Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 23.10.2014


BPatG 23.10.2014 - 10 W (pat) 151/14

Patentbeschwerdeverfahren – zur Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe – fehlende Erfinderbenennung stellt einen Mangel der Patentanmeldung dar – zur funktionalen Zuständigkeit der Patentabteilung für die Entscheidung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsdatum:
23.10.2014
Aktenzeichen:
10 W (pat) 151/14
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze
§ 7 Abs 1 Nr 3a WahrnV

Leitsätze

Fehlende Erfinderbenennung

1. Das Verfahrenskostenhilfeverfahren zu einer Patentanmeldung kann ohne die Angabe, wer Erfinder ist, nicht durchgeführt werden. Reicht daher ein Patentanmelder trotz Aufforderung hierzu keine Erfinderbenennung im Sinne von § 37 PatG ein, so ist nach entsprechender Androhung sein Verfahrenskostenhilfeantrag zurückzuweisen, obwohl die Nichteinreichung der Erfinderbenennung an sich einen behebbaren Mangel der Anmeldung darstellt.

2. Die Prüfungsstelle, die für die Bearbeitung der Patentanmeldung zuständig ist, ist nicht dazu berufen, die Zurückweisung des Antrags auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe auszusprechen. Für diese Entscheidung ist gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 2 PatG die Patentabteilung funktional zuständig. Eine solche Entscheidung bleibt auch dann eine Abteilungssache, wenn sie auf der Grundlage von § 7 Abs. 1 Nr. 3 a) WahrnV von einem Beamten/einer Beamtin des gehobenen Dienstes oder vergleichbaren Tarifbeschäftigten getroffen wird.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung ...

(hier: Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe)

hat der 10. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 23. Oktober 2014 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Lischke sowie der Richter Eisenrauch, Dipl.-Ing. Küest und Dr.-Ing. Großmann

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller hat am 3. Juni 2013 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eine Patentanmeldung mit der Bezeichnung „...“ eingereicht, die das Aktenzeichen ... erhalten hat. Zu seiner Anmeldung, der keine Erfinderbenennung beigefügt war, hat er zusätzlich einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe gestellt. Die „Prüfungsstelle 27“ des DPMA hat den Antragsteller mit Bescheid vom 20. August 2013 aufgefordert, die Erfinderbenennung nachzureichen und ihm den entsprechenden, amtlichen Vordruck übersandt. Mit einer am 28. September 2013 beim DPMA eingegangenen Eingabe hat der Antragsteller hierauf mitgeteilt, er sehe sich außer Stande die Erfinderbenennung nachzureichen; diese habe er in einen Schrank eingeschlossen, zu dem er den Schlüssel verloren habe. Das Schloss wolle er nicht aufbrechen, da er infolgedessen ein neues Schloss benötigen würde, wozu ihm jedoch gegenwärtig das Geld fehle. Mit Bescheid vom 30. Oktober 2013 hat die „Prüfungsstelle 27“ des DPMA beim Antragsteller die Nachreichung der Erfinderbenennung nochmals angemahnt und für den Fall, dass er diese nicht innerhalb eines Monats vorlegen sollte, die Zurückweisung des Verfahrenskostenhilfeantrags angedroht.

2

Nachdem die vom Amt gesetzte Nachreichungsfrist fruchtlos abgelaufen war, hat die „Prüfungsstelle 27“ des DPMA den Verfahrenskostenhilfeantrag mit Beschluss vom 8. Januar 2014, der dem Antragsteller erst am 18. Februar 2014 mit Postzustellungsurkunde wirksam zugestellt werden konnte, zurückgewiesen.

3

Mit Eingabe vom 17. März 2014, die am 18. März 2014 beim DPMA einging, hat der Antragsteller gegen den Beschluss Beschwerde eingelegt. Hierbei hat er ergänzend vorgetragen, bisher sei ihm die Mitwirkung im vorliegenden Verfahren aus zeitlichen Gründen nicht möglich gewesen, da er gegenwärtig etwa 250 weitere Patentanmeldungen in Bearbeitung habe.

4

Die „Prüfungsstelle 27“ des DPMA hat der Beschwerde nicht abgeholfen, sondern diese dem Bundespatentgericht vorgelegt.

5

Der erkennende Senat hat dem Antragsteller sodann mit Bescheid vom 20. August 2014 nochmals den amtlichen Vordruck für die Abgabe der Erfinderbenennung übersandt und ihn aufgefordert, nunmehr innerhalb von vier Wochen die benötigte Erfinderbenennung vorzulegen. Für den Fall des fruchtlosen Ablaufs dieser Frist hat der Senat die Zurückweisung der Beschwerde angedroht. Auch dieser Auflage ist der Antragsteller nicht nachgekommen.

II.

6

Die (kostenfreie) Beschwerde ist rechtzeitig eingelegt worden und auch im Übrigen zulässig. In der Sache bleibt die Beschwerde jedoch ohne Erfolg.

7

1. Die Nichteinreichung der Erfinderbenennung stellt einen Mangel dar, der im vorliegenden Fall die Verweigerung der Verfahrenskostenhilfe rechtfertigt. Grundsätzlich gilt zwar, dass behebbare Mängel einer Patentanmeldung die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht auszuschließen vermögen; insbesondere sind solche Mängel nicht geeignet, im Sinne von § 130 Abs. 1 Satz 1 PatG die hinreichende Aussicht auf Erteilung eines Patents zu beseitigen (vgl. z.B. Schulte/Schell, PatG, 9. Aufl., § 130 Rn. 41; Busse/Baumgärtner, PatG, 7. Aufl., § 130 Rn. 31; a.A. wohl: BPatG, Beschluss vom 10. Juni 2003, Az. 17 W (pat) 61/02 - abrufbar im Internet z.B. unter Juris® Das Rechtsportal). Beim Verfahren über die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe (Verfahrenskostenhilfeverfahren) besteht allerdings nach § 130 Abs. 4 PatG die Besonderheit, dass in solchen Fällen, in denen Anmelder und Erfinder nicht die gleiche Person sind, eine Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nur in Betracht kommt, wenn auch der Erfinder die Verfahrenskostenhilfevoraussetzungen erfüllt. Dies führt dazu, dass ohne die Angabe, wer Erfinder ist, das Verfahrenskostenhilfeverfahren nicht durchgeführt werden kann. Reicht daher ein Patentanmelder, der gleichzeitig einen Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe gestellt hat, trotz Aufforderung hierzu keine Erfinderbenennung im Sinne von § 37 PatG ein, so ist nach entsprechender Androhung sein Verfahrenskostenhilfeantrag zurückzuweisen.

8

2. Im vorliegenden Fall besteht allerdings die weitere Besonderheit, dass der angefochtene Beschluss von der „Prüfungsstelle 27“ des DPMA erlassen wurde. Damit hat eine Organisationseinheit des DPMA über den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe entschieden, die hierfür funktional nicht zuständig war. Die Prüfungsstelle, die für die Bearbeitung der Patentanmeldung zuständig ist, ist nicht dazu berufen, die Zurückweisung des Antrags auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe auszusprechen. Für diese Entscheidung ist gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 2 PatG die Patentabteilung funktional zuständig. Eine solche Entscheidung bleibt auch dann eine Abteilungssache, wenn sie z.B. vom Vorsitzenden gemäß § 27 Abs. 4 PatG auf ein technisches Mitglied der Abteilung (Prüfer) übertragen worden ist oder wenn sie - wie hier - auf der Grundlage von § 7 Abs. 1 Nr. 3 a) WahrnV von einer Beamtin des gehobenen Dienstes oder vergleichbaren Tarifbeschäftigten getroffen wird. Eine Ungereimtheit besteht beim angefochtenen Beschluss auch insoweit, als aus der Entscheidung unmittelbar nicht erkennbar ist, ob es sich bei der tätig gewordenen Bediensteten überhaupt um eine Beamtin des gehobenen Dienstes oder vergleichbare Tarifbeschäftigte gehandelt hat.

9

Der Senat hat dennoch von einer Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung der Sache an die zuständige Patentabteilung des DPMA abgesehen - was an sich nach § 79 Abs. 3 PatG möglich gewesen wäre -, weil in der Sache keine andere Entscheidung zu treffen war (vgl. oben unter 1.). Hierbei wurde auch berücksichtigt, dass gegen die vorliegende Entscheidung des Senats das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde nicht gegeben ist (vgl. § 135 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz, PatG).