Entscheidungsdatum: 21.07.2010
Für Streitigkeiten über die Zuerkennung eines soldatenrechtlichen Personalbegriffs ist der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten eröffnet.
Der Antragsteller, ein Berufssoldat, wendet sich gegen die Ablehnung seines Antrags, ihm den Personalbegriff mit der Ausbildungs- und Tätigkeitsbezeichnung (ATB) "Stabsdienstbearbeiter Streitkräfte" und der Ausbildungs- und Tätigkeitsnummer (ATN) 1010963 zuzuerkennen. Er stützt seinen Antrag auf eine Weisung des Streitkräfteamtes, mit der die Überleitung bestimmter anderer Personalbegriffe auf diesen im September 2006 in Kraft gesetzten neuen Personalbegriff geregelt worden war.
Das Bundesverwaltungsgericht hat dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung stattgegeben und den Bundesminister der Verteidigung zur Neubescheidung des Antrags verpflichtet.
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Abweichend von der generellen Rechtswegzuweisung an die allgemeinen Verwaltungsgerichte in § 82 Abs. 1 SG haben die Wehrdienstgerichte nach Maßgabe des § 17 Abs. 1 (i.V.m. Abs. 3) WBO über Entscheidungen oder Maßnahmen (bzw. deren Unterlassung) zu urteilen, die auf dem Verhältnis der militärischen Über- und Unterordnung beruhen, d.h. in truppendienstlichen Angelegenheiten (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 6. April 2005 - BVerwG 1 WB 61.04 -
Hiernach sind die allgemeinen Verwaltungsgerichte insbesondere für die in § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO ausgenommenen vier Regelungsbereiche, ferner für Streitigkeiten zwischen Soldaten und dem Dienstherrn aus Materien sachlich zuständig, die im Zweiten Abschnitt des Soldatengesetzes geregelt sind (sog. Statussachen, stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 15. Juli 2008 a.a.O.). Demgegenüber gehören Streitigkeiten, die im militärischen Über- und Unterordnungsverhältnis die truppendienstliche Verwendung eines Soldaten betreffen, in die sachliche Zuständigkeit der Wehrdienstgerichte (Beschlüsse vom 15. Juli 2008 a.a.O. und vom 27. Januar 2010 - BVerwG 1 WB 38.09 -
Truppendienstliche Verwendungsentscheidungen sind solche Maßnahmen oder Entscheidungen, die sich auf die Gestaltung des militärischen Dienstbetriebs beziehen und durch die der zuständige militärische Vorgesetzte oder die zuständige Dienststelle der Bundeswehr festlegt, wann, wo und wie - d.h. zu welchen Zeiten, an welchem Ort, mit welchem Inhalt und unter welchen fachlichen und/oder persönlichen Voraussetzungen - der Soldat seinen Dienst zu verrichten hat (Beschluss vom 27. Januar 2010 - BVerwG 1 WB 38.09 - Rn. 20 m.w.N.). Die Entscheidung darüber, ob einem Soldaten ein Personalbegriff mit einer bestimmten ATB und ATN zuzuerkennen ist oder nicht, betrifft ebenfalls dessen Verwendung. Das ergibt sich aus dem Erlass "Hinweise und Begriffsbestimmungen zur Ausbildungs- und Tätigkeitsnummer" vom 2. März 2001 (BMVg Fü S IV 1 - Az. 10-01-01 - VMBl 2001 S. 114), mit dem der Bundesminister der Verteidigung das ihm in § 3 SG eingeräumte Verwendungsermessen im Hinblick auf Inhalt, Bedeutung und Voraussetzungen der Ausbildungs- und Tätigkeitsnummern gebunden hat. Der Personalbegriff ist das zentrale personalorganisatorische Ordnungsmittel, das den Informationsverbund der Bereiche Personal, Organisation und Ausbildung gewährleistet; er wird durch eine sieben- oder achtstellige Identifizierungsnummer (ATN) eindeutig gekennzeichnet (Nr. 1.1 und Nr. 1.2 des Erlasses). Nach Nr. 5.1 des Erlasses ist die Zuerkennung eines Personalbegriffs die förmliche Bestätigung, dass eine Befähigung für die Ausübung der entsprechenden Fachtätigkeit bzw. Wahrnehmung der Aufgaben aus der Dienststellung gegeben ist. Im Bereich Personal werden die Personalbegriffe u.a. zur bedarfsorientierten Verwendungsplanung, zur Planung und als Entscheidungshilfe für eine anforderungsgerechte Dienstpostenbesetzung und zur Planung verwendungsbezogener Ausbildung verwendet (Nr. 4.2 des Erlasses). Ergänzend ergibt sich aus Nr. 4.1 des Erlasses, dass im Bereich Organisation der einem Dienstposten zugeordnete Personalbegriff (die Dienstposten-ATN bzw. die Dienstposten-ATB) festlegt, für welche Fachtätigkeit/Dienststellung der Dienstposteninhaber befähigt sein muss; danach müssen vielfach die auf dem Dienstposten zu erfüllenden Aufgaben durch mehrere Personalbegriffe beschrieben werden, wobei durch die erste ATN/ATB der Schwerpunkt der auf den Dienstposten auszuübenden Tätigkeit abgebildet wird.
Diese Bestimmungen des Erlasses dokumentieren die unmittelbare inhaltliche Verknüpfung der Zuerkennung eines Personalbegriffes mit Verwendungsplanungen und Verwendungsentscheidungen für den einzelnen Soldaten. Daher gehören Streitigkeiten um die Zuerkennung einer ATB/ATN in die sachliche Zuständigkeit der Wehrdienstgerichte.
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