Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 18.06.2013


BPatG 18.06.2013 - 10 ZA (pat) 12/12

Patentnichtigkeitsklage im Berufungsverfahren – Kostenfestsetzung - Doppelvertretungskosten – Verwerfung der Berufung- verspätete Berufungsbegründung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsdatum:
18.06.2013
Aktenzeichen:
10 ZA (pat) 12/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze
Nr 3020 RVG-VV

Leitsätze

Doppelvertretungskosten im Nichtigkeitsberufungsverfahren II

Die Kosten eines im Nichtigkeitsberufungsverfahren neben dem Patentanwalt mitwirkenden Rechtsanwalts können u.U. auch dann als notwendig i. S. d. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO und somit als erstattungsfähig angesehen werden, wenn die Berufung wegen nicht rechtzeitiger Einreichung einer Begründung verworfen wird.

Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent …

(hier: Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss)

hat der 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 18. Juni 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Rauch, des Richters Dipl.-Ing. Hildebrandt und des Richters Prof. Dr. Dr. Ensthaler

beschlossen:

1. Auf die Erinnerung der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin vom 15. November 2012 dahingehend abgeändert, dass die von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf insgesamt

11.911,20 €

(in Worten: Elftausendneunhundertelf 20/100 Euro)

festgesetzt werden.

2. Der zu erstattende Betrag ist vom 29. März 2012 an mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB zu verzinsen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

4. Die Klägerin trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.

5. Der Wert des Erinnerungsverfahrens beträgt 5.955,60 €.

Gründe

I.

1

Mit Urteil vom 5. Mai 2011 hat der Senat der Klage gegen das europäische Patent … teilweise stattgegeben und sie im Übrigen zurückgewiesen. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am 27. September 2011 Berufung eingelegt. Die Berufungsschrift wurde der Beklagten mit einem von ihr als Empfangsbekenntnis auszufüllenden Formular zugesandt; das unterschriebene Empfangsbekenntnis (mit unleserlichem Datum) gelangte am 5. Oktober 2011 an den Bundesgerichtshof zurück. Nachdem innerhalb der gesetzlich dafür vorgesehenen Frist keine Berufungsbegründung eingegangen war, wurde die Berufung durch Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 20. Dezember 2011 (Az. X ZR 116/11) auf Kosten der Klägerin als unzulässig verworfen. Dieser Beschluss wurde den Parteien am 27. Dezember 2011 zugestellt. Am 9. Februar 2012 zeigten die für die Beklagte bereits in der ersten Instanz tätigen Patentanwälte ihre Vertretung auch für die Berufungsinstanz an. Gleichzeitig gaben sie die Mitwirkung der ebenfalls bereits erstinstanzlich für die Beklagte tätigen Rechtsanwältin bekannt. Den Streitwert für das Berufungsverfahren hat der Bundesgerichtshof auf 1.300.000,- € festgesetzt.

2

Im Verfahren der Kostenfestsetzung hat die Beklagte beantragt, dass zu ihren Gunsten neben den Kosten des Patentanwalts in Höhe von 5.955,60 € (1,1 Verfahrensgebühr gem. VV-RVG Nr. 3201) auch Rechtsanwaltskosten in gleicher Höhe als erstattungsfähig anerkannt werden. Die Rechtsanwältin sei seit der Einlegung der Berufung wiederum mit der Vertretung der Beklagten beauftragt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei der Gang des Berufungsverfahrens noch nicht absehbar gewesen. Die geltend gemachte Verfahrensgebühr gem. VV-RVG Nr. 3201 sei damit angefallen und entsprechend auch zu erstatten. Der Tatsache, dass keine Erwiderung auf die Berufung eingereicht worden sei, werde dadurch Rechnung getragen, dass nur eine 1,1 Verfahrensgebühr angesetzt werde.

3

Zum Nachweis der Tätigkeit der Rechtsanwältin in der Berufungsinstanz hat die Beklagte eine E-mail-Korrespondenz vorgelegt. Danach hatten die patentanwaltlichen Vertreter die Rechtsanwältin am 5. Oktober 2011 über die Einreichung der Berufung informiert. Am 12. Oktober 2011 wurde der Rechtsanwältin seitens der finnischen Mandantin für Anmerkungen, die die Anwältin kurz zuvor übermittelt hatte, gedankt ("Thank you very much for your comments"). Die Anmerkungen der Rechtsanwältin sind in der vorgelegten Ablichtung der E-mail geschwärzt und daher nicht erkennbar. Gemäß einer anwaltlichen Versicherung des patentanwaltlichen Vertreters hat es sich um eine inhaltliche Bewertung der Berufung gehandelt. Wie aus einer weiteren E-mail-Korrespondenz vom 21. Dezember 2011 ersichtlich sei, habe die Rechtsanwältin in allen zwischen den Parteien geführten Streitverfahren mitgewirkt. Zu diesem Zeitpunkt sei die Beklagte noch von einem Wiedereinsetzungsantrag der Klägerin ausgegangen.

4

Die Klägerin hat der Berücksichtigung der Rechtsanwaltskosten mit dem Argument widersprochen, dass die Hinzuziehung der Rechtsanwältin nicht angezeigt gewesen sei. Da keine Berufungsbegründung vorgelegt worden sei, habe es auch keine sachliche Diskussion gegeben, an der die Rechtsanwältin wegen ihrer Einbeziehung in das korrespondierende Verletzungsverfahren hätte beteiligt werden müssen. Zudem sei die Mitwirkung der Rechtsanwältin erst nach Abschluss des Berufungsverfahrens durch den Beschluss vom 20. Dezember 2011 angezeigt worden.

5

Durch Beschluss der Rechtspflegerin vom 15. November 2012 wurden die zu erstattenden Kosten auf insgesamt 5.955,60 € festgesetzt. Die geltend gemachten Kosten der Rechtsanwältin wurden nicht anerkannt. Zur Begründung heißt es in dem Beschluss, die von der Klägerin zur Erstattung beantragte Verfahrensgebühr der Rechtsanwältin entstehe für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Dies erfordere irgendeine Tätigkeit zur Ausführung des prozessbezogenen Auftrags, was vorliegend weder ersichtlich noch glaubhaft gemacht worden sei. Eine anwaltliche Versicherung genüge insoweit nicht. Mit der E-mail vom 5. Oktober 2011 sei der Rechtsanwältin lediglich die Berufungsschrift übermittelt worden, was noch zum ersten Rechtszug gehöre und mit der dort entstandenen Gebührenforderung abgegolten sei. Die E-mail vom 12. Oktober 2011 lasse keine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Berufung erkennen, ebenso wie die Korrespondenz vom 21. Dezember 2011. Dort sei zwar auch von einer möglichen Wiedereinsetzung die Rede, jedoch lediglich im Zusammenhang mit der Zulässigkeit einer neu eingereichten, gegen dasselbe Patent gerichteten weiteren Nichtigkeitsklage. Damit sei die Entstehung einer Verfahrensgebühr im neuen Nichtigkeitsverfahren dargetan, jedoch nicht im Berufungsverfahren. Soweit nach der Zurückweisung der Berufung noch eine Gebühr tatsächlich entstanden sein sollte, sei diese jedenfalls nicht mehr notwendig gem. § 91 Abs. 1 ZPO, da nur noch der Streitwert festzusetzen und die Beklagte insoweit durch den Patentanwalt ausreichend vertreten gewesen sei.

6

Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beklagte im Wege der Erinnerung. Zur Begründung trägt sie vor, die Kosten der Doppelvertretung seien jedenfalls dann zu ersetzen, wenn ein paralleles Verletzungsverfahren anhängig sei oder es sich um ein Nichtigkeitsberufungsverfahren handele; beides sei hier der Fall. Für das Entstehen einer Verfahrensgebühr sei ausreichend, dass der Prozessbevollmächtigte vor oder nach Prozessbeginn irgendeine Tätigkeit zur Ausführung des prozessbezogenen Auftrags vorgenommen habe, und zwar unabhängig vom Umfang dieser Tätigkeit und unabhängig davon, ob dies vor Gericht erfolgt sei. Die E-mail-Korrespondenz vom 12. Oktober 2011 – die nunmehr in einer nur teilweise geschwärzten Version vorgelegt wurde – belege, dass die Rechtsanwältin unmittelbar in das Nichtigkeitsberufungsverfahren mit einbezogen gewesen sei. Sie habe in der E-mail eine erste Bewertung der Berufung abgegeben und über die weiteren Schritte informiert. Am 21. Dezember 2011 habe die Rechtsanwältin per E-mail eine Erläuterung zur Rechtslage - dass nämlich offenbar die Berufungsbegründungsfrist versäumt worden sei und was dies u. a. für das Nichtigkeitsberufungsverfahren bedeute – erläutert.

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Die Beklagte beantragt,

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über den bereits anerkannten Erstattungsbetrag hinaus einen weiteren Betrag in Höhe von 5.955,60 € als erstattungsfähig anzuerkennen.

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Die Klägerin beantragt,

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die Erinnerung zurückzuweisen.

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Die Rechtspflegerin hat der Erinnerung nicht abgeholfen. Mit Beschluss vom 11. März 2013 begründet sie dies damit, dass die vorgelegten E-mails auch in ihrer in geringerem Maß geschwärzten Version keine Rechtfertigung für eine Verfahrensgebühr erkennen ließen. Die weiteren E-Mails könnten nicht dem vorliegenden Nichtigkeitsberufungsverfahren zugeordnet werden; sie zeigten lediglich eine Vertretung im Verfahren der das Verletzungsverfahren betreffenden Nichtzulassungsbeschwerde bzw. im weiteren Nichtigkeitsverfahren. Die ohne Begründung eingelegte Berufung habe zu einer weiteren Prüfung oder Tätigkeit seitens der Rechtsanwältin offensichtlich keinen Anlass gegeben.

12

Selbst wenn man die Verfahrensgebühr als entstanden ansehen könnte, wären die Kosten nicht notwendig gemäß § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Grundsätzlich seien zwar die Kosten der Doppelvertretung bei parallelem Verletzungsverfahren sowie im Nichtigkeitsberufungsverfahren erstattungsfähig. Dies gelte jedoch nicht ausnahmslos. In der Berufungsinstanz stelle der Fall, dass eine Berufungsbegründung noch nicht eingereicht sei, eine Ausnahme vom Regelfall dar, die die sofortige Hinzuziehung eines Rechtsanwalts neben dem Patentanwalt nicht rechtfertige. Mangels Begründung sei eine konkrete Koordination mit dem parallelen Verletzungsverfahren, deren besondere Anforderungen den Rechtsanwalt erforderlich mache, nicht möglich. Die Tätigkeit, die der Anwalt bis zur Einreichung der Berufungsbegründung entfalten könne, beschränke sich auf die Prüfung von Formalien und - wie hier geschehen - auf den Antrag, die Berufung als unzulässig zurückzuweisen. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts neben dem Patentanwalt sei demnach nicht notwendig.

II.

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Die gemäß § 23 Abs. 2 RPflG zulässige Erinnerung ist begründet. Die in Ansatz gebrachten Kosten der mitwirkenden Rechtsanwältin sind als erstattungsfähig anzuerkennen.

14

1. Rechtsgrundlage für die Erstattungsfähigkeit von Kosten eines mitwirkenden Rechtsanwalts im Patentnichtigkeitsverfahren vor dem Bundesgerichtshof ist - anzuwenden über die Verweisungsnorm des § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG - § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die einer obsiegenden Partei entstandenen Kosten sind danach erstattungsfähig, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Im Nichtigkeitsberufungsverfahren sind die Kosten für die Mitwirkung eines Rechtsanwalts neben einem Patentanwalt nach ständiger Rechtsprechung als regelmäßig für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig und damit als erstattungsfähig anzusehen (siehe BPatGE 52, 142, 144 f. m. w. N. – Doppelvertretungskosten, Nichtigkeitsberufungsverfahren; Busse/Keukenschrijver, PatG, 7. Aufl., § 122 Rn. 17).

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2. Dieser Grundsatz gilt - jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, in dem zeitgleich mit dem Nichtigkeitsverfahren ein auf das angegriffene Patent gestützter Verletzungsprozess anhängig war - für das gesamte Berufungsverfahren, d. h. die Erstattungsfähigkeit der zusätzlichen Rechtsanwaltskosten setzt – entgegen den Äußerungen der Rechtspflegerin - nicht voraus, dass das Berufungsverfahren schon in ein bestimmtes Stadium getreten ist. Insbesondere ist nicht erforderlich, dass die Berufungsbegründung bereits vorliegt.

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Für die Notwendigkeit i. S. d. § 91 Abs. 1 ZPO reicht aus, dass der Rechtsmittelgegner anwaltlichen Rat in einer als risikobehafteten Situation für erforderlich halten darf. Die mit einem Rechtsmittel überzogene Partei kann regelmäßig nicht selbständig beurteilen, was zur Rechtsverteidigung sachgerecht zu veranlassen ist, weshalb ihr nicht zugemutet werden kann, zunächst die weiteren Entschließungen des anwaltlich vertretenen Rechtsmittelführers abzuwarten. Aus diesem Grund sind Anwaltskosten auch dann erstattungsfähig, wenn eine Berufung nur vorsorglich eingelegt und vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist zurückgenommen wird (vgl. BGH NJW 2003, 756 f.). Nichts anderes kann gelten, wenn die eingelegte Berufung wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig verworfen wird.

17

Für die Kosten des in einem Nichtigkeitsberufungsverfahren mitwirkenden Rechtsanwalts gilt dies gleichermaßen, jedenfalls bei gleichzeitiger Anhängigkeit eines Verletzungsrechtsstreits und einer dasselbe Patent betreffenden Nichtigkeitsklage. Die Mitwirkung eines Rechtsanwalts ist in solchen Fällen typischerweise erforderlich, um das Vorgehen in den beiden Verfahren aufeinander abzustimmen (BGH GRUR 2013, 428 f.). Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich bereits aus der Einlegung der Berufung ein Abstimmungsbedarf – etwa im Hinblick auf Vergleichsgespräche – ergibt, weshalb der Berufungsgegner die Beauftragung des Rechtsanwalts schon in diesem frühen Stadium des Berufungsverfahrens als erforderlich ansehen darf.

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3. Die geltend gemachten Kosten des mitwirkenden Rechtsanwalts müssen dem Kostengläubiger nach glaubhafter Darlegung aber tatsächlich entstanden sein (vgl. Busse/Keukenschrijver, a. a. O., § 143 Rn. 137, für den im Verletzungsprozess mitwirkenden Patentanwalt), d. h. die Rechtsanwältin muss im vorliegenden Fall eine die Verfahrensgebühr nach VV-RVG Nr. 3201 auslösende anwaltliche Tätigkeit entfaltet haben. Davon ist im vorliegenden Fall auszugehen. Durch die anwaltliche Versicherung der patentanwaltlichen Vertreter und die in Bezug genommene E-mail-Korrespondenz ist glaubhaft dargetan, dass die Rechtsanwältin auf Grund eines Auftrags der Beklagten für diese in der Berufungsinstanz tätig geworden ist und die beanspruchte Gebühr dadurch verdient hat.

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Die Beauftragung der Rechtsanwältin als Vertreterin in der Berufungsinstanz ist – auch im Verhältnis zur Klägerin - unabhängig davon wirksam, dass die entsprechende Anzeige dem Gericht und der Gegenpartei erst nach Verwerfung der Berufung durch den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 20. Dezember 2011 zugegangen war; ebenso ist unerheblich, dass die Mitwirkung nicht von der Rechtsanwältin, sondern von den patentanwaltlichen Vertretern der Beklagten angezeigt wurde (ebenso Benkard/Rogge/Grabinski, Patentgesetz Gebrauchsmustergesetz, 10. Aufl., § 143 Rn. 23a, für den im Verletzungsprozess mitwirkenden Patentanwalt).

20

In dem angefochtenen Beschluss der Rechtspflegerin wird zutreffend darauf hingewiesen, dass eine anwaltliche Tätigkeit, die lediglich als eine noch auf die bisherige Instanz bezogene Abwicklungstätigkeit i. S. d. § 19 Abs. 1 RVG zu bewerten ist (z. B. die Empfangnahme von Entscheidungen oder Rechtsmittelschriften und ihre Mitteilung an den Auftraggeber, § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 RVG) die Verfahrensgebühr nach VV-RVG Nrn. 3200, 3201 nicht auslöst, sondern durch die Verfahrensgebühr der Vorinstanz abgegolten ist. Dies gilt auch dann, wenn der Anwalt z. B. eine Rechtsmittelschrift vor ihrer Weiterleitung an den Mandanten daraufhin prüft, ob etwas zu veranlassen ist (BGH NJW 2013, 312, 313, Abs. [13]) oder wenn er ihr eine kurze Stellungnahme zum weiteren Verfahren und Vorgehen beifügt (OLG Köln, NJW-RR 2013, 317, 318).

21

Jedoch kann vorliegend die Tätigkeit der Rechtsanwältin in Bezug auf das von der Klägerin in Gang gesetzte Berufungsverfahren nicht als bloßer Annex zum erstinstanzlichen Verfahren angesehen werden. Dies hat seinen Grund eben darin, dass die Mitwirkung eines Rechtsanwalts neben dem patentamtlichen Vertreter insbesondere zur Koordination des Patentnichtigkeits- mit dem Verletzungsverfahren erforderlich ist. Gerade diese Koordinationsaufgabe lässt es regelmäßig als geboten erscheinen, dass sich der Rechtsanwalt unmittelbar nach Einreichung der Berufung mit der Frage befasst, welche Konsequenzen sich daraus für den Fortgang beider Prozesse ergeben.

22

Insbesondere die an den finnischen Mandanten gerichtete E-Mail der Rechtsanwältin vom 21. Dezember 2011 zeugt hier von einer solchen Prüfungs- und Koordinationstätigkeit. Aus der E-mail geht nämlich zum einen hervor, dass die Rechtsanwältin Informationen darüber erhalten hatte, dass die Berufung wegen nicht rechtzeitiger Einreichung der Berufungsbegründung vom Bundesgerichtshof höchstwahrscheinlich verworfen werden würde. Zum anderen zeigt die E-Mail, dass sich die Rechtsanwältin bereits Gedanken darüber gemacht hatte, welche Auswirkungen dies auf die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das oberlandesgerichtliche Urteil haben könnte und was unter diesen Umständen für ihren Mandanten zu tun sei ("We therefore should oppose a further stay of the Nichtzulassungsbeschwerde in the infringement proceedings").

23

Entgegen der von der Rechtspflegerin vertretenen Auffassung können diese Ausführungen in der genannten E-mail nicht allein dem Verletzungsverfahren (bzw. einem durch Einreichung einer weiteren Klage eingeleiteten Nichtigkeitsprozess) zugeordnet werden. Ein abgestimmtes Vorgehen in den verschiedenen anhängigen Verfahren war vielmehr nur dadurch möglich, dass die Rechtsanwältin auch das seitens der Klägerin eingeleitete Berufungsverfahren von Anbeginn an beobachtete, Informationen zu diesem Verfahren entgegennahm und bei aktuellen Entwicklungen sofort reagierte. Diese Aktivitäten gingen deutlich über die bloße Abwicklungstätigkeit des mit der Vertretung in der vorhergehenden Instanz betrauten Anwalts hinaus.

24

4. Somit handelt es sich bei den von der Beklagten zusätzlich geltend gemachten Aufwendungen für die Mitwirkung einer Rechtsanwältin um Kosten des Nichtigkeitsberufungsverfahrens im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die zu ihrer zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig waren. Als erstattungsfähig anzuerkennen sind daher – über den von der Rechtspflegerin festgesetzten Betrag hinaus – auch die für die Rechtsanwältin in Ansatz gebrachten Kosten, nämlich eine 1,1-Verfahrensgebühr nach VV-RVG Nr. 3201 (5.935,60 €) und die Post- und Telekommunikationspauschale nach VV-RVG Nr. 7002 (20,00 €), insgesamt somit ein zusätzlicher Betrag in Höhe von 5.955,60 €. Daraus errechnet sich der nunmehr festgesetzte Erstattungsbetrag.

25

Die Verzinsung des neu festgesetzten Betrages war der Beklagten wiederum antragsgemäß ab dem 29. März 2012, dem Tag des Eingangs ihres Festsetzungsgesuchs beim Bundespatentgericht, zuzusprechen. Die Rechtsgrundlage für den Verzinsungsausspruch befindet sich in § 84 Abs. 2 PatG i. V. m. § 104 Abs. 1 Satz 2, § 103 Abs. 1 ZPO.

26

5. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG i. V. m. § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO (vgl. BGH GRUR 2013, 428). Sie erfolgt im Hinblick auf die höchstrichterlich noch nicht entschiedene Frage, ob die Kosten eines im Nichtigkeitsberufungsverfahren neben dem Patentanwalt mitwirkenden Rechtsanwalts auch dann als notwendig i. S. d. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO angesehen werden können, wenn die Berufung wegen nicht rechtzeitiger Einreichung einer Begründung verworfen wird.

III.

27

Die Kosten des Erinnerungsverfahrens sind gemäß § 11 Abs. 2 Satz 4 RPflG, § 91 Abs. 1 ZPO der Klägerin aufzuerlegen (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 97 Rn. 7). Der Wert des Erinnerungsverfahrens folgt aus der Differenz zwischen dem im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss zugesprochenen Erstattungsbetrag und jenem höheren Betrag, wie er sich aus der hier ausgesprochenen Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses ergibt.