Entscheidungsdatum: 22.01.2016
Die Klägerin, die seit Februar 2011 als Rechtsanwältin in Teilzeit mit zunächst zehn und derzeit zwölf Wochenstunden in der Kanzlei ihres Ehemannes beschäftigt ist und zwei 2005 und 2008 geborene Kinder erzieht, wendet sich gegen die Heranziehung zum Mindestbeitrag zum beklagten Versorgungswerk. Satzungsgemäß war sie innerhalb der ersten drei Lebensjahre ihrer Kinder von der Beitragspflicht befreit und wurde in den ersten fünf Jahren ihrer Anwaltstätigkeit nur zu 1/10 des Regelpflichtbeitrages (zuletzt 109,62 € monatlich) herangezogen. Für den anschließenden Zeitraum ab dem 1. April 2013 setzte der Beklagte mit vorläufigem Beitragsbescheid vom 18. Februar 2013 den satzungsgemäßen Mindestbeitrag von 3/10 des Regelpflichtbeitrages (328,86 € monatlich) fest. Die Klägerin focht den Bescheid an, soweit der festgesetzte Betrag den der bisherigen Beitragsforderung übersteigt, und machte geltend, die Mindestbeitragsregelung führe zu einer Diskriminierung von Kinder erziehenden Rechtsanwältinnen, weil sie deren Bedürfnis nach Teilzeitbeschäftigung nicht ausreichend berücksichtige. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen darauf abgestellt, dass ein etwaiger Verstoß der Mindestbeitragsregelung gegen Art. 3 Abs. 2 oder Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG nicht die Teilgruppe der Rechtsanwältinnen betreffe, die Kinder im Alter von drei und mehr Jahren erzögen und einer Teilzeitbeschäftigung im Umfang von weniger als 50 % nachgingen. Angesichts der Verfassungsmäßigkeit der familienrechtlichen Regelung des Betreuungsunterhalts (§ 1570 BGB) und des flächendeckenden Angebots kostenloser Kindertagesbetreuung in Rheinland-Pfalz habe der Beklagte typisierend davon ausgehen dürfen, dass Rechtsanwältinnen, die Kinder im Alter von drei und mehr Jahren erzögen, eine Teilzeitbeschäftigung im Umfang von (mindestens) 50 % möglich sei, und die Belastung durch den Mindestbeitrag für diese Teilgruppe unter Berücksichtigung der Rechte der übrigen Beitragspflichtigen für zumutbar halten dürfen, soweit kein - gesondert geregelter - Härtefall gegeben sei. Die Revision gegen dieses Urteil hat das Oberverwaltungsgericht nicht zugelassen.
Die dagegen eingelegte Beschwerde, die sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO beruft, hat keinen Erfolg. Der geltend gemachte Zulassungsgrund wird teils nicht prozessordnungsgemäß dargetan (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO) und liegt im Übrigen nicht vor.
Die Grundsatzrüge setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus, der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
Die Frage, ob Art. 3 Abs. 2 GG es zulässt, eine Teilzeittätigkeit im Umfang von mehr als 50 % vorzuschreiben, würde sich im Revisionsverfahren so nicht stellen. Das Oberverwaltungsgericht hat keine entsprechende Verpflichtung angenommen, sondern lediglich eine gleichheitswidrige mittelbare Diskriminierung von Kinder erziehenden Rechtsanwältinnen mit einer Teilzeitbeschäftigung von weniger als 50 % durch die Mindestbeitragsregelung verneint. Soweit die Beschwerdebegründung beanstandet, die Mitglieder dieser Gruppe seien zur Finanzierung des Mindestbeitrages (mittelbar) gezwungen, ihre wöchentliche Arbeitszeit zu erhöhen, geht sie von Tatsachen aus, die das Oberverwaltungsgericht so nicht festgestellt hat. Es geht mit dem Hinweis auf § 1570 BGB lediglich davon aus, geschiedenen Rechtsanwältinnen, die Kinder im Alter von drei und mehr Jahren erzögen und denen regelmäßig kein umfassender Betreuungsunterhalt (mehr) zustehe, werde schon durch das Unterhaltsrecht typischerweise eine Teilzeitbeschäftigung von mindestens 50 % zugemutet. Mit Blick auf diese Vergleichsgruppe verneint das Oberverwaltungsgericht eine grundrechtliche Pflicht des Satzungsgebers, andere Rechtsanwältinnen, die Kinder derselben Altersgruppe erziehen, beitragsrechtlich besserzustellen. Entgegen dem Beschwerdevorbringen werden damit verheiratete, Kinder von drei und mehr Jahren erziehende Rechtsanwältinnen wie die Klägerin auch nicht dazu gedrängt, eine Teilzeitbeschäftigung im Umfang von mindestens 50 % aufzunehmen. Beschränkt sich eine solche Rechtsanwältin aufgrund ehelichen Einvernehmens über den Umfang der Erwerbstätigkeit der Ehegatten und ihrer Beteiligung an der Haushaltsführung und Kindererziehung nach § 1356 Abs. 1 BGB auf eine geringfügige Teilzeitbeschäftigung, während der Ehepartner einer Vollzeit-Erwerbstätigkeit nachgeht, steht ihr zur Finanzierung des nicht durch das eigene Arbeitsentgelt zu deckenden Bedarfs ein Anspruch auf Familienunterhalt nach § 1356 Abs. 2, §§ 1360 und 1360a Abs. 1 und 2 BGB zu. Zum Familienunterhalt zählen auch Aufwendungen für die Altersvorsorge (BGH, Urteil vom 5. Oktober 2006 - XII ZR 197/02 - BGHZ 169, 200 Rn. 34).
Die Frage, ob der Satzungsgeber nach Art. 3 Abs. 2 GG ebenso zu Typisierungen befugt sei wie der Gesetzgeber im Unterhaltsrecht, ist nicht ausreichend bestimmt, weil sie nicht erkennen lässt, ob sie die Vereinbarkeit von Typisierungen mit der Gewährleistung des Art. 3 Abs. 2 GG zum Gegenstand haben soll oder die Frage, ob der Satzungsgeber nach denselben typisierenden Merkmalen differenzieren darf wie der Gesetzgeber bei der Regelung des nachehelichen Betreuungsunterhalts. Überdies wäre die Frage im angestrebten Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich, weil die von der Klägerin beanstandete typisierende Unterscheidung nicht in der Mindestbeitragsregelung der Satzung getroffen wird, sondern lediglich in den berufungsgerichtlichen Erwägungen zu ihrer grundrechtlichen Rechtfertigung.
Ob die Einheit der Rechtsordnung eine einheitliche Regelung über "diverse" Alterssicherungssysteme hinweg verlangt, ist keine hinreichend bestimmte Rechtsfrage. Gleiches gilt für die Frage, ob das Berufungsurteil mit den in der Beschwerdebegründung zitierten unionsgerichtlichen Entscheidungen in Einklang steht. Der Vorwurf der Unvereinbarkeit mit dieser Rechtsprechung genügt auch nicht zur substantiierten Darlegung einer Divergenz gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2, § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, weil kein Rechtssatzwiderspruch zwischen angeblich divergierender und Divergenzentscheidung herausgearbeitet wird.
Ob für das Vorliegen einer Gruppe relevanter Größe auf die Zahl der tatsächlichen oder die der potenziellen Mitglieder abzustellen ist, wäre im angestrebten Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich. Das Oberverwaltungsgericht hat seine Annahme, die Klägerin zähle nicht zu der möglicherweise verfassungswidrig benachteiligten Gruppe, nicht auf die Erwägung gestützt, die Teilgruppe der Kinder erziehenden Rechtsanwältinnen mit einer Teilzeitbeschäftigung von weniger als 50 % sei mangels ausreichender Mitgliederzahl gleichheitsrechtlich irrelevant. Entscheidungstragend ist vielmehr seine Annahme, die Finanzierung des Mindestbeitrages sei Rechtsanwältinnen, die Kinder im Alter von drei und mehr Jahren erzögen, regelmäßig möglich und zumutbar.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO abgesehen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.