Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 09.04.2014


BVerwG 09.04.2014 - 1 WDS-VR 23/13

Auswahlentscheidung; Grundsatz der Bestenauslese; gleichmäßige Anwendung von Auswahlkriterien; hinreichende Restdienstzeit bei Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens; Bewerbungsverfahrensanspruch


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
1. Wehrdienstsenat
Entscheidungsdatum:
09.04.2014
Aktenzeichen:
1 WDS-VR 23/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Auswahlkriterien, die den Kreis der Bewerber um einen höherwertigen Dienstposten begrenzen sollen, müssen gleichmäßig auf alle Bewerber angewendet werden. Wird ein Auswahlkriterium - hier: das Erfordernis einer hinreichenden Restdienstzeit - nicht gleichmäßig auf alle Bewerber, sondern einseitig zulasten eines bestimmten Bewerbers herangezogen, so verletzt dies dessen Bewerbungsverfahrensanspruch, auch wenn das Auswahlkriterium für sich genommen zulässig wäre.

Tenor

Der Bundesminister der Verteidigung wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, bis zu einer Entscheidung des Senats über den Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung gegen die Auswahlentscheidung des Präsidenten des ...amts ... vom 14. November 2013 (BVerwG 1 WB 55.13) die Versetzung des Beigeladenen auf den Dienstposten des Referatsleiters . im ...amt ... vorläufig rückgängig zu machen.

Die dem Antragsteller im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht einschließlich der im vorgerichtlichen Verfahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen werden dem Bund auferlegt.

Gründe

I

1

Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz in einem Konkurrentenstreit um die Besetzung des nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstpostens des Referatsleiters ... im ...amt ... in X.

2

Der im ... 1955 geborene Antragsteller ist seit 1982 Berufssoldat; seine Dienstzeit endet voraussichtlich mit Ablauf des 31. Juli 2014. Zuletzt wurde er am ... 1995 zum Oberstleutnant befördert und zum ... 2005 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 eingewiesen. Derzeit wird der Antragsteller als Referatsleiter im ... in Y verwendet.

3

Am 22. Februar 2012 entschied der damals zuständige Abteilungsleiter …angelegenheiten (…) im …, den nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstposten des Leiters … im …amt …  mit dem Beigeladenen zu besetzen. Gegen diese Entscheidung beantragte der Antragsteller am 30. April 2012 die gerichtliche Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht. Mit Verfügung vom 13. August 2012 hob der Abteilungsleiter .  die Auswahlentscheidung vom 22. Februar 2012 auf und erklärte, dass über die Besetzung des Dienstpostens in einem erneuten Verfahren entschieden werde.

4

Im Zuge der Strukturreform der Bundeswehr wurde zum 1. Dezember 2012 im neu errichteten ...amt ... als Nachfolgedienstposten des bisherigen Dienstpostens Leiter ... im ...amt der hier strittige Dienstposten des Referatsleiters ... mit einem im Wesentlichen gleichen Anforderungsprofil ausgeplant. Ebenfalls zum 1. Dezember 2012 wurde der Beigeladene - ohne Auswahlentscheidung und geführt auf einem Dienstposten z.b.V. - mit der Wahrnehmung der Aufgaben des Referatsleiters . betraut.

5

Gegen die Übertragung der Aufgabenwahrnehmung an den Beigeladenen erhob der Antragsteller unter dem 30. April 2013 Beschwerde, die der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - mit Bescheid vom 11. September 2013 zurückwies. Hiergegen beantragte der Antragsteller mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 9. Oktober 2013 die Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht. Der Bundesminister der Verteidigung legte den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 6. November 2013 dem Senat vor; das Verfahren ist unter dem Aktenzeichen BVerwG 1 WB 55.13 beim Senat anhängig.

6

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 25. Juli 2013 beantragte der Antragsteller ferner gemäß § 3 Abs. 2 WBO, die Übertragung der Aufgabenwahrnehmung an den Beigeladenen vorläufig rückgängig zu machen. Diesen Antrag lehnte der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - mit Entscheidung vom 28. August 2013 ab.

7

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 2. Oktober 2013 stellte der Antragsteller den hier gegenständlichen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gemäß § 123 VwGO. Der Antrag richtete sich zunächst darauf, den Bundesminister der Verteidigung zu verpflichten, die Übertragung der Wahrnehmung der Aufgaben des Dienstpostens des Referatsleiters … im …amt … vorläufig rückgängig zu machen.

8

Am 14. November 2013 entschied der inzwischen zuständige Präsident des …amts …, den Dienstposten des Referatsleiters … im …amt … mit dem Beigeladenen zu besetzen. Der Auswahlentscheidung des Präsidenten liegt eine von ihm gebilligte Entscheidungsvorlage der Abteilung … des …amts … zugrunde.

Der Vorlage beigefügt ist ein Planungsbogen für das Auswahlverfahren, der sich in eine Dienstpostenbeschreibung, eine mit einer Auswahlempfehlung schließende Kandidatenvorstellung sowie ein Protokoll mit der Auflistung der Stellungnahmen der beteiligten Stellen und der Entscheidung des Präsidenten gliedert. Außerdem liegen Personalbögen der drei betrachteten Kandidaten - der Antragsteller, der Beigeladene sowie Oberstleutnant C - bei.

9

Zu dem Antragsteller wird unter Nr. 2.3 des Planungsbogens unter anderem Folgendes ausgeführt:

"Nach dem Erlass des BMVg - PSZ I 1 vom 14.01.2008 .Wechsel in höherwertige Verwendungen' sind Änderungen der Verwendung eines Soldaten insbesondere dann, wenn hiermit die Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens einhergeht, nur sinnvoll, wenn der Soldat den neuen Dienstposten nach entsprechender Einarbeitung auch noch eine angemessene Zeit ausfüllen kann. Daher sollen Verwendungsentscheidungen, die mit der Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens verbunden sind, spätestens drei Jahre vor der Zurruhesetzung rechtswirksam werden. Dieser Zeitpunkt ist bei OTL A deutlich überschritten. Bei OTL A liegt auch kein atypischer Fall vor, der bei dieser Richtlinie, die als Sollvorschrift ausgestaltet ist, eine Ausnahme rechtfertigen würde. Aus diesem Grund wird OTL A für den in Rede stehenden Dienstposten nicht weiter betrachtet.

Im weiteren Verlauf werden daher nur noch OTL B und OTL C gegenübergestellt."

10

Zum Kandidatenvergleich zwischen dem Beigeladenen und dem dritten Bewerber Oberstleutnant C wird ausgeführt:

"Beide Kandidaten erfüllen, wenn auch in den Verwendungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten aufgebaut, grundsätzlich die Anforderungen an den Dienstposten. Keiner der Kandidaten kann sich fachlich im Bereich ... absetzen. Sie verfügen alle über eine reichhaltige Expertise und jahrelange Erfahrung. Auch in den anderen Bereichen ist eine Abgrenzung schwierig und nur über eine differenzierte Betrachtung der Teilaufgaben des künftigen RefLtr . möglich.

Über ausreichende allgemeine Führungserfahrung verfügen sowohl Oberstlt B als auch Oberstlt C. Beide haben eine Verwendung als BtlKdr und somit als selbständiger Dienststellenleiter durchlaufen.

In der Erstbesetzung des o.a. Dienstpostens während des Aufbaus des Referates im neu aufgestellten … kommt es dem Bedarfsträger neben der fachlichen Expertise im Bereich … besonders auf die Kombination mit umfangreicher Erfahrung im KB PersMgmt an. Oberstlt B und OTL C können eine breite Erfahrung im PersMgmt aus Verwendungen im ... und auf Ämterebene aufweisen.

In der aktuellen Beurteilung (2013, vorgezogen) ist Oberst-lt B in der erweiterten Spitzengruppe einzuordnen, während OTL C sich nur im Mittelfeld platzieren kann und deshalb im Vergleich zu OTL B deutlich abfällt.

2.4 - Auswahlempfehlung ...

Zusammenfassend mit seinem deutlich besseren Leistungsbild gegenüber OTL C setzt sich letztlich OTL B in der Gesamtbetrachtung durch und wird von der Personalführung zur Besetzung des Dienstpostens empfohlen."

11

Der Beigeladene wurde zum 1. Januar 2014 auf den strittigen Dienstposten versetzt und mit Wirkung vom 28. Januar 2014 zum Oberst befördert. Die Dienstzeit des im Juli 1955 geborenen Beigeladenen endet nach seiner Beförderung voraussichtlich mit Ablauf des ... 2016.

12

Mit Schreiben vom 6. Januar 2014 (im Hauptsacheverfahren BVerwG 1 WB 55.13) teilte der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - die zugunsten des Beigeladenen getroffene Auswahl und die endgültige Übertragung der Aufgaben an den Beigeladenen mit.

13

Der Antragsteller erhob daraufhin mit Schreiben vom 13. Januar 2014 Beschwerde gegen die Auswahlentscheidung vom 14. November 2013, die der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - mit Bescheid vom 28. Januar 2014 zurückwies.

14

Mit gerichtlicher Verfügung vom 20. Januar 2014 wurde den Beteiligten mitgeteilt, dass die anhängigen Verfahren in der Hauptsache (BVerwG 1 WB 55.13) und im vorläufigen Rechtsschutz (vorliegend BVerwG 1 WDS-VR 23.13) unter Einbeziehung der inzwischen getroffenen Auswahlentscheidung weitergeführt werden.

15

Hierauf bezogen trägt der Antragsteller zur Begründung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zuletzt insbesondere Folgendes vor:

Der Ablehnungsgrund der fehlenden dreijährigen Restdienstzeit sei nur vorgeschoben. Im Zeitpunkt der Übertragung der Aufgabenwahrnehmung auf den Beigeladenen habe er, der Antragsteller, unter Einrechnung der möglichen Beförderung zum Oberst noch über eine Restdienstzeit von deutlich mehr als drei Jahren verfügt. Er gehöre wie der Beigeladene dem Geburtsjahrgang 1955 an, so dass sich sein Dienstzeitende nur unwesentlich von dem des Beigeladenen unterscheide. Eine Auswahlentscheidung, die ihn, den Antragsteller, allein deshalb ausschließe, weil er nicht mehr über die erforderliche Restdienstzeit von drei Jahren verfüge, sei ermessens- und rechtsfehlerhaft. Insbesondere sei angesichts des Verfahrensablaufs unter dem Blickwinkel der Folgenbeseitigung eine Ausnahme geboten. Hätte der Dienstherr nicht zunächst eine rechtswidrige Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen getroffen und wäre zeitnah zu deren Aufhebung eine neue Besetzungsentscheidung erfolgt, so hätte er, der Antragsteller, ohne Weiteres eine dreijährige Restdienstzeit auf dem Dienstposten absolvieren können. Stattdessen sei das Auswahlverfahren verzögert durchgeführt worden. Das Verfahren sei trotz Einrichtung des Dienstpostens zum 1. Dezember 2012 erst im Juni 2013 eingeleitet worden, obwohl - wie aus der Auswahldokumentation ersichtlich - eine Besetzung zum 1. Januar 2013 gefordert gewesen sei. Im Rahmen des Auswahlverfahrens habe das …amt am 15. Februar 2013 für ihn und den Beigeladenen Sonderbeurteilungen angefordert, die zum 31. März 2013 vorliegen sollten. Seine, des Antragstellers, Beurteilung habe dem …amt am 17. April 2013 vorgelegen. Sie sei im Vergleich der drei Bewerber die eindeutig beste.

Beanstandet werde ferner, dass das Anforderungsprofil des Dienstpostens vor der erneuten Auswahlentscheidung vom 14. November 2013 geändert worden sei. Dies sei lediglich geschehen, um die erneute Auswahl des Beigeladenen zu ermöglichen. So sei im Anforderungsprofil nunmehr auf die Voraussetzung eines technischen Studiums im IT-Bereich sowie auf die Zuordnung des Dienstpostens zum Kompetenzbereich Führungsunterstützung verzichtet worden. Beides sei sachlich nicht gerechtfertigt. Der Dienstposten sei eindeutig technisch bzw. IT-geprägt. Insbesondere die im Auswahlverfahren hinzugefügten Aufgaben Nr. 5 bis 7 (bevollmächtigter Vertreter für das .   inklusive der Aufgaben im bundeswehrspezifischen Rüstungsverfahren ., Verantwortung für den IT-Haushalt, fachliche, also technische Führung der unterstellten IT-Verantwortlichen) erforderten Vorverwendungen und Ausbildungen als IT-Stabsoffizier und Rüstungs-Stabsoffizier über die nur er, der Antragsteller, nicht aber der Beigeladene verfüge. Er, der Antragsteller, habe für die Projekte im Organisationsbereich Personal den IT-Haushalt fünf Jahre lang verantwortet. Lege man das zutreffende ursprüngliche Anforderungsprofil des Dienstpostens zugrunde, scheide der Beigeladene aus und komme allein er, der Antragsteller, für die Auswahl in Betracht.

16

Der Antragsteller beantragt,

die Bundesrepublik Deutschland im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, bis zu einer Entscheidung des Senats über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Auswahlentscheidung vom 14. November 2013 über die Besetzung des Dienstpostens des Referatsleiters . im ..amt … die Versetzung des Beigeladenen auf diesen Dienstposten vorläufig rückgängig zu machen.

17

Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

18

Es bestehe kein Anordnungsanspruch. Der Bewerbungsverfahrensanspruch sei nicht verletzt, weil der Antragsteller unter Berücksichtigung seines Dienstzeitendes (auch als Oberst) keinen Anspruch auf Mitbetrachtung im Rahmen der Bestenauslese habe; er könne daher durch keine Auswahlentscheidung in seinen Rechten verletzt werden. Nach dem Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung vom 14. Januar 2008 über den Wechsel in höherwertige Verwendungen sollten Verwendungsentscheidungen, die mit der Übertragung eines höher bewerteten Dienstpostens verbunden seien, spätestens drei Jahre vor der Zurruhesetzung rechtswirksam werden. Bei einem Dienstzeitende als Oberst zum 31. Mai 2016 bedeute dies im Falle des Antragstellers, dass er den Dienst auf dem strittigen Dienstposten spätestens zum 1. Juni 2013 hätte antreten müssen. Dieser Zeitpunkt sei jedoch bei der Auswahlentscheidung bereits verstrichen gewesen. Auch ein atypischer Fall, der eine Ausnahme von der Sollvorschrift rechtfertigen würde, liege nicht vor.

Das Auswahlverfahren sei auch nicht bewusst zulasten des Antragstellers verzögert worden. Die Festlegung des Zeitpunkts der Auswahlentscheidung unterliege militärischen Zweckmäßigkeitserwägungen. Außerdem habe die Beurteilung des Antragstellers erst am 17. April 2013 vorgelegen; die Personalführung sei verpflichtet gewesen, deren Zustandekommen dienstaufsichtlich zu überprüfen, wofür eine Zeitspanne von einem Monat angemessen sei. Anschließend sei die Personalentscheidung vorbereitet und die Empfehlung des Abteilungsleiters ... am 29. Mai 2013 erstellt worden. Die Voten der zunächst zu beteiligenden Stellen seien sodann innerhalb einer Frist von weniger als einem Monat eingegangen. Bereits zu diesem Zeitpunkt sei der spätestmögliche Dienstantritt des Antragstellers am 1. Juni 2013 verstrichen gewesen. Anschließend hätten noch die militärische Gleichstellungsbeauftragte des ...amts und der Generalinspekteur der Bundeswehr votiert.

Da der Antragsteller wegen Zeitablaufs keinen Anspruch auf Mitbetrachtung gehabt habe, komme es auf die Änderung des Anforderungsprofils nicht an. Ungeachtet dessen sei die Änderung aus sachgerechten Gründen erfolgt. Das Anforderungsprofil könne geändert werden, wenn - wie hier - hinsichtlich der zukünftigen Aufgaben Änderungsbedarf gesehen werde. Im Unterschied zum früheren ...amt sei das ...amt ... für Soldaten und Beamte zuständig. Auch sei der streitige Dienstposten zur Besetzung mit einem Soldaten oder einem Beamten vorgesehen. Kriterien, die nur von einer bestimmten Statusgruppe erfüllt werden könnten, müssten deshalb entfallen; so könne ein Beamter z.B. nicht Bataillonskommandeur gewesen sein und werde im Gegensatz zu einem Soldaten auch nicht einem bestimmten militärischen Kompetenzbereich zugeordnet.

Es liege auch kein Anordnungsgrund vor. Ziel einer Sicherungsanordnung sei es, einen Erfahrungsvorsprung des ausgewählten Bewerbers zu verhindern. Der Beigeladene nehme die Aufgaben des Dienstpostens seit dem 1. Dezember 2012 vorläufig und seit dem 1. Januar 2014 endgültig wahr. Dem Antragsteller sei dies bereits seit dem 30. April 2013 bekannt gewesen. Sein erst mit Schreiben vom 25. Juli 2013 gestellter Antrag nach § 3 Abs. 2 WBO und erst recht sein Antrag gemäß § 123 VwGO seien demgemäß verspätet. Versäume ein Soldat, rechtzeitig einen Antrag auf Erlass einer Sicherungsanordnung zu stellen, bevor ein Erfahrungsvorsprung gewonnen werde, sei ihm das Abwarten einer Hauptsacheentscheidung immer zuzumuten. Ein Anordnungsgrund liege auch deshalb nicht vor, weil nicht die Gefahr bestehe, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Hier sei zu berücksichtigen, dass eine zukünftige Entscheidung über den streitigen Dienstposten im Falle des Unterliegens des Dienstherrn jedenfalls erst zu einem Zeitpunkt fallen würde, an dem der Antragsteller die Dreijahresfrist bereits deutlich unterschreite.

19

Der Beigeladene hatte Gelegenheit zur Äußerung.

20

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Unterlagen des Auswahlverfahrens, die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - R II 2 - Az.: .../13 -, die Akte des Hauptsacheverfahrens BVerwG 1 WB 55.13 und die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis D, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

21

Der Antrag hat Erfolg.

22

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist im Wehrbeschwerdeverfahren gemäß § 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 123 VwGO grundsätzlich statthaft. Sachlich zuständig ist das Bundesverwaltungsgericht als Gericht der - bereits anhängigen (BVerwG 1 WB 55.13) - Hauptsache (§ 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO, § 21 Abs. 1 Satz 1 WBO).

23

1. Für die begehrte einstweilige Anordnung ist ein Anordnungsgrund gegeben (§ 123 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

24

Zwar verfestigt sich eine einmal getroffene militärische Verwendungsentscheidung - auch nach einer der Bewertung des Dienstpostens entsprechenden Beförderung - nicht dahin, dass der durch sie begünstigte Soldat eine rechtlich gesicherte Position erwirbt, auf dem ihm zugewiesenen Dienstposten verbleiben zu können; der Beigeladene müsste es vielmehr hinnehmen, von dem Dienstposten wegversetzt zu werden, wenn der Antragsteller bei der Stellenbesetzung ihm gegenüber rechtswidrig übergangen worden wäre (vgl. z.B. Beschluss vom 25. April 2007 - BVerwG 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41 jeweils Rn. 39 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Senats und des für das Beamtenrecht zuständigen 2. Revisionssenats des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. - auch zum Folgenden - Beschlüsse vom 29. April 2010 - BVerwG 1 WDS-VR 2.10 - Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 28 Rn. 20 f. und vom 19. Dezember 2011 - BVerwG 1 WDS-VR 5.11 - BVerwGE 141, 271 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 63 jeweils Rn. 29 f. sowie Beschluss vom 27. September 2011 - BVerwG 2 VR 3.11 - juris Rn. 17) kann sich in Konkurrentenstreitigkeiten um die Besetzung eines Dienstpostens ein Anordnungsgrund jedoch daraus ergeben, dass ein rechtswidrig ausgewählter Bewerber auf dem Dienstposten einen Erfahrungsvorsprung erlangt, der im Fall des Obsiegens des Antragstellers in der Hauptsache bei einer erneuten Auswahlentscheidung zu berücksichtigen wäre; dabei geht es um den materiellen Erfahrungsvorsprung, der sich - unabhängig von bestimmten Beurteilungszeiträumen oder Beurteilungsstichtagen - in dem Leistungsbild des ausgewählten Bewerbers niederschlägt und den der rechtswidrig übergangene Bewerber nicht mehr ausgleichen kann. Ein insoweit beurteilungsrelevanter Erfahrungsvorsprung und damit ein Anordnungsgrund ist dann anzunehmen, wenn zwischen dem Dienstantritt des ausgewählten Bewerbers auf dem strittigen Dienstposten und der gerichtlichen Entscheidung in der Hauptsache ein Zeitraum von deutlich mehr als sechs Monaten liegt.

25

Der Beigeladene wurde zwar erst zum 1. Januar 2014 auf den strittigen Dienstposten versetzt. Ihm war jedoch zuvor bereits seit dem 1. Dezember 2012 mit Zustimmung der personalbearbeitenden Stelle die Wahrnehmung der Aufgaben dieses (höherwertigen) Dienstpostens übertragen worden. Da die Leistungen des Beigeladenen bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben in Beurteilungen angemessen zu berücksichtigen sind (Nr. 2.6 Satz 2 des Erlasses "Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten" vom 1. August 2011), kommt es für das Vorliegen eines Anordnungsgrunds unter dem Blickwinkel eines beurteilungsrelevanten Erfahrungsvorsprungs auf den gesamten Zeitraum seit dem 1. Dezember 2012 an. Die Spanne von sechs Monaten ist damit deutlich überschritten. Auch wenn der Beigeladene inzwischen einen erheblichen Erfahrungsvorsprung "angesammelt" hat, besteht ein Interesse des Antragstellers, dessen weiteres Anwachsen zu verhindern.

26

Entgegen der Auffassung des Bundesministers der Verteidigung entfällt der Anordnungsgrund nicht deshalb, weil der Antragsteller verspätet um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht habe. Im Hinblick auf die "Wartefrist" von sechs Monaten können der mit Schriftsatz vom 25. Juli 2013 gestellte Antrag nach § 3 Abs. 2 WBO und - nach dessen Ablehnung - der mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2013 gestellte Antrag nach § 123 VwGO keinesfalls als verspätet angesehen werden. Hinzu kommt, dass der Bundesminister der Verteidigung selbst wiederholt die Vorläufigkeit der Aufgabenübertragung an den Beigeladenen betont und auf die bevorstehende endgültige Auswahlentscheidung verwiesen hat; inwieweit in einer derartigen Konstellation der vorläufige Rechtsschutz in das Stadium der vertretungsweisen Aufgabenübertragung an einen der Bewerber vorverlagert werden kann, ist in der Rechtsprechung des Senats bisher noch nicht geklärt.

27

Der Anordnungsgrund entfällt schließlich auch nichts deshalb, weil der Antragsteller nach Auffassung des Bundesministers der Verteidigung selbst im Falle seines Obsiegens in der Hauptsache nicht mehr für höherwertige Verwendungen in Betracht käme. Die Bewerbungschancen des Antragstellers in einem ggf. erforderlichen neuen Auswahlverfahren können und müssen im vorliegenden Rahmen nicht abschließend beurteilt werden. Die in dem Erlass über Wechsel in höherwertige Verwendungen vom 14. Januar 2008 vorgesehene Frist von drei Jahren vor der Zurruhesetzung, die der Antragsteller dann nicht mehr erfüllen würde, stellt jedenfalls nur eine die Ermessensausübung leitende Sollvorschrift dar, die begründete Ausnahmen zulässt (siehe nachfolgend 2.c).

28

2. Dem Antragsteller steht auch ein Anordnungsanspruch zur Seite (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

29

Bei summarischer Prüfung bestehen durchgreifende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der zugunsten des Beigeladenen getroffenen Auswahlentscheidung vom 14. November 2013. Der Ausschluss des Antragstellers von der Betrachtung im weiteren Auswahlverfahren (Eignungs- und Leistungsvergleich der Bewerber) verletzt dessen Bewerbungsverfahrensanspruch.

30

a) Nach der Rechtsprechung zu beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG ein Bewerbungsverfahrensanspruch, der Bewerbern um ein öffentliches Amt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung - nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung - in die Bewerberauswahl gibt; die Bewerbung darf nur aus Gründen abgelehnt werden, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (vgl. Urteil vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 Rn. 18). § 3 Abs. 1 SG übernimmt die Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG in das Dienstverhältnis der Soldaten und erstreckt sie über Ernennungen hinaus auf Verwendungsentscheidungen. Der Senat hat deshalb einen dem Beamtenrecht entsprechenden Bewerbungsverfahrensanspruch auch für soldatenrechtliche Konkurrenzverhältnisse anerkannt (vgl. z.B. Beschluss vom 29. Januar 2013 - BVerwG 1 WB 60.11 - § 3 SG Nr. 65> = NVwZ 2013, 1227 Rn. 40 m.w.N.). Allerdings beschränkt sich die Geltung des Grundsatzes der Bestenauslese im Bereich der Verwendungsentscheidungen auf Entscheidungen über - wie hier - höherwertige, die Beförderung in einen höheren Dienstgrad oder die Einweisung in die Planstelle einer höheren Besoldungsgruppe vorprägende Verwendungen (vgl. klarstellend Beschluss vom 30. Januar 2014 - BVerwG 1 WB 1.13 - juris Rn. 32).

31

Aus Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt ferner die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrunde liegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen, um eine sachgerechte Kontrolle durch den unterlegenen Bewerber und ggf. durch das Gericht zu ermöglichen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - BVerfGK 11, 398 <402 f.> = NVwZ 2007, 1178 = ZBR 2008, 169). Dem folgend hat der Senat eine entsprechende Verpflichtung zur Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen auch für Entscheidungen angenommen, die ein Konkurrenzverhältnis um eine höherwertige militärische Verwendung betreffen (vgl. z.B. Beschlüsse vom 25. April 2007 - BVerwG 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 <335 f.> = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41 und vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 19.08 - BVerwGE 133, 13 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 50 jeweils Rn. 36). Zur Dokumentation verpflichtet ist dabei primär die Stelle, die für die zu treffende Auswahlentscheidung zuständig ist (vgl. Beschluss vom 23. Februar 2010 - BVerwG 1 WB 36.09 - Rn. 27 § 2 SLV 2002 Nr. 17 und NZWehrr 2011, 36>).

32

b) Die Dokumentationspflicht ist mit den vom Bundesminister der Verteidigung vorgelegten Auswahlunterlagen erfüllt.

33

Der für die Auswahlentscheidung zuständige und damit dokumentationspflichtige Präsident des ...amts ... hat sich unter dem 14. November 2013 mit der ihm mit Schreiben vom selben Tage übermittelten Empfehlung des Abteilungsleiters … zur Besetzung des Dienstpostens einverstanden erklärt und in der abschließenden Nr. 3.2 des Planungsbogens handschriftlich den Beigeladenen als den ausgewählten Kandidaten identifiziert (zu Zuständigkeit und Verfahren siehe Nr. 2.3.6 bis 2.3.8 der Richtlinie zur Auswahl von militärischem Personal für die Besetzung von Dienstposten der Besoldungsgruppen A 16 und B 3 sowie Dienstposten für Oberste der Reserve vom 7. Mai 2012). Mit der Einverständniserklärung und der Abzeichnung der Entscheidungsvorlage hat sich der Präsident des .amts zugleich deren Inhalt, insbesondere die in die Auswahlempfehlung mündende Kandidatenvorstellung (Nr. 2 des Planungsbogens), zu eigen gemacht und damit diejenigen Erwägungen fixiert, die der gerichtlichen Kontrolle zugrunde zu legen sind.

34

Danach wurde der Antragsteller in den eigentlichen Bewerbervergleich nach dem Grundsatz der Bestenauslese, der nur zwischen dem Beigeladenen und dem dritten Bewerber Oberstleutnant C vorgenommen wurde, nicht einbezogen. Maßgeblich für den Ausschluss war gemäß Nr. 2.3 des Planungsbogens die Regelung des Erlasses über den Wechsel in höherwertige Verwendungen vom 14. Januar 2008, wonach Verwendungsentscheidungen, die mit der Übertragung eines höherwertigen Dienstpostens verbunden sind, spätestens drei Jahre vor der Zurruhesetzung rechtswirksam werden sollen. Dieser Zeitpunkt sei bei dem Antragsteller deutlich überschritten; es liege auch kein atypischer Fall vor, der eine Ausnahme von der Sollvorschrift rechtfertige.

35

c) Der Ausschluss des Antragstellers von der weiteren Betrachtung im Auswahlverfahren, weil er im Falle seiner Versetzung auf den strittigen Dienstposten nicht über eine Restdienstzeit von mindestens drei Jahren verfügen würde, stellt eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) des Antragstellers gegenüber dem Beigeladenen dar.

36

aa) Allerdings bestehen nach der Rechtsprechung des Senats unter dem Blickwinkel des Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG keine grundsätzlichen rechtlichen Bedenken gegen die Regelung des Erlasses über den Wechsel in höher-wertige Verwendungen vom 14. Januar 2008 und die von ihr geleitete Praxis der Bundeswehr (vgl. - auch zum Folgenden - Beschluss vom 21. Oktober 2010 - BVerwG 1 WB 18.10 - BVerwGE 138, 70 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 59 jeweils Rn. 27 ff. m.w.N.).

37

Die Berücksichtigung einer hinreichenden Restdienstzeit bei Verwendungsentscheidungen, die mit der Übertragung eines höher bewerteten Dienstpostens verbunden sind, kann danach ein zulässiges Auswahlkriterium darstellen, wenn - wie hier - generell an die Restdienstzeit und nicht an das individuelle Lebensalter des Bewerbers angeknüpft wird. Sie bildet insoweit eine sachliche Erwägung für die Beschränkung des Kandidatenkreises, die das Leistungsprinzip nicht in Frage stellt. Die Anforderung einer hinreichenden Restdienstzeit rechtfertigt sich inhaltlich dabei vor allem aus dem Aspekt der erforderlichen Kontinuität und Effektivität der Aufgabenerfüllung auf dem höherwertigen Dienstposten. Darüber hinaus ist es eine personalpolitisch sachgerechte Erwägung, auf förderlichen Dienstposten nicht nur eine Förderung, sondern auch eine ruhegehaltfähige Beförderung des jeweiligen Soldaten zu erreichen. Nach § 18 Abs. 1 SVG beträgt die Frist für die Ruhegehaltfähigkeit der Dienstbezüge eines Soldaten aus dem letzten Dienstgrad vor dem Eintritt in den Ruhestand zwar nur zwei Jahre. Der Praxis einer geforderten "Vorlaufzeit" von einem Jahr vor der - ruhegehaltfähigen - Beförderung in den höheren Dienstgrad, der in der Besoldungshöhe dem förderlichen Dienstposten entspricht, liegt jedoch die sachgerechte und plausible Einschätzung zugrunde, dass dieser Zeitraum erforderlich ist, um die Einarbeitung des Förderungsbewerbers auf dem neuen Dienstposten vor seiner Beförderung zu gewährleisten, um auf die unterschiedliche Dauer der Beförderungsverfahren flexibel zu reagieren und um auch den Aspekt eines sachgemäßen, nicht zu kurzatmigen Verwendungsaufbaus für den im Rahmen von Versetzungsketten eingeplanten Nachfolger auf dem höherwertigen Dienstposten zu berücksichtigen.

38

bb) Wird das Kriterium einer hinreichenden Restdienstzeit als Mittel für die Eingrenzung des Bewerberkreises eingesetzt, so muss es allerdings gleichmäßig auf alle Bewerber angewendet werden. Das ist vorliegend nicht geschehen; vielmehr wurde der Erlass über den Wechsel in höherwertige Verwendungen vom 14. Januar 2008 einseitig nur zulasten des Antragstellers herangezogen.

39

Der Antragsteller und der Beigeladene weisen - wie auch aus den der Entscheidungsvorlage beigefügten Personalbögen ersichtlich ist - ein nur rund vier Monate auseinander liegendes Geburtsdatum (Antragsteller: März 1955, Beigeladener: Juli 1955) und damit ein um nur vier Monate differierendes Dienstzeitende in dem zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung innegehabten Dienstgrad Oberstleutnant (Antragsteller: 31. Juli 2014, Beigeladener: 30. November 2014) auf (§ 96 Abs. 2 Nr. 3, Tabelle nach Buchst. b Satz 1 SG). Im Dienstgrad Oberst würde die Dienstzeit für den Antragsteller wohl am 30. April 2016 (nach Darstellung des Bundesministers der Verteidigung: am 31. Mai 2016) enden; für den inzwischen zum Oberst beförderten Beigeladenen endet sie am 31. August 2016 (§ 96 Abs. 2 Nr. 2, Tabelle nach Buchst. b Satz 2 Doppelbuchst. bb SG).

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Im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung am 14. November 2013 betrug damit die Restdienstzeit des Antragstellers - bezogen auf den Dienstgrad Oberstleutnant ebenso wie auf den angestrebten Dienstgrad Oberst - weniger als drei Jahre. Dasselbe galt jedoch auch für den Beigeladenen; auch dieser verfügte im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung über keine Restdienstzeit von mindestens drei Jahren, und zwar sowohl bezogen auf seinen damaligen Dienstgrad Oberstleutnant als auch bezogen auf den angestrebten und inzwischen erreichten Dienstgrad Oberst. Nur dem Antragsteller wurde jedoch die fehlende hinreichende Restdienstzeit entgegengehalten und eine Ausnahme apodiktisch abgelehnt. Für den Beigeladenen findet sich hingegen in den Auswahlunterlagen kein Hinweis auf die auch ihm fehlende hinreichende Restdienstzeit. Es wird auch nicht erklärt, dass bei dem Beigeladenen auf eine hinreichende Restdienstzeit verzichtet wurde, und auch kein Grund genannt, der diesen Verzicht im Falle des Beigeladenen - anders als im Falle des Antragstellers - rechtfertigen soll.

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Aus der allein maßgeblichen Auswahldokumentation ist damit kein sachlicher Grund ersichtlich, der die ungleiche Behandlung des Antragstellers und des Beigeladenen rechtfertigt.

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cc) Der Ausschluss des Antragstellers von der weiteren Betrachtung erweist sich auch nicht deshalb als im Ergebnis rechtmäßig, weil eine Gleichbehandlung nur in der Weise möglich gewesen wäre, dass sowohl der Antragsteller als auch der Beigeladene auszuschließen gewesen wären.

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Das Erfordernis einer dreijährigen Restdienstzeit ist als Sollvorschrift ausgestaltet, die begründete Ausnahmen zulässt. Gründe, die vorliegend für die Annahme eines besonders gelagerten Falls und für die Zulassung einer Ausnahme sprechen, wie insbesondere die laufenden organisatorischen Änderungen im Zuge der Bundeswehrstrukturreform und die daraus resultierende ungewöhnlich lange Dauer des Auswahlverfahrens, treffen auf den Antragsteller in gleicher Weise zu wie auf den Beigeladenen. Ebenso konnte - ungeachtet einer Restdienstzeit von weniger als drei Jahren - nicht nur der Beigeladene pensionswirksam, d.h. mehr als zwei Jahre vor Eintritt in den Ruhestand, zum Oberst befördert werden; das Gleiche wäre nach den Angaben des Bundesministers der Verteidigung (Schreiben vom 19. März 2014, unter I.) vielmehr auch für den Antragsteller, wenn er für den strittigen Dienstposten ausgewählt worden wäre, möglich gewesen. Im Ergebnis wäre deshalb auch in Betracht gekommen, sowohl den Antragsteller als auch den Beigeladenen in den Eignungs- und Leistungsvergleich einzubeziehen.

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d) Insgesamt stellt sich damit der Verzicht auf das Erfordernis einer mindestens dreijährigen Restdienstzeit auf Seiten des Beigeladenen und der gleichzeitige Ausschluss des Antragstellers gerade wegen des Fehlens einer solchen Restdienstzeit als sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) dar. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers ist verletzt, weil seine Bewerbung aus Gründen abgelehnt wurde, die zwar für sich genommen legitim wären (siehe oben II.2.c aa), in ihrer gleichheitswidrigen Anwendung jedoch nicht durch Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 GG gedeckt sind.

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Der ungerechtfertigte Ausschluss des Antragstellers verfälscht den Eignungs- und Leistungsvergleich der Kandidaten und führt damit zur Rechtswidrigkeit der Auswahlentscheidung vom 14. November 2013. Die Bewerbung des Antragstellers hätte, wenn sie in die weitere Betrachtung einbezogen worden wäre, in der engeren Wahl für die Besetzung des strittigen Dienstpostens gestanden. Im Vergleich der im Auswahlzeitpunkt aktuellsten Beurteilungen weist der Antragsteller in seiner Sonderbeurteilung vom 15. April 2013 bei der Bewertung der Aufgabenerfüllung mit "7,29" einen deutlich besseren Durchschnittswert auf als der Beigeladene mit "6,89" in seiner vorgezogenen planmäßigen Beurteilung vom 13. März 2013. Sowohl der Antragsteller als auch der Beigeladene erhielten durch ihre beurteilenden Vorgesetzten einen Verwendungsvorschlag (Folgeverwendung) auf den hier strittigen Dienstposten; die nächsthöheren Vorgesetzten beurteilten die Entwicklungsprognose jeweils mit "deutlich oberhalb der allgemeinen Laufbahnperspektive".

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e) Da der Antrag bereits wegen des rechtswidrigen Ausschlusses des Antragstellers Erfolg hat, kommt es auf die weiteren, ggf. im Hauptsacheverfahren zu klärenden Streitpunkte, wie insbesondere die vom Antragsteller beanstandete Veränderung des Anforderungsprofils, nicht an.

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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 WBO. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.