Entscheidungsdatum: 11.03.2015
1. Die Rechtsbeschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 18. August 2014 - 5 Ta 226/14 - wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
I. Die Parteien streiten über die Berechtigung eines Kostenfestsetzungsantrags.
Der Kläger war seit dem 28. Januar 2008 bei der Beklagten als Torwarttrainer und Koordinator für das Torwarttraining der Nachwuchstorhüter im Nachwuchsleistungszentrum tätig. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 3. September 2012 zum 15. Oktober 2012. Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 22. Februar 2013 festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 3. September 2012 nicht aufgelöst worden ist. Darüber hinaus hat es die Beklagte zur Beschäftigung des Klägers bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens verurteilt und ihr die Kosten des Verfahrens auferlegt. Mit Schriftsatz vom 8. April 2013 hat die Beklagte beim Landesarbeitsgericht Berufung eingelegt mit dem Hinweis, dies erfolge zunächst nur fristwahrend. Die Gegenseite werde gebeten, vorerst von einer Bestellung in der Berufungsinstanz Abstand zu nehmen. Am 1. Juni 2013 wurde über das Vermögen der Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Prof. Dr. R zum Insolvenzverwalter bestellt.
Mit Schriftsatz vom 12. Juli 2013 hat der Klägervertreter die Aufnahme des Verfahrens nach § 86 Abs. 1 InsO beantragt. Dieser Schriftsatz ist dem Insolvenzverwalter am 24. Juli 2013 zugestellt worden. Nach Hinweis des Landesarbeitsgerichts auf den inzwischen eingetretenen Ablauf der Berufungsbegründungsfrist hat der Insolvenzverwalter mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2013 die Berufung zurückgenommen. Daraufhin hat ihn das Landesarbeitsgericht mit Beschluss vom 18. Oktober 2013 des Rechtsmittels der Berufung für verlustig erklärt und ihm die durch das Rechtsmittel entstandenen Kosten auferlegt.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2013 Kostenfestsetzung beantragt und geltend gemacht, es handele sich hierbei um eine Masseforderung. Er habe seinen Prozessbevollmächtigten erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens für die Berufungsinstanz mandatiert. Das für die Entstehung des Kostenerstattungsanspruchs erforderliche Prozessrechtsverhältnis sei erst durch die mit Schriftsatz vom 12. Juli 2013 erklärte Aufnahme des Rechtsstreits begründet worden.
Der Klägervertreter hat beantragt,
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die Kosten für das Berufungsverfahren in Höhe von insgesamt 1.025,30 Euro festzusetzen. |
Die Beklagte hat Antragsabweisung beantragt und geltend gemacht, der Kostenfestsetzungsbeschluss habe wegen des nach § 89 InsO bestehenden Vollstreckungsverbots nicht erlassen werden dürfen, weil der Kostenerstattungsanspruch als Insolvenzforderung einzustufen sei, die nachträglich zur Tabelle angemeldet werden müsse. Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch entstehe bereits mit Eintritt der Rechtshängigkeit der Klage unter der aufschiebenden Bedingung des Erlasses einer Entscheidung, wonach der Gegner die Kosten trägt. Im vorliegenden Fall sei der Kostenerstattungsanspruch daher vor Insolvenzeröffnung entstanden. Hieran ändere auch die Tatsache nichts, dass der Kläger nur die Festsetzung der Kosten des Berufungsverfahrens beantragt habe. Der Kostenfestsetzungsanspruch könne nicht einzelnen Verfahrensabschnitten zugeordnet werden.
Mit Beschluss vom 31. März 2014 hat das Amtsgericht Aachen das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten nach § 258 InsO nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans vom 12. Dezember 2013 aufgehoben. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 23. April 2014 die Kosten in beantragter Höhe gegen die Beklagte festgesetzt. Der hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde der Beklagten vom 6. Mai 2014 hat es nicht abgeholfen. Das Landesarbeitsgericht hat die sofortige Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.
II. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die sofortige Beschwerde der Beklagten im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kommt es für die Einordnung des Kostenerstattungsanspruchs als Insolvenz- oder Masseforderung im vorliegenden Fall allerdings nicht auf den Zeitpunkt der Mandatierung des Klägervertreters für das Rechtsmittelverfahren an. Vielmehr ist bereits mit dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 18. Oktober 2013 rechtskräftig festgestellt, dass die festgesetzten Kosten Masseforderungen sind.
1. Wird in einem Rechtsstreit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Kostengrundentscheidung getroffen, ist darin über die Einordnung der Verfahrenskosten als Masseverbindlichkeit oder als Insolvenzforderung zu entscheiden (BAG 19. September 2007 - 3 AZB 35/05 - Rn. 18; BGH 28. September 2006 - IX ZB 312/04 - Rn. 11; HK-InsO/Kayser 7. Aufl. § 85 Rn. 59). Dies gilt auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren, in dem die Kostenregelungen der ZPO nach § 46 Abs. 2 ArbGG anwendbar sind. Werden dem Insolvenzverwalter als Partei die Kosten des Verfahrens - ganz oder teilweise - auferlegt, ist dies grundsätzlich so zu verstehen, dass diese Kostenforderungen nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO Masseverbindlichkeiten sind (BAG 19. September 2007 - 3 AZB 35/05 - Rn. 21). Hierfür ist maßgeblich, dass der Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens in einem aufgenommenen Rechtsstreit Partei kraft Amtes ist. Er hat deshalb - soweit nichts anderes ausgesprochen ist - die von ihm als Partei zu tragenden Verfahrenskosten als Masseforderungen zu tragen (vgl. BAG 19. September 2007 - 3 AZB 35/05 - Rn. 18; BGH 28. Oktober 2004 - III ZR 297/03 - zu II 2 der Gründe; HK-InsO/Lohmann § 55 Rn. 5). Wegen des Eintritts dieser Bindungswirkung ist bei der Kostengrundentscheidung sorgfältig zu prüfen, ob die Verfahrenskosten Masse- oder Insolvenzforderungen sind (HK-InsO/Lohmann § 55 Rn. 5; aA MüKoInsO/Schumacher 3. Aufl. § 85 Rn. 20, wonach auch eine Kostengrundentscheidung, die dem Verwalter die Kosten insgesamt auferlegt, differenzierend ausgelegt werden kann). Dem ist bei der Tenorierung Rechnung zu tragen (dazu BAG 19. September 2007 - 3 AZB 35/05 -; HambKomm/Kuleisa 5. Aufl. § 85 InsO Rn. 17).
2. Die Beantwortung der Frage, ob die zu erstattenden Verfahrenskosten Insolvenz- oder Masseforderungen sind, kann nicht in das Kostenfestsetzungsverfahren (§§ 103 ff. ZPO) verlagert werden. Die Organe dieses Verfahrens sind vielmehr grundsätzlich an die Kostengrundentscheidung gebunden. Werden einer Partei die gesamten Prozesskosten unterschiedslos auferlegt, ist eine Differenzierung in der nachfolgenden Verfahrensstufe grundsätzlich nicht mehr zulässig (BGH 28. September 2006 - IX ZB 312/04 - Rn. 11; MüKoInsO/Hefermehl § 55 Rn. 45; HK-InsO/Kayser § 85 Rn. 59). Das vereinfachte Kostenfestsetzungsverfahren dient nicht dazu, materiell-rechtliche Fragen außerhalb des Kostenrechts zu klären. Enthält die Kostengrundentscheidung keine Differenzierung hinsichtlich der vor und nach Insolvenzeröffnung bzw. Aufnahme des Prozesses entstandenen Kosten, ist diese Entscheidung für das Kostenfestsetzungsverfahren bindend. Insolvenzrechtliche Fragen sind im Kostenfestsetzungsverfahren nur dann zu klären, wenn sie nicht von der Kostengrundentscheidung abhängen, wie etwa die Auswirkungen einer Masseunzulänglichkeit (dazu BGH 17. März 2005 - IX ZB 247/03 -; 9. Oktober 2008 - IX ZB 129/07 - Rn. 6).
3. Mit Beschluss vom 18. Oktober 2013 hat das Landesarbeitsgericht dem Insolvenzverwalter als Berufungskläger die durch das Rechtsmittel der Berufung entstandenen Kosten auferlegt. Da diese Kostenentscheidung nur die im zweiten Rechtszug entstandenen Kosten betrifft, bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob der Insolvenzverwalter auch die vor der Unterbrechung entstandenen Kosten der unteren Instanz als Masseverbindlichkeit zu tragen hat (so etwa HK-InsO/Kayser § 85 Rn. 59; Karsten Schmidt/Sternal 18. Aufl. § 85 InsO Rn. 45; Jaeger/Windel InsO § 85 Rn. 139) oder eine Differenzierung nach den vor und nach Insolvenzeröffnung entstanden Kosten zu erfolgen hat (so etwa HambKomm/Kuleisa § 85 Rn. 14; MüKoInsO/Schumacher § 85 Rn. 20; Uhlenbruck/Uhlenbruck 13. Aufl. § 85 InsO Rn. 88). Jedenfalls innerhalb einer Instanz kommt eine Differenzierung mit Blick auf die durch Verfahrensgebühren geprägten Gebührenordnungen nicht in Betracht (BGH 28. September 2006 - IX ZB 312/04 - Rn. 14; HK-InsO/Lohmann § 55 Rn. 5).
4. Die Kosten waren gegenüber der Beklagten festzusetzen, nachdem das Amt des Insolvenzverwalters durch die nach der rechtskräftigen Bestätigung des Insolvenzplans vom 12. Dezember 2013 erfolgte Aufhebung des Insolvenzverfahrens mit Beschluss des Amtsgerichts Aachen vom 31. März 2014 erloschen ist (§ 259 Abs. 1 Satz 1 InsO). Die Beklagte hat hierdurch das Verfügungsrecht über die Insolvenzmasse zurückerhalten (§ 259 Abs. 1 Satz 2 InsO) und deshalb aufgrund der Kostengrundentscheidung des Landesarbeitsgerichts vom 18. Oktober 2013 für die Prozesskosten zu haften.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Linck |
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W. Reinfelder |
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Brune |
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