Entscheidungsdatum: 19.06.2014
1. Der Informationsanspruch der Vertrauensperson bzw. (in personalratsfähigen Dienststellen) des Personalrats im Rahmen der Anhörung (§ 20 Satz 1 SBG) bezieht sich nur auf die Entscheidungsgrundlagen der beabsichtigten Maßnahme. Aus ihm ergibt sich kein Mitentscheidungsrecht über Inhalt und Gründe der - von der zuständigen Stelle zu treffenden - Entscheidung.
2. Gibt die Vertrauensperson bzw. der Personalrat nach ordnungsgemäßer Unterrichtung über die beabsichtigte Maßnahme nicht innerhalb einer angemessenen Frist eine Stellungnahme ab, so ist die für die Entscheidung zuständige Stelle befugt, das Anhörungsverfahren abzuschließen und die Entscheidung zu treffen.
Der Antragsteller, der Örtliche Personalrat bei der ..., macht eine Verletzung seiner Beteiligungsrechte nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz geltend.
Mit Schreiben an die Stammdienststelle der Bundeswehr vom 13. Juli 2012 beantragte der Inspektionschef der ...schule die Entlassung nach § 55 Abs. 5 SG von Stabsunteroffizier (FA) H. (Soldat auf Zeit mit einer Verpflichtungsdauer von zwölf Jahren und einer damals auf drei Jahre festgesetzten, zum 31. März 20.. endenden Dienstzeit). Zur Begründung führte er aus:
„Nach Durchführung disziplinarer Ermittlungen ist StUffz (FA) H. massiv beschuldigt und aus meiner Sicht hinreichend verdächtig, am 03.07.2012 maßgeblich am Diebstahl militärischer Ausrüstung aus der Bekleidungskammer M. beteiligt zu sein und somit der materiellen Einsatzfähigkeit der Bundeswehr geschadet zu haben. In Zusammenhang hiermit wird ihm vorgeworfen, dass er seinen höheren Dienstgrad hat ausnutzen wollen, indem er OGefr B. anwies, den Diebstahl durchzuführen, dieser sich nach eigener Aussage jedoch weigerte. Darüber hinaus hat er durch massive Falschaussage gegen seine Wahrheitspflicht verstoßen.
In den Vernehmungen konnte er keine der ihn belastenden Zeugenaussagen auch nur ansatzweise entkräften. Als er am 06.07.2012 mit den Anschuldigungen gegen seine Person konfrontiert wurde, gab er in der Vernehmung als Soldat zu Protokoll, dass er nichts mit dem Diebstahl zu tun gehabt hätte und versichert, dass er auch nicht gesehen habe, wie OGefr B. irgendwelche Ausrüstungsgegenstände gestohlen hätte. In einer zweiten Vernehmung am 10.07.2012 änderte er seine Aussage gravierend und beschuldigt nunmehr OGefr B., den Diebstahl durchgeführt zu haben. Seine Falschaussage vom 06.07.2012 begründete er gegenüber OLt G. und mir mit der Pflicht zur Kameradschaft, die für ihn schwerer wiege als die zur Wahrheit.
Das Verbleiben von StUffz (FA) H. im Dienstverhältnis birgt meines Erachtens massive Risiken für den Bestand der inneren Ordnung. Durch seine massive Falschaussage ist das Vertrauensverhältnis zwischen StUffz (FA) H. und mir vollkommen zerstört. Die Verwicklung seiner Person, eingesetzt in Vorgesetztenfunktion, lässt eine weitere Dienstverrichtung in der Rekrutenausbildung nicht mehr zu und führte zu deutlich spürbarer Unruhe im gesamten Unteroffizierkorps meiner Einheit. Selbst interne Maßnahmen durch Abordnung von StUffz (FA) H. in eine andere Einheit innerhalb der Lehrgruppe waren nur gegen starken Widerwillen machbar, da auch die ... Inspektion - deren Unteroffizierkorps Kenntnis von den Vorgängen bekommen hatte - sich strikt gegen eine Aufnahme von StUffz (FA) H. aussprach. Aus diesen Gründen sehe ich den Bestand der inneren Ordnung durch ein Verbleiben von StUffz (FA) H. im Dienstverhältnis als massiv gefährdet an.“
In der Anhörung zu dem Entwurf des Antrags auf Entlassung erklärte der Soldat (durch Ankreuzen einer vorformulierten Wahlmöglichkeit in der Eröffnungs- und Anhörungsniederschrift vom 11. Juli 2012, unter Nr. 6), dass er der Anhörung der Vertrauensperson der Wählergruppe nicht widerspreche.
Mit E-Mail vom 20. September 2012 teilte die Stammdienststelle dem Kommandeur der ...schule mit, dass beabsichtigt sei, den betroffenen Soldaten wie beantragt nach § 55 Abs. 5 SG zu entlassen. Eine abschließende Entscheidung in der Sache habe noch nicht getroffen werden können, weil eine Stellungnahme des Örtlichen Personalrats nicht vorliege. Nachdem dieser vollständige Einsicht in den dem Entlassungsantrag zugrundeliegenden Verwaltungsvorgang genommen und ausreichend Zeit und Gelegenheit gehabt habe, sich mit dem Sachverhalt vertraut zu machen, werde gebeten, das Beteiligungsverfahren nunmehr abzuschließen. Einer Stellungnahme der Personalvertretung werde bis zum 9. Oktober 2012 entgegengesehen.
Mit Schreiben vom 5. Oktober 2012 erklärte der Antragsteller gegenüber dem Kommandeur der ...schule, dass er das Begehren des Soldaten auf Anhörung gemäß § 23 SBG und die E-Mail der Stammdienststelle vom 20. September 2012 zur Kenntnis genommen habe. Ein Anhörungsbeitrag könne jedoch erst nach Kenntnis der beabsichtigten Entscheidung der personalbearbeitenden Stelle über den Antrag des Inspektionschefs auf fristlose Entlassung erstellt werden. Für den Anhörungsbeitrag benötige die Gruppe der Soldaten folgende Informationen von der personalbearbeitenden bzw. mit der Entscheidung beauftragten Stelle: Benennung der beabsichtigten Maßnahme; Benennung des Entlassungsgrunds; Benennung des Dienstvergehens, auf das sich der Entlassungsgrund beziehe.
Mit E-Mail vom 11. Oktober 2012 teilte die Stammdienststelle dem Kommandeur der ...schule mit, dass die angeforderten Informationen dem Antragsteller bereits vorlägen. Aus diesem Umstand ergebe sich, dass das beteiligungsrechtliche Verfahren seitens des Antragstellers nicht ernsthaft betrieben werden solle. Die Stammdienststelle sehe daher das Beteiligungsverfahren als abgeschlossen an und werde in Kürze in der Sache entscheiden.
Mit Bescheid vom 17. Oktober 2012 verfügte die Stammdienststelle die Entlassung von Stabsunteroffizier (FA) H. aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit gemäß § 55 Abs. 5 SG mit Ablauf des Tages der Aushändigung der Verfügung (18. Oktober 2012). Die Entlassung wurde darauf gestützt, dass der Soldat am 3. Juli 2012 bei der Einkleidung von Rekruten, bei der er als Gruppenführer einer Grundausbildungseinheit zugegen war, im Dienst und gemeinschaftlich mit einem Untergebenen aus den Räumlichkeiten der Bekleidungskammer Ausrüstungsgegenstände im Gesamtwert von rund 950 € entwendet habe. Die Täterschaft stehe aufgrund der Aussagen des Soldaten selbst, seines Mittäters sowie eines glaubwürdigen Zeugen fest. Ein Verbleiben des Soldaten in dem Dienstverhältnis würde die militärische Ordnung und das Ansehen der Bundeswehr ernsthaft gefährden. Zur Beteiligung des Antragstellers wurde erklärt, dass dieser ausreichend Zeit und Gelegenheit sowie vollständige Einsicht in den Entlassungsvorgang gehabt, jedoch trotz wiederholter Fristsetzung keine Stellungnahme abgegeben habe.
Gegen die Entlassung aus dem Dienstverhältnis wandte sich der betroffene Soldat nach erfolgloser Beschwerde mit einer Klage, die derzeit beim Verwaltungsgericht H. anhängig ist (Az.: 2 A 2884/13).
Mit Schreiben vom 1. November 2012 erhob der Antragsteller Beschwerde wegen Verletzung seiner Beteiligungsrechte in dem Verfahren über die Entlassung des Soldaten. Vor der Personalentscheidung der Stammdienststelle habe entgegen dem in § 20 i.V.m. § 23 SBG vorgesehenen Verfahren keine ordnungsgemäße Anhörung stattgefunden. Auf das Schreiben vom 5. Oktober 2012, in dem um weitere Erläuterungen gebeten worden sei, sei bis heute keine Antwort erfolgt. Das Soldatenbeteiligungsgesetz kenne auch keine Fristsetzungen für die Stellungnahme im Rahmen der Anhörung. Weder die personalbearbeitende Stelle noch die Stabsabteilungen der ...schule hätten Vorgesetzten- oder Weisungsfunktion gegenüber ihm, dem Antragsteller. Nach § 52 SBG sei in der Angelegenheit des Soldaten die Gruppe der Soldaten im Örtlichen Personalrat zuständig gewesen.
Mit Schreiben vom 20. Dezember 2012 erhob der Antragsteller weitere Beschwerde, weil über seine Beschwerde vom 1. November 2012 nicht innerhalb eines Monats entschieden worden sei. Mit Schreiben an das Bundesministerium der Verteidigung vom 7. Februar 2013 wiederholte er nochmals den wesentlichen Inhalt der Beschwerde vom 1. November 2011 und verwies auf die weitere Beschwerde vom 20. Dezember 2012. Aus seiner Sicht könne die versäumte Anhörung auch nicht geheilt werden, weil sie nicht rückwirkend auf die bereits am 17. Oktober 2012 verfügte Entlassung einwirken könne.
Der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - wertete die weitere Beschwerde vom 20. Dezember 2012 in Verbindung mit dem Schreiben vom 7. Februar 2013 als Antrag auf gerichtliche Entscheidung und legte diesen mit seiner Stellungnahme vom 6. Mai 2013 dem Senat vor.
Zur Begründung führt der Antragsteller ergänzend zu seinem Beschwerdevorbringen insbesondere aus:
Eine ordnungsgemäße Anhörung habe nicht stattgefunden. Trotz verschiedener Anfragen habe die Stammdienststelle nicht mitgeteilt, welche Entscheidung sie beabsichtige. Gleiches gelte für den Vorwurf gegenüber dem betroffenen Soldaten. So sei offenbar der Entlassungsgrund aus dem Entlassungsantrag als tatsächlich gegeben unterstellt worden; das Verfahren gegen den betroffenen Soldaten wegen Diebstahls sei jedoch von der Staatsanwaltschaft mit Bescheid vom 27. September 2012 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Der Diebstahlsvorwurf hätte deshalb nicht weiter aufrechterhalten werden dürfen. Insofern hätte sich auch seine, des Antragstellers, Anhörung auf die Entscheidung der Stammdienststelle ausgewirkt. Er hätte gegenüber der Stammdienststelle, die in der Entlassungsverfügung einen vermeintlichen Diebstahl als Entlassungsgrund angegeben habe, obwohl das Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft bereits eingestellt gewesen sei, im Rahmen der Anhörung geltend gemacht, dass insoweit ein unzutreffender Grund angegeben werde. Dem Soldaten hätte dann allenfalls noch ein möglicherweise vorliegendes anderes Dienstvergehen, nämlich eine nicht korrekte Aussage im Rahmen einer protokollierten Vernehmung, vorgeworfen werden können. Zu diesem Gesichtspunkt habe jedoch ebenfalls keine Anhörung stattgefunden.
Eine verzögernde Bearbeitung durch ihn, den Antragsteller, habe zu keiner Zeit vorgelegen. Vielmehr sei nach der E-Mail vom 20. September 2012 im Rahmen der nächstmöglichen Sitzung am 5. Oktober 2012 die Nachfrage nach den erforderlichen Informationen noch einmal wiederholt worden. Da die Gruppe der Soldaten im Örtlichen Personalrat aus den vorliegenden Vernehmungsprotokollen keinen Nachweis für ein Dienstvergehen, das eine Entlassung des Soldaten nach § 55 Abs. 5 SG rechtfertige, habe entnehmen können, habe man sich letztmalig mit dem Schreiben vom 5. Oktober 2012 um die Benennung des Entlassungsgrundes und die Benennung des Dienstvergehens, auf das sich der Entlassungsgrund beziehe, bemüht. Zudem sei man durch die Einstellung des Ermittlungsverfahrens bei der Staatsanwaltschaft in der Ansicht bestärkt worden, dass ein Dienstvergehen nicht nachgewiesen werden könne.
Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hält den Antrag auf gerichtliche Entscheidung bereits für unzulässig. Nach der erfolgten Entlassung des Soldaten könne eine Beteiligung des Antragstellers zur beabsichtigten Entlassung nicht mehr erfolgen. Für eine etwaige Feststellung, dass die Beteiligung fehlerhaft gewesen sei, fehle dem Antragsteller das Fortsetzungsfeststellungsinteresse.
Der Antrag sei jedenfalls unbegründet. Nach seinen eigenen Angaben in dem Schreiben vom 5. Oktober 2012 habe dem Antragsteller der Antrag des Inspektionschefs auf Entlassung des Soldaten vorgelegen, aus dem sich die beabsichtigte Maßnahme, der Entlassungsgrund und das Dienstvergehen, auf das sich der Entlassungsgrund beziehe, ergeben hätten. Der Antragsteller habe deshalb bereits über die in dem Schreiben vom 5. Oktober 2012 bezeichneten Informationen verfügt, er sei umfassend im Sinne von § 20 Satz 1 SBG unterrichtet gewesen. Weil er von der Gelegenheit, innerhalb einer angemessenen Frist eine Stellungnahme abzugeben, keinen Gebrauch gemacht habe, sei eine Erörterung nicht erforderlich gewesen. Auch sonst seien keine Fehler im Beteiligungsverfahren ersichtlich. Eine fehlende Anhörung sei unabhängig davon gemäß § 46 VwVfG unbeachtlich, weil offensichtlich sei, dass sie sich nicht auf die Entscheidung ausgewirkt hätte. Im vorliegenden Fall sei eine Reduktion des Ermessens auf Null gegeben, weil die Entlassung des Soldaten in vergleichbaren Fällen die ständige Praxis der Stammdienststelle sei.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - R II 2 - Az.: 4/13 - hat dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.
1. Der Antrag ist allerdings zulässig.
a) Beruft sich der bei einer Dienststelle der Bundeswehr gebildete Personalrat auf eine Behinderung in seinen Beteiligungsrechten in Angelegenheiten, die nur die Soldaten betreffen, so ist gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1, § 16 SBG, § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO - abweichend von § 48 Satz 1 SBG, § 83 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG - der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten gegeben (stRspr, vgl. Beschluss vom 17. Februar 2009 - BVerwG 1 WB 37.08 - Rn. 17 m.w.N.
b) Der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - hat die wegen Untätigkeit erhobene weitere Beschwerde des Antragstellers vom 20. Dezember 2012 zu Recht als Antrag auf gerichtliche Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht gewertet, sodass der Senat für die Entscheidung sachlich zuständig ist (§ 21 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1, § 17 Abs. 1 Satz 2 WBO).
c) Der Antragsteller ist antragsbefugt (vgl. zum Folgenden Beschluss vom 24. Mai 2011- BVerwG 1 WB 60.10 - Buchholz 449.7 § 23 SBG Nr. 8 Rn. 23 = NZWehrr 2012, 75 m.w.N.). Er kann auch in Angelegenheiten, die ausschließlich Soldaten betreffen, deren Rechte im gerichtlichen Antragsverfahren geltend machen, weil die Gruppe der Soldaten kein eigenständiges Vertretungsorgan im Sinne des § 1 Abs. 2 SBG ist, obwohl sie in ihrer Funktion als Vertrauensperson Aufgaben oder Tätigkeiten nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz wahrnimmt. Angelegenheiten, die allein die Gruppe der Soldaten betreffen, werden materiell nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz, formell aber nach § 38 Abs. 2, § 32 Abs. 3 BPersVG behandelt. Dementsprechend macht der Antragsteller auch dann eine Verletzung eigener Beteiligungsrechte geltend, wenn es um Gruppenangelegenheiten der Soldaten geht, über die nach vorheriger gemeinsamer Beratung im Personalrat nur die Angehörigen der Gruppe abstimmen (§ 49 Abs. 2 Satz 3 SBG i.V.m. § 38 Abs. 2 BPersVG).
d) Der Antragsteller hat in der Beschwerde vom 1. November 2012 sowie in dem Schreiben vom 7. Februar 2013 drei Beschwerdepunkte aufgezählt, aber für das gerichtliche Verfahren keinen konkreten Sachantrag gestellt. Bei sach- und interessengerechter Auslegung zielt das Rechtsschutzbegehren darauf, festzustellen, dass die Anhörung des Antragstellers zu der beabsichtigten Entlassung von Stabsunteroffizier (FA) H. aus dem Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde und damit rechtswidrig war. In diesem Antrag sind die angeführten drei Einzelpunkte der Sache nach enthalten.
Der Feststellungsantrag ist in der vorliegenden Fallkonstellation die richtige Antragsart; für ihn ist auch ein Feststellungsinteresse des Antragstellers gegeben (vgl. auch zum Folgenden, Beschluss vom 24. Mai 2011 a.a.O. Rn. 25 ff.).
Dem Feststellungsantrag steht § 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 43 Abs. 2 VwGO nicht entgegen. Die Subsidiarität der Feststellungsklage nötigt den jeweiligen Antragsteller zwar grundsätzlich, seine in Rede stehenden Rechte vorrangig mit einem Anfechtungs- oder Verpflichtungsantrag bzw. mit einem Leistungsantrag zu verfolgen. Eine Anhörung vor der beabsichtigten Personalmaßnahme oder eine Nachholung der Anhörung in einem laufenden Beschwerdeverfahren sind vorliegend jedoch nicht mehr möglich. Andererseits ist der Rechtsstreit auch nicht in der Hauptsache erledigt, weil der Frage, ob der Antragsteller ordnungsgemäß angehört wurde, noch rechtliche Bedeutung in dem beim Verwaltungsgericht H. anhängigen Klageverfahren des betroffenen Soldaten gegen seine Entlassung zukommt. Zu berücksichtigen ist ferner, dass das vertretungsrechtliche Beschwerdeverfahren nach § 16 SBG regelmäßig nicht nur der Durchsetzung individueller Ansprüche, sondern der Klärung und Feststellung von Zuständigkeiten sowie von vertretungsrechtlichen Befugnissen und Pflichten dient (vgl. Beschluss vom 24. Mai 2011 a.a.O. Rn. 26 m.w.N.). Auch im Hinblick auf die vom Antragsteller angeführten Parallelfälle (Beschwerde vom 1. November 2012, Seite 2 am Ende) ist der vorliegende Fall deshalb geeignet, die strittigen Fragen zu § 20 Satz 1 und 2 SBG zu klären. Mit dem Feststellungsantrag wird schließlich auch nicht die Beschwerdefrist des § 6 Abs. 1 WBO umgangen; die Beschwerde vom 1. November 2012 wurde innerhalb eines Monats nach Kenntnis von dem Beschwerdeanlass - der Entlassung des Soldaten durch Verfügung vom 17. Oktober 2012, ohne dass der Antragsteller hierzu vorher eine Stellungnahme abgegeben hatte - erhoben.
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
Bei der Entlassung von Stabsunteroffizier (FA) H. gemäß § 55 Abs. 5 SG wurden keine Beteiligungsrechte des Antragstellers verletzt.
a) Der Antragsteller war zu der beabsichtigten Personalmaßnahme anzuhören.
Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SBG i.V.m. § 52 Abs. 1 SBG und § 7 Satz 1 BPersVG soll bei der vorzeitigen Beendigung des Dienstverhältnisses, sofern das Soldaten- oder Wehrpflichtgesetz einen Ermessensspielraum einräumt, auf Antrag des betroffenen Soldaten der Personalrat durch den Dienststellenleiter angehört werden.
§ 55 Abs. 5 SG, wonach ein Soldat auf Zeit während der ersten vier Dienstjahre fristlos entlassen werden kann, wenn er seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat und sein Verbleiben im Dienstverhältnis die militärische Ordnung oder das Ansehen der Bundeswehr ernstlich gefährden würde, stellt eine Ermessensvorschrift im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SBG dar.
Der betroffene Soldat hat die Anhörung des Personalrats beantragt. Stabsunteroffizier (FA) H. hat zwar in der Eröffnungs- und Anhörungsniederschrift vom 11. Juli 2012 lediglich - durch Ankreuzen des entsprechenden Kästchens - erklärt, dass er der Anhörung der Vertrauensperson der Wählergruppe nicht widerspreche. Dabei ist dem Soldaten jedoch offenbar ein unzutreffendes Formular - nämlich das zur Ahndung von Dienstvergehen, wonach bei der beabsichtigten Einleitung eines disziplinargerichtlichen Verfahrens die Vertrauensperson anzuhören ist, sofern der Soldat nicht widerspricht (§ 27 Abs. 2 SBG) - vorgelegt worden. Nach den Umständen ist die Erklärung von Stabsunteroffizier (FA) H. jedoch sinngemäß als Antrag im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 1 SBG zu verstehen.
Gesichtspunkte, die den vorliegenden Fall als atypisch erscheinen ließen und deshalb eine Ausnahme von der nach der Soll-Vorschrift in der Regel gebotenen Beteiligung in Form der Anhörung rechtfertigen würden (vgl. Beschluss vom 27. Februar 2003 - BVerwG 1 WB 57.02 - BVerwGE 118, 25 <31 f.> = Buchholz 252 § 23 SBG Nr. 2 S. 5 f. = NZWehrr 2003, 212 m.w.N.), sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
b) Bei der Anhörung wurden keine Beteiligungsrechte des Antragstellers verletzt.
aa) Der Antragsteller wurde über die beabsichtigte Maßnahme hinreichend unterrichtet (§ 20 Satz 1 SBG).
Gemäß § 20 Satz 1 SBG ist die Vertrauensperson über beabsichtigte Maßnahmen, zu denen sie anzuhören ist, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Den gleichen Anspruch hat - wie hier - nach § 52 Abs. 1 Satz 1 SBG in Angelegenheiten, die nur die Soldaten betreffen, der Personalrat in Gestalt der zur Entscheidung berufenen Soldatenvertreter.
Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. insb. Beschlüsse vom 20. Juni 2005 - BVerwG 1 WB 60.04 - Buchholz 252 § 20 SBG Nr. 1 S. 4 f. und S. 10 und vom 25. Juni 2008 - BVerwG 1 WB 5.07 - Buchholz 449.7 § 20 SBG Nr. 2 Rn. 32) sind danach sämtliche Informationen zu übermitteln, die im Hinblick auf die Aufgaben und Befugnisse der anzuhörenden Stelle innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs für eine sachgerechte Beurteilung der beteiligungspflichtigen Maßnahme und des dieser zugrundeliegenden Sachverhalts von Bedeutung sind. Der genaue Gegenstand und Umfang der mitzuteilenden Informationen richten sich nach den Umständen des Einzelfalles. Maßgeblich sind neben den Aufgaben und Befugnissen der anzuhörenden Stelle die rechtlichen Voraussetzungen sowie diejenigen Kriterien der beteiligungspflichtigen Maßnahme, die voraussichtlich für die spätere Entscheidung maßgeblich sind. Nicht von der Pflicht zur rechtzeitigen und umfassenden Information erfasst sind damit Umstände, die sich nicht auf die konkret zu treffende Maßnahme beziehen, dafür ohne jede Relevanz sind oder lediglich die (vorbereitende) interne Entscheidungsfindung auf Seiten des Dienstherrn betreffen. Maßgebend ist dabei ein objektiver Maßstab. Außerdem stehen der Vertrauensperson bzw. dem Personalrat keine Informationsrechte über personenbezogene Daten zu, die datenschutzrechtlich für Dritte geschützt sind.
Danach wurden dem Antragsteller sämtliche Informationen übermittelt, die er für eine sachgerechte Stellungnahme zu der beabsichtigten Entlassung benötigt hätte.
Aus den vorliegenden Unterlagen lässt sich zwar nicht völlig eindeutig erkennen, wann und durch welchen Vorgang das Beteiligungsverfahren förmlich in Gang gesetzt wurde. Nach der Darstellung in dem Schreiben des Kommandeurs der ...schule vom 12. November 2012 zur sachgleichen Eingabe von Stabsunteroffizier (FA) H. an den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestags ist dies jedoch in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Entlassungsantrag, also in der zweiten Julihälfte 2012, erfolgt. Aus demselben Schreiben geht weiter hervor, dass der Inspektionschef am 20. August 2012 alle Ermittlungsunterlagen, die seinem Antrag zugrunde lagen, dem Antragsteller zur Verfügung gestellt habe; hierbei dürfte es sich insbesondere um die dem Entlassungsantrag als Anlage beigefügten Vernehmungsprotokolle gehandelt haben, die der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - unter dem 7. November 2013 auch dem Senat vorgelegt hat. Dass dem Antragsteller die Vernehmungsprotokolle zugänglich und bekannt waren, wird von diesem selbst bestätigt, wenn er vorträgt, dass er zum damaligen Zeitpunkt „aus den vorliegenden Vernehmungsprotokollen kein nachweisbares Dienstvergehen“ habe entnehmen können (Schriftsatz vom 20. November 2013). In seinem Schreiben vom 5. Oktober 2012 bestätigt der Antragsteller ferner, den Entlassungsantrag des Inspektionschefs vom 13. Juli 2012 und die E-Mail der Stammdienststelle an den Kommandeur der ...schule vom 20. September 2012 erhalten zu haben. Aus letzterer wiederum ergibt sich, dass die Stammdienststelle nach Auswertung der vorgelegten Unterlagen und in gegenwärtiger Bewertung der Sach- und Rechtslage zu der Einschätzung gelangt sei, den Soldaten nach § 55 Abs. 5 SG zu entlassen; außerdem weist auch die Stammdienststelle darauf hin, dass der Antragsteller inzwischen vollständige Einsicht in den dem Entlassungsantrag zugrundeliegenden Verwaltungsvorgang genommen habe.
Nach dieser von ihm nicht bestrittenen Sachlage hat der Antragsteller alle Informationen erhalten, die für eine sachgerechte Beurteilung der beteiligungspflichtigen Maßnahme und des dieser zugrundeliegenden Sachverhalts von Bedeutung sind. Soweit der Antragsteller mit dem Schreiben vom 5. Oktober 2012 und sodann mit der Beschwerde vom 1. November 2012 die Benennung der beabsichtigten Maßnahme, des Entlassungsgrunds und des Dienstvergehens, auf das sich der Entlassungsgrund beziehe, anmahnt, haben ihm die Stammdienststelle und der Bundesminister der Verteidigung zutreffend entgegengehalten, dass sich diese Informationen ohne Weiteres aus den vorliegenden Unterlagen ergäben und dem Antragsteller deshalb bereits bekannt seien.
Die Argumentation im gerichtlichen Verfahren deutet allerdings darauf hin, dass es dem Antragsteller nicht nur um Informationen zu den Entscheidungsgrundlagen, sondern auch und vorrangig darum gegangen ist, von der Stammdienststelle gleichsam vorab einen Entwurf ihrer abschließenden Entscheidung mit Gründen zur Durchsicht zu erhalten. So kritisiert der Antragsteller in dem Schriftsatz vom 24. Juni 2013 insbesondere, dass die Stammdienststelle in der Entlassungsverfügung der Einschätzung des Inspektionschefs gefolgt sei und - ungeachtet der zwischenzeitlichen Einstellung der strafrechtlichen Ermittlungen gegen Stabsunteroffizier (FA) H. gemäß § 170 Abs. 2 StPO - einen von diesem (gemeinschaftlich) begangenen Diebstahl angenommen habe; wäre er, der Antragsteller, über diese Begründung der Entlassungsverfügung informiert gewesen, so hätte er im Rahmen der Anhörung geltend gemacht, dass er den Diebstahlsvorwurf für unbegründet und eine darauf gestützte Entlassung für unzulässig halte.
Mit der Forderung nach einer Vorabinformation über die Gründe der abschließenden Entscheidung verkennt der Antragsteller allerdings die Funktion und Reichweite seines Anhörungsrechts. Das Anhörungsrecht vermittelt der Vertrauensperson bzw. dem Personalrat kein Mitentscheidungsrecht, etwa im Sinne eines herzustellenden Einvernehmens über den Inhalt der Personalmaßnahme, sondern ermöglicht ihnen lediglich, durch eine Stellungnahme und ggf. deren Erörterung im Stadium der Vorbereitung der Entscheidung Einfluss zu nehmen; das Ergebnis der Anhörung, über die eine Niederschrift anzufertigen ist, ist dann in die - nachfolgende - Personalentscheidung der zuständigen und (allein) verantwortlichen Stelle einzubeziehen (§ 23 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 SBG). Insofern gibt es im Stadium der Anhörung zwar, wie § 20 SBG zutreffend formuliert, eine „beabsichtigte Maßnahme“ (hier: die Entlassung des Soldaten nach § 55 Abs. 5 SG); ob und ggf. aus welchen Gründen diese Maßnahme tatsächlich getroffen wird oder nicht, steht aber gerade noch nicht fest, sondern soll - nicht zuletzt unter Einbeziehung des Ergebnisses der Anhörung der Vertrauensperson bzw. des Personalrats - erst entschieden werden. Der Informationsanspruch der Vertrauensperson bzw. des Personalrats (§ 20 Satz 1 SBG) kann sich deshalb auch nur auf die Entscheidungsgrundlagen der „beabsichtigten Maßnahme“, nicht auf den Inhalt einer schon „fertigen“ Maßnahme beziehen.
Auf den vorliegenden Fall bezogen bedeutet dies, dass der Antragsteller die Einwände, die er im gerichtlichen Antragsverfahren gegen die Entlassungsverfügung der Stammdienststelle anführt, richtigerweise in Form einer Stellungnahme (§ 20 Satz 2 SBG) während der Anhörung hätte vorbringen müssen und auch hätte vorbringen können. Dem Antragsteller waren im Zeitpunkt der Anhörung der gegen den betroffenen Soldaten erhobene Diebstahlsvorwurf und die Ermittlungsergebnisse bekannt. Wenn der Antragsteller der Meinung war, dass die Beweislage aus seiner Sicht eine Entlassung nach § 55 Abs. 5 SG nicht rechtfertigt, so ist kein Grund ersichtlich, der ihn gehindert hätte, seine Bedenken im Rahmen der Anhörung dem Kommandeur der ...schule und über diesen vermittelt (§ 23 Abs. 2 Satz 1 SBG) der Stammdienststelle nahezubringen.
bb) Die Stammdienststelle war berechtigt, über die Entlassung zu entscheiden, nachdem der Antragsteller binnen angemessener Frist keine Stellungnahme abgegeben hatte.
Gemäß § 20 Satz 2 SBG ist der Vertrauensperson bzw. dem Personalrat Gelegenheit zur Stellungnahme zu der beabsichtigten Maßnahme zu geben. Dem Vertretungsorgan ist freigestellt, ob es von dieser Möglichkeit Gebrauch macht. § 20 Satz 2 SBG enthält keine bestimmte Frist, innerhalb derer die Stellungnahme ggf. abzugeben ist, und deren Ablauf von der zuständigen Stelle vor Erlass der beabsichtigten Entscheidung abzuwarten ist, sofern das Vertretungsorgan nicht vorher erklärt, dass es eine Stellungnahme nicht abgeben werde. Daraus ist jedoch nicht zu schließen, dass die durch § 20 Satz 2 SBG eröffnete Gelegenheit zur Stellungnahme zeitlich unbegrenzt besteht und damit letztlich zu einem Instrument sachlich nicht begründeter Verfahrensverzögerung umfunktioniert werden kann. Der Senat ist deshalb schon bisher davon ausgegangen, dass von der Gelegenheit zur Stellungnahme „innerhalb einer angemessenen Frist“ Gebrauch zu machen ist (vgl. z.B. Beschluss vom 25. Juni 2008 a.a.O. Rn. 40; ebenso Nr. 228 Abs. 1 ZDv 10/2). Die Frist kann nur beginnen, wenn die Pflicht zur umfassenden Unterrichtung gemäß § 20 Satz 1 SBG erfüllt ist. Welche Dauer angemessen ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls, wie etwa der Schwierigkeit und Komplexität des Falls, der Eilbedürftigkeit der beabsichtigten Maßnahme oder den äußeren Umständen, unter denen die Entscheidung zu treffen ist (z.B. im Einsatz oder im „Normalbetrieb“). Ein Anhaltspunkt, namentlich in Fällen, in denen - wie hier - anstelle der Vertrauensperson ein Personalrat beteiligt ist, kann sich aus § 69 Abs. 2 Satz 3 und 4 BPersVG ergeben, wonach im Verfahren der Mitbestimmung für die Mitteilung der dort erforderlichen Zustimmung des Personalrats eine Frist von zehn Arbeitstagen gilt, die in dringenden Fällen auf drei Arbeitstage abgekürzt werden kann.
Nach diesen Maßstäben war die Stammdienststelle berechtigt, über die Entlassung des betroffenen Soldaten zu entscheiden, nachdem der Antragsteller innerhalb der ihm durch die E-Mail vom 20. September 2012 mitgeteilten Frist, dass einer Stellungnahme bis zum 9. Oktober 2012 entgegengesehen werde, keine Stellungnahme im Sinne von § 20 Satz 2 SBG abgegeben hatte.
Der Antragsteller war zum Zeitpunkt der E-Mail vom 20. September 2012 umfassend informiert (siehe soeben unter aa) und, insbesondere nachdem ihm am 20. August 2012 die Ermittlungsunterlagen zur Verfügung gestellt waren, in der Lage, sich eine Meinung über die beabsichtigte Personalmaßnahme zu bilden. Die in der E-Mail vom 20. September 2012 mitgeteilte Frist, dass die Stammdienststelle noch bis zum 9. Oktober 2012 mit der abschließenden Entscheidung zuwarte, ist nach den gesamten Umständen angemessen, zumal die Unterrichtung des Antragstellers bereits wesentlich vor dieser Mitteilung abgeschlossen war. Der Antragsteller hat mit seinem Schreiben vom 5. Oktober 2012 auch nicht geltend gemacht, dass er aus zeitlichen Gründen nicht zu einer Stellungnahme in der Lage wäre, sondern lediglich weitere Informationsbegehren angebracht, denen die Stammdienststelle jedoch aus den genannten Gründen nicht nachkommen musste.
Da der Antragsteller von der Gelegenheit, innerhalb einer angemessenen Frist eine Stellungnahme abzugeben (§ 20 Satz 2 SBG), keinen Gebrauch gemacht hat, war eine Erörterung (§ 20 Satz 3 SBG) nicht erforderlich. Nicht zu beanstanden ist deshalb, dass die Stammdienststelle mit E-Mail vom 11. Oktober 2012 mitteilte, dass sie das Beteiligungsverfahren als abgeschlossen ansehe und in Kürze entscheiden werde. Auch sonst sind keine Fehler im Beteiligungsverfahren ersichtlich.