Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 06.07.2015


BVerwG 06.07.2015 - 1 WDS-VR 3/15

Dienstzeitverlängerung; Verweisung an das Verwaltungsgericht


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
1. Wehrdienstsenat
Entscheidungsdatum:
06.07.2015
Aktenzeichen:
1 WDS-VR 3/15
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2015:060715B1WDSVR3.15.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

Der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten ist unzulässig.

Der Rechtsstreit wird an das Verwaltungsgericht M. verwiesen.

Tatbestand

I

1

Der Antragsteller begehrt die Verlängerung seiner Dienstzeit bis zur Entscheidung über seinen Antrag auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes.

2

Der 1974 geborene Antragsteller ist Soldat auf Zeit. Seine Dienstzeit ist vom 3. Januar 2005 bis 2. Oktober 2013 festgesetzt; seit dem 3. Oktober 2013 bis voraussichtlich 30. September 2015 verbleibt er nach seinen Angaben als Soldat im Dienst. Der Antragsteller wurde zuletzt am 26. Februar 2010 zum Hauptbootsmann befördert. Derzeit wird er beim ... verwendet.

3

Mit Formularantrag vom 22. Januar 2015 beantragte der Antragsteller die Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes für das Auswahljahr 2015, die das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr mit Bescheid vom 23. Februar 2015 ablehnte. Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 23. März 2015 Beschwerde. Mit weiteren Schreiben vom 13. April 2015 und 13. Mai 2015 beantragte er die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, weil seine Beschwerde nicht innerhalb eines Monats beschieden worden sei. Nachdem das Bundesamt für das Personalmanagement die ablehnende Entscheidung vom 23. Februar 2015 unter dem 7. Mai 2015 aufgehoben und angekündigt hatte, über den Antrag auf Laufbahnzulassung neu zu entscheiden, erklärten die Beteiligten diesen Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt. Der Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom 1. Juli 2015 - 1 WB 19.15 - eingestellt.

4

Mit Schreiben vom 18. Juni 2015 hat der Antragsteller den hier gegenständlichen Antrag gestellt, das Bundesministerium der Verteidigung im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, seine Dienstzeit zu verlängern, bis sein Antrag auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes vom 22. Januar 2015 beschieden sei. Zur Begründung führte er insbesondere aus, dass sich andernfalls sein Antrag auf Laufbahnzulassung mit seinem Ausscheiden zum 30. September 2015 erledige. Zwar habe sich sein Dienstherr in einem gerichtlichen Vergleich verpflichtet, die Dienstzeit bis zum rechtskräftigen Abschluss eines parallelen, derzeit beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen anhängigen Klageverfahrens wegen Übernahme in das Verhältnis eines Berufssoldaten zu verlängern. Dieser Vergleich erstrecke sich jedoch nicht auf die beantragte Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes. Die Rechtsgrundlage für die Dienstzeitverlängerung sehe er in § 40 Abs. 2 SG.

5

Das Gericht hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass für den Antrag auf Dienstzeitverlängerung möglicherweise der Verwaltungsrechtsweg und nicht der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten eröffnet sei, und den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme zu einer Verweisung des Rechtsstreits an das zuständige Verwaltungsgericht gegeben. Sowohl der Antragsteller als auch das Bundesministerium der Verteidigung haben sich für eine Verweisung an das Verwaltungsgericht ausgesprochen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Akten des abgeschlossenen Verfahrens BVerwG
WB 19.15
haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

II

7

Für das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers ist der Rechtsweg nicht zu den Wehrdienstgerichten, sondern zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten eröffnet. Die Sache ist deshalb an das zuständige Verwaltungsgericht M. zu verweisen. Über die Verweisung entscheidet der Senat in der Besetzung ohne ehrenamtliche Richter (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. März 2009 - 1 WB 77.08 - Buchholz 449 § 82 SG Nr. 4 Rn. 26 m.w.N.).

8

Gemäß § 82 Abs. 1 SG ist für Klagen der Soldaten aus dem Wehrdienstverhältnis der Verwaltungsrechtsweg gegeben, soweit nicht ein anderer Rechtsweg gesetzlich vorgeschrieben ist. Dies ist gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO für die Fälle vorgesehen, in denen Gegenstand der Beschwerde des Soldaten eine Verletzung seiner Rechte oder eine Verletzung von Pflichten eines Vorgesetzten ihm gegenüber ist, die im Zweiten Unterabschnitt des Ersten Abschnitts des Soldatengesetzes mit Ausnahme der §§ 24, 25, 30 und 31 geregelt sind.

9

Die Begründung und Beendigung des Dienstverhältnisses eines Soldaten auf Zeit, einschließlich der vom Antragsteller begehrten Verlängerung der Berufungsdauer gemäß § 40 Abs. 2 SG, ist nicht im Zweiten Unterabschnitt des Ersten Abschnitts, sondern im Zweiten Abschnitt des Soldatengesetzes geregelt. Es handelt sich um eine Statusangelegenheit, für die es gemäß § 82 Abs. 1 SG bei der Zuständigkeit der (allgemeinen) Verwaltungsgerichte verbleibt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Mai 2003 - 1 WB 7.03 - m.w.N.; speziell zur Verlängerung der Dienstzeit: BVerwG, Beschluss vom 6. April 2005 - 1 WB 61.04 - BA S. 7 f.).

10

Die Zuständigkeit des Senats wird auch nicht dadurch begründet, dass die begehrte Dienstzeitverlängerung die Verwirklichung des - im Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten geltend zu machenden - Anspruchs auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes sichern soll. Die Verlängerung der Zeitdauer der Berufung überschreitet in ihren Rechtswirkungen bei weitem die Sicherung des geltend gemachten Laufbahnzulassungsanspruchs, weil sie ein umfassendes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis mit beiderseitigen Rechten und Pflichten begründet bzw. über sein vorgesehenes Ende hinaus fortsetzt. Eine solche Rechtsfolge ist nicht mehr von der Kompetenz umfasst, einstweilige Anordnungen in Bezug auf den laufbahnrechtlichen Streitgegenstand zu treffen (§ 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 123 Abs. 1 VwGO).

11

Da der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten nicht gegeben ist, ist das Verfahren nach Anhörung der Beteiligten (§ 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG) gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 18 Abs. 3 WBO an das zuständige Gericht des Verwaltungsrechtswegs zu verweisen. Sachlich und örtlich zuständig ist das Verwaltungsgericht, in dessen Bezirk der Antragsteller seinen dienstlichen Wohnsitz hat (§ 45 und § 52 Nr. 4 Satz 1 VwGO). Dienstlicher Wohnsitz eines Soldaten ist nach der - auch im Rahmen des § 52 Nr. 4 VwGO maßgeblichen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Mai 2012 - 1 WB 9.12 - BA Rn. 16 m.w.N.) - Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 2 BBesG sein Standort. Zuständig ist demnach das Verwaltungsgericht M. (§ 17 Nr. 7 des Gesetzes über die Justiz im Land Nordrhein-Westfalen vom 26. Januar 2010 (GV NRW S. 30).