Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 06.12.2011


BPatG 06.12.2011 - 10 W (pat) 16/09

Patentbeschwerdeverfahren – "Verfahren und Vorrichtung zur plasma-chemischen Reduzierung von gasförmigen und/oder festen Schadstoffen in Abgasen von Verbrennungsmotoren" - Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Patentjahresgebühr nebst Verspätungszuschlag – zur Glaubhaftmachung der eine Wiedereinsetzung rechtfertigenden Tatsachen


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsdatum:
06.12.2011
Aktenzeichen:
10 W (pat) 16/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent …

(wegen Wiedereinsetzung)

hat der 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 6. Dezember 2011 durch den Vorsitzenden Richter Schülke sowie die Richterin Püschel und den Richter Eisenrauch

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller war Inhaber des europäischen Patents … mit der Be-zeichnung „Verfahren und Vorrichtung zur plasma-chemischen Reduzierung von gasförmigen und/oder festen Schadstoffen in Abgasen von Verbrennungsmotoren“, das auch mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilt worden war und beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) unter der Nummer … geführt wurde. Nachdem die Gebühr für das 7. Patentjahr am31. Oktober 2005 fällig geworden und diese Gebühr nicht innerhalb des „zuschlagfreien“ Zeitraums von zwei Monaten entrichtet worden war, hat das DPMA den Antragsteller mit einer Mitteilung vom 7. März 2006 darüber benachrichtigt, dass die Aufrechterhaltung des Patents von der Zahlung einer Gebühr in Höhe von 180,-- € zuzüglich eines Zuschlags in Höhe von 50,-- € (insgesamt 230,-- €) bis zum 2. Mai 2006 abhänge. Die Zahlungsfrist war sodann fruchtlos abgelaufen.

2

Mit einer am 30. April 2007 beim DPMA eingegangenen Eingabe hat der Antragsteller einen Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt und mit beigefügter Einzugsermächtigung die 7. Patentjahresgebühr nebst dem Zuschlag in voller Höhe der 230,-- € nachentrichtet. Er hat seinen Antrag im Wesentlichen damit begründet, er habe zwar die Frist zur Überweisung der Jahresgebühr nebst dem Zuschlag notiert gehabt und auch einen entsprechenden Überweisungsträger vorbereitet worden, jedoch habe er am 13. April 2006 einen Zusammenbruch erlitten. Er sei noch am selben Tag ins Krankenhaus eingewiesen worden, wo später eine schwere Lungenentzündung festgestellt worden sei, die ihn über Wochen ans Bett gefesselt habe. Er meine sich zu erinnern, dass er seinerzeit seine Ehefrau gebeten habe, den bereits ausgefüllten und von ihm unterschriebenen Überweisungsträger persönlich zur Bank zu bringen. Jedoch lasse sich im Nachhinein der Verbleib des Überweisungsträgers, der offensichtlich nicht zur Bank gelangt sei, nicht mehr nachvollziehen. Zur Glaubhaftmachung hat der Antragsteller eine „Eidesstattliche Versicherung“ vom 30. April 2007 vorgelegt, in der er nochmals erklärt hat, dass ihn eine „schwere Krankheit mit wochenlanger Bettlägerigkeit“ an der Zahlung gehindert habe.

3

Mit Beschluss vom 6. Februar 2009, der auf einen Zwischenbescheid vom 9. November 2007 verweist, hat das DPMA - Patentabteilung 13.EP - den Wiedereinsetzungsantrag des Antragstellers zurückgewiesen. Zur Begründung ist in der Entscheidung ausgeführt, aus dem vom Antragsteller vorgetragenen Sachverhalt ergebe sich nicht, dass er die Frist zur Zahlung der 7. Jahresgebühr - nebst Verspätungszuschlag - ohne Verschulden versäumt habe. Es sei nicht erkennbar, dass der Antragsteller für den Fall seiner gesundheitlichen Verhinderung hinreichend Vorsorge getroffen habe. Seine behauptete Erkrankung sei auch nicht glaubhaft gemacht worden. Ein hierzu notwendiges, ärztliches Attest fehle.

4

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.

5

Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),

6

den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts - Patentabteilung 13 .EP - vom 6. Februar 2009 aufzuheben und ihm Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der 7. Jahresgebühr nebst dem Zuschlag zu gewähren.

II.

7

Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die angegriffene Entscheidung, mit der dem Antragsteller die beantragte Wiedereinsetzung versagt wurde, erweist sich im Ergebnis als zutreffend. Die Beschwerde bleibt daher ohne Erfolg.

8

1. Der Wiedereinsetzungsantrag ist statthaft. Der Antragsteller hat im Sinne von § 123 Abs. 1 Satz 1 PatG eine Frist, deren Versäumung einen Rechtsnachteil zur Folge hat, versäumt. Die nach Art. II § 7 IntPatÜG i. V. m. § 17 Abs. 1 PatG zu zahlende 7. Patentjahresgebühr war gemäß § 3 Abs. 2 PatKostG am 31. Oktober 2005 fällig geworden und konnte gemäß § 7 Abs. 1 PatKostG bis zum 31. Dezember 2005 zuschlagfrei und – da der 30. April 2006 und der 1. Mai 2006 ein Samstag bzw. ein Feiertag waren – noch bis zum 2. Mai 2006 mit Verspätungszuschlag gezahlt werden. Die Zahlung erfolgte jedoch erst am 30. April 2007 – also nahezu ein Jahr zu spät. Wegen der verspäteten Zahlung der Jahresgebühr ist das Patent gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 3 PatG i. V. m. § 7 Abs. 1 PatKostG mit Wirkung zum 3. Mai 2006 erloschen.

9

2. Die Beschwerde muss bereits deshalb erfolglos bleiben, weil die Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags nicht festgestellt werden kann. Nach § 123 Abs. 2 Sätze 1 und 3 PatG muss ein Wiedereinsetzungsantrag, um zulässig zu sein, innerhalb von zwei Monaten „nach Wegfall des Hindernisses“ beantragt werden; innerhalb dieser Frist muss auch die versäumte Handlung nachgeholt werden. Bereits an diesen Voraussetzungen fehlt es hier.

10

Ein „Wegfall des Hindernisses“ tritt im Zusammenhang mit einer nicht fristgerechten Zahlung bereits dann ein, sobald der Zahlungsschuldner bei Anwendung der ihm zumutbaren Sorgfalt die Versäumung hätte erkennen können, in jedem Fall aber mit seiner positiven Kenntnis von der Fristversäumung (vgl. Schulte, PatG, 8. Aufl., § 123 Rn. 28). Der Antragsteller trägt zwar vor, dass er erst anlässlich eines Besprechungstermins am 8. März 2007 bei seinem zwischenzeitlich beauftragten, anwaltlichen Vertreter vom Erlöschen des Patents erfahren habe; allerdings dokumentiert dies nur den Zeitpunkt, an dem er positive Kenntnis von der Fristversäumung erhalten hat. Entscheidungserheblich ist dagegen, dass der Antragsteller seinerzeit die besondere Relevanz und Bedeutung des Fristablaufs zum „30. April 2006“ erkannt hatte und auch bereits Vorbereitungen getroffen hatte, die Zahlung der Gebühren vorzunehmen. Nach der Rückkehr des Antragstellers aus dem behaupteten, 4-wöchigen Krankenhausaufenthalt wäre deshalb zu erwarten gewesen, dass der Antragsteller alsbald eine entsprechende Kontrolle seiner Kontoauszüge durchführt und sich Klarheit darüber verschafft, welche Überweisungen durchgeführt worden und welche krankheitsbedingt unterblieben waren. Insbesondere mit Rücksicht darauf, dass dem Antragsteller die Verlängerung des Patents mit der Nummer 599 10 021 vor seiner Erkrankung offenbar sehr wichtig war, muss davon ausgegangen werden, dass er sich zumindest bis spätestens Ende 2006 hätte erinnern und so in zumutbarer Weise von der Versäumung der Zahlungsfrist hätte Kenntnis erhalten können. Sein erst am 30. April 2007 gestellter Wiedereinsetzungsantrag wahrte somit die in § 123 Abs. 2 Sätze 1 und 3 PatG geregelte, 2-monatige Antragsfrist nicht.

11

3. Die Zulässigkeit des Wiedereinsetzungsantrags kann aber letztlich dahingestellt bleiben, da die begehrte Wiedereinsetzung auch in der Sache nicht gewährbar ist. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 PatG müssen die die Wiedereinsetzung rechtfertigenden Tatsachen glaubhaft gemacht werden. Auch dies ist hier nicht hinreichend geschehen.

12

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann im Falle einer Fristversäumung infolge einer unvorhersehbaren, schweren Erkrankung ein Verschulden verneint werden, wenn es sich um eine Erkrankung handelt, deren Schwere und Auftreten es dem Säumigen unmöglich oder zumindest unzumutbar gemacht hat, eine andere Person mit der Vornahme der zur Fristwahrung notwendigen Handlungen zu beauftragen (vgl. BGH NJW 2008, 3571, 3502). Eine solche Erkrankung hat der Antragsteller zwar behauptet und auch eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt in der er eine „schwere Krankheit mit wochenlanger Bettlägerigkeit“ erwähnt hat. Wer sich jedoch auf eine Krankheit solcher Qualität beruft, genügt den Anforderungen an eine Glaubhaftmachung nur dann, wenn er zur Erkrankung - insbesondere zu deren Schwere und Verlauf - zusätzlich einen geeigneten Beleg (z. B. ein ärztliches Attest) vorlegt (vgl. BGH NJW-RR 2004, 1500 ff.). Zur Vorlage eines solchen Beleges hat sich jedoch der Antragsteller - auch nachdem er vom Senat mit Terminsladung vom 17. November 2011 auf diesen Mangel hingewiesen worden war - nicht in der Lage gesehen.