Entscheidungsdatum: 11.06.2013
1. Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 17. Oktober 2012 werden verworfen.
Die Angeklagten haben jeweils die Kosten ihres Rechtsmittels zu tragen.
2. a) Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es den Angeklagten V. betrifft, im Strafausspruch aufgehoben; die weitergehende Revision wird verworfen.
b) Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere als Schwurgericht tätige Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die gegen den Angeklagten G. gerichtete Revision der Staatsanwaltschaft wird verworfen.
Die Kosten dieses Rechtsmittels und die dem Angeklagten G. hierdurch entstandenen notwendigen Auslagen wer-den der Staatskasse auferlegt.
Von Rechts wegen
Das Schwurgericht des Landgerichts München II hat den Angeklagten V. wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten, den Angeklagten G. wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und mit Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten verurteilt. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren jeweils auf die Sachrüge gestützten und näher ausgeführten Revisionen.
Die Staatsanwaltschaft verfolgt mit ihren auf die Sachrüge gestützten Revisionen zu Ungunsten der Angeklagten das Ziel, dass diese auch wegen versuchten Mordes in der Alternative Heimtücke verurteilt werden, sowie u.a. die Verurteilung der Angeklagten wegen schweren Raubes durch Wegnahme der Motorrad-Kutte des Geschädigten; außerdem wird die Strafzumessung gegenüber den Angeklagten gerügt.
A.
Das Landgericht hat seinem Urteil folgende Feststellungen zugrunde gelegt:
Der Angeklagte V. war zur Tatzeit ebenso wie der Mitangeklagte G. Mitglied des Motorradclubs „Bandidos“, Chapter M. . Beide hatten zum Tatzeitpunkt die Position eines „Probationary“, d.h. eines Probemitglieds, inne. Der Geschädigte Sc. war Mitglied des S. Chapters der Rockergruppierung „Gringos“, welche eine sogenannte „Supportergruppe“ der Bandidos S. ist.
Zwischen dem Geschädigten Sc. und dem Angeklagten V. bestanden Differenzen, da es im Zusammenhang mit der Tätigkeit der jetzigen Ehefrau des Geschädigten, der Zeugin C. , in dem Bordell des Angeklagten in M. zum Streit gekommen war; denn die Zeugin wollte später als geplant aus dem Urlaub zurück kehren, worauf der Angeklagte ihr eine weitere Tätigkeit in seinem Etablissement untersagte. In der Folge war er offenbar auch nicht bereit, ihr noch zustehende Einnahmen aus der Vergangenheit auszuzahlen. Nachdem diese Streitigkeiten dem Präsidenten der Bandidos M. bekannt wurden, machte dieser, quasi als Strafzahlung, für seinen Motorradclub eine Forderung von 2.000 € gegen den Geschädigten Sc. geltend, weil es diesem als „Gringo“ nicht zustehe, sich solchermaßen gegenüber einem Bandido zu verhalten. Nachdem aber Sc. nicht bereit war, diese Forderung zu erfüllen, wurde V. nahe gelegt, dem Geschädigten Sc. „eine Abreibung zu verpassen“. Hierbei wollte ihn der Mitangeklagte G. unterstützen. Beide gingen auch davon aus, dass die Erledigung dieses „Auftrags“ auch für die Erlangung der gewünschten Vollmitgliedschaft bei den Bandidos förderlich sei. Wann die beiden den Entschluss eines gemeinsamen Vorgehens gegen den Geschädigten genau fassten, konnte letztlich nicht festgestellt werden.
Der Angeklagte V. vereinbarte mit dem Geschädigten Sc. ein Treffen am cluboffenen Abend der Bandidos S. am 11. November 2011 in deren Clubhaus, wobei er vorgab, mit ihm über die zwischen ihnen strittige Geldforderung sprechen zu wollen.
V. und g. fuhren daraufhin am 11. November 2011 zusammen mit zwei weiteren Clubmitgliedern, unter anderem dem Präsidenten der Bandidos M. , nach S. . Im Clubhaus waren an diesem Abend zwischen 20 und 40 Personen, zumeist Mitglieder der Bandidos S. , darunter auch der Geschädigte Sc. . Nachdem G. außen am Clubhaus neben der Eingangstür eine etwa 1.000 g schwere Stabtaschenlampe Maglite versteckt hatte, forderte V. im Clubhaus den Geschädigten Sc. dazu auf, mit nach draußen zu kommen. Sc. hatte eigentlich erwartet, dass das Gespräch im Clubhaus stattfinden sollte und hatte bei der Aufforderung, nach draußen zu kommen, „ein mulmiges Gefühl“. Dennoch folgte er V. vor das Haus, wobei ihnen G. nachkam. Die ebenfalls im Clubhaus anwesende Zeugin C. blieb allerdings dort zurück. Im Hof vor dem Clubhaus waren Autos geparkt und es war dunkel. G. griff draußen sogleich nach der bereitgelegten Taschenlampe und schlug dem Geschädigten heftig auf den Hinterkopf. Unmittelbar danach schlug V. dem Geschädigten mit der Faust ins Gesicht. G. versetzte ihm sodann zehn bis 15 weitere Schläge mit der Stablampe auf den Hinterkopf sowie den Nacken- und Schulterbereich, während V. ihn gleichzeitig mit Fäusten schlug und mit Knien und Füßen trat. V. bemerkte dabei, dass G. eine Stablampe zum Schlagen verwendete. Bei den Schlägen war beiden Angeklagten bewusst, dass die wuchtigen Schläge mit der Stablampe gegen den Kopf des Geschädigten geeignet waren, seinen Tod herbeizuführen, was sie als mögliche Folge ihres Verhaltens billigend in Kauf nahmen. Sc. wehrte sich nicht, sondern nahm nur die Hände seitlich an den Kopf, um diesen zu schützen. Schließlich ging er zu Boden und lag flach auf dem Bauch. Er erhielt noch einige wenige Schläge, bevor die Angeklagten aufhörten.
Als der Geschädigte in der Folge aufzustehen versuchte, befahl ihm G. liegen zu bleiben. Kurz darauf sagte er zu Sc. : „Zieh die Kutte aus, zieh die Kutte aus!“, womit er die Motorradjacke meinte und damit symbolisch die Mitgliedschaft des Geschädigten bei den Gringos beenden wollte. Der Geschädigte presste darauf heraus: „Dann musst du mich schon ganz umbringen.“ G. antwortete daraufhin „Was“ und „Okay“ und versetzte dem Geschädigten hierauf, mindestens zwei bis drei weitere wuchtige Schläge mit der Stablampe auf den Hinterkopf, welche zur Bewusstlosigkeit des Geschädigten führten. Daraufhin zog ihm G. die Jacke aus. V. und G. ließen den bewusstlosen Geschädigten im Hofraum zwischen den geparkten Autos, mit dem Kopf unter einem der Autos, liegen und gingen wieder ins Clubhaus hinein. Dort warf G. die Jacke auf den Boden, da er sie nicht behalten wollte. Was in der Folge mit der Jacke geschah, blieb ungeklärt.
Nach Überzeugung der Strafkammer gingen die Angeklagten zwar davon aus, dass dem Geschädigten im Hofraum von anderen Personen geholfen würde; sie selbst unternahmen allerdings nichts, um ihm zu helfen, sondern ließen ihn zwischen den Autos liegen. Sie wussten allerdings, dass Sc. mit der Zeugin C. gekommen war, weshalb sie annehmen konnten, dass diese oder eine andere Person alsbald nach dem Geschädigten sehen würden. Nach Überzeugung der Strafkammer hatte dann tatsächlich auch der Zeuge F. gezielt vor dem Haus nachgesehen, was geschehen war, um Schlimmeres zu verhindern.
Auch die Zeugin C. begab sich sogleich vor das Clubhaus, als sie die Angeklagten allein wieder hereinkommen sah. Sie konnte den Geschädigten im Hofraum zunächst nicht sehen und fand ihn erst nach einigen Minuten infolge seiner ächzenden Atemgeräusche, immer noch bewusstlos und blutüberströmt auf dem Rücken liegend, zwischen zwei geparkten Autos. Es gelang ihr, ihn aus der Bewusstlosigkeit zu wecken, worauf sie dann mit seinem aus dem Clubhaus geholten Mobiltelefon den Rettungsdienst verständigte. Zwischenzeitlich war auch der Zeuge F. hinzugekommen und hatte aus Sperrmüll eine Sitzgelegenheit für den verletzten Sc. hergestellt. In der Folge fuhr C. mit dem Geschädigten im Auto zum Bahnhof, wo sie sich vereinbarungsgemäß mit dem Rettungsdienst traf. Die Sanitäter stellten eine Pupillendifferenz fest, weshalb sie ihrerseits einen Notarzt anforderten. Diese Diagnose wurde in der Folge vom Notarzt bestätigt, worauf der Geschädigte ins Krankenhaus M. gebracht wurde. Im Krankenhaus wurden fünf Kopfplatzwunden versorgt und genäht und sein Schädel im MRT untersucht. Obgleich der Geschädigte neben den Kopfplatzwunden auch noch eine Gehirnerschütterung, ein Hämatom der Kopfschwarte, eine Gesichtsprellung, Nasenbluten, eine oberflächliche Schulterprellung sowie Prellungen an Ellenbogen, Handgelenk, Knie und Wade sowie eine Schnittverletzung an der Hand erlitten hatte, verließ er das Krankenhaus noch in derselben Nacht gegen ärztlichen Rat.
Der Angeklagte V. erklärte mit Brief vom 23. Januar 2012 seinen Austritt aus den Bandidos M. und schloss mit dem Geschädigten Sc. eine Schlichtungsvereinbarung mit Verpflichtung zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 10.000 € sowie Schadensersatz in Höhe von 1.000 €. Die entsprechenden Zahlungen erfolgten noch vor der Hauptverhandlung. Außerdem entschuldigte er sich umfassend zunächst in schriftlicher Form und dann nochmals in der Hauptverhandlung bei dem Geschädigten, welcher die Entschuldigung annahm. G. erklärte in der Hauptverhandlung, dass es ihm leid tue, was passiert sei.
B.
I. Die Revision des Angeklagten V. bleibt ohne Erfolg. Weder die Annahme eines bedingten Tötungsvorsatzes des Angeklagten (vgl. 1), noch die Verneinung der Rücktrittsvoraussetzungen (vgl. 2) durch das Landgericht lassen Rechtsfehler erkennen.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt bedingt vorsätzliches Handeln voraus, dass der Täter den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt, ferner dass er ihn billigt oder sich um des erstrebten Zieles willen zumindest mit der Tatbestandsverwirklichung abfindet (BGH, Urteil vom 9. Mai 1990 - 3 StR 112/90, BGHR StGB § 15 Vorsatz, bedingter 7 mwN). Weiterhin liegt es bei äußerst gefährlichen Gewalthandlungen nahe, dass der Täter mit der Möglichkeit rechnet, das Opfer könne zu Tode kommen und - weil er mit seinem Handeln gleichwohl fortfährt - einen solchen Erfolg billigend in Kauf nimmt (BGH, Beschluss vom 7. Juli 1992 - 5 StR 300/92, NStZ 1992, 587, 588). Vorliegend war es nach den Feststellungen des Landgerichts beiden Angeklagten bewusst, dass die wuchtigen Schläge mit der Stablampe gegen den Kopf des Geschädigten geeignet waren, seinen Tod herbeizuführen, wobei sie dies als mögliche Folge ihres Verhaltens billigend in Kauf nahmen (UA S. 11). Die Gefährlichkeit des Handelns war bereits nach den ersten Schlägen erkennbar, als spätestens V. bemerkte, dass G. bei seinen Schlägen eine schwere Stabtaschenlampe verwendete, so dass es für den zumindest bedingten Tötungsvorsatz des Angeklagten V. nicht auf die späteren zusätzlichen Schläge des Mitangeklagten G. ankommt.
2. Das Landgericht ist davon ausgegangen, dass der Angeklagte V. nicht zurückgetreten ist. Vielmehr habe er, nachdem er dem Geschädigten die ihm zugedachte Abreibung mit verabreicht hatte, alles aus seiner Sicht zur Tatausführung Erforderliche getan.
Die Voraussetzungen eines Rücktritts liegen schon deswegen nicht vor, weil der Angeklagte keine aktiven Rücktrittsbemühungen gezeigt hat. Gemäß § 24 Abs. 2 Satz 1 StGB reicht es bei mehreren Tatbeteiligten grundsätzlich nicht hin, wenn einer von diesen einfach nur die weitere Tatausführung aufgibt. Dies ist unabhängig von der Vorstellung des Angeklagten zu Rettungsbemühungen Dritter. Jedenfalls hing es aufgrund der konkreten Situation am Tatort, gerade auch wegen der selbst bei gezieltem Suchen nur schweren Auffindbarkeit des Opfers im dunklen und infolge des wegen der zahlreichen parkenden Autos unübersichtlichen Hofbereichs, praktisch vom Zufall ab, ob und wann der Geschädigte gefunden würde. Somit war auch kein Ausnahmefall gegeben, in dem bereits die Untätigkeit eines Angeklagten oder sein Nichtweiterhandeln die Tatvollendung verhinderte (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Juli 2011 - 4 StR 268/11).
Insoweit kann es nach den getroffenen Feststellungen auch dahinstehen, ob das Schwurgericht, wovon nach dem Gesamtzusammenhang auszugehen ist, nur versehentlich die Vorschrift des § 24 Abs. 1 Satz 2 StGB anstelle von § 24 Abs. 2 Satz 1 StGB angegeben hat, oder damit nur zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass die Angeklagten nichts getan haben, um eine Vollendung der Tat zu verhindern.
3. Die weitergehende Revision des Angeklagten ist offensichtlich unbegründet.
II. Auch die Revision des Angeklagten G. bleibt ohne Erfolg.
1. Der Tötungsvorsatz ist bei dem Angeklagten G. schon deswegen nicht in Frage zu stellen, da er dem Geschädigten nicht nur die erheblichen Schläge mit der 1 kg schweren Stabtaschenlampe versetzte, bevor dieser zu Boden fiel, sondern ihn dann auch noch weiter schlug, bis er bewusstlos wurde. Hinzu kommt, dass der Geschädigte geäußert hatte, dass er ihn „schon ganz umbringen“ müsse, wenn er die Kutte wolle. Daraufhin äußerte G. entsprechend „Okay“ und setzte seine Schläge mit der Stablampe auf den Hinterkopf des Geschädigten bis zu dessen Bewusstlosigkeit fort.
2. Auch hinsichtlich des Angeklagten G. hat das Schwurgericht festgestellt, dass er, nachdem er den Geschädigten bewusstlos geschlagen hatte, aus seiner Sicht die Tat vollendet hatte (UA S. 30). Auch G. ist nicht zurückgetreten; denn er hat den Geschädigten, nachdem er ihn bewusstlos geschlagen hatte, einfach im dunklen Hof zwischen den geparkten Autos liegend zurückgelassen und keine weiteren Bemühungen zu seiner Rettung unternommen. Wie vom Schwurgericht festgestellt, war der Geschädigte hierdurch in die besondere Gefährdungslage geraten, dass er in diesem Zustand zurückgelassen an Erbrochenem oder dem eigenen Blut hätte ersticken können. Auch wenn der Angeklagte meinte, dass andere dem Geschädigten möglicherweise noch rechtzeitig helfen könnten, konnte er davon keinesfalls als sicher ausgehen, zumal die Zeugin C. später tatsächlich - trotz ziel-gerichtetem Suchen - erhebliche Zeit aufwenden musste, um ihn überhaupt in dem dunklen und unübersichtlichen Hofbereich zu finden.
3. Der von der Verteidigung erhobene Einwand, dass G. durch die Wegnahme der Kutte möglicherweise gar keine Straftat begangen habe, trägt nicht. Aus den Feststellungen ergibt sich nämlich gerade nicht, dass die Kutte Eigentum des Motorradclubs gewesen sein könnte, sondern dass sie im Eigentum des Sc. stand (UA S. 30). Dass G. dem Geschädigten die Kutte nicht wegnehmen durfte, wusste er deshalb. Ebenso war völlig klar, dass er die Kutte nur gegen den erklärten Willen des Geschädigten (UA S. 11) wegnehmen konnte, weshalb er zur Nötigungshandlung griff und die Schläge zunächst androhte und nach der Erfolglosigkeit dieser Drohung mit vis absoluta die weiteren Schläge versetzte, bis der Geschädigte bewusstlos wurde und sich der Wegnahme nicht mehr weiter widersetzen konnte, so dass letztlich eine vollendete Nötigung gegeben war.
C.
I. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft war der Strafausspruch gegen den Angeklagten V. aufzuheben; die weitergehende Revision hinsichtlich des Angeklagten V. blieb dagegen ohne Erfolg.
1. Keinen Rechtsfehler weist die Verurteilung des Angeklagten V. insoweit auf, als das Landgericht ihn nur wegen versuchten Totschlags verurteilt hat und nicht auch von einem heimtückischen Handeln ausgegangen ist.
Heimtückisch handelt, wer in feindlicher Willensrichtung die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zu dessen Tötung ausnutzt. Arglos ist das Tatopfer, wenn es bei Beginn des ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs nicht mit einem gegen seine körperliche Unversehrtheit gerichteten schweren oder doch erheblichen Angriff rechnet. Das Opfer muss weiter gerade aufgrund seiner Arglosigkeit wehrlos sein. Arg- und Wehrlosigkeit können auch gegeben sein, wenn der Tat eine feindselige Auseinandersetzung vorausgeht, das Tatopfer aber nicht (mehr) mit einem erheblichen Angriff gegen seine körperliche Unversehrtheit rechnet. Voraussetzung heimtückischer Begehungsweise ist weiter, dass der Täter die von ihm erkannte Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers bewusst zur Tatbegehung ausnutzt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteile vom 20. Januar 2005 - 4 StR 491/04, NStZ 2005, 691, 692; vom 29. November 2007 - 4 StR 425/07, NStZ 2008, 273 jeweils mwN). Vorliegend war es so, dass der Geschädigte spätestens zu dem Zeitpunkt, als er aufgefordert wurde, mit hinaus zu gehen, „ein mulmiges Gefühl“ hatte. Bereits die Aufforderung, ins Freie zu treten, bedeutet regelmäßig den Beginn einer körperlichen Auseinandersetzung; ein anderer Zweck ist in diesem Zusammenhang nicht vorstellbar, zumal wenn es draußen dunkel ist und das vom Geschädigten erwartete Gespräch ohne Weiteres im Clublokal hätte stattfinden können. Im Zusammenhang mit der bereits zuvor durch den Präsidenten der Bandidos gegenüber dem Geschädigten telefonisch gemachten Mitteilung, sie würden in dieser Angelegenheit „als Bandidos operieren“ (UA S. 9), konnte das Schwurgericht in seinen Urteilsfeststellungen davon ausgehen, dass der Geschädigte beim Verlassen des Clubhauses mit einem erheblichen Angriff zumindest des Angeklagten V. gegen seine körperliche Unversehrtheit rechnen musste.
2. Kein Rechtsfehler ergibt sich daraus, dass die Strafkammer dem Angeklagten V. nicht auch die weiteren Schläge des Angeklagten G. zugerechnet hat, mit welchen dieser den Geschädigten bewusstlos schlug, nachdem er am Boden lag und die Beteiligten ihre Schläge zunächst eingestellt hatten. Ausweislich der Feststellungen ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass das weitere Vorgehen von G. , um dem Geschädigten gewaltsam die Kutte ausziehen zu können, einem gemeinsamen Tatplan entsprach oder der Angeklagte V. ihm mangels konkreter Unterstützungshandlungen zumindest psychische Beihilfe hierbei leistete. Insoweit sind die Feststellungen auch nicht lückenhaft. Das Schwurgericht hat, wie sich aus der angefochtenen Entscheidung ergibt, den Geschädigten Sc. ausdrücklich danach gefragt, ob der Angeklagte V. an den weiteren Schlägen beteiligt war (UA S. 23). Zudem bestand, nachdem das Schwurgericht festgestellt hatte, dass der Angeklagte V. aufgehört hatte, zu treten und zu schlagen, keine Veranlassung zu der zusätzlichen Feststellung, dass er später nicht wieder damit begonnen hatte.
Eine Aufklärungsrüge hat die Staatsanwaltschaft nicht erhoben.
3. Aus denselben Gründen ist es nicht rechtsfehlerhaft, dass der Angeklagte V. nicht als Mittäter der Nötigungshandlung des G. verurteilt wurde.
4. Hinsichtlich der Wegnahme der Kutte durch G. ist ein Tatbeitrag des Angeklagten V. nicht festgestellt, was ebenso bezüglich der Frage einer Zueignung gilt.
5. Die weiteren Revisionsangriffe der Staatsanwaltschaft gegen den Schuldspruch sind ebenfalls unbegründet; demgegenüber war der Strafausspruch bezüglich des Angeklagten V. aufzuheben.
Das Landgericht hat zugunsten des Angeklagten V. berücksichtigt, dass er die Tat „weitgehend eingeräumt“ hat (UA S. 31). Diese Annahme ist aber offensichtlich unzutreffend; denn der Angeklagte hat ausweislich der Feststellungen nur angegeben, dass er draußen zum Geschädigten „Du Wichser“ gesagt habe und „dann ziemlich aggressiv auf ihn losgegangen“ sei. „Sc. sei in die Hocke gegangen, dann habe er von ihm abgelassen“ (UA S. 15). Damit hat der Angeklagte weder die heftigen Schläge und Tritte, erst recht nicht die die Tat maßgeblich prägenden vielfachen Schläge mit der etwa 1 kg schweren Stabtaschenlampe eingeräumt. Außerdem war die Tat maßgeblich dadurch gekennzeichnet, dass an ihr ein weiterer Täter beteiligt war, welcher zudem die ersichtlich schwereren Schläge dem Geschädigten beigebracht hatte. Insoweit hat das Schwurgericht selbst die Verwendung der Stablampe durch diesen weiteren Täter als „wesentlich“ bezeichnet (UA S. 31).
Auch der Umstand, dass nach den Feststellungen des Landgerichts der Angeklagte V. von einer „realistischen Bedrohungslage“ wegen der Zusendung einer Mini-Maglite in die Vollzugsanstalt ausgehen musste, ändert letztlich nichts daran, dass er entgegen der Auffassung des Tatrichters die Tat damit nicht „weitgehend eingeräumt“ hat.
Insoweit liegt daher ein Wertungsfehler im Rahmen der Strafzumessungserwägungen vor, bei dem der Senat nicht ausschließen kann, dass bei zutreffender Wertung durch das Landgericht auf eine höhere Strafe erkannt worden wäre. Die entsprechenden Feststellungen sind, da es sich nur um einen Wertungsfehler handelt, nicht betroffen.
Die vorgenannten Umstände wird das neu zur Entscheidung berufene Schwurgericht auch bei der Bewertung des Täter-Opfer-Ausgleichs gemäß § 46a StGB zu berücksichtigen haben (vgl. BGHSt 48, 134, 141 f.; BGH, NStZ 2003, 199, 200).
II. Die Revision der Staatsanwaltschaft bezüglich des Angeklagten G. blieb erfolglos.
1. Aus den oben dargelegten Gründen scheidet eine heimtückische Begehungsweise bei der versuchten Tötung des Geschädigten aus.
2. Zutreffend ist das Landgericht bei der Wegnahme der Kutte und dem auf den Boden Werfen im Vereinslokal nicht von einer Zueignung durch den Angeklagten und damit nicht von der Erfüllung des Tatbestands eines schweren Raubes ausgegangen.
Nach den Feststellungen wollte sich der Angeklagte die Kutte zu keinem Zeitpunkt zueignen. Zueignung ist die Anmaßung der Stellung eines Eigentümers an der aus fremdem Gewahrsam genommenen Sache. Kennzeichnend für diese Eigentumsanmaßung ist die Inbesitznahme der Sache zu einem Zweck, der mit der Anerkennung fremden Eigentums nicht zu vereinbaren ist. Wie der spätere konkrete Umgang mit der Sache nichts mit dem Eigentumserwerb selbst zu tun hat, sondern nur als Akt der Ausübung des Eigentumsrechts zu verstehen ist, so darf beim Diebstahl aber die (geplante) Sachverwendung nicht mit der Zueignung als dem angemaßten Eigentumserwerb gleichgesetzt werden (Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, Strafgesetzbuch, 4. Aufl., § 242 Rn. 80). Weder das Fortschaffen vom Tatort noch das bloße Verbergen eines weggenommenen Gegenstandes sind allein geeignete Kriterien der Abgrenzung, da sie nicht hinreichend zwischen bloßer Gewahrsams-Lockerung und der Begründung neuen Gewahrsams unterscheiden (Fischer, StGB, 60. Aufl., § 242 Rn. 17).
Dem Angeklagten G. kam es offensichtlich nur auf den symbolischen Akt des Ausziehens der Kutte und des anschließenden Hinwerfens im Vereinslokal an. Was damit in der Folge geschah, war ihm gleichgültig. Auch wenn dieser Handlung im allgemeinen Handlungsgefüge eines Motorradclubs große symbolische Bedeutung zukommen kann, bedeutet es nicht, dass der so Handelnde wie ein Eigentümer über die Sache verfügt (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 5. März 1971, BGHSt 24, 115, 119) und sich damit die Sache aneignet. Durchgreifende Anhaltspunkte für einen Erörterungsmangel sind damit nicht ersichtlich.
3. Hinsichtlich des Angeklagten G. hält die Strafzumessung des Landgerichts der rechtlichen Nachprüfung stand. Nach den zugrundeliegenden Feststellungen ist die Anwendung der Versuchsmilderung nicht zu beanstanden.
Dies gilt auch für die Verneinung der weiteren Tatbestandsalternative des § 224 Abs. 1 Nr. 3 StGB. Die mit der Revision angeführten Merkmale, aus welchen sich der Tatbestand ergeben soll, insbesondere die behauptete vorherige Absprache unter den Angeklagten und die mit deren Handlungen von vornherein verfolgten Absichten, sind vom Landgericht bereits nicht festgestellt.
Wahl Rothfuß Graf
Cirener Zeng