Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 25.09.2014


BVerwG 25.09.2014 - 1 WB 7/14

Bestimmtheit eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung; förderliche Verwendung; Versetzung; Ausschreibungspflicht


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
1. Wehrdienstsenat
Entscheidungsdatum:
25.09.2014
Aktenzeichen:
1 WB 7/14
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2014:250914B1WB7.14.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Der nicht weiter konkretisierte Antrag auf eine förderliche Verwendung durch Versetzung auf einen von der personalbearbeitenden Stelle zu bestimmenden höherwertigen (höher dotierten) Dienstposten genügt nicht den Anforderungen an die Bestimmtheit eines Antrags im gerichtlichen Wehrbeschwerdeverfahren.

Tatbestand

1

Der Antragsteller begehrt seine förderliche Verwendung auf einem nach Besoldungsgruppe A 15 dotierten Dienstposten.

2

Der 19.. geborene Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit endet voraussichtlich mit Ablauf des 31. Juli 20... Am 22. September 19.. wurde er zum Oberstleutnant befördert und mit Wirkung vom 1. September 19.. in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 14 eingewiesen. Derzeit wird der Antragsteller auf einem nach Besoldungsgruppe A 14 dotierten Dienstposten als Leiter des Bereichs ... in I. verwendet.

3

Mit Schreiben an das Personalamt der Bundeswehr vom 25. Januar 2013 beantragte der Antragsteller seine weitere Förderung auf einen nach Besoldungsgruppe A 15 dotierten Dienstposten. Er erfülle seit mehreren Jahren alle Bedarfsträgerforderungen (u.a. Einsatzerfahrung, SLP Englisch, Führungsverwendungen, aktuell Disziplinarstufe 2). Seit 1991 habe er in allen dienstlichen Beurteilungen durchgängig Verwendungsvorschläge auf die Ebene A 15 erhalten.

4

Mit Bescheid vom 12. Februar 2013 lehnte das Personalamt der Bundeswehr den Antrag ab. Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass dem Antragsteller in der Perspektivkonferenz I 2008 die individuelle Förderperspektive A 14 zuerkannt worden sei. Seitdem sei er im Rahmen der Perspektivkonferenzen turnusgemäß alle zwei Jahre betrachtet worden, habe sich bislang jedoch für eine Zuerkennung der individuellen Förderperspektive A 15 im Leistungsvergleich und gemessen am jeweils aktuellen strukturellen Beratungsbedarf nicht durchsetzen können. Eine letztmalige Betrachtung für eine Förderung oberhalb der Laufbahnperspektive, die spätestens fünf Jahre vor der Zurruhesetzung stattfinde, habe für den Antragsteller im Jahre 2012 stattgefunden, wobei die bisherige individuelle Förderperspektive bestätigt worden sei. Eine späte Förderung auf einen Dienstposten der Dotierung A 15 sei unter Beachtung von Nr. 113 Buchst. a ZDv 20/7 für den Antragsteller nicht mehr realistisch.

5

Mit Schreiben vom 26. Februar 2013 erhob der Antragsteller hiergegen Beschwerde. Zur Begründung führte er mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 4. Juni 2013 unter anderem aus, dass er nach seinen planmäßigen Beurteilungen zum 30. September 2007, 30. September 2009 und 30. September 2011 auf eine A 15-Stelle gefördert werden solle. Dementsprechend sei er für die Perspektivkonferenz von seinem Dezernat für eine A 15-Förderung vorgeschlagen worden. In den Perspektivkonferenzen sei er nicht nach den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 SG betrachtet worden. Deren Ergebnisse seien zudem nicht hinreichend dokumentiert und verstießen gegen das Urteil vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 2 C 11.11 -, wonach das Aufrufen einzelner Geburtsjahrgänge kein leistungsbezogenes Auswahlkriterium darstelle.

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Mit Bescheid vom 16. Juli 2013 wies das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - die Beschwerde als unzulässig zurück. Soweit sich die Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung einer Förderperspektive A 15 im Rahmen einer Perspektivkonferenz richte, fehle es an einer Beschwer; die Mitteilung einer Förderperspektive habe keinen Maßnahmecharakter und stelle keine unmittelbare Beeinträchtigung der Rechte des Antragstellers dar. Soweit sich die Beschwerde auf die Versetzung auf einen nach Besoldungsgruppe A 15 dotierten Dienstposten beziehe, fehle es an der Bestimmtheit. Ein derartiger Versetzungsantrag müsse den begehrten Dienstposten zumindest der Funktion und der örtlichen Lage nach bestimmen. Je mehr Dienstposten mit unterschiedlichen Funktionen in der jeweiligen Dotierungshöhe vorhanden seien, desto strengere Anforderungen seien an die Bestimmtheit des Antrags zu stellen. Dem Antrag und der Beschwerde sei lediglich die Dotierungshöhe zu entnehmen. Dienstposten in dieser Dotierungshöhe seien in der Truppengattung und dem Kompetenzbereich des Antragstellers jedoch an einer Vielzahl von Standorten in unterschiedlichen Dienststellen und in großer Zahl vorhanden.

7

Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 9. August 2013 beantragte der Antragsteller hiergegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - legte den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 28. Januar 2014 dem Senat vor.

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Zur Begründung führt der Antragsteller ergänzend insbesondere aus:

Sein Antrag sei hinreichend bestimmt. Unklarheiten in der Antragstellung seien kein Grund zur Ablehnung. Es sei dem Dienstherrn möglich und zumutbar, diese zu beseitigen und im Rahmen seiner Fürsorgepflicht zu bestimmen, auf welchen Dienstposten eine förderliche Verwendung in Betracht komme. Die Aufforderung an ihn, den Antragsteller, einen konkreten Dienstposten zu benennen, sei nicht nur überzogen, sondern im derzeitigen System überhaupt nicht vorgesehen. Aufgrund mangelnder Transparenz bei Besetzungsverfahren für höherwertige Dienstposten bleibe nur die Möglichkeit, einen Antrag auf Verwendung auf einem höherwertigen Dienstposten schlechthin zu stellen. Derzeit erfahre ein Interessent weder, welche Dienstposten zur Nachbesetzung anstünden, noch erfahre er die dafür maßgeblichen Entscheidungsgrundlagen oder werde er in irgendeiner Art und Weise zur Bewerbung aufgefordert. Eine Ausschreibung von Dienstposten wie etwa bei Beamten sei in der gegenwärtigen Besetzungspraxis des Antragsgegners nicht existent.

In der Sache habe er nach § 3 Abs. 1 SG Anspruch auf förderliche Verwendung auf einem nach Besoldungsgruppe A 15 dotierten Dienstposten. Weil die Ergebnisse der Perspektivkonferenzen nicht unmittelbar angreifbar seien, müsse deren Rechtmäßigkeit im Rahmen des vorliegenden Verfahrens überprüft werden. Aus seinen planmäßigen dienstlichen Beurteilungen ergebe sich, dass er die Voraussetzungen für eine Förderung in die A 15-Ebene erfülle. Nach den Beurteilungen von 2007, 2009 und 2011 sowie dem Beurteilungsbeitrag des Kommandeurs des Deutschen Einsatzkontingents UNIFIL vom 19. Juli 2009 verdiene er eine Förderung in die A 15-Ebene. So könne ihn sich der Beurteiler in der Beurteilung vom 17. November 2009 gut als Studienfachbereichsleiter an einer Bundeswehruniversität vorstellen. Auch von seinen höheren Vorgesetzten werde er als ein leistungsstarker Stabsoffizier eingestuft, der die Eignung für eine herausgehobene Verwendung/Förderung bereits mehrfach unter Beweis gestellt habe. Gerade deshalb werde auch in der Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten mit besonderem Nachdruck eine Förderung in die A 15-Ebene unterstrichen. All dies sei in den Perspektivkonferenzen, beginnend mit dem Jahre 2008, nicht zutreffend gewürdigt worden. Die Entscheidungen dieser Konferenzen seien zudem nicht hinreichend dokumentiert; der Antragsgegner sei aufzufordern, dem Gericht überprüfbare Unterlagen über die Perspektivkonferenzen seit dem Jahre 2008 vorzulegen.

9

Der Antragsteller beantragt,

den Antragsgegner unter Aufhebung des Bescheids des Personalamts der Bundeswehr vom 12. Februar 2013 in der Gestalt des Beschwerdebescheids des Bundesministeriums der Verteidigung vom 16. Juli 2013 zu verpflichten, ihn, den Antragsteller, auf einem vom Antragsgegner zu bestimmenden, nach Besoldungsgruppe A 15 dotierten Dienstposten förderlich zu verwenden,

hilfsweise,

den Antragsgegner unter Aufhebung der genannten Bescheide zu verpflichten, den Antrag vom 25. Januar 2013 auf förderliche Verwendung auf einem nach Besoldungsgruppe A 15 dotierten Dienstposten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

10

Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

11

Der Antrag sei aus den im Beschwerdebescheid dargelegten Gründen unzulässig. Er enthalte nicht den erforderlichen Mindestinhalt, um der personalbearbeitenden Stelle eine sachgerechte Bearbeitung und Prüfung zu ermöglichen; die personalbearbeitende Stelle könne deshalb auch ihrer Sachverhaltsermittlungspflicht nicht in ausreichendem Maße nachkommen. Dem Antragsteller sei als erfahrenem Stabsoffizier mit einer fast 35-jährigen Dienstzeit zumutbar, einen Dienstposten zu identifizieren, auf den er versetzt werden wolle. Dass er dazu in der Lage sei, zeigten auch die von ihm betriebenen Parallelverfahren.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung - R II 2 - Az.: 879/13, die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis D, und die Gerichtsakten (samt Beiakten) der Parallelverfahren des Antragstellers BVerwG 1 WB 14.14 und BVerwG 1 WB 33.14 haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

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Der Antrag ist mangels hinreichender Bestimmtheit insgesamt unzulässig.

14

Die gerichtliche Kontrolle der Frage, ob der Bundesminister der Verteidigung oder die personalbearbeitende Dienststelle bei der Ablehnung eines Versetzungsantrags rechtmäßig gehandelt hat, ist, da Versetzungen dienstpostenbezogen erfolgen, nur möglich, wenn der Soldat einen bestimmten Dienstposten bezeichnet. Nur bei einer Konkretisierung des angestrebten Dienstpostens kann das Wehrdienstgericht etwa die Eignung des Antragstellers für den Dienstposten, das jeweils in Betracht kommende dienstliche Bedürfnis oder die in Frage stehenden dienstlichen Belange überprüfen. Auch die Beurteilung einer eventuellen Konkurrenzsituation anhand des Prinzips der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 SG) kann nur bezogen auf einen bestimmten Dienstposten erfolgen.

15

Der Senat verlangt deshalb bei streitigen Versetzungsanträgen in ständiger Rechtsprechung, dass der Antragsteller spätestens im Beschwerdeverfahren oder - wenn nach § 21 Abs. 1 Satz 1 WBO unmittelbar die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt werden kann - spätestens in diesem Antrag konkrete Dienstposten bezeichnen muss (vgl. Beschlüsse vom 29. April 2008 - BVerwG 1 WB 42.07 - Rn. 18, vom 13. Dezember 2011 - BVerwG 1 WB 43.11 - juris Rn. 18, vom 24. Januar 2012 - BVerwG 1 WB 32.11 und 1 WB 33.11 - juris Rn. 18 sowie vom 27. Mai 2014 - BVerwG 1 WB 41.13 - juris Rn. 29; Beispiel für einen hinreichend bestimmten Antrag: Beschluss vom 19. Juni 2014 - BVerwG 1 WB 52.13 - juris Rn. 9 und 20). Sofern der Antragsteller über keine ausreichenden eigenen Kenntnisse von in Betracht kommenden Dienstposten verfügt, kann und muss er sich die entsprechenden Informationen gegebenenfalls in einem Personalgespräch (im Sinne der „Richtlinien für Gespräche in Personalangelegenheiten“ vom 1. Juli 2003) verschaffen, in dem er zugleich die praktischen Möglichkeiten einer Versetzung abklären kann, bevor er den Beschwerdeweg beschreitet.

16

Der Antragsteller hat im gesamten Verfahren nur allgemein seine förderliche Verwendung auf einem höherwertigen, d.h. nach Besoldungsgruppe A 15 dotierten Dienstposten verlangt und - abgesehen von der Dotierungshöhe des Dienstpostens - keine Konkretisierung vorgenommen. Er hat, soweit es das vorliegende Verfahren betrifft, auch keine ersichtlichen Bemühungen zu einer weitergehenden Klärung in einem Personalgespräch unternommen. Sein Antrag genügt damit nicht den geschilderten Anforderungen an die Bestimmtheit.

17

Der Antragsteller kann sich auch nicht darauf berufen, dass es Sache des Dienstherrn gewesen wäre, ihm gleichsam im Sinne einer Bringschuld geeignete förderliche Dienstposten zu benennen. Eine solche pauschale Verpflichtung ergibt sich nicht aus Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG. Diese Bestimmungen lassen das Verfahren, mittels dessen der materielle Grundsatz der Bestenauslese umgesetzt wird, offen (vgl. hierzu und zum Folgenden Beschlüsse vom 22. April 1992 - BVerwG 1 WB 134.91 - juris Rn. 3 ff. = PersV 1992, 453 f. und vom 23. April 1992 - BVerwG 1 WB 132.91- juris Rn. 3 ff. = NZWehrr 1992, 256 <257>). Das Soldatenrecht enthält weder allgemein noch hinsichtlich höherwertiger Dienstposten eine Ausschreibungspflicht; die Normen des Beamtenrechts, die Ausschreibungen vorsehen (§ 8 BBG, § 4 BLV), gelten nicht für Soldaten. Das für Soldaten praktizierte Verfahren einer durch die personalbearbeitenden Stellen von Amts wegen durchgeführten Bestenauslese ist als solches rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit der Antragsteller in diesem Rahmen anmahnt, dass ihn der Dienstherr aufgrund seiner Fürsorgepflicht mit Informationen über konkrete förderliche Dienstposten zu versorgen habe, ist er - neben seinem eigenen Erfahrungswissen oder den in seinen dienstlichen Beurteilungen gegebenen Verwendungshinweisen - wiederum auf die bereits genannte Möglichkeit des Personalgesprächs zu verweisen, wo er mit seinem Personalführer - insbesondere auch vorausschauend - die Verwendungschancen auf freien oder frei werdenden Dienstposten erörtern kann. Dem Senat ist aus zahlreichen anderen, namentlich Konkurrentenstreitverfahren bekannt, dass Bewerber, die sich um konkrete förderliche Dienstposten beworben oder eine entsprechende Versetzung beantragt haben, in der Auswahl für die Besetzung dieses Dienstpostens unabhängig davon mitbetrachtet werden, ob sie auch von Amts wegen, insbesondere nach der ihnen zuerkannten Förderperspektive, zum engeren Kandidatenkreis gezählt hätten. Im Falle der Ablehnung einer solchen Bewerbung bzw. eines solchen Antrags kann die Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung, die sich - wenn mehrere Bewerber grundsätzlich für den Dienstposten geeignet sind - wesentlich nach den Bewertungen in den aktuellen dienstlichen Beurteilungen bemisst, im Beschwerdeweg zur Nachprüfung gestellt werden.

18

Da der Antrag auf gerichtliche Entscheidung bereits unzulässig ist, ist den Beweisanregungen des Antragstellers, insbesondere zur Vorlage von Unterlagen aus den Perspektivkonferenzen, nicht nachzugehen.