Entscheidungsdatum: 30.10.2018
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz in einem Konkurrentenstreit um die Besetzung eines Oberstabsfeldwebel-Dienstpostens beim A.
Der 1965 geborene Antragsteller ist Berufssoldat im Dienstgrad Stabsfeldwebel (A 9). Derzeit wird er als Sanitätsfeldwebel bei B verwendet. Am 23. Oktober 2014 entschied das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr den streitgegenständlichen Dienstposten Sanitätsfeldwebel Notfallsanitäter beim A (DP-ID ...) mit dem Beigeladenen zu besetzen. Der Auswahlentscheidung liegt eine "Dienstpostenbesetzungsvorschlagsliste/Entscheidungsliste" zugrunde, die tabellarisch drei mitbetrachtete Kandidaten, darunter den Antragsteller und den Beigeladenen, aufführt. In der Spalte "Entscheidung BAPersBw" ist beim Beigeladenen "ausgewählt" und beim Antragsteller "nicht ausgewählt" aufgeführt. Nach der Auswahl wurde der Beigeladene aufgrund einer militärärztlichen Empfehlung vom 1. Juni 2016 bis 31. Dezember 2017 anderenorts verwendet.
Erst als sich der Antragsteller nach den für ihn infrage kommenden förderlichen Dienstposten erkundigt hatte, erlangte er im Rahmen eines Wehrbeschwerdeverfahrens durch Schreiben vom 4. August 2017 von der Auswahlentscheidung Kenntnis. Mit Schreiben vom 23. August 2017 legte er dagegen Beschwerde ein, die das Bundesministerium der Verteidigung mit Beschwerdebescheid vom 8. Juni 2018 zurückwies. Das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr habe sich dafür entschieden, bei der Auswahlentscheidung Versetzungs- und Aufstiegsbewerber zu berücksichtigen. Daher ergebe sich die Notwendigkeit einer Bestenauslese. Die Mitbetrachtung des Antragstellers bei der Auswahl scheitere schon auf der ersten Stufe der Auswahlentscheidung, weil ihm für den Dienstposten die erforderliche Eignung fehle. Der Dienstposten sei mit der steuernden Fachtätigkeit "Notfallsanitäter" oder "Rettungsassistent" hinterlegt. Im Gegensatz zum Beigeladenen verfüge er über diese Qualifikation nicht. Eine Mitbetrachtung scheide aber auch deshalb aus, weil gegen den Antragsteller nunmehr disziplinare Vorermittlungen geführt würden. Die zum Zeitpunkt der Auswahl unterbliebene Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung sei unschädlich, jedenfalls sei sie im Wehrbeschwerdeverfahren nachgeholt worden. Das Auswahlverfahren sei auch nicht deshalb fehlerhaft, weil der ausgewählte Soldat zwischenzeitlich aus gesundheitlichen Gründen anderweitig verwendet worden sei. Der Beigeladene nehme die Aufgaben des Dienstpostens seit 1. Januar 2018 wahr.
Hiergegen hat der Antragsteller unter dem 27. Juni 2018 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Das Bundesministerium der Verteidigung hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 1. Oktober 2018 dem Senat vorgelegt. Der Antrag, über den noch nicht entschieden ist, ist beim Senat unter dem Aktenzeichen 1 WB 33.18 anhängig.
Mit Schriftsatz vom 20. September 2018 hat der Antragsteller den hier gegenständlichen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Ihm stehe ein Anordnungsanspruch zu, weil die Auswahlentscheidung rechtswidrig gewesen sei und ihn in seinen Rechten verletze. Er sei zu Unrecht mangels ausreichender fachlicher Eignung nicht in die engere Auswahl einbezogen worden. Er verfüge über die für den Dienstposten erforderliche ATN als "Organisationsbearbeiter Sanitätsdienst". Dieses Qualifikationserfordernis für den Dienstposten sei vom Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr alternativ zur Qualifikation "Notfallsanitäter" oder "Rettungsassistent" zugelassen worden. Er erfülle damit die Anforderungen des Dienstpostens. Eine Organisationsgrundentscheidung "Querversetzung" habe es nicht gegeben. Die Auswahlentscheidung hätte daher unter Einbeziehung der Aufstiegsbewerber im Rahmen der Bestenauslese anhand der Kriterien Eignung, Befähigung und Leistung erfolgen müssen. Die Entscheidung sei nicht ordnungsgemäß dokumentiert worden. Die Entscheidungsliste vom 23. Oktober 2014 enthalte keine Angaben zu den Beurteilungen. Auch sei der Beigeladene aus gesundheitlichen Gründen nicht geeignet, den Dienstposten zu besetzen. Schließlich sei die Schwerbehindertenvertretung bei der Entscheidung nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Die disziplinaren Vorermittlungen stünden einer Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten nicht entgegen. Es sei mit einer baldigen Einstellung des Verfahrens zu rechnen. Auch müsse ein Härtefall im Sinne der Zentralen Dienstvorschrift A-1340/49 Nr. 246 geprüft werden. Ferner bestehe ein Anordnungsgrund, da der Beigeladene nunmehr die Aufgaben des Dienstpostens seit dem 1. Januar 2018 wahrnehme.
Der Antragsteller beantragt,
das Bundesministerium der Verteidigung im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, bis zu einer Entscheidung des Senats über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Auswahlentscheidung des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr aus dem Jahr 2014 in Gestalt der Beschwerdeentscheidung des Bundesministeriums der Verteidigung vom 8. Juni 2018 die Versetzung des Beigeladenen auf den Dienstposten Sanitätsfeldwebel Notfallsanitäter beim A (DP-ID ...) vorläufig rückgängig zu machen.
Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Es vertieft sein Vorbringen aus der Beschwerdeentscheidung. Es bestehe kein Anordnungsanspruch, da der Antragsteller für den Dienstposten fachlich nicht geeignet sei. Er habe daher bereits auf der ersten Stufe abgelehnt werden können. Sein Bewerbungsverfahrensanspruch sei mithin nicht verletzt. Es bestehe auch kein Anordnungsgrund, da der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht habe, dass ihm ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere unzumutbare Nachteile entstünden.
Der Beigeladene hat sich nicht zur Sache geäußert und keinen Antrag gestellt.
Der auf eine vorläufige Wegversetzung des Beigeladenen gerichtete Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO hat Erfolg.
1. Dem Antragsteller steht nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Anordnungsanspruch zur Seite. An der Rechtmäßigkeit der zugunsten des Beigeladenen getroffenen Auswahlentscheidung des Bundesamtes für das Personalmanagement vom 23. Oktober 2014 in der Gestalt des Beschwerdebescheides vom 8. Juni 2018 bestehen durchgreifende Zweifel. Sie verletzt voraussichtlich den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers.
a) Nach der Rechtsprechung zu beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG ein Bewerbungsverfahrensanspruch, der Bewerbern um ein öffentliches Amt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung - nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung - in die Bewerberauswahl gibt; die Bewerbung darf nur aus Gründen abgelehnt werden, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102>). § 3 Abs. 1 SG übernimmt die Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG in das Dienstverhältnis der Soldaten und erstreckt sie über Ernennungen hinaus auf Verwendungsentscheidungen. Der Senat hat deshalb einen dem Beamtenrecht entsprechenden Bewerbungsverfahrensanspruch auch für soldatenrechtliche Konkurrenzverhältnisse anerkannt. Allerdings beschränkt sich die Geltung des Grundsatzes der Bestenauslese im Bereich der Verwendungsentscheidungen auf Entscheidungen über höherwertige, die Beförderung in einen höheren Dienstgrad oder die Einweisung in die Planstelle einer höheren Besoldungsgruppe vorprägende Verwendungen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Januar 2014 - 1 WB 1.13 - Buchholz 449.2 § 6 SLV 2002 Nr. 6 Rn. 32). Er gilt auch, wenn - wie hier - Versetzungs- und Aufstiegsbewerber um einen förderlichen Dienstposten konkurrieren (BVerwG, Beschluss vom 1. März 2018 - 1 WB 1.17 - juris Rn. 20).
Aus Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt ferner die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen, um eine sachgerechte Kontrolle durch den unterlegenen Bewerber und gegebenenfalls durch das Gericht zu ermöglichen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - BVerfGK 11, 398 <402 f.>). Dem folgend hat der Senat eine entsprechende Verpflichtung zur Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen auch für Entscheidungen angenommen, die ein Konkurrenzverhältnis um eine höherwertige militärische Verwendung betreffen (BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 2008 - 1 WB 19.08 - BVerwGE 133, 13 Rn. 36).
Maßgeblich für die gerichtliche Beurteilung ist die Auswahlentscheidung in der Gestalt der Beschwerdeentscheidung (BVerwG, Beschlüsse vom 23. Februar 2010 - 1 WB 36.09 - BeckRS 2010, 51350 Rn. 39 und vom 26. März 2015 - 1 WB 26.14 - juris Rn. 41). Im Hinblick auf die in § 13 WBO verankerte umfassende Kontroll- und Abänderungskompetenz kann die gemäß § 9 Abs. 1 WBO zuständige Beschwerdestelle dabei auch die materiellen Auswahlerwägungen ändern oder ergänzen. Es entspricht dem Zweck des vorgerichtlichen Beschwerdeverfahrens, eine Selbstkontrolle der Verwaltung zu ermöglichen, ebenso wie der Verfahrensökonomie, dass die Beschwerdestelle in dem Umfang, in dem die Verfahrensherrschaft auf sie übergegangen ist, auch in Auswahlverfahren befugt ist, erkannte Fehler oder Defizite der Ausgangsentscheidung zu beheben. Sie kann insbesondere eine fehlende Dokumentation der Auswahlerwägungen nachholen oder eine vorhandene Dokumentation ändern, ergänzen oder inhaltlich fortschreiben (BVerwG, Beschluss vom 26. Oktober 2017 - 1 WB 41.16 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 87 Rn. 31). Dagegen ist eine erst nach dem Zeitpunkt der Auswahlentscheidung, etwa im Verlauf des Widerspruchsverfahrens, eingetretene tatsächliche Veränderung für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung über die Vergabe des streitgegenständlichen höherwertigen Dienstpostens nach Maßgabe von Art. 33 Abs. 2 GG nicht von Bedeutung (BVerwG, Beschluss vom 12. Dezember 2017 - 2 VR 2.16 - NVwZ-RR 2018, 395 Rn. 44).
b) Nach diesen Maßstäben ist das Bundesministerium der Verteidigung in der Beschwerdeentscheidung zutreffend davon ausgegangen, dass für die vorliegende Auswahlentscheidung der Grundsatz der Bestenauslese gilt. Der streitgegenständliche Dienstposten Sanitätsfeldwebel Notfallsanitäter beim A ist ausweislich der "Dienstpostenbesetzungsvorschlagsliste/Entscheidungsliste" vom 23. Oktober 2014 mit der Dotierung "A 9 mZ Oberstabsfeldwebel" hinterlegt. Aus der Liste geht weiter hervor, dass neben dem Beigeladenen, der zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung bereits im Dienstgrad Oberstabsfeldwebel (A 9 mZ) war, ein weiterer Oberstabsfeldwebel und der Antragsteller im Dienstgrad Stabsfeldwebel (A 9) für eine mögliche Auswahl betrachtet wurden. Dass eine Mitbetrachtung tatsächlich stattgefunden hat, wird bereits durch die in der Liste ausgefüllten Spalten "Vorschlag AVR-Referat des Soldaten" und "Entscheidung Dienstposten-führendes Referat", in der der Antragsteller jeweils mit der Ziffer 2 und der Beigeladene jeweils mit der Ziffer 1 aufgeführt sind, und der Spalte "Entscheidung BAPersBw", in der für den Antragsteller "nicht ausgewählt" und für den Beigeladenen "ausgewählt" aufgeführt ist, dokumentiert. Somit hat das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr seine Auswahl nicht lediglich auf sogenannte Versetzungsbewerber beschränkt, sondern hat im Falle des Antragstellers einen Aufstiegsbewerber mitbetrachtet. Somit muss sich die Auswahl uneingeschränkt an den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG messen lassen.
Das Bundesministerium der Verteidigung ist als zuständige Beschwerdestelle auch berechtigt gewesen, die in der ursprünglichen Auswahlentscheidung vom 23. Oktober 2014 gänzlich fehlende Dokumentation der Auswahlerwägungen nachzuholen. Die in der Beschwerdeentscheidung vom 8. Juni 2018 angegebenen Gründe rechtfertigen jedoch die Ablehnung des Antragstellers nicht. Die angegebenen fachlichen und persönlichen Eignungsmängel haben zu dem für die Auswahlentscheidung maßgeblichen Zeitpunkt im Oktober 2014 nicht vorgelegen.
Zwar kann der Dienstherr einen Bewerber nach Art. 33 Abs. 2 GG mangels ausreichender fachlicher Eignung schon auf der sogenannten ersten Stufe des Auswahlverfahrens von der weiteren Mitbetrachtung ausschließen, wenn er das Anforderungsprofil eines Dienstpostens nicht erfüllt und ihm daher die erforderliche fachliche Eignung fehlt. Zu Unrecht beruft sich das Bundesministerium der Verteidigung jedoch darauf, dass nach der vorgelegten Dienstpostenbeschreibung (Objekt-ID ..., Bl. 61 Bd. I) der Dienstposteninhaber zwingend die Qualifikation eines Notfallsanitäters haben müsse. Nach den für das Verständnis dieser Dienstpostenbeschreibung maßgeblichen Vorgaben der "Maßnahmen zur Änderung der Soll-Organisation (MÄSO) des Kommandos Sanitätsdienst der Bundeswehr" vom 14. Dezember 2016 können die in den jeweiligen Gruppierungen hinterlegten Anforderungen zwingend sein. Sind mehrere Anforderungen in einer Gruppierung zusammengefasst, stehen sie in einer Oder-Beziehung. Im vorliegenden Fall ist der Dienstpostenbeschreibung schon nicht klar zu entnehmen, welche Merkmale zwingend zu erfüllen sind, weil bei allen Gruppen unter dem Feld "Muss" ein "Nein" eingetragen ist. Die rangerste Anforderungsgruppe (01) "Sanitätsfeldwebel" erfüllt der Antragsteller zweifelsfrei. Zur rangzweiten Anforderungsgruppe (02) gehören Notfallsanitäter, Organisationsbearbeiter Sanitätsdienst und Rettungsassistenten. Sie stehen in einer Oder-Beziehung. Soweit der Notfallsanitäter zuerst genannt und mit dem Zusatz "steuernder Tätigkeitsbegriff" gekennzeichnet ist, mag dies - wie das Bundesministerium der Verteidigung in einem anderen Verfahren erläutert hat - für eine "priorisierte Oder-Beziehung" sprechen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Erfüllung einer der in der Gruppierung genannten Qualifikationsalternativen für die grundsätzliche Eignung ausreicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Juli 2018 - 1 WB 3.18 - juris Rn. 36). Eine Vorabausscheidung wegen Fehlens der Qualifizierung als "Notfallsanitäter" ist unzulässig, wenn ein Bewerber - wie der Antragsteller - über die Alternativqualifizierung als Organisationsbearbeiter Sanitätsdienst verfügt. Von dieser Lesart ist auch das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr in seinem Schreiben vom 10. April 2017 ausdrücklich ausgegangen. Im Übrigen spricht vieles dafür, dass im vorliegenden Fall ein Abstellen auf die Qualifikation des Notfallsanitäters als zwingend zu erfüllendes Kriterium auch deswegen in sich widersprüchlich und treuwidrig wäre, weil der Beigeladene seit mehreren Jahren krankheitsbedingt als Notfallsanitäter nicht eingesetzt werden konnte und gleichwohl nicht von dem Dienstposten wegversetzt wurde.
Der Antragsteller durfte im vorliegenden Verfahren auch nicht mangels charakterlicher Eignung bereits auf der ersten Stufe des Auswahlverfahrens ausgeschieden werden. Zwar ist der Dienstherr berechtigt, einem Berufssoldaten für die Dauer einer gegen ihn geführten disziplinarischen Untersuchung und eines sich gegebenenfalls anschließenden förmlichen Disziplinarverfahrens von einer an sich möglichen Beförderung oder förderlichen Verwendung auszuschließen. Denn disziplinare Vorwürfe lösen in der Regel berechtigte Zweifel an der charakterlichen Eignung eines Soldaten im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 SG aus. Der Dienstherr würde sich in Widerspruch zu seinem eigenen Verhalten setzen, wenn er einen Soldaten oder Beamten vor der abschließenden Klärung des disziplinarischen Vorwurfs beförderte oder in vergleichbarer Weise förderte und damit die Befähigung und Eignung des Betreffenden für eine höherwertige Verwendung bejahte, obwohl er zuvor mit der Einleitung disziplinarischer Ermittlungen zu erkennen gegeben hat, dass er Anlass hat, die Amtsführung oder das persönliche Verhalten des Betreffenden in seinem bisherigen Status zu beanstanden (BVerwG, Beschlüsse vom 24. September 1992 - 2 B 56.92 - Buchholz 236.1 § 42 SG Nr. 1, vom 3. September 1996 - 1 WB 20.96 - Buchholz 236.1 § 10 SG Nr. 18, vom 26. Oktober 2016 - 1 WDS-VR 6.16 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 86 Rn. 34 ff. und vom 30. März 2017 - 1 WB 34.16 - juris Rn. 37).
Allerdings war der Antragsteller im vorliegenden Fall zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung im Oktober 2014 disziplinarisch nicht belastet. Die disziplinaren Vorermittlungen gegen ihn werden erst seit März 2018 geführt und beruhen - soweit ersichtlich - auf Vorgängen aus dem Jahr 2017. Zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung am 23. Oktober 2014 stand ein solches Förderhindernis nicht im Raum. Da es sich um eine neue, erst im Verlauf des Beschwerdeverfahrens eingetretene tatsächliche Entwicklung handelt, ist sie für die Rechtmäßigkeit der zu überprüfenden Entscheidung über die Vergabe des streitgegenständlichen höherwertigen Dienstpostens vom 23. Oktober 2014 ohne Bedeutung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Dezember 2017 - 2 VR 2.16 - NVwZ-RR 2018, 395 Rn. 44).
Somit hatte der Antragsteller nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage im Oktober 2014 einen Anspruch darauf, dass über die Vergabe des höherwertigen Dienstpostens eines Sanitätsfeldwebels Notfallsanitäter beim A (DP-ID ...) auf der zweiten Stufe des Auswahlverfahrens durch einen Leistungsvergleich anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen entschieden wurde. Ein solcher Leistungsvergleich fand nicht statt. Die dafür erforderliche Sonderbeurteilung des Beigeladenen wurde nicht eingeholt, sodass aufgrund der vorliegenden Unterlagen auch nicht davon ausgegangen werden kann, dass dieser Leistungsvergleich zum Nachteil des Antragstellers ausgegangen wäre. Da die Auswahlentscheidung bereits wegen des mangelnden Leistungsvergleichs rechtswidrig ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob die zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung unterbliebene Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung wirksam nachgeholt worden ist.
2. Für die vom Antragsteller begehrte einstweilige Anordnung ist ein Anordnungsgrund gegeben (§ 123 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 VwGO i.V.m. § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO).
Die zwischenzeitliche Versetzung des Beigeladenen auf den streitgegenständlichen Dienstposten hat für den Antragsteller nachteilige Folgen. Zwar verfestigt sich eine einmal getroffene militärische Verwendungsentscheidung - auch nach einer der Dotierung des Dienstpostens entsprechenden Beförderung oder Planstelleneinweisung - nicht dahin, dass der durch sie begünstigte Soldat eine rechtlich gesicherte Position erwirbt, auf dem ihm zugewiesenen Dienstposten verbleiben zu können; der Beigeladene müsste es vielmehr hinnehmen, von dem Dienstposten wegversetzt zu werden, wenn der Antragsteller bei der Stellenbesetzung ihm gegenüber rechtswidrig übergangen worden wäre (BVerwG, Beschluss vom 25. April 2007 - 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 Rn. 39 m.w.N.).
Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. April 2010 - 1 WDS-VR 2.10 - Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 28 Rn. 20 f. und vom 19. Dezember 2011 - 1 WDS-VR 5.11 - BVerwGE 141, 271 Rn. 29 f.) kann sich in Konkurrentenstreitigkeiten um die Besetzung eines Dienstpostens ein Anordnungsgrund jedoch daraus ergeben, dass ein rechtswidrig ausgewählter Bewerber auf dem Dienstposten einen Erfahrungsvorsprung erlangt, der im Fall des Obsiegens des Antragstellers in der Hauptsache bei einer erneuten Auswahlentscheidung zu berücksichtigen wäre; dabei geht es um den materiellen Erfahrungsvorsprung, der sich - unabhängig von bestimmten Beurteilungszeiträumen oder Beurteilungsstichtagen - in dem Leistungsbild des ausgewählten Bewerbers niederschlägt und den der rechtswidrig übergangene Bewerber nicht mehr ausgleichen kann. Ein insoweit beurteilungsrelevanter Erfahrungsvorsprung kann auch für das Konkurrenzverhältnis eines Aufstiegsbewerbers gegenüber einem Versetzungsbewerber von Bedeutung sein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 2009 - 2 VR 1.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 43). Ein Anordnungsgrund ist dann anzunehmen, wenn zwischen dem Dienstantritt des ausgewählten Bewerbers auf dem strittigen Dienstposten und der (noch zu treffenden) gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten liegt (BVerwG, Beschluss vom 29. April 2010 - 1 WDS-VR 2.10 - Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 28 Rn. 21).
Diese Voraussetzung liegt hier vor, weil der Beigeladene die Aufgaben des strittigen Dienstpostens seit Januar 2018 und damit fast 10 Monate wahrnimmt; unter dem Blickwinkel eines beurteilungsrelevanten Erfahrungsvorsprungs ist damit die Spanne von sechs Monaten deutlich überschritten. Da der ausgewählte Bewerber deutlich länger als ein halbes Jahr auf dem Dienstposten tätig ist, müsste sich dies auf dessen künftige dienstliche Beurteilung, die Grundlage einer neuen Auswahlentscheidung sein würde, zu seinen Gunsten und zum Nachteil des Antragstellers auswirken.
3. Dem Antragsteller kann auch nicht das für den Erlass einer verfahrenssichernden Anordnung erforderliche Rechtsschutzinteresse abgesprochen werden. Dieses Rechtsschutzinteresse würde fehlen, wenn zweifelsfrei feststünde, dass er bei einer erneuten Stellenvergabe nicht zum Zuge kommen könnte. Davon wäre etwa auszugehen, wenn ein Wehrdienstgericht ein mehrjähriges Beförderungsverbot verhängt hätte. Vergleichbar eindeutige Umstände liegen hier jedoch nicht vor. Zwar bestehen keine Bedenken dagegen, dass sich die beteiligten Bundeswehrstellen bei der erneuten Prüfung der Eignung des Antragstellers von den für den Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung geltenden Verwaltungsvorschriften über die "Auswirkungen von Dienstvergehen und Ermittlungen auf die Förderung" (Abschnitt 2.5.4 der Zentralen Dienstvorschrift A-1340/49) leiten lassen (BVerwG, Beschluss vom 30. März 2017 - 1 WB 34.16 - juris Rn. 39). Danach kann zwar jedes Dienstvergehen Auswirkungen auf eine mögliche Förderung (Ernennungen i.S.d. § 4 SG und Verwendungsentscheidungen) eines Soldaten haben, da er grundsätzlich durch jedes Fehlverhalten seine Eignung infrage stellt. Ausnahmen von dem Grundsatz des Förderungsverbotes sind jedoch in Härtefällen möglich. Da im vorliegenden Fall nur Vorermittlungen schweben, deren Gegenstand und Inhalt im Beschwerdebescheid nicht näher erläutert sind, kann nicht mit der nötigen Sicherheit beurteilt werden, ob - wie der Antragsteller vorträgt - eine baldige Einstellung der Vorermittlungen oder allenfalls eine einfache disziplinarische Maßnahme zu erwarten ist. Darum kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass zum Zeitpunkt einer erneuten Vergabeentscheidung das disziplinarische Hindernis bereits entfallen ist oder dass bei der gebotenen näheren Würdigung der disziplinarischen Vorwürfe eine Ausnahme vom Förderungsverbot etwa wegen einer einmaligen geringfügigen Verfehlung anerkannt wird.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 21 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 WBO. Der Beigeladene, der keinen eigenen Sachantrag gestellt hat, trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.