Entscheidungsdatum: 10.10.2012
Der Kläger, ein rechtskräftig abgelehnter Asylbewerber armenischer Volkszugehörigkeit, wendet sich gegen die Benennung der Republik Aserbaidschan als Zielstaat in der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gegen ihn verfügten Abschiebungsandrohung. Seine auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und sowohl für das Berufungsurteil als auch die angefochtene Revisionsentscheidung entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus und verlangt außerdem die Angabe, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (stRspr; vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328 m.w.N.). Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher höchstrichterlich noch nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage führen kann.
Die Beschwerde hält die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, "ob auch eine unzweckmäßige Abschiebezielstaatsbestimmung, deren Durchsetzung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen in absehbarer Zeit nicht möglich ist, den Maßgaben des § 59 Abs. 2 AufenthG genügt" (Beschwerdebegründung S. 2). Die Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Frage leitet die Beschwerde aus der Tatsache ab, dass der Kläger mit seiner Lebenspartnerin und den gemeinsamen drei Kindern in familiärer Lebensgemeinschaft zusammen lebe, diesen rechtskräftig die Abschiebung nach Armenien angedroht sei, eine Abschiebung der Familienangehörigen in unterschiedliche Staaten aber wegen des grundrechtlichen Schutzes der Familie auf unabsehbare Zeit ausscheide. Daher sei es rechtswidrig, ihm die Abschiebung nach Aserbaidschan anzudrohen, zumal die Republik Aserbaidschan armenische Volkszugehörige wie den Kläger und armenische Staatsangehörige wie seine Lebenspartnerin und die gemeinsamen Kinder nicht aufnehmen und einreisen lassen werde.
Die Beschwerde behauptet zwar, dass die von ihr aufgeworfene Fragestellung höchstrichterlich noch nicht geklärt sei, setzt sich aber nicht - wie erforderlich - mit der hierzu bereits ergangenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auseinander und legt nicht dar, dass und inwiefern diese Rechtsprechung entscheidungserhebliche Rechtsfragen offen lasse, sodass weiterhin Klärungsbedarf bestehe. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist nämlich geklärt, dass bei der Beendigung des Aufenthalts erfolgloser Asylbewerber das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - auf die Prüfung und Feststellung von sog. zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG beschränkt ist, die sich der Sache nach aus der Unzumutbarkeit des Aufenthalts im Zielland für diesen Ausländer herleiten und damit in Gefahren begründet sind, die im Zielstaat der Abschiebung drohen (vgl. Urteil vom 21. September 1999 - BVerwG 9 C 12.99 - BVerwGE 109, 305 <309 f.> m.w.N.). Nur insoweit kann das Bundesamt im verwaltungsgerichtlichen Asylrechtsstreit zur Feststellung von Abschiebungsverboten verpflichtet werden sowie zur Ausnahme einer Bezeichnung der betroffenen Staaten in der Abschiebungsandrohung als Zielstaaten der Abschiebung. Die Ausländerbehörde bleibt demgegenüber für die Durchführung der Abschiebung und dabei auch für die Entscheidung über alle inlandsbezogenen und sonstigen tatsächlichen Vollstreckungshindernisse zuständig. Zu den ausschließlich von der Ausländerbehörde zu prüfenden Vollstreckungshindernissen zählen beispielsweise fehlende Ausweise oder Ersatzpapiere, krankheitsbedingte Reiseunfähigkeit, aber auch ein etwaiges Verbot, durch die Abschiebung eine mit Art. 6 GG nicht vereinbare Trennung von Familienmitgliedern zu bewirken (Urteil vom 21. September 1999 a.a.O. S. 310 f.). Damit ist aber geklärt, dass etwaige schutzwürdige Interessen an der Vermeidung einer Trennung von Familienangehörigen durch Abschiebung in unterschiedliche Staaten nicht Gegenstand der Prüfung durch das Bundesamt sind und damit der von ihr nach § 34 Abs. 1 AsylVfG, § 59 Abs. 2 AufenthG verfügten Bestimmung des Zielstaats der Abschiebung nicht entgegenstehen. Weiter ist geklärt, dass das Bundesamt auch in Fällen, in denen aus tatsächlichen Gründen wenig oder keine Aussicht besteht, den Ausländer in absehbarer Zeit abschieben zu können, ermächtigt und regelmäßig gehalten ist, eine "Vorratsentscheidung" zum Vorliegen von Abschiebungsverboten in Bezug auf bestimmte Zielstaaten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG zu treffen und diese auch in der Abschiebungsandrohung zu bezeichnen. Damit wird dem Asylsuchenden die gerichtliche Überprüfung dieser Entscheidung eröffnet und insoweit eine frühzeitige Klärung herbeigeführt (vgl. Urteil vom 10. Juli 2003 - BVerwG 1 C 21.02 - BVerwGE 118, 308 <311 f.>), die aber nur die in dem Bescheid geprüften jeweiligen Zielstaaten erfasst, ohne den Rechtsschutz für andere Zielstaaten auszuschließen (vgl. Urteil vom 29. September 2011 - BVerwG 10 C 23.10 - NVwZ 2012, 244). Durch diese Rechtsprechung ist geklärt, dass das Bundesamt in der Abschiebungsandrohung auch einen Zielstaat bezeichnen darf, für den aus tatsächlichen Gründen wenig oder keine Aussicht besteht, den Ausländer in absehbarer Zeit abschieben zu können, wenn für ihn keine zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbote bestehen. Im Übrigen hat das Berufungsgericht nicht festgestellt, dass die Durchsetzung einer Abschiebung des Klägers nach Aserbaidschan in absehbarer Zeit nicht möglich ist, wovon die Beschwerde in ihrer Grundsatzfrage ausgeht.