Entscheidungsdatum: 23.05.2016
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz in einem Auswahlverfahren zur Besetzung eines höherwertigen Dienstpostens.
Der ... geborene Antragsteller ist Berufssoldat. Zuletzt wurde er am 18. Dezember ... zum Oberst befördert und mit Wirkung vom 1. Oktober ... in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 16 eingewiesen.
Mit Schreiben vom 2. März 2015 beantragte der Antragsteller seine Versetzung auf den neu geschaffenen, nach Besoldungsgruppe B 3 dotierten Dienstposten des ...leiters ... im ...amt.
Am 14. April 2015 wählte der Abteilungsleiter Personal im Bundesministerium der Verteidigung für diesen Dienstposten Kapitän zur See R. aus. Neben dem ausgewählten Bewerber waren der Antragsteller sowie ein weiterer Offizier im Dienstgrad Oberst in die engere Wahl gezogen worden.
Mit Schreiben vom 27. April 2015 legte der Antragsteller gegen seine Nichtauswahl "Beschwerde" ein.
Aufgrund einer Entscheidung des Abteilungsleiters Personal vom 10. Mai 2015 wurde die Auswahlentscheidung zugunsten von Kapitän zur See R. am 12. Mai 2015 aufgehoben und angeordnet, dass das Auswahlverfahren zur Besetzung des Dienstpostens erneut aufgenommen werde. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es an einer hinreichenden Vergleichbarkeit der dienstlichen Beurteilungen der betrachteten Bewerber gefehlt habe. Der strittige Dienstposten war zum Zeitpunkt der Aufhebung der Auswahlentscheidung noch nicht besetzt; der zunächst ausgewählte Bewerber Kapitän zur See R. wurde auch nicht mit der kommissarischen Wahrnehmung der Aufgaben des Dienstpostens betraut.
Nachdem in der Folgezeit keine Einigkeit zwischen dem Antragsteller und dem Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - erzielt wurde, wie die als Antrag auf gerichtliche Entscheidung gewertete "Beschwerde" vom 27. April 2015 nach Aufhebung der ursprünglich angegriffenen Auswahlentscheidung zu behandeln sei, legte das Bundesministerium der Verteidigung den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 6. Juli 2015 dem Senat vor. Im gerichtlichen Verfahren (BVerwG 1 WB 27.15) beantragte der Antragsteller, das Bundesministerium der Verteidigung zu verpflichten, das noch nicht beendete Auswahlverfahren zur Besetzung des nach Besoldungsgruppe B 3 dotierten Dienstpostens ...leiter ... im ...amt zum Abschluss zu bringen und ihn, den Antragsteller, für diesen Dienstposten auszuwählen und auf den Dienstposten zu versetzen.
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 13. Oktober 2015 stellte der Antragsteller außerdem den hier gegenständlichen Antrag gemäß § 123 VwGO,
die Bundesrepublik Deutschland im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, das Auswahlverfahren um den nach Besoldungsgruppe B 3 dotierten Dienstposten ...leiter ... im ...amt mit demselben Bewerberkreis fortzuführen, der der - bereits aufgehobenen - Auswahlentscheidung vom 14. April 2015 zugrunde lag, sofern diese Bewerber für eine Besetzung dieses Dienstposten noch zur Verfügung stehen.
Zur Begründung berief sich der Antragsteller vor allem auf das Urteil des (für das Beamtenrecht zuständigen) 2. Revisionssenats des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Dezember 2014 - 2 A 3.13 - (BVerwGE 151, 14, insb. LS 3 und Rn. 22.), wonach effektiver Rechtsschutz für das auf Fortführung eines abgebrochenen Auswahlverfahrens gerichtete Begehren allein der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sei, mit dem das Fehlen eines sachlichen Grundes für den Abbruch geltend gemacht werden könne. Die vom 2. Revisionssenat hierfür aufgestellte Monatsfrist ab Zugang der Mitteilung über den Abbruchsgrund sei eingehalten, weil das Bundesministerium der Verteidigung erstmals mit dem ihm, dem Antragsteller, am 15. September 2015 zugegangenen Schriftsatz vom 7. September 2015 im Hauptsacheverfahren BVerwG 1 WB 27.15 erklärt habe, dass die Aufhebung der Auswahlentscheidung eine Abbruchentscheidung darstellen solle. Ein Verfahrensfehler bei der Auswahlentscheidung stelle jedoch keinen sachlichen Grund für den Abbruch eines Auswahlverfahrens dar. Wenn für ihn, den Antragsteller, eine neue dienstliche Beurteilung zu erstellen gewesen sei, um die Vergleichbarkeit mit den anderen Bewerbern herzustellen, so beziehe sich dies auf den Vergleich mit den vorhandenen Bewerbern und bedeute nicht, dass neue Bewerber einbezogen werden dürften.
Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Es hält den Antrag für verspätet gestellt, weil dem Antragsteller die maßgeblichen Gründe bereits aus Aufklärungs- und Hinweisschreiben vom 13. Mai und 3. Juni 2015 bekannt seien. Es fehle auch ein Anordnungsgrund, weil dem Antragsteller zumutbar sei, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten. Für die neu zu treffende Auswahl sei es zulässig, einen erweiterten Bewerberkreis zu betrachten.
Am 23. Februar 2016 entschied der Abteilungsleiter Personal im Bundesministerium der Verteidigung, den Dienstposten des ...leiters ... im ...amt mit dem Antragsteller zu besetzen. Bei der Auswahl waren neben dem Antragsteller weitere Mitbewerber, die nicht bereits zum Bewerberkreis bei der (aufgehobenen) Auswahlentscheidung vom 14. April 2015 gezählt hatten, mitbetrachtet worden.
Im Hinblick auf die Auswahl des Antragstellers und dessen anschließende Versetzung auf den Dienstposten haben die Beteiligten das Hauptsacheverfahren (BVerwG 1 WB 27.15) übereinstimmend für erledigt erklärt. Der Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom 29. April 2016 eingestellt.
In dem vorliegenden Verfahren gemäß § 123 VwGO begehrt der Antragsteller weiterhin eine Entscheidung in der Sache. Nach Mitteilung des Bundesministeriums der Verteidigung habe ein unterlegener Bewerber, der nicht bereits zum ursprünglichen Bewerberfeld gezählt habe, fristgerecht die nunmehr zu seinen, des Antragstellers, Gunsten ergangene neue Auswahlentscheidung angefochten. Es komme deshalb weiterhin darauf an, ob das Auswahlverfahren habe abgebrochen werden dürfen oder ob es alleine mit ihm, dem Antragsteller, als dem einzigen aus dem ursprünglichen Bewerberfeld verbliebenen Kandidaten habe fortgesetzt werden müssen. Im letzteren Falle müsse der Rechtsbehelf des unterlegenen Bewerbers schon aus diesem Grunde erfolglos bleiben.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Verfahrensakten des Bundesministeriums der Verteidigung - R II 2 - Az.: ... -, die Gerichtsakte des abgeschlossenen Hauptsacheverfahrens BVerwG 1 WB 27.15 und die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis D, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
Der - im Wehrbeschwerdeverfahren gemäß § 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 123 VwGO grundsätzlich statthafte - Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist unzulässig.
1. Soweit es um die Fortführung des Auswahlverfahrens zur Besetzung des Dienstpostens des ...leiters ... im ...amt ging, fehlte dem Antragsteller von Beginn an das Rechtsschutzbedürfnis.
Der Abteilungsleiter Personal im Bundesministerium der Verteidigung hat zugleich mit der Entscheidung, die erste rechtsfehlerhafte Auswahlentscheidung vom 14. April 2015 aufzuheben, angeordnet, dass das Auswahlverfahren zur Besetzung des Dienstpostens erneut aufgenommen werde. Dabei gab es an der Struktur des Auswahlverfahrens - anders als in dem Fall des vom Antragsteller zitierten Urteils vom 3. Dezember 2014 - 2 A 3.13 - (BVerwGE 151, 14 Rn. 26 ff. und 36 ff.) - keine Änderungen: Der Dienstposten wurde nicht neu zugeschnitten; unverändert blieb auch die Organisationsgrundentscheidung, den Dienstposten nach dem Leistungsprinzip (Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 SG) an einen Förderungsbewerber und nicht (ohne Bindung an das Leistungsprinzip) an einen Versetzungsbewerber zu vergeben (zur Geltung des Leistungsprinzips nur bei Entscheidungen über höherwertige, die Beförderung in einen höheren Dienstgrad oder - wie hier - die Einweisung in die Planstelle einer höheren Besoldungsgruppe vorprägende Verwendungen vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Januar 2014 - 1 WB 1.13 - Buchholz 449.2 § 6 SLV 2002 Nr. 6 Rn. 32). Die zuständigen Stellen haben schließlich zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt, dass der Antragsteller aufgrund seiner Bewerbung vom 2. März 2015 auch in dem erneut aufgenommenen Auswahlverfahren mitbetrachtet würde. Insoweit bedurfte es daher keiner Sicherung seines aus Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruchs durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung.
2. Soweit es um die Frage geht, ob das Auswahlverfahren nur mit demselben Bewerberkreis fortgeführt werden durfte, der der aufgehobenen Auswahlentscheidung vom 14. April 2015 zugrunde lag, fehlt dem Antragsteller jedenfalls seit der zweiten Auswahlentscheidung vom 23. Februar 2016, mit der ihn der Abteilungsleiter Personal im Bundesministerium der Verteidigung für den strittigen Dienstposten ausgewählt hat, das Rechtsschutzbedürfnis.
Der Antragsteller weist zwar im Ausgangspunkt zutreffend darauf hin, dass dieser Frage noch Bedeutung zukommt, weil ein unterlegener Kandidat, der nicht bereits zum ursprünglichen Bewerberkreis gezählt hat, die zweite Auswahlentscheidung vom 23. Februar 2016 mit einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung anfechten kann und dies mit einem (dem Senat noch nicht vorgelegten) Antrag tatsächlich geschehen ist. Dieser Antrag hätte, unabhängig von einem Eignungs- und Leistungsvergleich zwischen den Bewerbern, keine Aussicht auf Erfolg, wenn dem unterlegenen Kandidaten entgegenzuhalten wäre, dass er von vornherein nicht hätte mitbetrachtet werden dürfen.
Dem Antragsteller fehlt jedoch gleichwohl das Rechtsschutzbedürfnis, weil er mit dem Instrumentarium des vorläufigen Rechtsschutzes seine Rechtsstellung nicht verbessern kann. Die aufgrund summarischer Prüfung ergehende einstweilige Anordnung dient der Sicherung eines Rechts oder der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses, kann aber nicht zu einer rechtskräftigen Klärung der Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung oder des diese vorbereitenden Auswahlverfahrens führen; eine solche Klärung ist nur in dem entsprechenden Hauptsacheverfahren, hier ggf. in dem von dem unterlegenen Kandidaten angestrengten gerichtlichen Antragsverfahren gemäß § 21 WBO zu erzielen (vgl. zu parallelen Fallgestaltungen im allgemeinen Verwaltungsprozessrecht BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 1995 - 7 VR 16.94 - Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 17; VGH München, Beschluss vom 16. August 2012 - 8 CE 11.2759 - BayVBl. 2013, 607 Rn. 19). Aus denselben Gründen würde dem Antragsteller auch eine Umstellung seines Rechtsschutzbegehrens auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag (§ 19 Abs. 1 Satz 2 und 3 WBO) nicht helfen (vgl. schon: BVerwG, Beschluss vom 25. August 2015 - 1 WDS-VR 4.15 - juris Rn. 30).