Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 27.10.2011


BPatG 27.10.2011 - 10 W (pat) 28/07

Patentbeschwerdeverfahren - "Feuerlöschdüse (europäisches Patent)" – Wiedereinsetzungsantrag in die Frist zur Einreichung einer deutschen Übersetzung der Patentschrift und zur Zahlung der Gebühr für die Veröffentlichung der Patentschrift - Unterzeichnung eines Beschlusses über den Wiedereinsetzungsantrag durch unzuständigen Spruchkörper - wesentlicher Verfahrensfehler - zur Kenntnis eines nicht mit der entsprechenden Handlung beauftragten Vertreters


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsdatum:
27.10.2011
Aktenzeichen:
10 W (pat) 28/07
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze
Art II § 3 Abs 1 S 1 IntPatÜbkG

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 600 21 245 (EP 1 106 212)

wegen Wiedereinsetzung

hat der 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 27. Oktober 2011 durch den Vorsitzenden Richter Schülke, die Richterin Püschel und den Richter Eisenrauch

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Prüfungsstelle für Klasse A 62 C 31/03 - vom 14. Februar 2007 aufgehoben. Der Patentinhaberin wird Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einreichung der deutschen Übersetzung nach Art. II § 3 Abs. 1 IntPatÜG und Zahlung der Veröffentlichungsgebühr gewährt.

2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Auf die am 6. Dezember 2000 eingereichte Anmeldung wurde der Patentinhaberin mit Wirkung auch für die Bundesrepublik Deutschland das europäische Patent 1 106 212 mit der Bezeichnung "Feuerlöschdüse" erteilt. Das in der Verfahrenssprache Französisch vom Europäischen Patentamt am 13. Juli 2005 veröffentlichte Patent wird beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 600 21 245 geführt.

2

Das Deutsche Patent- und Markenamt wies mit Bescheid vom 13. Juli 2005, der an die Inlandsvertreter der Patentinhaberin gerichtet war, darauf hin, dass innerhalb einer Frist von drei Monaten eine deutsche Übersetzung der Patentschrift einzureichen und eine Gebühr von 150,- € für deren Veröffentlichung zu entrichten sei, falls die gesamte europäische Patentschrift nicht in deutscher Sprache veröffentlicht worden sei. Mit weiterem Bescheid vom 12. April 2006, der amtsintern erst am 11. Mai 2006 von der EP-Geschäftsstelle an die Postabsendestelle gegeben wurde, unterrichtete das Patentamt die Patentinhaberin davon, dass wegen Nichterfüllung der vorgenannten Erfordernisse die Wirkungen des europäischen Patents für die Bundesrepublik Deutschland als von Anfang an nicht eingetreten gelten.

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Am 17. Juli 2006 hat die Patentinhaberin Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Einreichung einer deutschen Übersetzung der Patentschrift und zur Zahlung der Gebühr für die Veröffentlichung der Patentschrift gestellt und zugleich die Übersetzung eingereicht sowie die Gebühr mittels Einzugsermächtigung gezahlt. Zur Begründung wird vorgetragen, die Patentinhaberin habe mit Schreiben vom 11. April 2005 ihren französischen Vertretern (C… in L…den Auftrag erteilt, Übersetzungen der Patentansprüche beim Europäischen Patentamt sowie eine Übersetzung der Patentschrift beim Deutschen Patent- und Markenamt einzureichen. Mit Schreiben vom 15. April 2005 hätten die französischen Vertreter die Kanzlei P… mit der Übernahme der Vertretung des deutschen Teils des europäischen Patents beauftragt; diese Vertretungsübernahme sei mit Schreiben vom 28. April 2005 dem Deutschen Patent-Markenamt angezeigt worden. Die französischen Vertreter hätten es im weiteren Verlauf versäumt, die Inlandsvertreter mit der Einreichung einer deutschen Übersetzung der Patentschrift zu beauftragen.

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Ursächlich hierfür sei ein Fehler einer Angestellten der französischen Vertreter gewesen, Frau S…, die seit 22 Jahren dort tätig und hauptsächlich mit der Validierung von europäischen Patenten in den einzelnen benannten Ländern befasst sei. Bei Frau S… handle es sich um eine bislang sehr zuverlässige Mitarbeiterin, deren Tätigkeit auch regelmäßig überwacht werde. Diese habe weisungsgemäß die Kanzlei P… mit der Vertretungsübernahmebeauftragt, jedoch fälschlicherweise einen Eintrag in das kanzleieigene Fristenüberwachungssystem vorgenommen, demzufolge die Kanzlei P… mit der Einreichung einer deutschen Übersetzung der Patentschrift beauftragt worden sei. Nachdem am 2. Juni 2005 die Erteilung des europäischen Patents beschlossen worden sei, hätten die französischen Vertreter der Patentinhaberin mit Schreiben vom 6. Juni 2005 bestätigt, dass eine Validierung in Deutschland vorgenommen werde. Die Kanzlei P… sei allerdings nicht mit der Einreichung einer Übersetzung beauftragt worden, da die entsprechende Frist für die Erteilung eines solchen Auftrags bereits gestrichen gewesen und somit angenommen worden sei, es sei bereits alles Notwendige in die Wege geleitet. Da der Kanzlei P…kein Auftrag für die Einreichung einer Übersetzung vorgelegen habe, habe diese auch keine Fristüberwachung für die Frist zur Einreichung der Übersetzung durchgeführt, zumal diese Handlung auch durch einen ausländischen Vertreter selbst vorgenommen werden könne. Der Wegfall des Hindernisses sei mit Zustellung der Rechtsverlustmitteilung des Deutschen Patent- und Markenamts am 17. Mai 2006 eingetreten.

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Beigefügt sind dem Antrag auf Wiedereinsetzung u. a. eidesstattliche Versicherungen des französischen Vertreters, Patentanwalt D…, sowie seiner Angestellten Frau S…, für die im Verlauf des Verfahrens auch eine deutsche Übersetzung eingereicht worden ist. Frau S… gibt an, wenn ihre Kanzlei eine Entscheidung über die Erteilung eines europäischen Patents empfange (EPA-Formblatt 2006A), werde dieses Formblatt gewöhnlich an sie weiter geleitet, damit sie die ausländischen Patentanwälte darüber informieren könne, dass die entsprechenden Übersetzungen bei den nationalen Ämtern eingereicht werden sollten. Nachdem der Erteilungsbeschluss (EPA-Formblatt 2006A) an einen ausländischen Patentanwalt übermittelt worden sei, mache sie immer zweite Einträge in den Terminkalender, um darauf hinzuweisen, dass ihm das Formblatt übersandt worden sei. Als sie am 28. Juni 2005 durch Herrn D… angewiesen worden sei, das EPA-Formblatt 2006A bezüglich des in Rede stehenden Patents an die Kanzlei P… zu übersenden, habe sie den Terminkalender überprüft und irrtümlicherweise angenommen, dass das Formblatt bereits übermittelt worden sei; daher habe sie es nicht übersandt.

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Das Deutsche Patent- und Markenamt - Prüfungsstelle für Klasse A 62 C 31/03 - hat durch Beschluss vom 14. Februar 2007 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, es liege ein Verschulden der Inlandsvertreter an der Fristversäumung vor. Diese hätten nach Erhalt des Bescheides des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. Juli 2005 dafür sorgen müssen, dass einerseits die deutsche Übersetzung der europäischen Patentschrift eingereicht und andererseits die Veröffentlichungsgebühr fristgerecht beim Patentamt eingezahlt werde. Im Sachvortrag werde überdies nur begründet, weshalb die Frist zur Einreichung der deutschen Übersetzung nicht habe eingehalten werden können, aber keinerlei Begründung, weshalb die Veröffentlichungsgebühr nicht fristgerecht eingezahlt worden sei. Die eidesstattlichen Versicherungen des französischen Vertreters und seiner Mitarbeiterin zeigten nur, dass die Mitarbeiterin es versäumt habe, den Erteilungsbeschluss an die Inlandsvertreter zu übermitteln. Dennoch hätten die Inlandsvertreter von der Veröffentlichung des europäischen Patents erfahren. Diese hätten nach Erhalt des patentamtlichen Bescheides vom 13. Juli 2005 die darin angegebene Frist überwachen oder zumindest beim französischen Vertreter nachfragen müssen, ob die Validierung des europäischen Patents für die Bundesrepublik Deutschland betrieben werden solle oder nicht, zumal ja auch eine Zahlungsfrist hätte überwacht werden müssen.

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Hiergegen wendet sich die Patentinhaberin mit der Beschwerde, mit der sie beantragt,

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den Beschluss aufzuheben und die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, sowie die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.

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Zur Begründung wird vorgetragen, ein gewolltes Verstreichen lassen der Frist liege nicht vor, da das europäische Patent für die Bundesrepublik Deutschland validiert werden sollte, wie die mit dem Wiedereinsetzungsantrag vorgelegten Schreiben zeigten. Unter nochmaliger Schilderung des Vortrags aus dem Wiedereinsetzungsantrag ist die Patentinhaberin der Ansicht, dass die französischen Vertreter kein Verschulden an der Fristversäumung treffe. Der irrtümliche Vermerk von Frau S… im Fristenkalender sei die Ursache für das versäumte Übersenden des Erteilungsbeschlusses an die Inlandsvertreter. Da es sich bei ihr um eine erfahrene, zuverlässige Mitarbeiterin handle, deren Tätigkeit Herr D… regelmäßig überwache, könne ihm als französischem Vertreter kein Verschuldensvorwurf gemacht werden.

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Auch bei den deutschen Vertretern sei kein Verschulden gegeben. Sie seien, da in der Vergangenheit von den französischen Vertretern stets rechtzeitig die Kopie des Erteilungsbeschlusses übersandt worden sei, davon ausgegangen, dass noch kein Erteilungsbeschluss ergangen sei. Als sie am 22. Juli 2005 die patentamtliche Mitteilung vom 13. Juli 2005 erhielten, wonach hier ein europäisches Patent erteilt worden sei, hätten sie diese Mitteilung mit Schreiben vom 25. Juli 2005 (der Beschwerdebegründung als Anlage beigefügt) den französischen Vertretern übermittelt und diese nochmals um eine Übersendung des Erteilungsbeschlusses gebeten. Da ausländische Patentinhaber die Erfordernisse für die Validierung eines europäischen Patents in Deutschland auch ohne Inlandsvertreter vornehmen könnten und zudem keine explizite Weisung zur Validierung vorgelegen habe, seien die Inlandsvertreter zu der Annahme berechtigt gewesen, die Validierung werde auf anderem Wege vorgenommen oder die Mandantin habe möglicherweise von einer Validierung in Deutschland Abstand genommen. Gemäß der Rechtsprechung bestehe keine Verpflichtung eines Vertreters für wiederholtes Nachfragen (vgl. BPatGE 13, 87, 94). Zudem müsse sich sei ein Vertreter bei seiner Tätigkeit streng nach den Weisungen seines Mandanten richten. Es sei daher praxisfern, eine Verpflichtung des Inlandsvertreters anzunehmen, von sich aus eine Übersetzung einzureichen und die Gebühr zu zahlen, ohne hierfür eine Weisung zu haben.

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Da die Fristen für die Einreichung einer deutschen Übersetzung und die Zahlung der Veröffentlichungsgebühr identisch seien, sei eine gemeinsame Überwachung angezeigt, zumal auch die Rechtsfolge bei einem Fristversäumnis eine gemeinsame rechtliche Grundlage in Art. II § 3 Abs. 2 IntPatÜG habe.

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Die Erstattung der Beschwerdegebühr werde beantragt, da der Beschluss durch eine nicht zuständige Stelle erfolgt sei. Zuständig sei hier, da das Patent bereits erteilt sei, die Patentabteilung und nicht die Prüfungsstelle.

II.

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Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Der Patentinhaberin kann, jedenfalls nach ihrem im Beschwerdeverfahren zulässigerweise ergänzten Vortrag, die beantragte Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einreichung der Übersetzung der europäischen Patentschrift und Zahlung der Gebühr für deren Veröffentlichung gewährt werden.

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1. Der Senat hat angesichts der Entscheidungsreife der Sache von einer Zurückverweisung gemäß § 79 Abs. 3 Nr. 2 PatG abgesehen und in der Sache selbst entschieden, obwohl das Verfahren vor dem Patentamt an einem wesentlichen Mangel leidet. Gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 2 PatG ist für alle Angelegenheiten, die die erteilten Patente betreffen, die Patentabteilung zuständig, unterzeichnet ist der Beschluss aber von einem Prüfer unter der Angabe "Prüfungsstelle für Klasse A 62 C 31/03", mithin durch einen unzuständigen Spruchkörper. Zwar können gemäß § 27 Abs. 4 PatG alle Angelegenheiten der Patentabteilung, mit Ausnahme der Beschlussfassung über die Aufrechterhaltung, den Widerruf oder die Beschränkung des Patents, vom Vorsitzenden der Patentabteilung allein bearbeitet oder einem technischen Mitglied der Abteilung übertragen werden, mithin auch die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag zu einem erteilten Patent. Auch wenn eine solche Übertragung erfolgt ist, ändert dies aber nichts daran, dass die Entscheidung durch die "Patentabteilung" zu erfolgen hat, was bei der Bezeichnung des Spruchkörpers zum Ausdruck kommen muss.

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2. Die Patentinhaberin hat die dreimonatige Frist zur Einreichung einer Übersetzung der Patentschrift des erteilten europäischen Patents nach Art. II § 3 Abs. 1 Satz 1 IntPatÜG und zur Zahlung der Gebühr für die Veröffentlichung der Übersetzung des Patents (§ 2 Abs. 1 PatKostG i. V. m. Gebührenverzeichnis Nr. 313 820) versäumt. Die Vorschriften sind nach der Übergangsregelung des Art. XI § 4 IntPatÜG für Altfälle wie hier, in denen die Patenterteilung vor dem 1. Mai 2008 veröffentlicht worden ist, weiterhin anwendbar. Die Frist, die mit der Veröffentlichung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents im Europäischen Patentblatt beginnt, hier am 13. Juli 2005, hat am 13. Oktober 2005 geendet. Die Einreichung der Übersetzung und die Gebührenzahlung sind erst zusammen mit dem Wiedereinsetzungsantrag im Juli 2006 erfolgt und damit verspätet, was nach Art. II § 3 Abs. 2 IntPatÜG dazu führt, dass die Wirkungen des europäischen Patents für die Bundesrepublik Deutschland als von Anfang nicht eingetreten gelten.

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3. Der zur Beseitigung dieses Rechtsnachteils gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung ist in zulässiger Weise gestellt worden, insbesondere ist die zweimonatige Antragsfrist des § 123 Abs. 2 Satz 1 PatG eingehalten, die mit Wegfall des Hindernisses zu laufen beginnt.

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Der Wegfall des Hindernisses tritt ein, sobald das Ereignis seine hindernde Wirkung auf den Säumigen oder dessen Vertreter verliert, also wenn Säumiger oder Vertreter bei der Aufwendung der ihm zuzumutenden Sorgfalt nicht mehr gehindert ist, die versäumte Handlung vorzunehmen oder wenn das Fortbestehen des Hindernisses nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann. Das ist dann der Fall, sobald die Partei oder ihr Vertreter bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt die Versäumung hätte erkennen können (vgl. Benkard, PatG, 10. Aufl., § 123 Rdn. 54; Schulte, PatG, 8. Aufl., § 123 Rdn. 27). Grundsätzlich steht zwar die Kenntnis des Vertreters der Kenntnis der Partei gleich (vgl. Schulte, a. a. O., § 123 Rdn. 30). Dies gilt aber im Falle versäumter Jahresgebührenzahlungen nicht für den Vertreter, der nicht mit der Überwachung und Zahlung von Jahresgebühren beauftragt ist. Die Patentinhaberin hat in ihrer Beschwerdebegründung zu Recht auf die Entscheidung des Bundespatentgerichts in BPatGE 13, 87, 91/92 hingewiesen, wonach nur auf die Kenntnis des mit der Überwachung und Zahlung von Jahresgebühren befassten Vertreters abzustellen ist, nicht auf die Inlandsvertreter, wenn sie hiermit nicht beauftragt sind (so auch Benkard, a. a. O., § 123 Rdn. 54). Ein vergleichbarer Fall liegt hier vor, denn nach dem eidesstattlich versicherten Vortrag ist der Auftrag für die Einreichung der Übersetzung und die Zahlung der Gebühr für deren Veröffentlichung von den französischen Vertretern nicht an die Inlandsvertreter weitergegeben worden. Für den Beginn der Zweimonatsfrist ist es daher unbeachtlich, dass den Inlandsvertretern die Mitteilung des Patentamts vom 13. Juli 2005, in der auf die Dreimonatsfrist zur Einreichung der Übersetzung und zur Zahlung der Gebühr für deren Veröffentlichung hingewiesen wird, übersandt worden ist und sie schon früher Kenntnis von der Fristversäumung hätten erlangen können. Der Beginn der Antragsfrist ist daher nicht vor Zugang des patentamtlichen Bescheides vom 12. April 2006 anzunehmen, in dem die Patentinhaberin über den eingetretenen Rechtsverlust unterrichtet worden ist und der den Inlandsvertretern am 17. Mai 2006 zugegangen ist, ohne dass Anhalt für den Zugang zu einem früheren Zeitpunkt besteht. Ausgehend hiervon ist der Wiedereinsetzungsantrag und die Nachholung der versäumten Handlungen am 17. Juli 2006 rechtzeitig gewesen.

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Die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 123 Abs. 2 PatG sind ebenfalls eingehalten. Der Wiedereinsetzungsantrag enthält die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen. Die versäumten Handlungen sind gleichzeitig mit der Stellung des Wiedereinsetzungsantrags und damit rechtzeitig innerhalb der Antragsfrist erfolgt. Die vorgetragenen Tatsachen sind glaubhaft gemacht worden. Dass der Vortrag nicht ausdrücklich zwischen der Frist für die Einreichung der Übersetzung und der Zahlung der Gebühr unterscheidet, ist nicht zu beanstanden, denn es handelt sich um identische Fristen, worauf die Patentinhaberin zu Recht hinweist. Die Frist zur Zahlung der Gebühr für die Veröffentlichung der Übersetzung entspricht nach § 6 Abs. 1 PatKostG der Frist für die Einreichung der Übersetzung nach Art. II § 3 Abs. 1 Satz 1 IntPatÜG, die Rechtsfolge der Nichteinhaltung folgt jeweils aus Art. II § 3 Abs. 2 IntPatÜG.

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4. Der Wiedereinsetzungsantrag ist auch begründet. Die Patentinhaberin hat in glaubhafter Weise dargetan, dass sie die Frist zur Einreichung der Übersetzung der europäischen Patentschrift und die Zahlung der Gebühr für deren Veröffentlichung ohne Verschulden versäumt hat. Es trifft weder sie selbst ein Verschulden noch liegt ein der Patentinhaberin gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbares Verschulden ihrer Vertreter vor.

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Bezüglich der Inlandsvertreter, die nicht mit der Einreichung der Übersetzung der europäischen Patentschrift und der Zahlung der Gebühr für deren Veröffentlichung beauftragt waren, ist ein Verschulden nicht erkennbar. In Fällen, in denen ein Vertreter nicht mit der Einzahlung der Jahresgebühren beauftragt ist, genügt er nach ständiger Rechtsprechung (vgl. zuletzt 10 W (pat) 47/06 vom 17. Dezember 2009; 10 W (pat) 47/05 vom 22. Februar 2007, jeweils vollständig veröffentlicht in juris; BPatGE 13, 87, 93/94) seiner anwaltlichen Sorgfaltspflicht dadurch, dass er den Anmelder/Patentinhaber über die Notwendigkeit und die Frist der Gebührenzahlung sowie auf die Rechtsfolgen einer unterbliebenen Zahlung hinweist; er muss nicht selbst die Zahlung bewirken oder die Frist hierfür überwachen. Es besteht beim Ausbleiben einer Antwort grundsätzlich auch keine Nachfragepflicht des Vertreters (vgl. BPatGE 13, 87, 94; zum Zivilprozess BGH NJW 2006, 2779). Hiervon ausgehend haben die Inlandsvertreter in dem vergleichbaren Fall der Einreichung der Übersetzung und Zahlung der Gebühr für die Validierung eines europäischen Patents ihrer anwaltlichen Sorgfaltspflicht hier dadurch genügt, dass sie die Mitteilung des Patentamts vom 13. Juli 2005, in der auf die Dreimonatsfrist zur Einreichung der Übersetzung und zur Zahlung der Gebühr für deren Veröffentlichung hingewiesen wird, an die französischen Vertreter weitergeleitet haben. Zu einer weiteren Nachfrage sind die Inlandsvertreter nicht verpflichtet gewesen, da aus ihrer Sicht nicht auszuschließen war, dass die Validierung durch die französischen Vertreter vorgenommen werden könnte, da es hierzu grundsätzlich keines Inlandvertreters bedarf.

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Diese Weiterleitung durch die Inlandsvertreter an die französischen Vertreter mit Schreiben vom 25. Juli 2005 ist zwar erstmalig in der Beschwerdebegründung vorgetragen worden. Insoweit handelt es sich aber nicht um ein unzulässiges Nachschieben von Wiedereinsetzungsgründen, die nach § 123 Abs. 2 Satz 1 und 2 PatG grundsätzlich innerhalb der zweimonatigen Antragsfrist für die Stellung des Wiedereinsetzungsantrags vorgetragen werden müssen, sondern um zulässiges ergänzendes Vorbringen (vgl. insoweit Schulte, a. a. O, § 123 Rdn. 41). Denn es vervollständigt den bisherigen Vortrag lediglich dahingehend, wie die Inlandsvertreter mit der patentamtlichen Mitteilung vom 13. Juli 2005, deren Erhalt sie im Wiedereinsetzungsantrag vorgetragen haben, weiter verfahren sind.

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Auch bezüglich der französischen Vertreter, die mit der Validierung des europäischen Patents beauftragt waren, ist ein Verschulden nicht feststellbar. Nach dem eidesstattlich versicherten Vortrag, an dessen Richtigkeit zu zweifeln kein Anhalt besteht, ist die Validierung von europäischen Patenten in der Kanzlei hinreichend organisiert. Den zur Fristversäumung führenden Fehler durch einen verfrühten Eintrag in den Fristenkalender über die Weiterleitung des europäischen Erteilungsbeschlusses an die deutschen Vertreter hat eine Angestellte in der Kanzlei der französischen Vertreter verursacht, deren Fehlverhalten der Patentinhaberin nicht gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechenbar ist, da sie nur Hilfsperson, keine Vertreterin ist. Da sie seit über zwei Jahrzehnten tätig, eingewiesen und regelmäßig überwacht worden ist, liegt insoweit kein (Auswahl-, Unterweisungs- oder Überwachungs-) Verschulden der französischen Vertreter vor.

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Es kann daher Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einreichung der Übersetzung und zur Zahlung der Gebühr für deren Veröffentlichung gewährt werden.

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5. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr, der unbeschadet des hilfsweise gestellten Terminantrags auch ohne mündliche Verhandlung beschieden werden konnte (vgl. Schulte, a. a. O., § 78 Rdn. Rdn. 14 unter e), ist dagegen unbegründet. Eine Rückzahlung aus Billigkeitsgründen gemäß § 80 Abs. 3 PatG kommt dann in Betracht, wenn bei ordnungsgemäßer und angemessener Sachbehandlung der Erlass eines Zurückweisungsbeschlusses nicht in Betracht gekommen wäre und damit die Erhebung der Beschwerde sowie die Einzahlung der Beschwerdegebühr hätten vermieden werden können (vgl. Schulte, a. a. O., § 73 Rdn. 125). Hier liegt zwar, wie ausgeführt, ein Mangel des patentamtlichen Verfahrens vor, es fehlt insoweit aber an der Kausalität für die Erhebung der Beschwerde. Es ist nicht feststellbar, dass die Entscheidung des Patentamts ohne den Verfahrensverstoß anders gelautet hätte.