansprüche 2 bis 10 nach Hilfsantrag 1, zumal sie lediglich Weiterbildungen der Verwendung einer CO2-Partikel-Düse nach Anspruch 1 ohne eigenen erfinderischen Gehalt kennzeichnen und auch nicht als eigenständige Ansprüche geltend gemacht worden sind.

77

4. Hilfsantrag 2

78

a) Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 entspricht der Kombination der erteilten Ansprüche 1, 4 und 6 (also der ursprünglich eingereichten Ansprüche 1, 2, 5 und 7) i. V. m. Abs. [0015] der diesbezüglich mit der ursprünglichen Beschreibung inhaltsgleichen Patentschrift. Die Ansprüche 2 bis 9 nach Hilfsantrag 2 ergeben sich aus den ursprünglichen Ansprüchen 3, 4, 6, 8 bis 11 sowie 14 bzw. aus den erteilten Ansprüchen 2, 3, 5 und 7 bis 11. Sie erweitern den Gegenstand des Streitpatents nicht und sind daher zulässig.

79

b) Die selbstverständlich gewerblich anwendbare CO2-Partikel-Düse nach Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 2 ist neu.

80

Weder der Gegenstand der Druckschrift D1 noch derjenige der Druckschrift D2 weist gemäß Merkmal d2 des Patentanspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 Stäbe als Prallflächen auf, die senkrecht zur Ausbreitungsrichtung des CO2-Strahls in der Kammer angebracht sind.

81

c) Die CO2-Partikel-Düse nach Patentanspruch 1 des Hilfsantrags 2 beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit.

82

Unter Bezugnahme auf die Ausführungen zum Hauptantrag hinsichtlich des erteilten Anspruchs 1 unterscheidet sich die CO2-Partikel-Düse gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 von derjenigen der Druckschrift D1 (wie auch von derjenigen der Druckschrift D2) durch das zusätzlich aufgenommene Merkmal d2, also die genaue Ausbildung und Anordnung der mehreren Prallflächen.

83

Weder aus der Gesamtoffenbarung der D1 noch aus derjenigen der D2 erhält der Fachmann die Anregung, Stäbe als Prallflächen anzuordnen, die senkrecht zur Ausbreitungsrichtung des CO2-Strahls in der Kammer angebracht sind.

84

Auch ist nach Überzeugung des Senats nicht erkennbar, wieso der Fachmann allein auf Basis seines Fachwissens zur Lösung der Aufgabe ohne jede konkrete Veranlassung Stäbe als Prallflächen anordnen soll, die senkrecht zur Ausbreitungsrichtung des CO2-Strahls in der Kammer angebracht sind.

85

Eine CO2-Partikel-Düse gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 ergibt sich aus dem aufgezeigten Stand der Technik somit nicht in naheliegender Weise.

86

Der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 ist daher patentfähig.

87

d) Da bereits die CO2-Partikel-Düse gemäß Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 patentfähig ist, trifft dies umso mehr für die Verwendung der CO2-Partikel-Düse zumindest nach Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 zum Feuerlöschen gemäß Anspruch 9 nach Hilfsantrag 2 zu.

88

e) Die Ansprüche 2 bis 8 gemäß Hilfsantrag 2 können sich als nicht selbstverständliche Weiterbildungen der CO2-Partikel-Düse dem patentfähigen Anspruch 1 des Hilfsantrags 2 anschließen.