Entscheidungsdatum: 30.03.2017
Der Antragsteller beanstandet die Nichteinhaltung der Richtwertvorgaben aus den Beurteilungsbestimmungen im Beurteilungsdurchgang zum Vorlagetermin 30. September 2015.
...
Der Antragsteller erhielt zum Vorlagetermin 30. September 2015 eine planmäßige Beurteilung. Sein nächster Disziplinarvorgesetzter erstellte die Beurteilung am 24. Juli 2015 und eröffnete sie dem Antragsteller am selben Tag. Der Antragsteller erzielte einen Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung von 6,14. Zu der Beurteilung gab der nächsthöhere Vorgesetzte am 12. Oktober 2015 seine Stellungnahme ab, die er dem Antragsteller am selben Tag eröffnete. Er bestätigte den Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung ohne Einschränkungen.
Nach einem Schriftwechsel mit dem Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr (im Folgenden: Bundesamt für das Personalmanagement) legte der Antragsteller mit Schreiben vom 10. November 2015 beim ... Beschwerde ein. Er machte geltend, dass § 2 Abs. 5 SLV die Möglichkeit eröffne, verbindliche Richtwerte für die Beurteilungen vorzugeben, um den Anteil von Bewertungen in bestimmten Wertungsbereichen zu begrenzen. Die ZDv A-1340/50 sehe Richtwerte für die Leistungsbewertung vor, die jedoch nicht als verbindliche Richtwerte eingeführt und beschrieben seien. Vielmehr lege die Beurteilungsvorschrift fest, dass die Richtwertvorgaben lediglich Soll-Vorgaben darstellten. Im Ergebnis sei das Beurteilungsverfahren nach der ZDv A-1340/50 nicht in Übereinstimmung mit den Vorgaben in § 2 Abs. 5 SLV geregelt. Dieser Mangel wirke sich in den Beurteilungsdurchgängen aus.
Mit weiterem Beschwerdeschreiben vom 20. November 2015 wiederholte der Antragsteller diese Rügen und führte ergänzend aus, dass die Beurteilungen 2013 und 2015 auf der Basis rechtsfehlerhafter Regelungen der ZDv A-1340/50 erstellt worden seien. Die Mängel an seiner eigenen Beurteilung und an anderen Beurteilungen könnten nur durch Aufhebung des gesamten Beurteilungsdurchganges in den Bereichen, in denen die Richtwerte nicht eingehalten worden seien, behoben werden.
Den auf diese Beschwerden gestützten Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung hat der Senat mit Beschluss vom 24. Mai 2016 (BVerwG 1 WB 4.16) als unzulässig verworfen.
Mit Schreiben vom 1. Juli 2016 legte der Antragsteller beim ... erneut Beschwerde ein. Er trug zu dem hier verfahrensgegenständlichen Beschwerdepunkt 1. vor, dass er zum 30. September 2015 auf der Grundlage der ZDv A-1340/50 beurteilt worden sei. Diese Beurteilung sei an sich nicht zu beanstanden. Seine Beschwer ergebe sich erst aus der Notenverteilung im Beurteilungsdurchgang, die ihm mit dem am 20. Juni 2016 übermittelten Beurteilungsnotenspiegel bekannt geworden sei. Der Beurteilungsnotenspiegel dokumentiere für den Beurteilungsdurchgang eine deutliche Nichteinhaltung der maßgeblichen Richtwertvorgaben. Durch die ihm korrekt erteilte Beurteilung nach dem vorschriftenkonform strengeren Maßstab sei er gegenüber den vielen zu wohlwollend beurteilten Soldaten benachteiligt und in seinen Rechten verletzt. Seine Leistung werde von dem beurteilenden und von dem stellungnehmenden Vorgesetzten unter Anwendung der Richtwertvorgaben im vorderen Bereich des zweiten Drittels gesehen. Seine Beurteilung liege jedoch nach dem Beurteilungsnotenspiegel - davon abweichend - im letzten Viertel. Dies verdeutliche die unterschiedlichen Maßstäbe, die in einem richtwertbasierten Beurteilungssystem nicht vorkommen dürften. Neben den beurteilenden hätten die stellungnehmenden und weiteren höheren Vorgesetzten ihre Pflicht verletzt, auf die Einhaltung der Richtwertvorgaben hinzuwirken.
Nachdem der Antragsteller mit Schreiben vom 30. August 2016 Untätigkeitsbeschwerde eingelegt hatte, wies der Kommandeur ... den Rechtsbehelf mit Beschwerdebescheid vom 5. Oktober 2016 zurück.
Unter dem 4. Oktober 2016 beantragte der Antragsteller die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Den Antrag hat das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - mit seiner Stellungnahme vom 12. Oktober 2016 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens wiederholt der Antragsteller sein Beschwerdevorbringen und macht außerdem im Wesentlichen geltend:
Das Bundesministerium der Verteidigung habe in einer Stellungnahme gegenüber dem Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages eingeräumt, dass die Richtwertvorgaben nicht eingehalten worden seien. Der Wehrbeauftragte habe dazu Feststellungen in seinem Jahresbericht getroffen. Dennoch sei es erforderlich, die Nichteinhaltung der Richtwertvorgaben, den daraus folgenden Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und die für ihn daraus resultierende Benachteiligung gerichtlich feststellen zu lassen. Die Bestandskraft seiner planmäßigen Beurteilung zum 30. September 2015, die korrekt sei, erkenne er an.
Der Antragsteller beantragt
festzustellen, dass die normativen Regelungen und die vom Bundesministerium der Verteidigung erlassenen Richtlinien für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen, an denen sich die Beurteilungspraxis im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) ständig zu orientieren hat, im Beurteilungsdurchgang mit Vorlagetermin 30. September 2015 nicht eingehalten worden seien und dass er, der Antragsteller, dadurch als richtwertkonform beurteilter Soldat benachteiligt sei.
Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Es hält den Antrag für unzulässig, weil ihm die Subsidiaritätsbestimmung in § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO entgegenstehe. Der Antragsteller habe seine Rechte bereits nach Erhalt seiner planmäßigen Beurteilung zum 30. September 2015 mit einer Wehrbeschwerde verfolgen können, soweit er Benachteiligungen durch die Nichteinhaltung von Beurteilungsbestimmungen befürchtet habe. Alle von ihm gerügten Benachteiligungen könnten sich nur in dieser Beurteilung (gegebenenfalls im Verhältnis zu anderen Beurteilungen mit demselben Vorlagetermin) manifestieren. Eine darüber hinausgehende, von seinem Einzelfall losgelöste allgemeine Nachprüfung von Anordnungen, Erlassen oder Verwaltungsvorschriften des Bundesministeriums der Verteidigung bzw. eine Kontrolle des Unterlassens der Anwendung derselben liefen auf ein Normenkontrollverfahren hinaus, das der Wehrbeschwerdeordnung fremd sei. Die Vorschriften zu den Richtwertvorgaben richteten sich nicht an den einzelnen beurteilten Soldaten, sondern an die zur Beurteilung bzw. zur Stellungnahme verpflichteten Vorgesetzten. Der Antragsteller könne hieraus eine individuelle Rechtsverletzung nicht herleiten. Der Umstand, dass der Beurteilungsnotenspiegel des Beurteilungsdurchgangs 30. September 2015 erst am 20. Juni 2016 veröffentlicht worden sei, ändere an dieser Bewertung nichts. Gegebenenfalls habe der Antragsteller fristgerecht Beschwerde gegen die Beurteilung einlegen und das Ruhen des Verfahrens bis zur Veröffentlichung des Notenspiegels beantragen können. Ferner fehle dem Antragsteller ein berechtigtes Feststellungsinteresse. Schließlich sei der Antrag auf gerichtliche Entscheidung auch verfristet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakten des Bundesministeriums der Verteidigung - R II 2 - 670/16, 807/16, 901/16 -, die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A - D, sowie die Gerichtsakten der Verfahren BVerwG 1 WB 4.16 und BVerwG 1 WB 5.17 haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.
1. Das Bundesverwaltungsgericht ist gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 WBO für den Antrag sachlich zuständig, weil sich das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers bei sach- und interessengerechter Auslegung gegen eine unterlassene Maßnahme des Bundesministeriums der Verteidigung als der für die Beurteilungen von Soldatinnen und Soldaten zuständigen obersten Stelle der Bundeswehr (§ 2 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2, Abs. 9 SLV) richtet.
Mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung kann ein Soldat nach § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO nur geltend machen, dass eine Verletzung von ihm zustehenden Rechten oder von ihm gegenüber bestehenden Vorgesetztenpflichten vorliegt, die im Zweiten Unterabschnitt des Ersten Abschnitts des Soldatengesetzes mit Ausnahme der §§ 24, 25, 30 und 31 SG geregelt sind. Diesem prozessrechtlichen Erfordernis trägt der Antragsteller mit seinem (als Feststellungsantrag formulierten) Sachantrag nicht hinreichend Rechnung. Er rügt darin, dass die normativen Regelungen und die vom Bundesministerium der Verteidigung erlassenen Richtlinien für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen, an denen sich die Beurteilungspraxis im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG) ständig zu orientieren hat, im Beurteilungsdurchgang zum Vorlagetermin 30. September 2015 nicht eingehalten worden seien und dass er dadurch als richtwertkonform beurteilter Soldat benachteiligt sei. Er verzichtet dabei jedoch auf die Angabe einer konkreten Rechtsverletzung durch einen bestimmten Vorgesetzten bzw. eine bestimmte Dienststelle der Bundeswehr.
Aus seinen Schriftsätzen vom 4. Oktober 2016 und vom 21. November 2016 lässt sich allerdings entnehmen, dass der Antragsteller den gesamten Beurteilungsdurchgang der planmäßigen Beurteilungen zum 30. September 2015 zur gerichtlichen Kontrolle stellen will, weil aus seiner Sicht "die Masse der beurteilenden, stellungnehmenden und weiteren Vorgesetzten die Richtwertvorgaben nicht eingehalten bzw. nicht hinreichend auf die Einhaltung der Richtwerte und entsprechende Differenzierung hingewirkt haben". Da - wie er vorgerichtlich ausgeführt hat - diese Vorgesetzten, deren Zahl er auf 289 beziffert, in insgesamt 2892 planmäßigen Beurteilungen zum 30. September 2015 ihren Pflichten zur Gewährleistung der Richtwert- und Maßstabeinhaltung nicht nachgekommen sein sollen, kann sich sein Rechtsschutzbegehren bei sachgerechter Auslegung nur darauf beziehen, ein übergreifendes Einschreiten des Bundesministeriums der Verteidigung bezüglich der behaupteten Mängel des Beurteilungsdurchgangs zum Vorlagetermin 30. September 2015 zu erreichen, und zwar entweder in Gestalt einer eigenen Entscheidung des Ministeriums oder in Form einer Weisung des Ministeriums an die personalbearbeitenden Stellen, im Wege der Dienstaufsicht alle Beurteilungen des Beurteilungsdurchgangs 30. September 2015 (erneut) zu überprüfen und sie bei Feststellung der in Rede stehenden Mängel aufzuheben. Für die gerichtliche Überprüfung von Entscheidungen und Maßnahmen, gegebenenfalls von dienstlichen Unterlassungen des Bundesministeriums der Verteidigung ist das Bundesverwaltungsgericht sachlich zuständig (§ 21 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1, § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO).
2. Der Sachantrag ist jedoch unzulässig.
Dabei kann offenbleiben, ob seiner Zulässigkeit die Subsidiaritätsbestimmung in § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 23a Abs. 2 WBO entgegensteht und ob der Antragsteller ein Feststellungsinteresse hat. Auch bei einer Umdeutung des Feststellungsantrags in einen Antrag auf Verpflichtung des Bundesministeriums der Verteidigung zum Einschreiten bliebe dieser Antrag unzulässig.
Denn das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers zielt auf ein Tätigwerden des Bundesministeriums der Verteidigung in Wahrnehmung der Dienstaufsicht.
Die Kontrolle der Einhaltung der Richtwertvorgaben als eines wesentlichen Teilbereichs des Beurteilungsverfahrens obliegt innerhalb eines individuellen Beurteilungsvorgangs den stellungnehmenden nächsten und den weiteren höheren Vorgesetzten (§ 2 Abs. 1 Satz 2 SLV i.V.m. Nr. 610 Buchst. d Satz 1, Buchst. e ZDv A-1340/50) und der personalbearbeitenden Stelle im Rahmen der Dienstaufsichtspflicht (§ 2 Abs. 1 Satz 2 SLV i.V.m. Nr. 901 ZDv A-1340/50).
Die oberste Dienstaufsicht hat das Bundesministerium der Verteidigung inne. Das folgt nicht zuletzt aus § 2 Abs. 9 SLV, wonach das Bundesministerium der Verteidigung stellungnehmenden Personen bzw. Vorgesetzten die Befugnis erteilen kann, alle Beurteilungen oder alle Stellungnahmen zu Beurteilungen aufzuheben, die Vorgesetzte abgegeben haben, in deren Bereich entweder trotz ausreichender Fallzahl verbindliche Richtwerte nicht eingehalten worden sind oder bei nicht ausreichender Fallzahl nicht in geeigneter Weise entsprechend differenziert worden ist. Diese Norm, auf deren Basis das Bundesministerium der Verteidigung eine ihm originär zustehende Befugnis zur Aufhebung einer Vielzahl von Beurteilungen wegen festgestellter Mängel auf stellungnehmende Vorgesetzte bzw. Personen übertragen kann, dokumentiert unmissverständlich, dass grundsätzlich die Dienstaufsicht der obersten Ebene beim Bundesministerium der Verteidigung liegt.
Die Pflicht zur Dienstaufsicht ist zwar in § 10 Abs. 2 SG als eine Vorgesetztenpflicht definiert. Sie könnte damit grundsätzlich in den Anwendungsbereich des § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO fallen. Die Dienstaufsichtspflicht obliegt dem zuständigen Vorgesetzten - hier dem Bundesministerium der Verteidigung - jedoch nicht gegenüber dem betroffenen Soldaten. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats erfolgt die Dienstaufsicht allein im öffentlichen Interesse. Das Ergebnis oder die Durchführung einer dienstaufsichtlichen Prüfung ist grundsätzlich einer wehrdienstgerichtlichen Nachprüfung entzogen. Die Dienstaufsicht obliegt dem zuständigen Vorgesetzten nicht gegenüber den Untergebenen und dient damit nicht der Wahrung der individuellen Rechte eines Soldaten im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO. Der einzelne Soldat hat deshalb auch keinen Anspruch darauf, dass bestimmte Maßnahmen im Wege der Dienstaufsicht getroffen werden oder dass eine dienstaufsichtliche Prüfung eingeleitet, intensiviert oder korrigiert wird (vgl. dazu z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 23. Februar 2010 - 1 WB 70.09 - Rn. 21 m.w.N. und vom 17. Juli 2012 - 1 WB 61.11, 1 WB 65.11 - Rn. 26 f; ebenso: Walz/Eichen/Sohm, SG, 3. Aufl. 2016, § 10 Rn. 21; Dau, WBO, 6. Aufl. 2013, § 17 Rn. 30).
Ob für die Dienstaufsicht des Bundesministeriums der Verteidigung auf der Grundlage des § 2 Abs. 9 SLV etwas anderes gelten kann, indem diese Vorschrift - drittschützend - auch subjektive Rechte einzelner Soldaten auf vorschriftenadäquate Beurteilung im Verhältnis zu einer Vielzahl anderer Beurteilungen eröffnet, erscheint sehr fraglich, kann aber im vorliegenden Fall offenbleiben. Der Wortlaut der Vorschrift spricht jedenfalls nicht von (subjektiven) Rechten eines beurteilten Soldaten, sondern knüpft ausschließlich an die Aufhebungsbefugnis des Bundesministeriums der Verteidigung an.
Unabhängig davon stellt § 2 Abs. 9 SLV eine Befugnisnorm dar, die jeweils nur während der Dauer eines konkreten Beurteilungsverfahrens oder eines konkreten Beurteilungsdurchgangs gilt. Das folgt unter dem Aspekt der systematischen Normauslegung aus dem Kontext, in dem die Vorschrift zu § 2 Abs. 8 SLV steht. Nach § 2 Abs. 8 SLV wird stellungnehmenden Vorgesetzten bzw. Personen die Befugnis eingeräumt, einzelfallbezogen Beurteilungen abzuändern, auch wenn sich dadurch die Zuordnung zu einem Wertungsbereich ändert, wenn sie ausreichende eigene Kenntnisse über die beurteilte Person haben oder sich verschaffen oder in der Lage sind, die Beurteilung durch die beurteilende Person oder Beiträge Dritter verantwortlich einzuschätzen. Im Sinne einer Sollvorschrift sieht § 2 Abs. 8 außerdem vor, dass die stellungnehmenden Personen von der vorgenannten Abänderungsbefugnis Gebrauch zu machen haben, wenn Richtwerte durch beurteilende Personen nicht beachtet worden sind, auf ihrer Ebene die für die unmittelbare Anwendung von Richtwerten ausreichende Fallzahl erreicht ist oder bei nicht ausreichender Fallzahl für eine unmittelbare Anwendung von Richtwerten nicht in geeigneter Weise entsprechend differenziert worden ist. § 2 Abs. 8 SLV richtet sich mithin sowohl nach seinem Wortlaut als auch nach dem Regelungszweck an die stellungnehmenden, in ein laufendes konkretes Beurteilungsverfahren bzw. in einen laufenden konkreten Beurteilungsdurchgang eingeschalteten nächsthöheren und weiteren höheren Vorgesetzten. § 2 Abs. 8 SLV wird durch die Bestimmung in § 2 Abs. 9 SLV ergänzt, wonach im Ermessenswege für einen konkreten laufenden Beurteilungsdurchgang oder für eine Vielzahl von Beurteilungen die generelle, dem Bundesministerium der Verteidigung zukommende Aufhebungsbefugnis auf bestimmte stellungnehmende Vorgesetzte delegiert werden kann. § 2 Abs. 9 SLV lässt nach seinem Wortlaut und nach seiner systematischen Stellung innerhalb des § 2 SLV nicht den Schluss zu, dass die Aufhebungsbefugnis auch außerhalb oder nach Abschluss eines konkreten Beurteilungsdurchganges gelten soll.
Der Beurteilungsdurchgang für den Vorlagetermin 30. September 2015 war spätestens mit der Bekanntgabe des Beurteilungsnotenspiegels für diesen Vorlagetermin (§ 2 Abs. 1, Abs. 10 Satz 3 SLV) beendet. Danach kommt eine Anwendung des § 2 Abs. 9 SLV nicht mehr in Betracht.
3. Für den Fall, dass das Vorbringen des Antragstellers dahin zu verstehen sein sollte, dass er sinngemäß ein Wiederaufgreifen aller Beurteilungsverfahren zum Vorlagetermin 30. September 2015 anstrebt, ist darauf hinzuweisen, dass er sich nicht auf einen entsprechenden Anspruch im Sinne des § 51 Abs. 1 VwVfG berufen kann.
Zwar findet diese Vorschrift im Wehrbeschwerdeverfahren entsprechende Anwendung (stRspr, z.B. BVerwG, Beschluss vom 13. Juli 2015 - 1 WB 64.14 - Rn. 42). Sie stellt aber eine Regelung dar, die nur das Wiederaufgreifen eines individuellen Verfahrens des jeweils Betroffenen ermöglicht; sie ist hingegen keine Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Wiederaufgreifen einer Vielzahl von Maßnahmen oder Entscheidungen truppendienstlicher Art, die andere Adressaten betreffen.
4. Der Senat hat davon abgesehen, den Antragsteller mit Verfahrenskosten zu belasten, weil er die Voraussetzungen des § 21 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 20 Abs. 2 Satz 1 WBO nicht als gegeben erachtet.