Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 06.01.2012


BVerwG 06.01.2012 - 1 WDS-VR 7/11

Auswahlentscheidung bei Besetzung eines militärischen Dienstpostens; Organisationsermessen; Besetzungsrecht der Teilstreitkräfte


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
1. Wehrdienstsenat
Entscheidungsdatum:
06.01.2012
Aktenzeichen:
1 WDS-VR 7/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Die gerichtlich nicht überprüfbare organisatorische Gestaltungsfreiheit des Dienstherrn bei der Festlegung der strukturbezogenen Voraussetzungen für die Besetzung militärischer Dienstposten erstreckt sich auch auf die Regelung, welcher Teilstreitkraft er nicht teilstreitkraftspezifische Dienstposten zur Besetzung zuweist.

Tatbestand

Der Antragsteller ist Berufssoldat in der Teilstreitkraft Heer. Er wandte sich mit dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Entscheidung des Personalamts der Bundeswehr, einen höherwertigen und der Luftwaffe zur Besetzung zugewiesenen Dienstposten nicht mit ihm, sondern mit einem Offizier der Luftwaffe zu besetzen. Er machte geltend, dass es sich nicht um einen teilstreitkraftspezifischen Dienstposten handele, der deshalb auch für die Besetzung mit einem Heeresuniformträger zur Verfügung stehen müsse.

Das Bundesverwaltungsgericht hat den Antrag zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

...

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Dem Antragsteller steht ein Anspruch auf Einbeziehung in das Auswahlverfahren für den strittigen Dienstposten nicht zu.

30

Ein Soldat hat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte fachliche oder örtliche Verwendung oder auf Verwendung auf einem bestimmten Dienstposten. Über die Verwendung entscheidet der zuständige Vorgesetzte vielmehr, sofern hierfür ein dienstliches Bedürfnis besteht, nach seinem pflichtgemäßen Ermessen. Dabei ist zu beachten, dass Art. 33 Abs. 2 GG jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gewährt. Der sich hieraus ergebende Leistungsgrundsatz oder Grundsatz der Bestenauslese gilt nicht nur bei der Einstellung in den öffentlichen Dienst, sondern auch bei Beförderungsentscheidungen; mit ihm korrespondiert ein Anspruch des Einstellungs- oder Beförderungsbewerbers auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreier Entscheidung über seine Bewerbung (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178; Beschlüsse vom 25. März 2010 - BVerwG 1 WB 37.09 - Rn. 21 = BVerwGE 136, 204 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 56 und vom 21. Oktober 2010 - BVerwG 1 WB 18.10 - § 3 SG Nr. 59> Rn. 25). Nach der Regelung des § 3 Abs. 1 SG gilt Entsprechendes auch für Verwendungsentscheidungen im militärischen Bereich (stRspr vgl. z.B. Beschluss vom 21. Oktober 2010 a.a.O. Rn. 25).

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Der Anspruch eines Bewerbers auf fehlerfreie Entscheidung über seinen Bewerbungsantrag hängt davon ab, dass ein freier und besetzbarer Dienstposten bereitsteht und dass der Dienstherr diesen Dienstposten besetzen will. Dabei liegt es im Organisationsermessen des Dienstherrn, nach welchen Kriterien er diesen zu besetzenden Dienstposten beschreibt. Insbesondere die Bestimmung der Art des Dienstpostens unterliegt ebenso wie die Bewirtschaftung der ihm hinterlegten Planstelle der organisatorischen Gestaltungsfreiheit des Dienstherrn. Art. 33 Abs. 2 GG wird nicht verletzt, wenn für die Besetzung des Dienstpostens bestimmte dienstrechtliche und/oder haushaltsrechtliche Voraussetzungen aufgestellt sind (ebenso für das Beamtenrecht: Urteile vom 26. Oktober 2000 - BVerwG 2 C 31.99 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 4 GG Nr. 4 = juris Rn. 12 und vom 25. Februar 2010 - BVerwG 2 C 22.09 - BVerwGE 136, 140 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 45 = juris Rn. 17).

32

Die Organisationsfreiheit des Dienstherrn erstreckt sich in diesem Zusammenhang nicht nur auf inhaltliche Anforderungen an die Dienstpostenbesetzung, sondern auch und gegebenenfalls zuvor auf strukturbezogene Voraussetzungen. Zum Organisationsermessen des Bundesministers der Verteidigung bei der Festlegung der Voraussetzungen für einen zu besetzenden Dienstposten gehört deshalb nach ständiger Rechtsprechung des Senats auch die Festlegung, wie er nicht teilstreitkraftspezifische Dienstposten den einzelnen Teilstreitkräften zur Besetzung zuweist. Diese Entscheidung stellt zugleich eine Maßnahme des Bundesministers der Verteidigung zur Gestaltung der Streitkräfte dar, die nicht der gerichtlichen Kontrolle auf ihre Zweckmäßigkeit unterliegt. Das folgt aus dem im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Grundsatz der Gewaltenteilung (stRspr, Beschlüsse vom 25. Januar 1995 - BVerwG 1 WB 80.94 - Buchholz 236.1 § 10 Nr. 4, vom 9. April 1997 - BVerwG 1 WB 100.96 - und vom 27. Januar 1998 - BVerwG 1 WB 32.97 -).

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Von diesem gerichtlich nicht überprüfbaren Organisationsermessen sind danach auch spezielle strukturelle Regelungen über das Besetzungsrecht der Teilstreitkräfte für die Dienstposten erfasst, die im Zuständigkeitsbereich der Streitkräftebasis angesiedelt sind, wie hier für die Dienstposten im Militärischen Anteil in zivilen Dienststellen der Bundeswehr. Innerhalb der Streitkräftebasis, die keine Teilstreitkraft, sondern einen Organisationsbereich ohne eigenständigen Uniformträgerbereich darstellt, sind die Dienstposten den einzelnen Teilstreitkräften zugeordnet. Das Organisationsermessen des Bundesministers der Verteidigung erstreckt sich in diesem Organisationsbereich auf die Zuordnung der militärischen Dienstposten zu den einzelnen Teilstreitkräften bzw. zu den entsprechenden Uniformträgerbereichen.

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Der strittige Dienstposten ist sowohl nach der Aufgabenbeschreibung (Bearbeitungsstand: 27. Juli 2010) als auch nach der seit dem 1. April 2010 maßgeblichen Organisationsunterlage des Militärischen Anteils im X-Amt der Luftwaffe zugeordnet. Das bestreitet auch der Antragsteller nicht. Deshalb hatte er als Angehöriger der Teilstreitkraft Heer bzw. als Heeresuniformträger keinen Anspruch auf Einbeziehung in das Auswahlverfahren für den strittigen Dienstposten; seine Nichtauswahl durch das Personalamt ist rechtlich nicht zu beanstanden. Auf einen Eignungs- und Leistungsvergleich mit dem Beigeladenen kam es danach nicht an.