Entscheidungsdatum: 07.12.2016
Es verletzt weder das Äquivalenzprinzip noch den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, wenn die Industrie- und Handelskammer eine kammerzugehörige Klinik, die für den überwiegenden Teil ihrer gewerblichen Tätigkeit (hier: Krankenhausbetrieb) nach § 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG von der Gewerbesteuer befreit ist, zum Kammerbeitrag auf der Grundlage der Kenndaten des gesamten Unternehmens veranlagt.
Die Klägerin wendet sich gegen die vorläufige Festsetzung von Beiträgen zur beklagten Industrie- und Handelskammer für die Jahre 2011 und 2012.
Sie ist Trägerin mehrerer Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung an verschiedenen Standorten im Bezirk der Beklagten. Ihre wirtschaftliche Tätigkeit umfasst neben dem Krankenhausbetrieb, der von der Gewerbesteuer befreit ist, auch gewerbesteuerpflichtige Nebenbetriebe (Betrieb einer Cafeteria, Vermietungsleistungen, Leistungen des ambulanten Pflegedienstes). Auf die Nebenbetriebe entfielen in den Jahren 2011 und 2012 jeweils weniger als 5 v.H. ihres Gesamtumsatzes. Die Beklagte setzte auf der Grundlage der Beschäftigtenzahl (... Vollkräfte), des Umsatzes (... €) und der Bilanzsumme (... €) des gesamten Unternehmens der Klägerin mit Bescheid vom 6. April 2011 für das Jahr 2011 und mit Bescheid vom 3. Februar 2012 für das Jahr 2012 den Grundbeitrag jeweils vorläufig auf 10 000 € fest.
Die hiergegen erhobenen Anfechtungsklagen hatten in beiden Vorinstanzen Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die der Festsetzung des Kammerbeitrags zugrunde liegende Bestimmung des § 6 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 der Beitragsordnung verstoße gegen das Äquivalenzprinzip und den Gleichheitssatz. Die Beklagte habe sie dahingehend angewendet, dass der Grundbeitrag auch dann in voller Höhe zu entrichten sei, wenn der Kammerzugehörige allein aufgrund eines Teilbetriebes überhaupt beitragspflichtig sei. Das führe zu einem Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip. Im Fall der Klägerin liege ein grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor, da sich auch die abstrakten und mittelbaren Vorteile einer Kammermitgliedschaft nur auf etwa 5 v.H. der Tätigkeit der Klägerin beziehen könnten. Die Größe und Leistungskraft ihrer untergeordneten gewerblichen Betätigung stehe außer Verhältnis zur Höhe des Grundbeitrags. Das bestehende Missverhältnis von Beitragshöhe und Vorteil überschreite die Grenzen der zulässigen Typisierung und Pauschalierung. Das Entstehen der vollen Beitragspflicht auch für Kammerzugehörige, die nur mit einem geringen Teil ihres Geschäftsbetriebes überhaupt gewerblich tätig seien, stelle aufgrund der fehlenden Vorteilsgerechtigkeit zudem einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG dar.
Mit ihrer Revision macht die Beklagte geltend, die angefochtenen Beitragsbescheide verletzten weder das Äquivalenzprinzip noch den Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Kammerbeitrag sei die Gegenleistung für den Vorteil, den das Kammermitglied aus der Mitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer ziehen könne. Dieser Vorteil sei ebenso wenig teilbar wie die Mitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer. Die Klägerin könne die Vorteile und Leistungen der Beklagten für ihr gesamtes Unternehmen einschließlich des von der Gewerbesteuer befreiten Betriebsteils in Anspruch nehmen. Die Befreiung des Krankenhausbetriebes von der Gewerbesteuer diene dazu, die Sozialversicherungsträger von Aufwendungen zu entlasten. Unabhängig von der Steuerbefreiung sei die Klägerin mit ihrem gesamten Unternehmen gewerblich tätig. Sie werde durch die Beitragsfestsetzung auch nicht unbillig belastet, da leistungsstarke Unternehmen aus der Mitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer in der Regel höheren Nutzen zögen als wirtschaftlich schwächere. Die wirtschaftliche Leistungskraft von Unternehmen komme nicht allein in deren wirtschaftlichem Ertrag, sondern auch in ihrer Betriebsgröße zum Ausdruck.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig vom 29. November 2012 und das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2015 zu ändern und die Klagen abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Der Vertreter des Bundesinteresses unterstützt das Vorbringen der Beklagten.
Die Revision hat Erfolg. Das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt Bundesrecht und erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 137 Abs. 1 Nr. 1, § 144 Abs. 4 VwGO). Das führt zur Änderung der Urteile der Vorinstanzen und zur Abweisung der Klagen, weil sich die angefochtenen Beitragsbescheide als rechtmäßig erweisen.
1. Die vorläufige Festsetzung des Grundbeitrags der Klägerin für die Jahre 2011 und 2012 findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 18. Dezember 1956 (BGBl. I S. 920) i.d.F. des Gesetzes vom 7. September 2007 (BGBl. I S. 2246) - IHKG - i.V.m. der Beitragsordnung der Beklagten vom 21. September 2009 - BeitragsO - sowie ihrer (gleichlautenden) Wirtschaftssatzungen für das Geschäftsjahr 2011 vom 29. November 2010 und für das Geschäftsjahr 2012 vom 28. November 2011. Davon ist das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgegangen. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 IHKG Grundbeiträge und Umlagen.
Einer neben § 3 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1 IHKG gesonderten gesetzlichen Ermächtigung zur vorläufigen Festsetzung des Grundbeitrags bedarf es vorliegend nicht. Die vorläufige Festsetzung des Kammerbeitrags kann auf diese Vorschrift gestützt werden, wenn die Beitragspflicht bereits entstanden, eine endgültige Festsetzung des Kammerbeitrags aber wegen Fehlens aktueller Bemessungsgrundlagen noch nicht möglich ist (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 1998 - 1 C 19.97 - Buchholz 451.09 IHKG Nr. 12). In diesem Fall erweist sich die vorläufige Festsetzung des Kammerbeitrags lediglich als ein Minus gegenüber der endgültigen Beitragsfestsetzung; sie steht unter dem Vorbehalt der Korrektur bei nachträglicher Änderung der Bemessungsgrundlagen. So liegt es hier (vgl. auch § 15 Abs. 3 und 4 BeitragsO).
2. Ebenso zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, dass die Klägerin gemäß § 2 Abs. 1 IHKG Kammerzugehörige der Beklagten und deshalb dem Grunde nach beitragspflichtig ist. Sie ist eine juristische Person des privaten Rechts, die im Bezirk der Beklagten mehrere Betriebsstätten unterhält und zur Gewerbesteuer veranlagt wird. Als Kapitalgesellschaft unterliegt sie gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Gewerbesteuergesetz (GewStG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 15. Oktober 2002 (BGBl. I S. 4167) der Gewerbesteuerpflicht. Dass sie für den überwiegenden Teil ihrer Tätigkeit von der Gewerbesteuer nach § 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG befreit ist, steht der Mitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer nicht entgegen. Diese Mitgliedschaft ist nicht teilbar. § 2 Abs. 1 IHKG knüpft an die objektive Gewerbesteuerpflicht an und stellt nicht auf den Umfang der Gewerbesteuerpflicht ab. Für die Begründung der Mitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer kommt es allein auf die dem Grunde nach bestehende Gewerbesteuerpflicht an (BVerwG, Urteil vom 19. Januar 2005 - 6 C 10.04 - BVerwGE 122, 344 <346>).
3. Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, die Veranlagung der Klägerin zum Grundbeitrag in der festgesetzten Beitragshöhe verletze das Äquivalenzprinzip und den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG), steht jedoch mit Bundesrecht nicht in Einklang (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Vielmehr erweist sich die Festsetzung des Grundbeitrags der Klägerin auf der Grundlage der Kenndaten ihres gesamten Unternehmens einschließlich des von der Gewerbesteuer befreiten Betriebsteils als rechtmäßig. Im Einzelnen:
a) § 3 Abs. 3 Satz 2 IHKG sieht vor, dass der Grundbeitrag gestaffelt werden kann und dabei insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden sollen. Von dieser Möglichkeit hat die Beklagte Gebrauch gemacht und den Grundbeitrag in Ziffer II. 2. der Wirtschaftssatzung vorrangig nach der Höhe des Gewerbeertrags und in Ziffer II. 3. der Wirtschaftssatzung nach der Betriebsgröße des Kammermitglieds, die sich nach Anzahl der Beschäftigen, dem Jahresumsatz und der Bilanzsumme bemisst, entsprechend gestaffelt. Die Beklagte hat die Klägerin auf der Grundlage dieser so genannten Großbetriebsstaffel gemäß Ziffer II. 3.2 der Wirtschaftssatzung zum Grundbeitrag herangezogen. Danach ist von allen Gewerbetreibenden, die 500 bis 999 Beschäftigte im IHK-Bezirk haben und die über einen Jahresumsatz von mehr als 50 000 000 € oder eine Bilanzsumme von mehr als 25 000 000 € verfügen, ein Mindestgrundbeitrag i.H.v. 10 000 € zu erheben. Bei der Berechnung des Grundbeitrags der Klägerin hat die Beklagte in Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BeitragsO die Kennzahlen des gesamten Unternehmens der Klägerin einschließlich des von der Gewerbesteuer befreiten Betriebsteils zugrunde gelegt. Nach dieser Bestimmung der Beitragsordnung ist der Grundbeitrag auch dann in voller Höhe zu entrichten, wenn der gewerbliche Betrieb oder seine Betriebsstätten nur mit einem Betriebsteil beitragspflichtig sind.
Das Oberverwaltungsgericht beanstandet zu Unrecht die "schematische Anwendung" des § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BeitragsO durch die Beklagte, weil diese den Grundbeitrag auch dann in voller Höhe festsetzt, wenn der Kammerzugehörige allein aufgrund eines Teilbetriebes überhaupt beitragspflichtig ist.
aa) Richtig ist zunächst die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, § 3 Abs. 4 IHKG sei auf die Klägerin weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar. Die Vorschrift sieht in Satz 2 und 3 für die dort genannten Kammerzugehörigen (Apotheker, Angehörige freier Berufe, Betriebsinhaber von Land- und Forstwirtschaft) eine Beitragsprivilegierung durch Reduzierung der Bemessungsgrundlage vor. Sie dient dem Zweck, die Belastung dieser Kammermitglieder abzumildern und Doppelbelastungen zu vermeiden, sofern sie auch Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten (vgl. BT-Drs. 13/9975 S. 8 f.). § 3 Abs. 4 Satz 1 IHKG betrifft die Beitragspflicht von Kammermitgliedern, die zugleich in die Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 Handwerksordnung eingetragen sind. Mit Einfügung dieser Sonderregelung sollten unnötige Überschneidungen im organisatorischen und finanziellen Bereich bei Handwerkskammern und Industrie- und Handelskammern bereinigt und die Veranlagung dieser gemischtgewerblichen Betriebe vereinfacht werden (vgl. BT-Drs. 12/3320 S. 8). Weder den genannten Normen selbst noch ihrer Entstehungsgeschichte lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Gesetzgeber auch andere als die darin ausdrücklich geregelten Fälle bei der Beitragsbemessung begünstigen wollte. Vielmehr handelt es sich um Ausnahmevorschriften, deren Anwendung auf die spezifisch begünstigten Kammerzugehörigen beschränkt ist. Die Klägerin wird weder in Anbetracht ihrer freiwilligen Mitgliedschaft in der privatrechtlich organisierten Landeskrankenhausgesellschaft noch im Hinblick auf ihre teilweise Befreiung von der Gewerbesteuer von diesen Vorschriften erfasst.
bb) Unzutreffend ist allerdings die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, die Festsetzung des Grundbeitrags unter Einbeziehung der Kenndaten des gesamten Unternehmens der Klägerin verstoße gegen das Äquivalenzprinzip.
Die Mitgliedsbeiträge berufsständischer Kammern sind Beiträge im Rechtssinne, deren Rechtmäßigkeit an den für Beiträge geltenden Maßstäben zu messen ist (BVerwG, Beschluss vom 14. Februar 2002 - 6 B 73.01 - Buchholz 451.45 § 113 HwO Nr. 5 S. 2). Sie sollen der Abgeltung eines besonderen Vorteils, nämlich des sich aus der Mitgliedschaft ergebenden Nutzens dienen und müssen entsprechend bemessen werden. Dabei sind insbesondere das Äquivalenzprinzip und der Gleichheitssatz zu beachten. Das Äquivalenzprinzip als Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes verlangt, dass die Höhe des Beitrags nicht in einem Missverhältnis zu dem Vorteil stehen darf, den er abgelten soll, und einzelne Mitglieder im Verhältnis zu anderen nicht übermäßig belastet werden dürfen (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 - 1 C 45.87 - Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 22 S. 9).
Der Vorteil, den das Kammermitglied aus der Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer zieht, besteht darin, dass diese die ihr nach § 1 Abs. 1 IHKG gesetzlich übertragenen Aufgaben erfüllt, insbesondere das Gesamtinteresse der ihr zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirks wahrnimmt und für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft wirkt. Dieser Vorteil kommt allen Mitgliedern zugute. Das gilt auch für die Großunternehmen, und zwar unabhängig davon, ob diese noch andere Möglichkeiten haben, ihre Interessen zur Geltung zu bringen (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 - 1 C 45.87 - Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 22 S. 10; Beschluss vom 14. Dezember 2011 - 8 B 38.11 - juris Rn. 5). Die Anknüpfung an den Nutzen, der sich aus der Wahrnehmung des Gesamtinteresses der Kammerangehörigen ergibt, stellt einen hinreichenden Bezug zwischen Vorteil und Beitragshöhe dar, denn aus dem Äquivalenzprinzip ergeben sich für Beiträge zur Industrie- und Handelskammer regelmäßig keine konkreteren Anforderungen (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 - 1 C 45.87 - Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 22 S. 10).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts liegt in der Anwendung des § 6 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BeitragsO auf die Klägerin keine Verletzung des Äquivalenzprinzips. Deren Veranlagung auf der Grundlage der Daten ihres gesamten Unternehmens wird dem Grundsatz gerecht, dass leistungsstarke Unternehmen aus der der Kammer aufgegebenen Wahrnehmung des Gesamtinteresses der ihr zugehörigen Gewerbetreibenden in der Regel höheren Nutzen ziehen können als wirtschaftlich schwächere (BVerwG, Urteil vom 21. März 2000 - 1 C 15.99 - Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 29 S. 4). Auch wenn die Klägerin für den überwiegenden Teil ihrer Tätigkeit, den Krankenhausbetrieb, von der Gewerbesteuer befreit ist, ist sie mit ihrem gesamten Unternehmen gewerblich tätig. Denn § 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG, wonach Krankenhäuser unter dort näher bestimmten Voraussetzungen von der Gewerbesteuer befreit sind, regelt die Steuerbefreiung einzelner gewerblicher Tätigkeiten. Sinn und Zweck dieser Befreiung ist es, die bestehenden Versorgungsstrukturen bei der Behandlung kranker und pflegebedürftiger Personen zu verbessern und die Sozialversicherungsträger von Aufwendungen zu entlasten (vgl. BFH, Urteil vom 22. Juni 2011 - I R 59.10 - juris Rn. 9 und 13). Ist die Klägerin ungeachtet der Gewerbesteuerbefreiung mit ihrem gesamten Unternehmen gewerblich tätig, kommt sie für das Gesamtunternehmen in den Genuss der Vorteile der Mitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer. Auch für den von der Gewerbesteuer befreiten Teil ihres Unternehmens profitiert sie von den Vorteilen der Aufgabenwahrnehmung durch die Beklagte. Das gilt nicht nur für die Wahrnehmung des Gesamtinteresses der gewerblichen Wirtschaft, sondern beispielhaft etwa für den Bereich der kaufmännischen und gewerblichen Berufsbildung, dessen Förderung durch entsprechende Maßnahmen nach § 1 Abs. 2 IHKG ebenfalls zum Aufgabenbereich der Industrie- und Handelskammern gehört. Solche Maßnahmen können nicht nur dem gewerbesteuerpflichtigen Betriebsteil der Klägerin, sondern auch ihrem von der Gewerbesteuer befreiten Krankenhausbetrieb zugute kommen. Bei dieser Sachlage kann ein grobes Missverhältnis zwischen dem festgesetzten Grundbeitrag und den der Klägerin gebotenen Vorteilen der Mitgliedschaft bei der Beklagten nicht festgestellt werden.
cc) Schließlich hat das Oberverwaltungsgericht zu Unrecht eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) angenommen. Bei Berücksichtigung des Gesamtunternehmens für die Bemessung des Kammerbeitrags bestehe eine Ungleichbehandlung der Klägerin, die mit ihrem gesamten Unternehmen die Kennzahlen der Großbetriebsstaffel überschreite, mit ihrem gewerbesteuerpflichtigen Geschäftsbetrieb aber unterschreite, gegenüber einer insgesamt gewerblich tätigen Gesellschaft mit einer Betriebsgröße unterhalb dieser Kennzahlen. Diese Erwägungen halten revisionsgerichtlicher Prüfung nicht stand.
Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verlangt, niemanden im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, ohne dass zwischen ihnen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen. Für die Erhebung vorteilsbezogener Mitgliedsbeiträge durch eine öffentlich-rechtliche Körperschaft bedeutet dies, dass wesentlichen Verschiedenheiten der Mitglieder Rechnung getragen werden muss. Aus dem Gleichheitssatz ergibt sich insbesondere, dass die Beiträge im Verhältnis der Beitragspflichtigen zueinander grundsätzlich vorteilsgerecht bemessen werden müssen (BVerwG, Beschluss vom 3. Mai 1995 - 1 B 222.93 - Buchholz 451.45 § 113 HwO Nr. 2).
Abgesehen davon, dass der vom Oberverwaltungsgericht angestellte Vergleich auf der unzutreffenden Annahme beruht, der von der Gewerbesteuer befreite Krankenhausbetrieb der Klägerin stelle keine gewerbliche Tätigkeit dar, lässt sich eine unzulässige Ungleichbehandlung nicht feststellen. Die Bemessung des Kammerbeitrags der Klägerin unter Berücksichtigung der Gesamtkennzahlen ihres Unternehmens orientiert sich an ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die in den der Großbetriebsstaffel zugrunde liegenden Faktoren Beschäftigtenzahl, Umsatz und Bilanzsumme des Unternehmens zum Ausdruck kommt. Werden die Kennzahlen der Großbetriebsstaffel - wie in dem vom Oberverwaltungsgericht gebildeten Beispiel - von einem Unternehmen hingegen nicht erreicht, fehlt es an der für die Anwendung der Großbetriebsstaffel erforderlichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Das rechtfertigt die gegenüber der Klägerin unterschiedliche beitragsrechtliche Behandlung eines solchen Unternehmens.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.