Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 29.02.2012


BPatG 29.02.2012 - 10 W (pat) 47/08

Patentbeschwerdeverfahren – zum Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zugunsten einer juristischen Person


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsdatum:
29.02.2012
Aktenzeichen:
10 W (pat) 47/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung …

hier: Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren

hat der 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 29. Februar 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Rauch, der Richterin Püschel und des Richters Eisenrauch

beschlossen:

Der Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Am 4. September 2007 übermittelte die Anmelderin dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eine Erfindung mit der Bezeichnung „……“ mit dem Antrag, darauf ein Patent zu erteilen. Mit Schreiben des DPMA vom 21. Januar 2008 wurde die Anmelderin davon unterrichtet, dass die Anmeldegebühr nicht innerhalb von drei Monaten nach Eingang der Anmeldung gezahlt worden sei und dass die Patentanmeldung daher als zurückgenommen gelte. Gleichzeitig wurde die Anmelderin auf die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hingewiesen. Am 29. März 2008 ging beim DPMA ein vom 24. März 2008 datiertes Schreiben der Anmelderin ein. Sie teilte mit, dass sie seinerzeit auf Grund mangelnder Finanzmittel die Anmeldegebühr leider nicht habe entrichten können. Erst seit dem 20. März 2008 sei sie zur Nachentrichtung der Gebühr imstande gewesen. Sie habe den Betrag überwiesen und beantrage die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Als Nachweis fügte die Anmelderin verschiedene Kontoauszüge bei. Beim DPMA wurde unter dem Datum 27. März 2008 ein Gebühreneingang in Höhe von 60,- € verbucht.

2

Die Prüfungsstelle für Klasse B64F des DPMA übermittelte der Anmelderin zu ihrem Wiedereinsetzungsantrag zunächst einen Zwischenbescheid vom 14. Juli 2008, der unbeantwortet blieb. Durch Beschluss der Prüfungsstelle vom 19. September 2008 wurde der Antrag schließlich mit der Begründung zurückgewiesen, aus den Angaben der Anmelderin sei nicht zu erkennen, dass die Frist unverschuldet versäumt worden sei.

3

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie beantragt,

4

- die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren,

5

- die Aufhebung des Beschlusses der Prüfungsstelle vom 19. September 2008 und

6

- die Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Anmeldegebühr.

7

Begründet werden diese Anträge u. a. mit Darlegungen zu den finanziellen Schwierigkeiten, in denen sich die Anmelderin in dem für die Zahlung der Anmeldegebühr der vorliegenden Patentanmeldung relevanten Zeitraum befunden habe. Die Anmelderin habe in den Jahren 1979 bis 1982 eine erfinderisch und patentanmeldungsmäßig intensive Phase gehabt; damals seien über 30 Anmeldungen getätigt und zahlreiche Patenterteilungen erreicht worden. Die jetzigen Schwierigkeiten seien seit 1994 auch durch teilweise rechtswidrige Maßnahmen der niedersächsischen Finanzbehörden verursacht worden. Auch im Zeitpunkt der Beschwerdeeinlegung sei die finanzielle Situation des Unternehmens noch immer schwierig gewesen. Aus diesem Grund habe die Industrie- und Handelskammer Hannover auf die Zahlung von Kammermitgliedsbeiträgen verzichtet.

8

Zum Nachweis ihrer finanziell problematischen Lage verweist die Anmelderin u. a. auf die an den Geschäftsführer der Anmelderin gerichtete Ladung des Gerichtsvollziehers vom 2. Juni 2008 zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung und auf ein Schreiben der D… AG vom 7. Oktober 2008 mit der Androhung der fristlosen Kündigung des Telefon Internetanschlusses der Anmelderin wegen eines offenen Zahlungsbetrages.

II.

9

Dem Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren kann nicht stattgegeben werden.

10

Nach den im vorliegenden Beschwerdeverfahren anwendbaren Vorschriften des § 130 Abs. 1 Satz 1 PatG i. V. m. § 114 ZPO kann der Patentanmelder Verfahrenskosten für das Beschwerdeverfahren beanspruchen, wenn die Beschwerde hinreichende Erfolgsaussichten hat. Ob dies hier der Fall ist, kann dahingestellt bleiben.

11

Nach der ebenfalls anwendbaren Vorschrift des § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO kann eine juristische Person (z. B. eine GmbH wie im vorliegenden Fall die Anmelderin) Prozesskostenhilfe nämlich nur unter bestimmten weiteren Voraussetzungen beanspruchen. Dazu gehört, dass die Unterlassung der Rechtsverfolgung dem allgemeinen Interesse zuwiderlaufen würde. Es kann nicht angenommen werden, dass diese Voraussetzung hier vorliegt.

12

Die Anmelderin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Versagung der Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Anmeldegebühr. Bei Einreichung der vorliegenden Patentanmeldung am 4. September 2007 war eine Anmeldegebühr in Höhe von 60 € fällig geworden (§ 2 Abs. 1 PatKostG, Gebührenverzeichnis Nr. 311 000, 311 050). Diese hätte gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 PatKostG innerhalb von drei Monaten gezahlt werden müssen; tatsächlich ist die Zahlung erst am 27. März 2008 erfolgt. Somit trat die in § 6 Abs. 2 PatKostG genannte Rechtsfolge ein, wonach die Anmeldung als zurückgenommen gilt.

13

Durch diese gesetzlich festgelegte Rechtsfolge ist der Anmelderin selbst ein Rechtsnachteil entstanden, dessen Beseitigung sie anstrebt. Es ist aber nicht erkennbar, dass es dem allgemeinen Interesse zuwiderlaufen würde, wenn es bei der genannten Rechtsfolge (d. h. der Nichtfortsetzung des Anmeldeverfahrens) bleiben sollte. Dies wäre der Fall, wenn durch die Beendigung des Anmeldeverfahrens größere Kreise der Bevölkerung oder des Wirtschaftslebens angesprochen würden oder wenn dies soziale Auswirkungen - etwa den Verlust zahlreicher Arbeitsplätze - nach sich ziehen würde (vgl. Zöller, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 29. Aufl. 2012, § 116 Rdnr. 24 f. m. w. N.). Eine wirtschaftliche Bedeutung des Umfangs, dass durch die Nichtweiterverfolgung ihrer Patentanmeldung allgemeine Interessen der genannten Art berührt sein könnten, kommt der Anmelderin nach den Ausführungen in der Beschwerdebegründung erkennbar nicht zu. Dies ist insbesondere dem Umstand zu entnehmen, dass die Phase, in der die Anmelderin viele Erfindungen hervorgebracht und Patentanmeldungen getätigt hatte, schon viele Jahre zurückliegt. Auch die Ladung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung und die Schwierigkeiten bei der Begleichung von Kammerbeiträgen und Telefonrechnungen machen deutlich, dass die Anmelderin für die Allgemeinwirtschaft keine bedeutsame Rolle spielt und das Unterbleiben der mit der vorliegenden Beschwerde angestrebten Rechtsverfolgung daher allgemeinen Interessen nicht zuwiderläuft.

14

Die Anmelderin hat somit noch die Möglichkeit, das Beschwerdeverfahren durch Zahlung der Beschwerdegebühr in Gang zu setzen. Dafür steht der Anmelderin die Zeit zur Verfügung, in der der Lauf der Zahlungsfrist noch gehemmt ist (bis zum Ablauf von einem Monat nach Zustellung des vorliegenden Beschlusses, § 134 PatG), und darüber hinaus die bei Einreichung des Verfahrenskostenhilfeantrags noch nicht verstrichene Beschwerdefrist.