Entscheidungsdatum: 15.01.2014
1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 5. Juni 2013 - 15 Sa 882/11 - aufgehoben.
2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten, Beiträge nach dem Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 20. Dezember 1999 (VTV) in den von Januar 2005 bis September 2007 geltenden Fassungen zu zahlen.
Die Klägerin ist die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes. Sie ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tarifvertraglicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Sie nimmt den Beklagten auf die Zahlung von Beiträgen für den Zeitraum von Juli 2005 bis August 2007 in rechnerisch unstreitiger Höhe von 54.626,28 Euro in Anspruch.
§ 1 Abs. 2 VTV („Betrieblicher Geltungsbereich“) lautet auszugsweise:
„Betriebe des Baugewerbes. Das sind alle Betriebe, die unter einen der nachfolgenden Abschnitte I bis IV fallen.
Abschnitt I
Betriebe, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich Bauten aller Art erstellen.
Abschnitt II
Betriebe, die, soweit nicht bereits unter Abschnitt I erfasst, nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die - mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen - der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.
Abschnitt III
Betriebe, die, soweit nicht bereits unter Abschnitt I oder II erfasst, nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung - mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen - gewerblich sonstige bauliche Leistungen erbringen.
Abschnitt IV
Betriebe, in denen die nachstehend aufgeführten Arbeiten ausgeführt werden:
...
2. Bauten- und Eisenschutzarbeiten;
...
4. Erfasst werden auch solche Betriebe, die im Rahmen eines mit einem oder mehreren Betrieben des Baugewerbes bestehenden Zusammenschlusses - unbeschadet der gewählten Rechtsform - für die angeschlossenen Betriebe des Baugewerbes entweder ausschließlich oder überwiegend die kaufmännische Verwaltung, den Vertrieb, Planungsarbeiten, Laborarbeiten oder Prüfarbeiten übernehmen oder ausschließlich oder in nicht unerheblichem Umfang (zumindest zu einem Viertel der betrieblichen Arbeitszeit) den Bauhof und/oder die Werkstatt betreiben, soweit diese Betriebe nicht von einem spezielleren Tarifvertrag erfasst werden.
Abschnitt V
Zu den in den Abschnitten I bis III genannten Betrieben gehören z. B. diejenigen, in denen Arbeiten der nachstehend aufgeführten Art ausgeführt werden:
…
25. Rohrleitungsbau-, Rohrleitungstiefbau-, Kabelleitungstiefbauarbeiten und Bodendurchpressungen;
…
36. Tiefbauarbeiten“
Der Beklagte unterhielt im Klagezeitraum einen Betrieb, in dem teilweise Tiefbauarbeiten ausgeführt wurden. Darüber hinaus erfolgte die Inspektion von Kabelschächten für die T AG (im Folgenden: T). Er beschäftigte insgesamt im Streitzeitraum 20 Arbeitnehmer.
Bei den Inspektionsarbeiten öffneten die Arbeitnehmer des Beklagten die Schächte, inspizierten diese und gaben Daten in das elektronische System SchaKaL (Schadenskataster Linientechnik) der T ein. Die Daten wurden auch in Papierform festgehalten. Hierzu existieren Schulungsunterlagen der Auftraggeberin. Die Grunddaten der Kabelkanalanlagen werden auf drei Seiten erhoben und - nach Erstellung eines Zustandsberichts auf weiteren vier Seiten -Folgemaßnahmen auf bis zu drei Seiten festgehalten. Schäden werden ggf. durch Fotos dokumentiert. Die T verlangt, dass mindestens ein Arbeitnehmer bei den jeweiligen Inspektionsarbeiten einen sog. SIVV-Schein (Schützen, Instandsetzen, Verbinden, Verstärken) besitzt.
Die Klägerin hat behauptet, im Betrieb des Beklagten seien im Streitzeitraum zu 70 % bis 80 % Tiefbauarbeiten angefallen. Die Arbeitnehmer hätten dabei folgende Tätigkeiten erbracht: Tiefbauarbeiten in Form von Sanierung von Kabelschächten, Pflaster aufnehmen und austauschen, Betonsanierung an Kabelschächten einschließlich erforderlicher Zusammenhangstätigkeiten. Soweit neben den Ausbesserungsarbeiten Aufnahmen der Schächte und Überprüfungen auf schadhafte Stellen durchgeführt worden seien, handle es sich um Instandhaltungsmaßnahmen iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV und um Arbeiten des Bautenschutzes.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 54.626,28 Euro zu zahlen.
Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Er hat die Auffassung vertreten, die ausgeübten Tätigkeiten seien nicht baulicher Art. Die Inspektionen dienten nur dazu, dass im darauffolgenden Jahr eine Ausschreibung durch die T für eine Instandsetzung der Anlagen erfolgen könne. Bei den Inspektionen werde nur der Bestand der Kabelanlagen gesichtet und protokolliert. Auf die reinen Inspektionsarbeiten entfielen ca. 60 % bis 65 % der Arbeitszeit der beschäftigten Arbeitnehmer, auf bauliche Tätigkeiten lediglich etwa 27 %.
Das Arbeitsgericht hat der zunächst auf Zahlung, Auskunft und Entschädigung für den Fall der Nichterteilung der Auskunft gerichteten Klage stattgegeben. Nach Erteilung der Auskunft haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten nach Durchführung einer Beweisaufnahme hinsichtlich der Verurteilung zur Zahlung zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.
Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann der Klage nicht stattgegeben werden. Der Senat kann in der Sache mangels entsprechender Feststellungen nicht abschließend entscheiden. Die Revision führt daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
I. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts handelt es sich bei isolierten Inspektionsarbeiten an Kabelschächten der T nicht um Bautenschutzarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 2 VTV.
1. Der betriebliche Geltungsbereich des VTV hängt davon ab, ob in dem Betrieb arbeitszeitlich überwiegend Tätigkeiten ausgeführt werden, die unter die Abschnitte I bis V des § 1 Abs. 2 VTV fallen. Werden baugewerbliche Tätigkeiten in diesem Sinne erbracht, sind ihnen diejenigen Nebenarbeiten ebenfalls zuzuordnen, die zu einer sachgerechten Ausführung der baulichen Leistungen notwendig sind und deshalb mit ihnen im Zusammenhang stehen (BAG 28. April 2004 - 10 AZR 370/03 - zu II 1 b der Gründe). Auf wirtschaftliche Gesichtspunkte wie Umsatz und Verdienst und auf handels- oder gewerberechtliche Kriterien kommt es dabei nicht an (st. Rspr., zB BAG 1. April 2009 - 10 AZR 593/08 - Rn. 16). Ebenfalls unerheblich ist, ob im Hinblick auf den Betrieb die gesetzlichen Vorschriften zur Teilnahme an der Winterbeschäftigungsumlage (jetzt: §§ 102, 354 SGB III) zur Anwendung kommen. Etwaige von der Bundesagentur für Arbeit in diesem Zusammenhang vorgenommene Einschätzungen sind für die Anwendbarkeit des VTV nicht maßgeblich (vgl. BAG 2. Juli 2008 - 10 AZR 305/07 - Rn. 22).
Für den Anwendungsbereich des VTV reicht es aus, wenn in dem Betrieb überwiegend eine oder mehrere der in den Beispielen des § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV genannten Tätigkeiten ausgeübt werden. Der Betrieb wird dann stets von dem betrieblichen Geltungsbereich des VTV erfasst, ohne dass die allgemeinen Merkmale der Abschnitte I bis III zusätzlich geprüft werden müssen (st. Rspr., zB BAG 1. April 2009 - 10 AZR 593/08 - Rn. 16). Nur wenn in dem Betrieb arbeitszeitlich überwiegend nicht die in den Abschnitten IV und V genannten Beispielstätigkeiten ausgeführt werden, muss darüber hinaus geprüft werden, ob die ausgeführten Tätigkeiten die allgemeinen Merkmale der Abschnitte I bis III erfüllen (st. Rspr., zB BAG 17. November 2010 - 10 AZR 845/09 - Rn. 21).
2. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, im Betrieb des Beklagten seien in den jeweiligen Kalenderjahren zu über 50 % der betrieblichen Arbeitszeit Inspektionen an Kabelschächten durchgeführt worden, ohne dass damit Sanierungsarbeiten verbunden waren. Die Kabelschächte seien geöffnet und inspiziert worden und es seien durch die Beschäftigten Daten in Papierform und in elektronischer Form (Schadenskataster Linientechnik - SchaKaL) erfasst worden.
3. Bei solchen isolierten Inspektionstätigkeiten handelt es sich nicht um Bautenschutzarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 2 VTV.
a) Bautenschutzarbeiten iSd. Tarifnorm liegen vor, wenn Maßnahmen ergriffen werden, die nach der Feststellung von Schäden an Bauwerken und Bauteilen zur Beseitigung solcher Schäden dienen und zukünftige Schäden verhindern sollen. Dazu gehören beispielsweise Fugenabdichtungen, das Trockenlegen durchfeuchteter Bauwerke, Abdichtungsarbeiten, das Imprägnieren durchfeuchteter Außenwandflächen oder Betonimprägnierungsarbeiten einschließlich kleinerer Ausbesserungsarbeiten ohne Eingriff in tragende Teile. In der Regel handelt es sich dabei um Tätigkeiten, die jeweils für sich genommen den Beispielen des § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV unterfallen (zB Abdichtungsarbeiten - Nr. 1, Bautrocknungsarbeiten - Nr. 4, Fugarbeiten - Nr. 16, Holzschutzarbeiten - Nr. 21). Einen Anwendungsbereich hat § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 2 VTV vor allem für Betriebe, die im handwerksähnlichen Holz- und Bautenschutzgewerbe (Anlage B Nr. 6 zur HwO; vgl. auch die Verordnung über die Berufsausbildung im Holz- und Bautenschutzgewerbe vom 2. Mai 2007, BGBl. I S. 610) verschiedene Tätigkeiten dieser Art ausführen, ohne dass eine Spezialisierung auf eine der in § 1 Abs. 2 Abschn. V VTV genannten Tätigkeiten vorliegt und ohne dass es sich um Arbeiten handelt, für deren Ausübung auf spezifische Kenntnisse und Fertigkeiten aus den jeweiligen vollhandwerklichen Berufen wie zB Maler und Lackierer oder Maurer zurückgegriffen werden muss.
b) Bei der isolierten Inspektion von Kabelschächten ohne Zusammenhang zu baulichen Hauptleistungen handelt es sich um bloße Vorarbeiten, die für sich genommen keine Beitragspflicht iSd. VTV auslösen, nicht schon um Bautenschutzarbeiten iSd. § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 2 VTV.
aa) Bauliche Leistungen umfassen alle Arbeiten, die irgendwie - wenn auch nur auf einem kleinen und speziellen Gebiet - der Errichtung und Vollendung von Bauwerken oder auch der Instandsetzung, Instandhaltung oder Änderung von Bauwerken zu dienen bestimmt sind, damit diese in vollem Umfang ihre bestimmungsgemäßen Zwecke erfüllen können (vgl. BAG 15. Februar 2006 - 10 AZR 270/05 - zu II 2 c aa der Gründe mwN). Keine baulichen Leistungen liegen hingegen vor, wenn die Arbeiten an anderen, nicht zum Bauwerk gehörenden Teilen ausgeführt werden und nicht für ein Bauwerk prägend sind (BAG 14. Dezember 2011 - 10 AZR 720/10 - Rn. 20; vgl. zur Abgrenzung auch: BAG 17. November 2010 - 10 AZR 845/09 - Rn. 30).
bb) Die Tarifbeispiele des § 1 Abs. 2 Abschn. IV und V VTV erfassen nicht nur den eigentlichen Kern der jeweiligen baugewerblichen Tätigkeit, sondern darüber hinaus auch alle Arbeiten, die branchenüblich und zur sachgerechten Ausführung der baulichen Tätigkeiten notwendig sind (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 722/10 - Rn. 13; 20. März 2002 - 10 AZR 507/01 - zu II 2 b dd der Gründe). Vor-, Neben-, Nach- und Hilfsarbeiten dienen den eigentlichen baulichen Haupttätigkeiten und können ihnen deshalb grundsätzlich zugeordnet werden (BAG 16. Juni 2010 - 4 AZR 934/08 - Rn. 31; vgl. 12. Dezember 2007 - 10 AZR 995/06 - Rn. 24). Auch der Transport von Baumaterialien zu Baustellen kann als eine für eine sachgerechte Ausführung baulicher Leistungen notwendige Nebenarbeit qualifiziert werden (BAG 16. Juni 2010 - 4 AZR 934/08 - Rn. 31; 11. Juni 1997 - 10 AZR 525/96 - zu II 2 b Gründe). Dies gilt ebenso für Fahrdienstleistungen, das Einrichten oder das Reinigen sowie das Aufräumen von Baustellen (vgl. BAG 16. Juni 2010 - 4 AZR 934/08 - Rn. 31; vgl. zusammenfassend dazu: BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 722/10 - Rn. 13).
cc) Voraussetzung für ein „Zusammenrechnen“ ist grundsätzlich ein Zusammenhang mit einer eigenen baulichen Haupttätigkeit (BAG 18. Januar 2012 - 10 AZR 722/10 - Rn. 14; 16. Juni 2010 - 4 AZR 934/08 - Rn. 32; vgl. 12. Dezember 2007 - 10 AZR 995/06 - Rn. 25; 20. März 2002 - 10 AZR 507/01 - zu II 2 der Gründe). Erbringt ein Betrieb ausschließlich „Nebenarbeiten“, ohne zugleich baugewerbliche Tätigkeiten und Arbeiten auszuführen, unterfällt er nicht dem VTV (BAG 16. Juni 2010 - 4 AZR 934/08 - Rn. 32; vgl. 12. Dezember 2007 - 10 AZR 995/06 - Rn. 25; 20. März 2002 - 10 AZR 507/01 - zu II 2 b ee der Gründe). Für die Anwendung des § 1 Abs. 2 VTV kommt es allein auf die betriebliche Tätigkeit des Arbeitgebers und grundsätzlich nicht auf die Tätigkeit von Dritten an. So differenziert beispielsweise die Rechtsprechung danach, ob es sich beim Abtransport von Abraum oder Bauschutt um selbst produziertes Material handelt oder ob der Transport für Dritte durchgeführt wird (BAG 20. März 2002 - 10 AZR 458/01 - zu II 3 a der Gründe). Bei Reinigungsleistungen hängt die Zuordnung zu den baulichen Leistungen davon ab, ob es sich um „eigenständige bzw. isolierte“ Reinigungsarbeiten oder nur um solche handelt, die im Zusammenhang mit einer sonstigen baulichen Leistung des Betriebs stehen (vgl. BAG 27. Oktober 2004 - 10 AZR 119/04 - zu II 5 der Gründe).
c) Gemessen an diesen Grundsätzen sind im Betrieb des Beklagten im Streitzeitraum arbeitszeitlich überwiegend lediglich Vorarbeiten für Bautenschutzarbeiten oder für sonstige bauliche Tätigkeiten ausgeführt worden, sofern der tatsächliche Ausgangspunkt des Landesarbeitsgerichts als zutreffend unterstellt wird. Das Landesarbeitsgericht geht ausdrücklich davon aus, dass die Inspektionstätigkeiten nicht mit Sanierungsarbeiten verbunden waren. Auch hat das Landesarbeitsgericht keinen Zusammenhang der Inspektionsarbeiten zu den im Betrieb des Beklagten unstreitig im Umfang von unter 50 % durchgeführten Tiefbauarbeiten festgestellt. In einer solchen Situation kann nicht allein deswegen, weil das Erkennen und Prüfen von Schäden zum Ausbildungsinhalt des Holz- und Bautenschützers gehört, das Vorliegen von Bautenschutzarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 2 VTV bejaht werden. Zwar ist die Feststellung von Schäden notwendig, um entsprechende Sanierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen auszulösen. Mit der isolierten Inspektion steht aber noch nicht fest, ob überhaupt Sanierungsarbeiten durchgeführt werden, selbst wenn der Prüfer deren Erforderlichkeit bestätigt (vgl. zu diesem Aspekt: BAG 18. März 2009 - 10 AZR 242/08 - Rn. 23 [Abisolierarbeiten]). Es bedarf daher noch einer eigenen baulichen Haupttätigkeit, mit der die Inspektionsarbeiten in Zusammenhang stehen, um von Bautenschutzarbeiten ausgehen zu können. Wie § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 4 VTV zeigt, können Prüfarbeiten durchaus als eigenständige Tätigkeit bewertet werden.
II. Die angefochtene Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Isolierte Inspektionsarbeiten von Kabelschächten sind weder Kabelleitungstiefbauarbeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 25 VTV noch sonstige bauliche Leistungen iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV.
1. Kabelleitungstiefbauarbeiten sind Tiefbauarbeiten, wie das Ausheben und Wiederverfüllen von Gräben, die der unterirdischen Verlegung von Kabeln dienen (BAG 24. August 1994 - 10 AZR 67/94 - zu II 3 a der Gründe). Ebenso gehören dazu beispielsweise die Herstellung von Kabelkanälen aus Betonfertigteilen (BAG 24. August 1994 - 10 AZR 67/94 - zu II 3 b der Gründe) oder die Verlegung von glasfaserverstärkten Kabelkanälen entlang von Bahntrassen (BAG 14. Dezember 2011 - 10 AZR 570/10 - Rn. 13 ff.), auch wenn sie ebenerdig erfolgt. Hingegen rechnet allein die Verlegung der Kabel nicht dazu (BAG 24. August 1994 - 10 AZR 67/94 - zu II 3 a der Gründe). Kabelleitungstiefbauarbeiten können nicht nur im Zusammenhang mit der erstmaligen Verlegung der Kabel anfallen, sondern auch bei der Instandsetzung, Instandhaltung oder Änderung der Anlagen (vgl. zur Bauwerkseigenschaft von Kabelschächten und -kanälen: BAG 14. Dezember 2011 - 10 AZR 570/10 - Rn. 14; 24. August 1994 - 10 AZR 67/94 - zu II 3 b der Gründe). Bloße Vorarbeiten hierfür ohne einen Zusammenhang mit baulichen Hauptleistungen erfüllen diese Voraussetzungen aber, wie unter I 3 b dargelegt, nicht.
2. Von § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV werden Betriebe erfasst, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeit geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die - mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen - ua. der Instandsetzung und Instandhaltung von Bauwerken dienen. Dazu gehören alle Arbeiten, die irgendwie - wenn auch nur auf einem kleinen und speziellen Gebiet - der Vollendung eines Bauwerks zu dienen bestimmt sind, dh. der Herstellung oder Wiederherstellung der bestimmungsgemäßen Nutzbarkeit. Für die den Betrieb prägende Zweckbestimmung ist der Zweck der Gesamtleistung entscheidend. Daher muss darauf abgestellt werden, welchem Zweck die vom Beklagten erledigten Arbeiten dienen (BAG 27. Oktober 2010 - 10 AZR 351/09 - Rn. 14; 14. Januar 2004 - 10 AZR 182/03 - zu II 4 a der Gründe). Darüber hinaus ist erforderlich, dass die Arbeiten baulich geprägt sind. Dies ist der Fall, wenn sie nach Herkommen und Üblichkeit bzw. nach den verwendeten Werkstoffen, Arbeitsmitteln und Arbeitsmethoden des Baugewerbes ausgeführt werden (BAG 27. Oktober 2010 - 10 AZR 351/09 - Rn. 16; 14. Januar 2004 - 10 AZR 182/03 - zu II 4 b der Gründe).
Danach spricht zwar vieles dafür, dass die Inspektionsarbeiten der Wiederherstellung der bestimmungsgemäßen Nutzbarkeit eines Bauwerks dienen und damit die nach § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV erforderliche Zweckbestimmung vorliegt. Allerdings müssen auch Vorarbeiten, wenn sie isoliert ausgeführt werden, baulich geprägt sein. Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen getroffen, aus denen auf eine bauliche Prägung der Arbeiten selbst geschlossen werden könnte. Allein die Nutzung von Papier und Computer genügt dafür nicht. Es ist auch nicht festgestellt, dass die Inspektionsarbeiten unter Zuhilfenahme bautypischer Werkzeuge erfolgt sind oder sonstige bautypische Umstände vorlagen. Dass nach den Anforderungen der T ein Mitarbeiter über den sog. SIVV-Schein verfügen musste, stellt zwar ein Indiz für die Nähe zum Bau dar, hat aber für sich genommen keine ausreichend prägende Wirkung.
III. Auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung hat das Landesarbeitsgericht keine abschließenden Feststellungen zum Inhalt der im Betrieb des Beklagten im Streitzeitraum durchgeführten Tätigkeiten getroffen. Unter anderem fehlt es an Feststellungen zu der Frage, inwieweit die unstreitig durchgeführten Tiefbauarbeiten im Zusammenhang mit den anderen betrieblichen Tätigkeiten erfolgten und ob sie möglicherweise Teil eines einheitlichen Auftrags der T waren. Ebenso wenig steht der genaue Auftragsumfang hinsichtlich der Inspektionsarbeiten fest. Der Senat kann daher in der Sache nicht abschließend entscheiden.
1. Die Annahme von Instandsetzungsarbeiten im Kabelleitungstiefbau iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 25 VTV oder von Bautenschutzarbeiten iSd. § 1 Abs. 2 Abschn. IV Nr. 2 VTV kommt insbesondere in Betracht, wenn die Inspektionsarbeiten an Kabelschächten nicht isoliert durchgeführt wurden, sondern im Zusammenhang mit ebenfalls für die Auftraggeberin T durchgeführten Tiefbauarbeiten standen. Gleiches gilt, wenn die Inspektionsarbeiten mit Reinigungs- und - je nach Erfordernis - (kleineren) Sanierungsarbeiten verbunden waren. In diesem Fall diente die Tätigkeit nicht nur der Erfassung des Zustands der Schächte, sondern ihrer Wiederherstellung und der Erhaltung ihrer Funktionsfähigkeit durch bauliche Schutzmaßnahmen. Wurde insoweit etwa ein einheitlicher Auftrag an den Beklagten vergeben, der ggf. erforderliche (kleinere) Sanierungsarbeiten umfasste, handelte es sich um eine einheitliche bauliche Leistung. Ein solcher Arbeitsvorgang kann nicht arbeitszeitlich in die Inspektion einerseits und die Sanierung andererseits aufgeteilt werden (vgl. dazu BAG 26. September 2001 - 10 AZR 669/00 - zu II 2 der Gründe). Etwas anderes gilt nur dann, wenn es lediglich in so minimalem Umfang zu Instandsetzungsarbeiten kommt, dass diese keinerlei prägende Wirkung für die Gesamttätigkeit entfalten.
2. Aus den unter 1 genannten Gründen könnte sich im Übrigen auch eine bauliche Prägung der Tätigkeiten iSv. § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV ergeben.
3. Die für eine abschließende Beurteilung erforderlichen Feststellungen wird das Landesarbeitsgericht unter Berücksichtigung des Ergebnisses der erfolgten Beweisaufnahme und - soweit erforderlich - unter Vernehmung der weiteren benannten Zeugen nachzuholen haben.
Für den Fortgang des Verfahrens können dabei folgende Umstände von Bedeutung sein: Der Beklagte hat seinen Betrieb im Jahr 2005 gewerberechtlich umgemeldet und der Tätigkeit des „Holz- und Bautenschutzgewerbes“ die Tätigkeit als „Straßenbauer, Maurer und Betonbauer“ hinzugefügt. Nach seinem eigenen Vortrag hat er zu 20 % bis 25 % Sanierungsarbeiten an Schächten durchgeführt; dabei handelt es sich um die von ihm als Tiefbauarbeiten bezeichneten Tätigkeiten. Sowohl in der von der Klägerin vorgelegten Abrechnung des Beklagten als auch in dessen sog. „Toplisten“ ist seine Tätigkeit als „AZK-Mängel beseitigen, Zustandsberichte“ oder „KSch-Mängel beseitigen, Zustandsberichte“ bzw. „Klein-Sch Mängel beseitigen, Zustandsberichte“ bezeichnet. Dementsprechend hat der Beklagte Arbeitnehmer mit einer baugewerblichen Ausbildung (zB. Tiefbauer, Betonbauer, Baumaschinenführer etc.) beschäftigt und die Arbeitnehmer waren vertraglich als (Tief-)Baufacharbeiter oder Bauhelfer eingestellt. Hinzu kommt das Verlangen der Auftraggeberin, dass ein Arbeitnehmer über den SIVV-Schein verfügen muss.
4. Von weiteren Hinweisen sieht der Senat ab.
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Mikosch |
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Schmitz-Scholemann |
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W. Reinfelder |
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W. Guthier |