Entscheidungsdatum: 30.04.2013
1. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass Tätigkeiten, die in den jeweiligen Organisationsgrundlagen (Stärke- und Ausrüstungsnachweisungen oder Organisations- und Stellenpläne) als ständige Vertretungstätigkeit bezeichnet sind, nicht dem Melde- und Zustimmungsverfahren des Erlasses "Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten" vom 1. August 2011 unterliegen.
2. Die Aufgabe der ständigen Vertretung umfasst grundsätzlich auch die Vakanzvertretung in der Zeit zwischen dem Weggang des bisherigen und dem Antritt des neuen Inhabers des zu vertretenden Dienstpostens. Eine Tätigkeit als ständiger Vertreter liegt jedoch nicht vor, wenn die (Nach-)Besetzung des vakanten Dienstpostens mit einem regulären Dienstposteninhaber nicht beabsichtigt ist oder faktisch dauerhaft nicht betrieben wird; soll eine solche Verwendung sechs Monate oder länger dauern, ist die Zustimmung der zuständigen personalbearbeitenden Stelle einzuholen.
Der Antragsteller begehrt die Zustimmung der zuständigen personalbearbeitenden Stelle zu einer mehr als sechsmonatigen nicht-dienstpostengerechten Verwendung.
Der 1962 geborene Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit endet voraussichtlich mit Ablauf des 30. April 2023. Mit Wirkung vom 1. Oktober 1998 wurde er zum Oberstleutnant ernannt und zum 1. September 2003 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 eingewiesen. Der Antragsteller war seit dem 1. August 2008 auf dem nach Besoldungsgruppe A 15 bewerteten Dienstposten eines Dezernatsleiters in der Abteilung ... des ... in ... verwendet worden. Zum 1. Oktober 2012 (mit Dienstantritt am 31. Oktober 2012) wurde er auf den nach Besoldungsgruppe A 16 bewerteten Dienstposten eines Abteilungsleiters ... bei der ... in H. versetzt.
Zum 1. Juni 2011 (mit Dienstantritt am 14. Juni 2011) wurde der damalige Inhaber des nach Besoldungsgruppe B 3 dotierten Dienstpostens des Abteilungsleiters ... beim ... zum Führungsunterstützungsregiment ... versetzt. Mit Stabsbefehl Nr. ../2011 vom 10. Juni 2011 beauftragte der Chef des Stabes des ... den Antragsteller ab dem 11. Juni 2011 bis auf Weiteres mit der Führung der Abteilung ...; gleichzeitig übertrug er dem Antragsteller für die Zeit der Wahrnehmung der Aufgaben als Abteilungsleiter ... die Beurteilungsbefugnis. Der Dienstposten des Abteilungsleiters ... wurde in der Folgezeit nicht nachbesetzt und war bis zum 31. Oktober 2012 vakant. Anschließend fiel der Dienstposten weg. Die gesamte Abteilung ... wurde sodann in eine neu aufgestellte Unterabteilung ... übergeleitet, deren Spitzendienstposten regulär besetzt wurden.
Unter dem 17. Oktober 2011 beantragte das ... beim Personalamt der Bundeswehr die Zustimmung nach dem Erlass "Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten" für die Verwendung des Antragstellers auf dem Dienstposten des Abteilungsleiters .... Mit Schreiben vom 2. November 2011, dem Antragsteller eröffnet am 28. November 2011, teilte das Personalamt dem ... mit, dass nach Nr. 2.7 des Erlasses kein Fall einer nicht-dienstpostengerechten Verwendung vorliege, weil die ständige Vertretung des Abteilungsleiters zu den Aufgaben des Antragstellers gemäß STAN gehöre; es bedürfe deshalb auch keiner Zustimmung durch die personalbearbeitende Stelle.
Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 19. Dezember 2011 Beschwerde. Zwar umfasse sein Dienstposten als Dezernatsleiter auch die Aufgabe des ständigen Vertreters des Abteilungsleiters .... Ein originärer Dienstposteninhaber sei jedoch nicht mehr vorhanden. Die Führung der Abteilung ... über längere Zeit zusätzlich zu den Aufgaben als Dezernatsleiter bedürfe der Zustimmung der personalbearbeitenden Stelle.
Mit Bescheid vom 10. Mai 2012 wies der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - die Beschwerde als unzulässig zurück. Eine Beschwer des Antragstellers liege insoweit nicht vor, als das Personalamt die vertretungsweise Wahrnehmung der Aufgaben des Abteilungsleiters ... nicht untersagt habe. Davon abgesehen stelle die Anerkennung der Wahrnehmung höherwertiger Aufgaben nach dem Erlass "Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten" eine lediglich andere Personalentscheidungen vorbereitende Maßnahme dar, die nicht selbstständig anfechtbar sei. Im Übrigen wäre die Zustimmung gemäß Nr. 2.3 des Erlasses zu versagen gewesen, wenn - wie hier - die Übertragung der Aufgaben eines Dienstpostens der Dotierung A 16 oder höher auf einen Offizier unterhalb dieser Dienstgradebene beantragt werde.
Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 15. Juni 2012 beantragte der Antragsteller hiergegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - legte den Antrag zusammen mit seiner Stellungnahme vom 27. Juni 2012 dem Senat vor.
Zur Begründung führt der Antragsteller ergänzend insbesondere aus:
Es handele sich nicht um eine nur vorbereitende Entscheidung, weil ihr eine unmittelbare Wirkung insofern zukomme, als die Zustimmung zur Wahrnehmung höherwertiger Aufgaben nach der Versetzung auf einen höher bewerteten Dienstposten eine Verkürzung der Zeit bedeute, innerhalb derer eine Beförderung bzw. Planstelleneinweisung erfolgen könne. Der Zustimmung stehe auch nicht Nr. 2.3 des Erlasses "Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten" entgegen. Unter dem Blickwinkel von Art. 33 Abs. 2 GG gebe es keinen Grund, warum seine, des Antragstellers, dienstrechtlich nicht zu beanstandende Aufgabenwahrnehmung auf dem B 3-Dienstposten des Abteilungsleiters ... einer Zustimmung durch die personalbearbeitende Stelle nicht zugänglich sein solle. Im Übrigen stelle Nr. 2.3 nur einen regelmäßigen Versagungsgrund dar und lasse die Erteilung einer Zustimmung jedenfalls dann zu, wenn die Aufgabenwahrnehmung vertretungsweise erfolgen müsse. Die Wahrnehmung der Aufgaben des Abteilungsleiters sei vorliegend auch keine ständige Vertretungstätigkeit im Sinne von Nr. 2.7 des Erlasses. Der Dienstposten des Abteilungsleiters sei seit Anfang Juni 2011 vakant, sodass es überhaupt keinen Dienstposteninhaber mehr gebe. Das entspreche nicht der Situation, die mit einer ständigen Vertretung im Sinne der Organisationsgrundlagen gemeint sei; diese setze vielmehr einen Dienstposteninhaber voraus, der vertreten werden könne. Auch das Ergehen eines förmlichen Stabsbefehls mache deutlich, dass es sich nicht um den Fall einer üblichen ständigen Vertretung handele, in deren Rahmen es dieses Befehls nicht bedurft hätte. Eine Besonderheit liege ferner darin, dass mit dem Stabsbefehl auch die Beurteilungsbefugnis übertragen worden sei.
Der Antragsteller beantragt,
unter Aufhebung der ablehnenden Entscheidung des Personalamts der Bundeswehr vom 2. November 2011 und der Beschwerdeentscheidung des Bundesministers der Verteidigung vom 10. Mai 2012 die Bundesrepublik Deutschland zu verpflichten, dem Antrag des ... auf Zustimmung zu seiner, des Antragstellers, mehr als sechsmonatigen nicht-dienstpostengerechten höherwertigen Verwendung zu entsprechen,
hilfsweise,
unter Aufhebung der ablehnenden Entscheidung des Personalamts der Bundeswehr vom 2. November 2011 und der Beschwerdeentscheidung des Bundesministers der Verteidigung vom 10. Mai 2012 die Bundesrepublik Deutschland zu verpflichten, über den Antrag des ... auf Zustimmung zu seiner, des Antragstellers, mehr als sechsmonatigen nicht-dienstpostengerechten höherwertigen Verwendung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Antrag sei aus den im Beschwerdebescheid dargelegten Gründen unzulässig. Zwar seien gemäß Nr. 2.5 des Erlasses "Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten" Zeiten von sechs Monaten und mehr, in denen mit Zustimmung der zuständigen personalbearbeitenden Stelle Aufgaben eines höher bewerteten Dienstpostens vorübergehend vollumfänglich wahrgenommen worden seien, für Beförderungen und Einweisungen von Offizieren und Unteroffizieren mit Portepee oberhalb ihrer jeweiligen allgemeinen Laufbahnperspektive entsprechend ihrer Dauer zu berücksichtigen. Darüber hinaus seien die Bestimmungen des Erlasses zu Zulagen nach §§ 45 und 46 BBesG zu beachten. Diese Status- und Besoldungsangelegenheiten gehörten jedoch nicht zu den truppendienstlichen Streitgegenständen, die vor den Wehrdienstgerichten geltend gemacht werden könnten. Aber auch soweit eine genehmigte Vertretungstätigkeit, neben anderen Kriterien, im Rahmen einer späteren truppendienstlichen Verwendungsentscheidung zu berücksichtigen sei, habe die Anerkennung einer nicht-dienstpostengerechten Verwendung hierfür lediglich vorbereitenden Charakter, ohne unmittelbar in subjektiv geschützte Rechte einzugreifen.
Unabhängig davon sei der Antrag auf gerichtliche Entscheidung unbegründet. Der Erlass "Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten" sei in erster Linie dazu bestimmt, das Direktionsrecht des Vorgesetzten zu reglementieren. Es werde lediglich der Fall geregelt, dass ein Soldat entgegen der Entscheidung der zuständigen personalbearbeitenden Stelle eingesetzt werden solle. Die Aufgabe der Vertretung des Abteilungsleiters ... finde sich jedoch bereits in der Beschreibung des Dezernatsleiter-Dienstpostens, den der Antragsteller innehabe; diese wiederum sei Grundlage für die zuständige personalbearbeitende Stelle gewesen, den Antragsteller auf diesen Dienstposten zu versetzen. Es komme nicht darauf an, ob der Vertretungsdienstposten vakant sei oder nicht. Auch die Übertragung der Beurteilungsbefugnis habe lediglich deklaratorischen Charakter. Gemäß Nr. 301 ZDv 20/6 würden Beurteilungen grundsätzlich von dem zum jeweiligen Vorlagetermin zuständigen Vorgesetzten erstellt; das sei hier der Antragsteller, weil sich eine Vertretung des Beurteilungsbefugten aus seiner Dienstpostenbeschreibung ergebe.
Das Bundesministerium der Verteidigung - P II 1 - hat mit Schreiben vom 1. März 2013 eine Amtliche Auskunft zur Handhabung des Erlasses "Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten" erteilt. Unter dem 28. März 2013 hat der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - außerdem eine Aufgabenbeschreibung STAN-Nr. ... des Dezernatsleiter-Dienstpostens des Antragstellers übermittelt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - R II 2 - Az.: ... - und die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis D, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat in dem hauptsächlich gestellten Verpflichtungsantrag Erfolg.
Der Antragsteller hat Anspruch darauf, dass die zuständige personalbearbeitende Stelle die Zustimmung gemäß Nr. 2 des Erlasses "Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten" vom 1. August 2011 zu der ihm mit Stabsbefehl Nr. ../2011 übertragenen Führung der Abteilung ... im ... erteilt.
1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig.
a) Die von dem Antragsteller begehrte Zustimmung der zuständigen personalbearbeitenden Stelle gemäß Nr. 2 des Erlasses "Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten" stellt eine dienstliche Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO (hier i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) dar.
Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO kann mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nur geltend gemacht werden, dass eine dienstliche Maßnahme oder deren Unterlassung rechtswidrig sei. Merkmal einer Maßnahme in diesem Sinne ist u.a., dass sie unmittelbar gegen den Soldaten gerichtet ist oder - obwohl an andere Soldaten gerichtet - in Form einer Rechtsverletzung oder eines Pflichtenverstoßes in seine Rechtssphäre hineinwirkt. Überlegungen, Bewertungen, Stellungnahmen oder Zwischenentscheidungen, die lediglich der Vorbereitung von truppendienstlichen Maßnahmen oder Personalmaßnahmen dienen, sind hingegen als Elemente innerdienstlicher Willens- und Meinungsbildung noch keine die Rechte eines Soldaten unmittelbar berührenden Maßnahmen; sie sind infolgedessen einer selbstständigen gerichtlichen Nachprüfung nicht zugänglich (stRspr, vgl. zuletzt Beschluss vom 23. Oktober 2012 - BVerwG 1 WB 59.11 - juris Rn. 27 m.w.N.).
Der Entscheidung über die Zustimmung zu einer nicht-dienstpostengerechten Verwendung kommt danach die Qualität einer eigenständigen truppendienstlichen Maßnahme zu (vgl. hierzu und zum Folgenden näher Beschluss vom 26. Februar 2013 - BVerwG 1 WB 15.12 - Rn. 33 ff.).
Die Übertragung eines Dienstpostens im Wege der Versetzung, der Kommandierung oder des Dienstpostenwechsels stellt als truppendienstliche Verwendungsentscheidung nach ständiger Rechtsprechung des Senats eine dienstliche Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO dar (vgl. Dau, WBO, 5. Aufl. 2009, § 17 Rn. 57 mit zahlreichen Nachweisen). Wird ein Soldat - abweichend von dem ihm mit Personalverfügung übertragenen Dienstposten - vorübergehend mit anderen oder zusätzlichen Aufgaben betraut, so ändert dies, zunächst faktisch, seine Verwendung; diese Änderung berührt sowohl die Zuständigkeit der personalbearbeitenden Stelle, die die Personalverfügung erlassen hat, als auch die Rechtssphäre des Soldaten, dem mit der Personalverfügung ein bestimmter Dienstposten mit bestimmten Aufgaben übertragen worden ist. Durch das in Nr. 2 des Erlasses "Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten" vorgesehene Melde- und Zustimmungsverfahren ist gewährleistet, dass die zuständige personalbearbeitende Stelle die Kontrolle über ihre Personalverfügung behält und die von ihr getroffene Verwendungsentscheidung nicht faktisch unterlaufen wird. Mit der Versagung oder Erteilung der Zustimmung zu der nicht-dienstpostengerechten Verwendung befindet die personalbearbeitende Stelle, ob die von ihr ursprünglich getroffene Verwendungsentscheidung unverändert oder aber (vorübergehend) mit modifiziertem Inhalt fortgelten soll. Die Entscheidung über die Zustimmung zu der nicht-dienstpostengerechten Verwendung weist damit die gleiche Rechtsnatur auf wie die ursprüngliche, durch Personalverfügung getroffene Verwendungsentscheidung; sie ist wie diese eine dienstliche Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO.
Die Entscheidung über die Zustimmung zu der nicht-dienstpostengerechten Verwendung betrifft auch nicht allein das Verhältnis zwischen dem Vorgesetzten, der den Soldaten mit anderen oder zusätzlichen Aufgaben betrauen will, und der zuständigen personalbearbeitenden Stelle, sondern sie berührt auch die Rechtssphäre des Soldaten selbst. Dies gilt sowohl für den Fall, dass ein Soldat sich gegen eine nicht-dienstpostengerechte Verwendung, etwa unter dem Gesichtspunkt der Überforderung (siehe Nr. 1.2 Satz 2 des Erlasses), zur Wehr setzen will, als auch für den hier vorliegenden Fall, dass ein Soldat gegen die Betrauung mit zusätzlichen Aufgaben grundsätzlich nichts einwenden, jedoch gesichert sehen möchte, dass ihm auch mögliche Vorteile daraus zugute kommen (siehe insbesondere Nr. 2.5 des Erlasses). Dass der Erlass "Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten" gerade auch die Rechtssphäre des betroffenen Soldaten im Blick hat, wird nicht zuletzt daran deutlich, dass nach seiner Nr. 2.8 Soldatinnen und Soldaten, die abweichend von dem in ihrer Personalverfügung aufgeführten Dienstposten verwendet werden, über diesen Erlass zu belehren sind, diese Belehrung schriftlich vorzunehmen und in die Personalgrundakte und -nebenakte aufzunehmen ist. Für den Erlass "Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten" gilt daher nichts anderes als für die - die ursprüngliche Personalverfügung regelnden - "Richtlinien zur Versetzung, zum Dienstpostenwechsel und zur Kommandierung von Soldaten" (Versetzungsrichtlinien) vom 3. März 1988 (VMBl S. 76, zuletzt geändert durch Erlass vom 9. Juni 2009
b) Der Rechtsstreit hat sich auch nicht mit der Versetzung des Antragstellers zum 1. Oktober 2012 (mit Dienstantritt am 31. Oktober 2012) zur ... und dem damit einhergehenden Ende des Auftrags zur Führung der Abteilung ... im ... in der Hauptsache erledigt. Zwar kann die zuständige personalbearbeitende Stelle mit einer Entscheidung über die Zustimmung nach Nr. 2 des Erlasses naturgemäß nichts mehr an der in der Vergangenheit liegenden Verwendung des Antragstellers ändern. Die - nachträgliche - Zustimmung gemäß Nr. 2 des Erlasses oder deren Verweigerung hat jedoch noch rechtliche Bedeutung und Wirkungen für die begünstigenden Folgen, die sich aus einer mit dieser Zustimmung erfolgten Aufgabenwahrnehmung ergeben. Dies gilt insbesondere für die - für den Antragsteller aktuell bedeutsame - Regelung, dass Zeiten von sechs Monaten und mehr, in denen vor dem maßgeblichen Versetzungszeitpunkt mit Zustimmung der zuständigen personalbearbeitenden Stelle Aufgaben eines höher bewerteten Dienstpostens vorübergehend vollumfänglich wahrgenommen wurden, für Beförderungen und Einweisungen von Offizieren und Unteroffizieren mit Portepee oberhalb ihrer jeweiligen allgemeinen Laufbahnperspektive entsprechend ihrer Dauer bei der Zuordnung zu einer Beförderungs- oder Einweisungsgruppe zu berücksichtigen sind (Nr. 2.5 Satz 1 des Erlasses i.V.m. Nr. 5 des Erlasses des Bundesministeriums der Verteidigung - PSZ I 1 - über "Auswahlverfahren für die Beförderung/Einweisung von Offizieren und Unteroffizieren mit Portepee oberhalb ihrer jeweiligen allgemeinen Laufbahnperspektive" vom 5. April 2005).
2. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist im Hauptantrag begründet.
Der ablehnende Bescheid des Personalamts der Bundeswehr vom 2. November 2011 und der Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung vom 10. Mai 2012 sind rechtswidrig und daher aufzuheben (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 1 WBO). Da die Sache spruchreif ist, ist der Bundesminister der Verteidigung zu verpflichten, die Zustimmung gemäß Nr. 2 des Erlasses "Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten" zu der dem Antragsteller mit Stabsbefehl Nr. ../2011 des ...s vom 10. Juni 2011 übertragenen Führung der Abteilung ... im ... zu erteilen (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 4 Alt. 1 WBO).
a) Der Erlass "Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten" vom 1. August 2011 ist auf die dem Antragsteller mit dem Stabsbefehl Nr. ../2011 vom 10. Juni 2011 übertragene Tätigkeit anwendbar.
Der Erlass ist am 1. August 2011 in Kraft getreten; zum gleichen Zeitpunkt wurden die Vorgängerregelungen aufgehoben (Nr. 3 des Erlasses). Mangels anderslautender (Übergangs-) Regelungen gilt der Erlass auch für laufende Sachverhalte, wie die am 11. Juni 2011 begonnene Beauftragung des Antragstellers mit der Führung der Abteilung ... beim .... Die Beauftragung des Antragstellers unterfiel damit in zeitlicher Hinsicht der Regelung in Nr. 2.2 des Erlasses, wonach - wie mit dem Antrag des ... vom 17. Oktober 2011 geschehen - spätestens mit Ablauf des vierten Monats die Zustimmung der personalbearbeitenden Stelle einzuholen ist, wenn eine nicht-dienstpostengerechte Verwendung ausnahmsweise über einen Zeitraum von sechs Monaten und länger für erforderlich gehalten wird.
b) Die Anwendung des Erlasses "Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten" auf die dem Antragsteller mit dem Stabsbefehl Nr. ../2011 übertragene Tätigkeit ist auch nicht durch Nr. 2.7 des Erlasses ausgeschlossen, wonach es sich bei der Wahrnehmung von Tätigkeiten, die in den jeweiligen Organisationsgrundlagen als ständige Vertretungstätigkeit bezeichnet sind, nicht um Tätigkeiten im Sinne dieses Erlasses handelt.
aa) Die Regelung der Nr. 2.7 des Erlasses ist als solche sachgerecht und nicht zu beanstanden. Ist die zusätzliche Aufgabe in den jeweiligen Organisationsgrundlagen als ständige Vertretungstätigkeit ausgewiesen, so ist sie Bestandteil der Aufgaben des Dienstpostens, der dem Soldaten durch Personalverfügung übertragen ist. Ihre Wahrnehmung bedarf deshalb keiner weiteren Zustimmung der personalbearbeitenden Stelle; deren Einverständnis ist bereits in der Personalverfügung enthalten. Auch die Rechtssphäre des Soldaten wird durch die Ausübung der ständigen Vertretung nicht zusätzlich berührt; sie aktualisiert lediglich, was dem Soldaten durch die Personalverfügung bereits aufgegeben ist.
bb) Der Dienstposten des Antragstellers als Dezernatsleiter umfasst nach seiner Organisationsgrundlage die ständige Vertretung des Abteilungsleiters .... Nach der Amtlichen Auskunft des Bundesministeriums der Verteidigung - P II 1 - vom 1. März 2013 sind unter dem Begriff der "jeweiligen Organisationsgrundlagen" im Sinne von Nr. 2.7 des Erlasses Stärke- und Ausrüstungsnachweisungen (STAN) und Organisations- und Stellenpläne (OSP) zu verstehen. Gegen diese Handhabung in der Praxis sind keine rechtlichen Bedenken ersichtlich. Nach der vom Bundesminister der Verteidigung vorgelegten Aufgabenbeschreibung STAN-Nr. ... für den Dienstposten des Antragstellers "führt" dieser "das Dezernat Einsatzplanung und ist ständiger Vertreter des AbtLtr ...".
cc) Der dem Antragsteller mit Stabsbefehl Nr. ../2011 vom 10. Juni 2011 erteilte Auftrag zur Führung der Abteilung ... im ... stellt jedoch keine "ständige Vertretungstätigkeit" im Sinne von Nr. 2.7 des Erlasses (i.V.m. der Aufgabenbeschreibung STAN-Nr. ...) dar. Sie unterfällt damit dem in dem Erlass vorgesehenen Melde- und Zustimmungsverfahren.
Die Amtliche Auskunft des Bundesministeriums der Verteidigung - P II 1 - vom 1. März 2013 enthält nur unvollständige Aussagen zur Handhabung des Begriffs der "ständigen Vertretungstätigkeit". Danach gebe es keine bundeswehrinterne allgemeine Definition des Begriffs "ständiger Vertreter" bzw. "ständige Vertretungstätigkeit"; im Sinne von Nr. 2.7 des Erlasses sei die "ständige Vertretungstätigkeit" ausschließlich in Verbindung mit einer entsprechenden Bezeichnung des jeweiligen Dienstpostens in der entsprechenden Organisationsgrundlage zu verstehen; im Weiteren sei dabei die Dauer eines Vertretungszeitraums unerheblich.
Die hier interessierende Frage, ob die einem Soldaten mit seinem Dienstposten übertragene Aufgabe der ständigen Vertretung seines Vorgesetzten auch den Fall umfasst, dass der Dienstposten des Vorgesetzten nicht (mehr) besetzt ist (Vakanzvertretung), lässt sich allein anhand dieser Auskunft nicht beantworten. Es ist deshalb auf das allgemeine Verständnis des Begriffs des "ständigen Vertreters" und auf Sinn und Zweck der Regelungen in dem Erlass "Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten" zurückzugreifen.
Nach dem allgemeinen Begriffsverständnis ist das spezifische Kennzeichen der "ständigen" Vertretung gegenüber anderen Vertretungsformen, dass der ständige Vertreter nicht nur bei Verhinderung des Vertretenen, etwa durch Urlaub oder Krankheit, dessen Geschäfte wahrnimmt, sondern er auch bei dienstlicher Anwesenheit des Vertretenen - neben ihm - einzelne Aufgaben des zu vertretenden Dienstpostens wahrnimmt (vgl. Hufeld, Die Vertretung der Behörde, 2003, S. 92 f.; siehe auch BAG, Urteil vom 27. Mai 1981 - 4 AZR 1079/78 - juris Rn. 34 ff.). Die "ständige" Vertretung ermöglicht damit, ausgeprägter als andere Vertretungsformen, eine Arbeitsteilung zwischen Vertretenem und Vertreter. Ihre Besonderheit kommt mithin gerade bei der Anwesenheit des Vertretenen zum Tragen. Spezielle Aussagen für den Fall, dass der zu vertretende Dienstposten nicht besetzt ist, lassen sich dem Merkmal der "Ständigkeit" der Vertretung dagegen nicht entnehmen.
Nach dem Sinn und Zweck des Erlasses "Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten" ist davon auszugehen, dass die "ständige Vertretung" - ebenso wie andere Vertretungsformen - zwar die Existenz eines Vertretenen und damit die Besetzung des zu vertretenden Dienstpostens voraussetzt, sie grundsätzlich aber auch die Wahrnehmung der Aufgaben des zu vertretenden Dienstpostens in der Zeit zwischen dem Weggang des bisherigen Vertretenen und dem Dienstantritt des neuen Vertretenen umfasst. In der Praxis ist es nicht selbstverständlich, dass bei einem Wechsel des Dienstposteninhabers die Zeiträume der Besetzung mit dem bisherigen und dem neuen Dienstposteninhaber nahtlos aneinander schließen; eine gewisse, im Einzelfall auch längere Zeit der Vakanz ist vielmehr häufig. Es ist deshalb naheliegend und jedenfalls rechtlich nicht zu beanstanden, die Aufgabenwahrnehmung während der Zeit der Vakanz des zu vertretenden Dienstpostens als von der Funktion der ständigen Vertretung mitumfasst anzusehen. Die personalbearbeitende Stelle bedarf insoweit keines Schutzes ihrer Zuständigkeit, wie ihn die Regelungen des Erlasses "Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten" vorsehen. Denn die personalbearbeitende Stelle hat es in der Hand, den vakanten Dienstposten so bald als möglich wieder zu besetzen; mögliche Hindernisse dabei sind jedenfalls nicht dem Soldaten, der als ständiger Vertreter die Aufgaben des vakanten Dienstpostens wahrnimmt, oder dessen truppendienstlichen Vorgesetzten zuzurechnen. Auch Rechte des Soldaten werden nicht berührt. Die Vakanzvertretung unterscheidet sich nicht wesentlich von der Vertretung während einer mehr oder weniger langdauernden Erkrankung des zu Vertretenden; im einen wie im anderen Fall aktualisieren sich lediglich Unwägbarkeiten, mit denen der Soldat nach den Organisationsgrundlagen seines Dienstpostens, die ihm die ständige Vertretung zuweisen, rechnen muss.
Anders verhält es sich jedoch, wenn eine Nachbesetzung des vakanten zu vertretenden Dienstpostens mit einem "regulären" Dienstposteninhaber nicht beabsichtigt ist oder faktisch dauerhaft nicht betrieben wird. In einem solchen Fall liegt eine - noch von der Funktion der "ständigen Vertretung" mitumfasste - Vakanzvertretung nicht vor; vielmehr wird der Soldat faktisch wie ein "regulärer" Inhaber des zu vertretenden Dienstpostens eingesetzt. Gerade eine solche Abweichung der faktischen Verwendung von der durch Personalverfügungen zu regelnden Dienstpostenbesetzung will der Erlass "Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten" verhindern. Wird der vakante Dienstposten nicht regulär nachbesetzt, müssen deshalb der Vorgesetzte des Soldaten und die personalbearbeitende Stelle in dem Melde- und Zustimmungsverfahren nach Nr. 2.1 bis 2.4 des Erlasses dafür verantwortlich zeichnen, dass der nur als ständiger Vertreter vorgesehene Soldat gleichsam als vollwertiger "Ersatzmann" auf diesem Dienstposten eingesetzt wird. Gleichzeitig hat der betroffene Soldat Anspruch darauf, dass Personalverfügungen und faktische Verwendung in Einklang gebracht werden, also die personalbearbeitende Stelle entweder die Zustimmung zu der nicht-dienstpostengerechten Verwendung erteilt oder aber, wenn sie diese Zustimmung nicht erteilen darf oder will, diese Verwendung beendet wird (siehe Nr. 2.4 des Erlasses).
Hier wurde der Dienstposten des Abteilungsleiters ... nach der Wegversetzung des früheren Dienstposteninhabers nicht nachbesetzt und war auf diese Weise vom 11. Juni 2011 bis 31. Oktober 2012, als er im Zuge einer Umorganisation wegfiel und die bisherige Abteilung ... in eine neu aufgestellte Unterabteilung ... übergeleitet wurde, vakant. Aus den Akten und dem Vortrag des Bundesministers der Verteidigung ist nicht ersichtlich, dass es die Absicht oder Bemühungen zur Nachbesetzung gegeben hätte; vielmehr findet sich stets lediglich der Hinweis - etwa in dem Beschwerdebescheid vom 10. Mai 2012 -, dass eine Nachbesetzung, offenbar im Vorgriff auf die Umstrukturierung, "nicht erfolgte". Der Antragsteller war damit für die Dauer von rund 16 1/2 Monaten nicht Interims-Vertreter, sondern - in der Nachfolge des wegversetzten früheren Dienstposteninhabers - selbst Leiter der Abteilung .... Dass damit die Grenzen der dem Antragsteller mit seinem Dienstposten verbundenen Vertretungsaufgaben überschritten sind, spiegelt sich im Übrigen - zutreffend - auch in dem Stabsbefehl Nr. ../2011 wieder, der für die Beauftragung des Antragstellers mit der Führung der Abteilung ... im ... keinen Bezug auf dessen Funktion als ständiger Vertreter nimmt.
c) Das Personalamt der Bundeswehr hat deshalb den Antrag des ... vom 17. Oktober 2011 auf Zustimmung zu der Verwendung des Antragstellers auf dem Dienstposten des Abteilungsleiters ... zu Unrecht mit der Begründung abgelehnt, dass diese Verwendung keiner Genehmigung bedürfe. Auf den vorliegenden (Haupt-)Antrag im gerichtlichen Verfahren hin kann der Senat, weil die Sache spruchreif ist, die Verpflichtung aussprechen, dass die Zustimmung gemäß Nr. 2 des Erlasses "Dienstpostengerechte Verwendung von Soldatinnen und Soldaten" zu der dem Antragsteller mit Stabsbefehl Nr. ../2011 übertragenen Führung der Abteilung ... im ... zu erteilen ist.
Die nicht-dienstpostengerechte Verwendung des Antragstellers vom 11. Juni 2011 bis zum 31. Oktober 2012 erfolgte über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten und war damit - dem Antrag des ... vom 17. Oktober 2011 entsprechend - zustimmungspflichtig (Nr. 2.2 des Erlasses). Die Zustimmung wäre im Zeitpunkt der Antragstellung durch das ... nach dem Regelbeispiel der Nr. 2.3 Abs. 2 Punkt 4 des Erlasses zwar wohl zu versagen gewesen, weil dem Antragsteller als Oberstleutnant (A 15) die Aufgaben eines Dienstpostens der Dotierung A 16 oder höher (konkret: B 3) übertragen werden sollten. Für die hier in Rede stehende nachträgliche Erteilung ist jedoch nicht von der Frage auszugehen, wie die zuständige personalbearbeitende Stelle zum damaligen Zeitpunkt entschieden hätte, wenn sie eine Entscheidung in der Sache getroffen hätte (vgl. hierzu und zum Folgenden bereits Beschluss vom 26. Februar 2013 - BVerwG 1 WB 15.12 - Rn. 47). Denn der Antragsteller hat die ihm übertragene Tätigkeit - mit seinem Einverständnis, aber vor allem auch mit Wissen und Einverständnis des Personalamts und seiner Vorgesetzten beim ... - in nicht mehr änderbarer Weise faktisch erbracht. Mit der Versagung der nachträglichen förmlichen Zustimmung könnte deshalb keine unerwünschte nicht-dienstpostengerechte Verwendung mehr verhindert, sondern nur noch dem Antragsteller die Vorteile nach Nr. 2.5 des Erlasses vorenthalten werden. Ein derartiges widersprüchliches Verhalten kommt nicht in Betracht. Da Nr. 2.3 Abs. 2 des Erlasses nur Gründe aufführt, aus denen die Zustimmung regelmäßig zu versagen ist, aber damit zugleich die Möglichkeit begründeter Ausnahmen vorsieht, hat das Personalamt vorliegend die beantragte Zustimmung zu erteilen.