Entscheidungsdatum: 04.02.2016
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten zu ihrer planmäßigen Beurteilung zum Vorlagetermin 30. September 2011. Sie ist mit der Wertungsstufe der Entwicklungsprognose nicht einverstanden.
Die 19.. geborene Antragstellerin ist Berufssoldatin. Ihre Dienstzeit wird voraussichtlich mit Ablauf des 31. August 20.. enden. Mit Wirkung vom 1. August 20.. wurde sie zum Hauptfeldwebel ernannt. Nach einer Verwendung als Personalfeldwebel Streitkräfte ... wurde sie zum 1. Januar 20.. zur Stammdienststelle der Bundeswehr (im Folgenden: SDBw) und von dort zum 1. Dezember 20.. zum Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr versetzt. Seit dem 1. April 2014 wird sie als Personalfeldwebel bei der ... verwendet.
In der (neugefassten) planmäßigen Beurteilung vom 4. Dezember 2009 zum Vorlagetermin 30. September 2009 erhielt die Antragstellerin einen Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten von 8,30. Der nächsthöhere Vorgesetzte bescheinigte der Antragstellerin in seiner Stellungnahme vom 11. Dezember 2009 zu dieser Beurteilung eine Entwicklungsprognose "Förderung bis in die höchsten Verwendungen der Laufbahn".
Zum Vorlagetermin 30. September 2011 erhielt die Antragstellerin unter dem 16. Dezember 2011 erneut eine planmäßige Beurteilung. Diese wurde durch Beschwerdebescheid des Vizepräsidenten des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 17. Mai 2013 aufgehoben; die Neufassung der Beurteilung wurde angeordnet.
In der Neufassung der planmäßigen Beurteilung zum 30. September 2011, die am 24. Juli 2013 erstellt wurde, erhielt die Antragstellerin einen Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten von 6,70. Diese Beurteilung wurde ihr am 30. Juli 2013 eröffnet. Der nächsthöhere Vorgesetzte, der (damalige) Abteilungsleiter ... der SDBw (Oberst A.), vergab in seiner Stellungnahme vom 2. September 2013 unter Bestätigung des Durchschnittswerts der Aufgabenerfüllung eine Entwicklungsprognose "Förderung bei Bedarf bis in die höchsten Verwendungen der Laufbahn". Die Stellungnahme wurde der Antragstellerin am 2. September 2013 eröffnet.
Unter dem 5. September 2013 erhob die Antragstellerin gegen diese Stellungnahme Gegenvorstellung. Sie erklärte, dass sie mit der Entwicklungsprognose "Förderung bei Bedarf bis in die höchsten Verwendungen der Laufbahn" nicht einverstanden sei. Im Zusammenhang mit ihrer Zuversetzung zur SDBw zum 1. Januar 2011 habe sie von ihrem damaligen beurteilenden Vorgesetzten beim ... einen Beurteilungsbeitrag erhalten, der sich auf ihre planmäßige Beurteilung aus dem Jahr 2009 bezogen habe. Darin sei der Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung mit 8,30 bewertet worden. Sie habe die höchste Entwicklungsprognose erhalten. Diese Entwicklungsprognose sei sowohl in einer Anlassbeurteilung vom 6. Oktober 2008 als auch in der planmäßigen Beurteilung 2009 bestätigt worden. Der nächsthöhere Vorgesetzte habe in der planmäßigen Beurteilung 2009 den Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung auf 8,30 angehoben. Der Beurteilungsbeitrag ihres früheren Vorgesetzten habe sich auf einen Zeitraum vom 1. April 2009 bis zum 31. Dezember 2010 bezogen und damit etwa zwei Drittel des gesamten Beurteilungszeitraums abgedeckt. Da sie bei der SDBw im Kern den gleichen Aufgabenbereich wie in ihrer früheren Einheit wahrnehme, sei die Reduzierung der Entwicklungsprognose in sich nicht schlüssig und habe ihr nicht erklärt werden können. In der Beurteilung vom 24. Juli 2013 habe der beurteilende Vorgesetzte festgestellt, dass ihr "abfallender Leistungswert" gegenüber der letzten Beurteilung kein Indiz dafür darstelle, dass sie nachlassende Leistungen erbracht habe; vielmehr beruhe dies auf der immens starken Leistungsgruppe innerhalb des Dezernates. Eine stärkere Vergleichsgruppe rechtfertige zwar aus ihrer Sicht ohne Frage eine Senkung im Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung, jedoch nicht die Absenkung der Entwicklungsprognose. Diese sei in die Zukunft gewandt und gebe Auskunft über das erkennbare Leistungspotenzial.
Mit Schreiben vom 30. September 2013 legte die Antragstellerin sowohl gegen die Beurteilung als auch gegen die Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten vorsorglich Beschwerde ein und beantragte die Beteiligung der Vertrauensperson.
In seiner Stellungnahme vom 8. November 2013 zur Gegenvorstellung der Antragstellerin legte Oberst A., inzwischen Unterabteilungsleiter ... im Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr, u.a. dar, dass bei Abfassung der strittigen Beurteilung ein Beurteilungsbeitrag des Kompaniechefs der ... vorgelegen habe. Den vom Erstbeurteiler festgestellten Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten, der aus einer immens starken Vergleichsgruppe innerhalb des Dezernates resultiere, habe er selbst bestätigt; bei Vergabe der beanstandeten Wertungsstufe der Entwicklungsprognose sei er davon ausgegangen, dass sich die Antragstellerin als leistungsstarker Portepee erwiesen und die in sie gesetzten Erwartungen erfüllt habe. Mit dieser Aussage werde in Verbindung mit dem von ihm uneingeschränkt bestätigten Leistungswert (6,70) deutlich, dass die Antragstellerin nicht zu den im Vorlagetermin 30. September 2011 beurteilten im oberen Leistungsspektrum angesiedelten Feldwebeln/Oberfeldwebeln gehöre. Sie habe im Beurteilungszeitraum nicht die in sie gesetzten Erwartungen übertroffen, um sich so im Feld der Spitzenportepees platzieren zu können. Die Leistungsunterschiede in einem besonders leistungsstarken und erfahrenen Umfeld seien zu deutlich gewesen. Mit Blick auf den deutlichen Leistungsabfall der Antragstellerin, auf die fehlenden konkreten Verwendungsmöglichkeiten und die fehlenden Vorschläge für Spitzenverwendungen in der Laufbahn sowie angesichts des gewonnenen Persönlichkeitsbildes habe er unter Berücksichtigung der Prognosen in vorherigen Beurteilungen, mit Blick auf die im Beurteilungszeitraum gezeigte Verantwortungsfreude und Berufsauffassung der Antragstellerin und auf das damals weitreichende Entwicklungspotenzial eine "Förderung bei Bedarf bis in die höchsten Verwendungen der Laufbahn" vergeben. Die Vergabe dieser Wertungsstufe der Entwicklungsprognose sei nicht allein auf den Leistungswert zurückzuführen, sondern basiere als prognostische Wertung auf dem von der Antragstellerin gezeigten Beurteilungs- und Persönlichkeitsbild.
Die Vertrauensperson nahm am 24. April 2014 zu der Beschwerde der Antragstellerin Stellung.
Mit Bescheid vom 25. September 2014 wies der Vizepräsident des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr und Beauftragte für Angelegenheiten des militärischen Personals die Beschwerde vom 30. September 2013 zurück. Die weitere Beschwerde vom 23. Oktober 2014 begründete die Antragstellerin mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 26. November 2014 mit der Rüge mehrerer Mängel der Beurteilung vom 24. Juli 2013; sie beanstandete außerdem erneut die Vergabe der Wertungsstufe "Förderung bei Bedarf bis in die höchsten Verwendungen der Laufbahn". Insoweit machte sie geltend, dass sie über ein bei weitem noch nicht ausgeschöpftes Leistungspotenzial verfüge. Das sei ihr auch in vorherigen Beurteilungen mehrfach bestätigt worden. Man habe ihr die Beibehaltung der höchsten Wertungsstufe der Entwicklungsprognose zugesichert.
Auf die Anfrage des Generalinspekteurs der Bundeswehr - R I 6 - vom 27. Januar 2015, ob sich die Beschwerde der Antragstellerin nur gegen die Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten oder auch gegen die - inzwischen bestandskräftige - Beurteilung vom 24. Juli 2013 richte, erklärte sie unter dem 3. Februar 2015 durch ihren Bevollmächtigten, dass sich für sie der Sinn der Erstbeschwerde nur aufgrund der Stellungnahme des Oberst A. ergebe.
Die weitere Beschwerde wies der Generalinspekteur der Bundeswehr mit Beschwerdebescheid vom 23. Februar 2015 zurück. Zur Begründung legte er dar, dass die Stellungnahme vom 2. September 2013 keine Formfehler oder Verstöße gegen das Beurteilungsverfahren nach der ZDv 20/6 aufweise. Oberst A. sei als ehemaliger Abteilungsleiter ... der SDBw für die Erstellung der Stellungnahme zuständig gewesen. Die Eröffnungs- und Erörterungsbestimmungen nach Nrn. 618 ff. ZDv 20/6 seien beachtet worden. Auf die Gegenvorstellung der Antragstellerin sei ihr eine dazu abgegebene Stellungnahme erteilt und eröffnet worden. Materiellrechtlich sei die Stellungnahme vom 2. September 2013 ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie verstoße nicht gegen das Gebot der Sachgerechtigkeit und Widerspruchsfreiheit. Die Ausführungen in Abschnitt 8.2 und 8.4 seien jeweils in sich stimmig; die Ausführungen in Abschnitt 8.4 korrespondierten mit der in Abschnitt 8.5 gegebenen Wertungsstufe. Oberst A. sei an die Bewertung des Beurteilungsbeitrags des Kompaniechefs der ... nicht gebunden gewesen, auch wenn dieser Beitrag einen großen Teil des Beurteilungszeitraums abgedeckt habe. Nach Nr. 503 Buchst. i ZDv 20/6 hätten die beurteilenden Vorgesetzten aufgrund einer Gesamtwürdigung eine Bewertung in eigener Verantwortung zu treffen, ohne den Beurteilungsbeitrag fortschreiben zu müssen. Oberst A. habe in seiner Stellungnahme vom 8. November 2013 zur Gegenvorstellung ausführlich dargelegt, warum er der Antragstellerin in der Entwicklungsprognose nicht die höchstmögliche Bewertung habe geben können. Auch im Übrigen habe der stellungnehmende nächsthöhere Vorgesetzte bei der Entwicklungsprognose die Grenzen des ihm zustehenden Entwicklungsspielraums nicht überschritten.
Gegen diesen ihr am 2. März 2015 zugestellten Bescheid hat die Antragstellerin am 23. März 2015 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Den Antrag hat der Generalinspekteur der Bundeswehr - R I 6 - mit seiner Stellungnahme vom 14. Juli 2015 dem Senat vorgelegt.
Zur Begründung ihres Rechtsschutzbegehrens wiederholt und vertieft die Antragstellerin ihr Beschwerdevorbringen.
Der Generalinspekteur der Bundeswehr beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er verteidigt den Inhalt seines Beschwerdebescheids.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Generalinspekteurs der Bundeswehr - BMVg R I 6 - B 1 01/15 -, die Akte des Generalinspekteurs der Bundeswehr zur Eingabe der Antragstellerin an den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages und die Personalgrundakte der Antragstellerin haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.
Die Antragstellerin hat lediglich den prozessualen Antrag auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gestellt, ohne einen konkreten Sachantrag zu formulieren. Ihr Rechtsschutzbegehren ist bei sachgerechter Auslegung dahin zu verstehen, dass sie die Aufhebung der Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten vom 2. September 2013 zu ihrer (neugefassten) planmäßigen Beurteilung vom 24. Juli 2013 zum Vorlagetermin 30. September 2011 und die Neufassung dieser Stellungnahme hinsichtlich der Entwicklungsprognose wünscht.
Zwar hat die Antragstellerin als Gegenstand ihrer Ausgangsbeschwerde vom 30. September 2013 und ihrer weiteren Beschwerde vom 23. Oktober 2014 die Beurteilung vom 24. Juli 2013 und die Stellungnahme vom 2. September 2013 bezeichnet. Auf Anfrage des Generalinspekteurs der Bundeswehr - R I 6 - vom 27. Januar 2015, der auch auf die Versäumung der Beschwerdefrist bezüglich der Beurteilung hinwies, hat die Antragstellerin jedoch durch ihren Bevollmächtigten am 3. Februar 2015 erklären lassen, dass sich "der Sinn der Erstbeschwerde nur aufgrund der Stellungnahme des Herrn Oberst A." ergebe. Mit diesem eingeschränkten Streitgegenstand hat der Generalinspekteur der Bundeswehr die weitere Beschwerde beschieden. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung bezieht sich in seiner Begründung ebenfalls nur auf die Darlegung, die Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten mit der in ihr vergebenen Wertungsstufe der Entwicklungsprognose sei rechtswidrig. Die Rügen der Antragstellerin gegen die (Erst-)Beurteilung vom 24. Juli 2013 sind daher nicht Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung.
1. Der so ausgelegte Sachantrag ist zulässig.
Nach ständiger Rechtsprechung des Senats stellen sowohl eine dienstliche Beurteilung als auch die Stellungnahme eines höheren Vorgesetzten zu der Beurteilung eines Soldaten jeweils selbstständig anfechtbare Maßnahmen im Sinne des § 17 Abs. 1 WBO dar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Juli 2013 - 1 WB 43.12 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 87 Rn. 22 m.w.N.).
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Die Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten vom 2. September 2013 zu der (neugefassten) planmäßigen Beurteilung der Antragstellerin vom 24. Juli 2013 zum Vorlagetermin 30. September 2011 ist in der Fassung des Beschwerdebescheids des Generalinspekteurs der Bundeswehr vom 23. Februar 2015 rechtmäßig; sie verletzt nicht die Rechte der Antragstellerin.
a) Das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin beurteilt sich noch nach den "Bestimmungen über die Beurteilungen der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr" (ZDv 20/6) und nicht nach dem im Januar 2016 in Kraft getretenen Zentralerlass "Beurteilungen der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr" (A-1340/50); maßgeblich sind insoweit die Beurteilungsvorschriften, die am Beurteilungsstichtag (hier am 30. September 2011) galten (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2009 - 1 WB 47.08 - Buchholz 449.2 § 2 SLV 2002 Nr. 15 Rn. 25 m.w.N.).
b) Dienstliche Beurteilungen und hierzu abgegebene Stellungnahmen sind gerichtlich nur beschränkt nachprüfbar, weil den beurteilenden Vorgesetzten bei ihrem Werturteil über die Eignung, Befähigung und Leistung des zu beurteilenden Soldaten ein Beurteilungsspielraum zusteht. Die Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich deshalb darauf zu beschränken, ob der beurteilende bzw. der stellungnehmende Vorgesetzte den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Wenn das Bundesministerium der Verteidigung auf der Grundlage des § 2 Abs. 2 SLV ermessenslenkende Richtlinien für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, kann das Gericht ferner prüfen, ob diese Richtlinien eingehalten worden sind.
aa) Unter Beachtung dieser Maßgaben bestehen gegen die Rechtmäßigkeit der hinsichtlich der Entwicklungsprognose angefochtenen Stellungnahme keine materiellrechtlichen Bedenken.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin war Oberst A. als zuständiger nächsthöherer Vorgesetzter bei der Abfassung seiner Stellungnahme vom 2. September 2013 nicht an die in früheren Beurteilungen, insbesondere in der planmäßigen Beurteilung 2009 vergebene höchste Wertungsstufe der Entwicklungsprognose gebunden. Er hat seine Einschätzung des zu beurteilenden Soldaten vielmehr höchstpersönlich und in eigener Verantwortung zu treffen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. August 2014 - 1 WB 38.13 - juris Rn. 43).
Der stellungnehmende Vorgesetzte hat nach Nr. 906 Buchst. a ZDv 20/6 die Pflicht zur Stellungnahme zu den Wertungen und Aussagen zur Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten, zum Persönlichkeitsprofil, zu den Verwendungsmöglichkeiten und Verwendungsvorschlägen sowie zu den Vorstellungen des Beurteilten zum weiteren Werdegang (Abschnitte 3, 4, 5 und 7 der Beurteilung). Außerdem erstreckt sich die Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten nach Nr. 906 Buchst. b und Nr. 910 Buchst. a ZDv 20/6 auch darauf, auf der Grundlage der Aussagen und Wertungen in der Beurteilung abschließend das Potenzial des Beurteilten zu beschreiben und zusätzlich eine prognostische Einschätzung der künftigen Entwicklung abzugeben. Das besondere Kennzeichen dieser beiden Aussagen ist ihr Charakter als nicht vergangenheitsbezogene Betrachtung; sie stellen vielmehr in die Zukunft orientierte Einschätzungen dar. Aus diesem Aspekt zieht Nr. 102 Buchst. c ZDv 20/6 die ermessensbindende Schlussfolgerung, dass die prognostischen Teile der Beurteilung nicht allein aus den Aussagen und Wertungen zur Aufgabenerfüllung abzuleiten sind und demnach inhaltlich von diesen abweichen können. Nicht zuletzt deshalb ordnet das Bundesministerium der Verteidigung in Anlage 1/6 zur ZDv 20/6 (Vordruck A) an, dass vor allem die Entwicklungsprognose besonders begründet werden muss.
Mit diesen Vorschriften hat das Bundesministerium der Verteidigung als Erlassgeber bewusst Abstand genommen von den früheren Regelungen über die "Förderungswürdigkeit" des Beurteilten in Nr. 905 Buchst. b und Nr. 906 Buchst. a ZDv 20/6 a.F. (vgl. - auch zum Folgenden - BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2009 - 1 WB 47.08 - Buchholz 449.2 § 2 SLV 2002 Nr. 15 Rn. 39 f). Für das Kriterium der Förderungswürdigkeit hatten der beschließende Senat sowie der 2. Revisionssenat des Bundesverwaltungsgerichts - unter Berücksichtigung des seinerzeit vom Bundesministerium der Verteidigung herausgegebenen Leitfadens "Das neue Beurteilungssystem" vom 11. Mai 1998 - ausgesprochen, dass sich die Beurteilung der Förderungswürdigkeit aus der Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten zur Leistungs- und Eignungsbeurteilung des Soldaten entwickeln sowie Leistungsstand und Eignungsgrad des Beurteilten widerspiegeln müsse (BVerwG, Beschluss vom 18. August 2004 - 1 WB 2.04 - ZBR 2005, 313 und Urteil vom 17. Dezember 2003 - 2 A 2.03 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 33). Mit der Neuregelung der Potenzialabschätzung und der Entwicklungsprognose in Gestalt eines eigenständigen Werturteils des stellungnehmenden Vorgesetzten hat der Erlassgeber hingegen eine stärkere Betonung der prognostischen Elemente in der Eignungsbewertung vorgenommen. Auch der Begriff der Eignung in Art. 33 Abs. 2 GG sowie in § 3 Abs. 1 SG und § 37 Abs. 1 Nr. 3 SG wird maßgeblich durch eine prognostische Einschätzung der künftigen charakterlichen, geistigen und fachlichen Entwicklung des Soldaten bestimmt (vgl. dazu auch Walz/Eichen/Sohm, SG, 2. Aufl. 2010, § 3 Rn. 14, § 37 Rn. 32 ff).
Der stellungnehmende Vorgesetzte ist deshalb bei der prognostischen Einschätzung der künftigen Entwicklung und bei der Potenzialabschätzung nicht nur frei, ob er die Aussagen und Wertungen zur Aufgabenerfüllung bestätigt oder sich von diesen löst; er ist insbesondere auch nicht an frühere Beurteilungen gebunden. Einer derartigen Bindung steht entgegen, dass die inhaltliche Bewertung des Persönlichkeits- und Leistungsbildes eines Soldaten in den Kernbereich des gerichtlich nicht nachprüfbaren subjektiven Werturteils des jeweiligen Beurteilenden fällt. Außerdem erstrecken sich frühere Beurteilungen auf einen anderen Beurteilungszeitraum und können deshalb nicht Gegenstand einer "Fortschreibung" ihrer Werturteile sein (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2009 - 1 WB 47.08 - Buchholz 449.2 § 2 SLV 2002 Nr. 15 Rn. 40).
Oberst A. hat sich als stellungnehmender nächsthöherer Vorgesetzter in Abschnitt 8.2 der Beurteilung eingehend mit den Aussagen und Wertungen des Erstbeurteilers auseinander gesetzt und dessen Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung von 6,70 ohne Wertungsänderungen bestätigt. Dagegen hat die Antragstellerin keine Einwände erhoben, sondern selbst eingeräumt, dass eine stärkere Vergleichsgruppe die Senkung des Durchschnittswertes der Aufgabenerfüllung rechtfertige. In Abschnitt 8.4 der Beurteilung hat sich Oberst A. zum Potenzial der Antragstellerin auf der Grundlage der in Abschnitt 8.2 getroffenen Feststellungen geäußert. Der in Abwägung mit der (starken) Persönlichkeit, der (tadellosen) Berufsauffassung und dem (hohen) Entwicklungspotenzial der Antragstellerin etwas zurückhaltend formulierte Text zur Entwicklungsprognose ("gilt es ... zielgerichtet auf Spitzenverwendungen ... auszurichten") korrespondiert widerspruchsfrei mit der Vergabe des zweithöchsten Ausprägungsgrades der Entwicklungsprognose in Abschnitt 8.5 der Beurteilung. Oberst A. war dabei - wie dargelegt - nicht an die im Jahr 2009 vergebene höchste Wertungsstufe gebunden. Damit - und unter zusätzlicher Berücksichtigung der Erläuterungen in seiner Stellungnahme vom 8. November 2013 - hat er bei der Vergabe der Wertungsstufe der Entwicklungsprognose die Grenzen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums eingehalten.
Der stellungnehmende nächsthöhere Vorgesetzte war auch nicht an den Inhalt des für die Antragstellerin im Dezember 2010 erstellten Beurteilungsbeitrags ihres früheren Vorgesetzten bei der ... gebunden.
Beurteilungsbeiträge müssen bei der Ausübung des Beurteilungsspielraums durch den beurteilenden Vorgesetzten berücksichtigt, d. h. zur Kenntnis genommen und bedacht werden. Diese Notwendigkeit beruht auf dem Erfordernis, dass sich planmäßige Beurteilungen auf sämtliche Leistungen sowie die Eignung und Befähigung, die der beurteilte Soldat oder die beurteilte Soldatin während des gesamten Beurteilungszeitraums gezeigt hat, erstrecken müssen. War der für die Beurteilung zuständige Vorgesetzte nicht in der Lage, sich während des gesamten Beurteilungszeitraums ein eigenes Bild von den zur Beurteilung anstehenden Merkmalen zu verschaffen, hat er Beurteilungsbeiträge Dritter heranzuziehen. Beurteilungsbeiträge, die nach Nr. 503 Buchst. g Satz 1 ZDv 20/6 von einem früheren zuständigen Vorgesetzten abgefasst worden sind, sollen gemäß Nr. 503 Buchst. a Satz 2 ZDv 20/6 dem für die Beurteilung zuständigen Vorgesetzten zusätzliche Erkenntnisquellen erschließen und ihm dadurch eine umfassende und treffende Beurteilung erleichtern. Der für die Beurteilung zuständige Vorgesetzte ist jedoch an die Feststellungen und Bewertungen Dritter nicht in der Weise gebunden, dass er sie in seine Beurteilung "fortschreibend" übernehmen müsste. Vielmehr hat er seine Bewertung auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung, die auch die durch Beurteilungsbeiträge vermittelten Erkenntnisse einzubeziehen hat, in eigener Verantwortung zu treffen (BVerwG, Beschluss vom 12. August 2014 - 1 WB 38.13 - Rn. 45 m.w.N.). Der beurteilende Vorgesetzte übt seinen Beurteilungsspielraum rechtmäßig aus, wenn er die Beurteilungsbeiträge in seine Überlegungen einbezieht und Abweichungen nachvollziehbar begründet; er ist jedoch nicht verpflichtet, im Einzelnen schriftlich darzulegen, in welchem Umfang die in seinen Bewertungen getroffene Gesamtwürdigung auf den eigenen Erkenntnissen und auf den Beiträgen Dritter beruht (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 8. März 2006 - 1 WB 23.05 - Rn. 25 und Urteil vom 27. November 2014 - 2 A 10.13 - BVerwGE 150, 359 Rn. 24). Die vorstehenden Grundsätze gelten auch für die stellungnehmenden nächsthöheren Vorgesetzten (Nr. 904 Buchst. d ZDv 20/6).
Der vom Kompaniechef der ... im Dezember 2010 für die Antragstellerin vor ihrer Versetzung zur SDBw erstellte Beurteilungsbeitrag ist in Abschnitt 1.2 Buchst. c der Beurteilung vom 24. Juli 2013 genannt und in der Beschreibung der im Beurteilungszeitpunkt ausgeführten Aufgaben und Tätigkeiten inhaltlich wiedergegeben. In Abschnitt 3.3 bei der Bewertung der Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten sind seine Ergebnisse bei der Bewertung der Einzelmerkmale 3.1.8, 3.1.9 und 3.1.10 ausdrücklich übernommen worden. Damit steht fest, dass sich der Erstbeurteiler in der Beurteilung vom 24. Juli 2013 bei der Sachverhaltsfeststellung und unter Beachtung der übrigen Kriterien des Beurteilungsspielraums in der rechtlich gebotenen Form mit dem Beurteilungsbeitrag auseinander gesetzt hat.
Es ist nicht ersichtlich und von der Antragstellerin auch nicht geltend gemacht worden, dass der nächsthöhere Vorgesetzte diesen Beurteilungsbeitrag bei Abfassung seiner Stellungnahme nicht gekannt hätte. Der Beurteilungsbeitrag ist zwar als zusätzliche Erkenntnisgrundlage in der angefochtenen Stellungnahme in Abschnitt 8.1 Buchst. c unter "Beiträge Dritter" nicht erwähnt. Sofern darin ein formelles Versäumnis (und nicht nur ein Schreibversehen) liegt, hat dieser Umstand jedoch keine Auswirkungen auf die Stellungnahme des Oberst A. gehabt. Denn dieser hat sich in Abschnitt 8.2 (unter der Überschrift "Zu den Abschnitten 3. - 5. sowie ggf. 7. und beigefügten Beurteilungsbeiträgen") im Einzelnen mit der Leistungsbewertung des Erstbeurteilers in Abschnitt 3 auseinander gesetzt, wo unter 3.3 der Beurteilungsbeitrag explizit erwähnt und inhaltlich verarbeitet ist. Auf der Basis seiner vollen Überprüfungs- und Änderungsbefugnis aus Nr. 906 Buchst. a und c ZDv 20/6 hat Oberst A. damit den Beurteilungsbeitrag und dessen Inhalt zur Kenntnis genommen und mit seinen eigenen Erkenntnissen über die Antragstellerin abgewogen. Auf dieser Grundlage hat er in beanstandungsfreier Art - ohne Bindung an den Beurteilungsbeitrag - seine Wertung der Entwicklungsprognose abgegeben.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin war Oberst A. als nächsthöherer Vorgesetzter bei Abgabe seiner Stellungnahme auch nicht an eine angebliche Zusicherung eines früheren beurteilenden Vorgesetzten der Antragstellerin gebunden, die höchste Wertungsstufe der Entwicklungsprognose werde in der Beurteilung 2011 beibehalten. Abgesehen davon, dass Zusicherungen eine Bindungswirkung nur dann entfalten, wenn sie von einer Person oder einer Dienststelle der Bundeswehr abgegeben werden, die für die Beurteilung des Inhalts der Zusicherung sachlich zuständig ist, kommt eine derartige Zusicherung im Bereich des Beurteilungswesens grundsätzlich nicht in Betracht. Denn bei den Wertungen und Stellungnahmen im Bereich einer Beurteilung und bei der Einstufung des Potenzials des Beurteilten sowie der Entwicklungsprognose handelt es sich - wie dargelegt - um höchstpersönliche Werturteile, die die zuständigen Vorgesetzten im Rahmen ihres jeweiligen Beurteilungsspielraums und bezogen auf den für sie maßgeblichen Beurteilungszeitraum eigenverantwortlich zu treffen haben. Ein Übergriff in diese eigenverantwortliche Beurteilungszuständigkeit in Gestalt einer Zusicherung, eine frühere Bewertung werde ohne weitere Prüfung auch in die aktuelle Beurteilung oder Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten übernommen, ist mit der Rechtsnatur der Beurteilung und der Stellungnahme nicht zu vereinbaren.
bb) Formellrechtliche Mängel der Stellungnahme des nächsthöheren Vorgesetzten vom 2. September 2013 sind weder ersichtlich noch geltend gemacht.