Entscheidungsdatum: 11.07.2018
Der Kläger war als Steuerberater zugelassen. Am 1. Januar 2009 wurde er zum Mitglied des Vorstandes einer Kreditgenossenschaft bestellt. Seinen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) in der Fassung vom 8. April 2008 (BGBl. I S. 666, 673) lehnte die Beklagte ab und widerrief seine Zulassung als Steuerberater. Die Klage gegen den Widerruf der Zulassung wies das Finanzgericht ab. Die Nichtzulassungsbeschwerde wies der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 11. April 2013 zurück. Die Klage auf Erteilung der Ausnahmegenehmigung hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 8. August 2013 wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen. Der Kläger hat daraufhin seine Wiederzulassung als Steuerberater beantragt und sich mit dem Ruhen des Verwaltungsverfahrens bis zur Entscheidung über seinen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung einverstanden erklärt. Das Oberverwaltungsgericht hat das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert, die Beklagte zur Erteilung der begehrten Ausnahmegenehmigung verpflichtet und die Revision nicht zugelassen.
Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache liegt nicht vor. Die Grundsatzrüge setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus, der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
a) Der Frage,
ob der der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gemäß § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG entgegenstehende Interessenkonflikt durch die Abgabe einer Selbstverpflichtungserklärung auszuschließen ist, wonach im Falle von Interessenkollisionen Mandate gar nicht erst angenommen werden oder im Falle des nachträglichen Entstehens von Interessenkollisionen Mandate beendet werden,
kommt die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung nicht zu. Es handelt sich nicht um eine Rechtsfrage, sondern um eine Frage der Bewertung von Tatsachen, die den Zugang in die Revisionsinstanz nicht eröffnen kann. Sie entzieht sich darüber hinaus einer generellen Beantwortung durch das Bundesverwaltungsgericht. Die Frage ist so allgemein und unbestimmt gefasst, dass eine alle denkbaren Fallgestaltungen abdeckende Beantwortung unmöglich ist. Die Entscheidung über die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 57 Abs. 4 Nr. 1 Halbs. 2 StBerG hängt davon ab, ob im jeweils zu beurteilenden Einzelfall eine Gefährdung von Berufspflichten ausgeschlossen werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2016 - 10 C 1.15 - BVerwGE 156, 392 Rn. 17). Insoweit ist einerseits die konkrete Gefährdung von Berufspflichten im jeweils zu entscheidenden Fall in den Blick zu nehmen, die wesentlich von der Art und dem Umfang der gewerblichen Tätigkeit geprägt wird, die der Steuerberater neben seiner Steuerberatungstätigkeit ausüben möchte. Andererseits sind die von ihm zur Widerlegung der Gefahr einer Verletzung von Berufspflichten vorgebrachten Argumente zu würdigen. Angesichts der Vielgestaltigkeit der denkbaren Interessenkonflikte kann die von der Beklagten aufgeworfene Frage nicht einheitlich beantwortet werden.
b) Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache liegt auch nicht im Hinblick auf die weitere von der Beklagten aufgeworfene Frage vor,
ob das Gebot der umfassenden Beratung gemäß § 33 StBerG einem Hinweis auf die Tätigkeit des Steuerberaters z.B. als Bankvorstand und den Ausschluss der Annahme von z.B. Bankkunden als Mandanten sowie die Ablehnung jeglicher Beratung zu Finanzdienstleistungen der Bank in Mandatsverträgen entgegensteht.
Die Beklagte hat insoweit schon nicht die fallübergreifende Bedeutung der von ihr aufgeworfenen Frage dargelegt. Es geht ihr, wie auch die in Bezug genommenen Beispiele zeigen, vielmehr darum, die rechtliche Würdigung des Oberverwaltungsgerichts, die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung abgegebene Erklärung sei mit § 33 StBerG vereinbar, zur Überprüfung des Bundesverwaltungsgerichts zu stellen. Fallübergreifendes Gewicht verleiht der Frage auch nicht der Hinweis der Beklagten auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. März 2014 - 6 A 11196/13 - (juris Rn. 8 f.). Dort hat das Oberverwaltungsgericht zwar eine seinen Tätigkeitsbereich einschränkende Selbstverpflichtungserklärung des dortigen Klägers als mit § 33 StBerG unvereinbar angesehen. Die aufgeworfene Frage ist jedoch ohne Weiteres mit den üblichen Methoden der Gesetzesauslegung zu beantworten. § 33 StBerG beschreibt den beruflichen Aufgabenbereich des Steuerberaters (vgl. Koslowski, StBerG, 7. Aufl. 2015, § 33 Rn. 1). Einen Hinweis auf gewerbliche Tätigkeiten des Steuerberaters schließt sie ihrem klaren und eindeutigen Wortlaut nach nicht aus. Sie verpflichtet den Steuerberater auch nicht zur Annahme bestimmter Mandate oder zur Beratung zu Finanzdienstleistungen von Banken. Die von der Vorschrift beschriebenen Aufgaben des Steuerberaters zur erschöpfenden und umfassenden Beratung (Koslowski, a.a.O., Rn. 13) bestehen nämlich nur im Rahmen des jeweils bestehenden Auftrags zwischen Steuerberater und Mandant, der zwischen diesen frei vereinbart werden kann (Koslowski, a.a.O., Rn. 27). Es ist dem Steuerberater rechtlich möglich, mit seinen Mandanten einen Beratungsumfang zu vereinbaren, der Interessenkonflikte von vornherein zuverlässig ausschließt.
2. Das angegriffene Urteil weicht auch nicht von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Dezember 2016 - 10 C 1.15 - ab. Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der im Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht oder ein anderes divergenzfähiges Gericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
Soweit das Oberverwaltungsgericht ausgeführt hat, die Konzeption des Berufsrechts der Steuerberater beruhe nicht auf der Annahme, dass eine situationsgebundene Gelegenheit zur Pflichtverletzung im Regelfall zu einem pflichtwidrigen Handeln des Berufsrechtsunterworfenen führe, stellt dies schon keinen Rechtssatz dar. Die Ausführungen geben lediglich die Vorstellungen des Gesetzgebers bei der Gestaltung des Steuerberatungsgesetzes wieder. Dementsprechend subsumiert das Oberverwaltungsgericht auch später nicht, wie die Beklagte meint, unter einen solchen Rechtssatz, wenn es ausführt, es sei davon auszugehen, dass der Steuerberater sich rechtstreu verhalten werde, auch wenn die theoretische Möglichkeit des Informationsflusses zwischen seinen Tätigkeiten bestehe. Dabei handelt es sich vielmehr um eine tatsächliche Einschätzung des Oberverwaltungsgerichts, die prognostiziert, wie ein Steuerberater sich voraussichtlich verhalten wird, wenn die theoretische Möglichkeit eines Informationsflusses zwischen seiner Tätigkeit als Steuerberater und seiner gewerblichen Tätigkeit entstehen würde. Sie dient der Begründung des Ergebnisses des Oberverwaltungsgerichts, die Gefahr der Verletzung von Berufspflichten sei im konkreten Einzelfall ausgeschlossen.
Soweit die Beklagte schließlich darauf hinweist, das Bundesverwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung vom 7. Dezember 2016 - 10 C 1.15 - den Rechtssatz aufgestellt, eine Gefährdung der Unabhängigkeit der Steuerberatung könne sich auch bei persönlicher Integrität des Klägers daraus ergeben, dass es aus Sicht der Öffentlichkeit ausreichend Grund zu der Besorgnis gebe, eine unabhängige, unvoreingenommene Steuerberatung sei wegen der gewerblichen Tätigkeit des Steuerberaters nicht gegeben, zeigt sie jedenfalls keinen davon abweichenden Rechtssatz in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts auf. Das Oberverwaltungsgericht hat den Gesichtspunkt des Vertrauens in die Integrität der Steuerberatung im Rahmen seiner Rechtsanwendung vielmehr ausdrücklich aufgegriffen (UA S. 15).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 47 Abs. 1 und § 52 Abs. 1 GKG.