Entscheidungsdatum: 02.10.2018
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz in einem Konkurrentenstreit um die Besetzung eines nach Besoldungsgruppe A 15 bewerteten Dienstpostens im Landeskommando ...
Der 1960 geborene Antragsteller ist Berufssoldat im Dienstgrad eines Oberstleutnants der Besoldungsgruppe A 14. Derzeit wird er als Dezernatsleiter ... verwendet. Mit Schreiben vom 17. November 2017 bewarb sich der Antragsteller um eine Verwendung auf dem mit A 15 dotierten Dienstposten eines Dezernatsleiters ....
Am 25. April 2018 entschied der Unterabteilungsleiter ... des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr, den streitgegenständlichen Dienstposten mit dem Beigeladenen zu besetzen. Dies wurde dem Antragsteller in einer Stabsbesprechung am 17. Mai 2018 bekannt. Eine schriftliche Information erhielt er nicht.
Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 8. Juni 2018 legte der Antragsteller Beschwerde wegen der Nichtbescheidung seines Versetzungsantrages vom 17. November 2017 ein und beantragte eine ermessensfehlerfreie Entscheidung hinsichtlich der Besetzung des streitgegenständlichen Dienstpostens. Darüber ist bislang nicht entschieden.
Mit Schreiben vom 7. Juni 2018 hat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes beim Verwaltungsgericht ... beantragt, den streitgegenständlichen Dienstposten einstweilen nicht mit dem Beigeladenen zu besetzen. Mit Beschluss vom 26. Juni 2018 (Az. 23 L 1298/18) verwies das Verwaltungsgericht ... den Rechtsstreit an das Bundesverwaltungsgericht.
Zur Begründung des vor dem Senat fortgesetzten Verfahrens führt der Antragsteller insbesondere aus, dass eine Eilentscheidung geboten sei. Eine Versetzung des Beigeladenen auf den Dienstposten erschwere seine Position erheblich. Er sei für die Besetzung besonders gut geeignet und habe eine uneingeschränkte Förderperspektive für die Besoldungsgruppe A 15. Über seinen Antrag vom 17. November 2017 sei nicht entschieden worden, die Nachbesetzung sei bislang noch nicht verfügt. Eine Besetzung könne aber erst erfolgen, wenn über seine Bewerbung entschieden worden sei.
Der Antragsteller beantragt,
den Dienstposten der Bundeswehr ... Leiter ... nicht mit Herrn Oberstleutnant ... aus dem Landeskommando ... zu besetzen, bis über seine Bewerbung für diesen Dienstposten endgültig entschieden ist.
Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Es fehle an einem Anordnungsanspruch, da die Besetzungsentscheidung für den streitgegenständlichen Dienstposten bestandskräftig geworden und damit der Bewerberverfahrensanspruch des Antragstellers untergegangen sei. Die Beschwerdefrist gegen die Auswahlentscheidung sei am 18. Juni 2018 abgelaufen. Der Untätigkeitsbeschwerde vom 8. Juni 2018 sei nicht zu entnehmen, dass sie sich gegen die materielle Auswahlentscheidung richte. Auch im Rahmen der Auslegung sei dieses Schreiben nicht als Beschwerde gegen die Auswahl des Beigeladenen zu werten.
Die Auswahlentscheidung verletze den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Sie sei ausweislich der ordnungsgemäßen Dokumentation im Wege des Organisationsmodells "Aufsteiger" getroffen worden. Sowohl der Antragsteller als auch der Beigeladene hätten die Bedarfsträgeranforderungen für militärische Auswahl- und Verwendungsplanungsverfahren im Rahmen des Personalmanagements für die Besoldungsgruppe A 15 erfüllt. Dem Beigeladenen sei bei der Auswahl rechtskonform der Vorzug gegeben worden, weil er im Jahr 2017 mit dem Leistungswert 8,00 (höchster Wertungsbereich) und der Antragsteller im Jahr 2017 mit dem Leistungswert 7,20 (zweithöchster Wertungsbereich) beurteilt worden sei. Auch fehle es an einem Anordnungsgrund. Bei Soldaten gebe es keine Ämterstabilität.
Der Beigeladene ist zum 1. Oktober 2018 auf den streitgegenständlichen Dienstposten versetzt worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten Bezug genommen.
Der nunmehr sinngemäß auf eine vorläufige Wegversetzung des Beigeladenen gerichtete Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hat keinen Erfolg.
1. Für die begehrte einstweilige Anordnung fehlt es bereits an einem Anordnungsgrund (§ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO i.V.m. § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO). Denn die zwischenzeitliche Versetzung des Beigeladenen auf den streitgegenständlichen Dienstposten hat für den Antragsteller vorerst keine nachteiligen Folgen. Eine einmal getroffene militärische Verwendungsentscheidung verfestigt sich - auch nach einer der Dotierung des Dienstpostens entsprechenden Beförderung oder Planstelleneinweisung - nicht dahin, dass der durch sie begünstigte Soldat eine rechtlich gesicherte Position erwirbt, auf dem ihm zugewiesenen Dienstposten verbleiben zu können; der Beigeladene müsste es vielmehr hinnehmen, von dem Dienstposten wegversetzt zu werden, wenn der Antragsteller bei der Stellenbesetzung ihm gegenüber rechtswidrig übergangen worden wäre (stRspr; vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 25. April 2007 - 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 Rn. 39 m.w.N.).
Nach der Rechtsprechung des Senats kann sich in Konkurrentenstreitigkeiten um die Besetzung eines Dienstpostens ein Anordnungsgrund zwar ausnahmsweise daraus ergeben, dass ein rechtswidrig ausgewählter Bewerber auf dem Dienstposten einen Erfahrungsvorsprung erlangt, der im Fall des Obsiegens des Antragstellers in der Hauptsache bei einer erneuten Auswahlentscheidung zu berücksichtigen wäre. Ein insoweit beurteilungsrelevanter Erfahrungsvorsprung und damit ein Anordnungsgrund ist allerdings erst anzunehmen, wenn zwischen dem Dienstantritt des ausgewählten Bewerbers auf dem strittigen Dienstposten und der (noch zu treffenden) gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten liegt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 29. April 2010 - 1 WDS-VR 2.10 - Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 28 Rn. 20 f. und vom 19. Dezember 2011 - 1 WDS-VR 5.11 - BVerwGE 141, 271 Rn. 29 f.). Diese Voraussetzung liegt jedoch hier nicht vor, weil der Beigeladene die Aufgaben des strittigen Dienstpostens erst seit 1. Oktober 2018 wahrnimmt.
2. Der Antragsteller hat - soweit dies auf der Grundlage des wechselseitigen Vorbringens und der vorgelegten Akten beurteilt werden kann - voraussichtlich auch keinen Anordnungsanspruch (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Die Auswahlentscheidung des Unterabteilungsleiters ... des Bundesamts für das Personalmanagement vom 25. April 2018 erscheint bei summarischer Prüfung rechtmäßig.
a) Dabei kann dahinstehen, ob die Auswahlentscheidung - wie das Bundesministerium der Verteidigung ausführt - bereits einen Monat nach ihrer mündlichen Weitergabe in einer Stabsbesprechung zu Gunsten des Beigeladenen bestandskräftig geworden ist. Ist für eine truppendienstliche Maßnahme eine bestimmte Art der Bekanntgabe durch Gesetz, Rechtsverordnung oder Verwaltungsvorschrift vorgeschrieben oder wird sie in ständiger Verwaltungspraxis in einer bestimmten Form durchgeführt, dann kann der Soldat nach der Rechtsprechung des Senats auch bei einer vorhergehenden mündlichen Ankündigung oder informellen Information über die Maßnahme deren förmliche Bekanntgabe abwarten (BVerwG, Beschluss vom 1. März 2018 - 1 WB 27.17 - Rn. 18). Vieles spricht dafür, dass der Antragsteller hier eine schriftliche Entscheidung des Bundesamtes über seine Bewerbung auf den Dienstposten (bzw. über seinen Versetzungsantrag) oder zumindest eine mündliche Eröffnung und Erläuterung der Entscheidung in einem Personalgespräch erwarten durfte. Fehlt es an einer in diesen Fällen üblichen Bekanntgabe, stünde die mit der Untätigkeitsbeschwerde am 8. Juni 2018 erbetene ordnungsgemäße Bekanntgabe noch aus und die Frist des § 6 WBO wäre nicht abgelaufen. Eine danach formgerecht bekanntgegebene Entscheidung wäre in das noch offene Beschwerdeverfahren einzubeziehen (BVerwG, Beschluss vom 26. April 2018 - 1 WB 23.17 - juris Rn. 17), wobei der Antragsteller in diesem Verfahren ein Recht auf Akteneinsicht in die bislang nicht vorgelegten Auswahlunterlagen (Personalbogen etc.) geltend machen kann.
b) Der Antrag hat allerdings voraussichtlich deshalb keinen Erfolg, weil die Auswahlentscheidung des Unterabteilungsleiters ... des Bundesamts für das Personalmanagement vom 25. April 2018 nach vorläufiger und summarischer Prüfung dem Grundsatz der Bestenauslese entspricht. Zwar gibt Art. 33 Abs. 2 GG Bewerbern um ein öffentliches Amt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung - nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung - in die Bewerberauswahl. Diesen Bewerbungsverfahrensanspruch erstreckt § 3 Abs. 1 SG auf Verwendungsentscheidungen über höherwertige, die Beförderung in einen höheren Dienstgrad oder die Einweisung in die Planstelle einer höheren Besoldungsgruppe vorprägende Verwendungen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Januar 2014 - 1 WB 1.13 - Buchholz 449.2 § 6 SLV 2002 Nr. 6 Rn. 32).
Die Auswahlentscheidung ist aber nach gegenwärtigem Erkenntnisstand und ohne weitergehenden, substanziellen Vortrag, soweit Verletzungen der Dokumentationspflicht gerügt werden sollten, nicht zu beanstanden. Beide in die engere Wahl gezogenen Bewerber, der Antragsteller und der Beigeladene, erfüllen nach dem unwidersprochenen Vortrag des Bundesministeriums der Verteidigung die Kriterien des der Auswahlentscheidung zugrunde gelegten Anforderungsprofils des Dienstpostens (vgl. Schreiben vom 30. Juli 2018, S. 4). Werden - wie hier - mehrere Bewerber allen Anforderungskriterien gerecht, so haben - in der Regel durch dienstliche Beurteilungen ausgewiesene - Abstufungen der Qualifikation Bedeutung. Zur Ermittlung des Leistungsstands konkurrierender Bewerber ist dabei in erster Linie auf die zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung aktuellsten Beurteilungen abzustellen, weshalb der letzten dienstlichen Beurteilung regelmäßig eine ausschlaggebende Bedeutung zukommt (BVerwG, Beschluss vom 24. Mai 2011 - 1 WB 59.10 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 60 Rn. 31 m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben ist die Auswahlentscheidung nicht zu beanstanden. Ein Vergleich der Leistungsbewertungen (Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung) anhand der im Auswahlzeitpunkt aktuellsten dienstlichen Beurteilungen ergibt, dass der Beigeladene über ein deutlich besseres Leistungsbild verfügt als der Antragsteller. Der Beigeladene hat in seiner planmäßigen Beurteilung zum Vorlagetermin 30. September 2017 in der Bewertung der Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten einen Durchschnittswert von "8,00" erzielt, die Entwicklungsprognose des nächsthöheren Vorgesetzten lautet auf "deutlich oberhalb der allgemeinen Laufbahnperspektive". Die entsprechenden Bewertungen des Antragstellers in dessen planmäßigen Beurteilung zum Vorlagetermin 30. September 2017 sind "7,20" als Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung und "oberhalb der allgemeinen Laufbahnperspektive" in der Entwicklungsprognose. Der Beigeladene verfügt damit sowohl in der Leistungsbewertung als auch in der prognostischen Aussage über eine eindeutig bessere Beurteilung. Ihm durfte deshalb bereits aus diesem Grund der Vorzug eingeräumt werden, ohne dass es auf weitere Gesichtspunkte ankäme.
3. Der Beigeladene, der keinen eigenen Sachantrag gestellt hat, trägt die ihm entstandenen Aufwendungen selbst.