Entscheidungsdatum: 24.01.2017
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 8. März 2016 aufgehoben
a) im Ausspruch über die Gesamtfreiheitsstrafe und
b) im Ausspruch über den Verfall des Wertersatzes.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßigen Schmuggels in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt. Zudem hat es den Verfall des Wertersatzes in Höhe von 5.400 Euro angeordnet. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I.
Nach den Feststellungen des Landgerichts wurde der Angeklagte auf Veranlassung seines Halbbruders C. zur Unterstützung beim Vertrieb gefälschter Software tätig, die in nicht der Europäischen Union angehörenden Staaten erworben wurde. Im Rahmen dieser Tätigkeit verbrachte er bei drei von ihm im Mai und Juni 2013 durchgeführten Transportfahrten aus der Ukraine stammende DVDs mit gefälschter Software, die insgesamt einen Transaktionswert von 97.123 Euro hatten, über Istanbul und die Balkanroute nach Deutschland. Um Zollkontrollen zu vermeiden, wurde die Ware wahrheitswidrig als Diplomatengepäck ausgewiesen. Obwohl er die Ware bei der Einfuhr in die Europäische Union zu gestellen hatte, kam er dieser Verpflichtung nicht nach und verkürzte dadurch die anfallende Einfuhrumsatzsteuer - bei Zugrundelegung eines Steuersatzes von 19 % - in Höhe von 18.453,37 Euro.
Im Rahmen des Vertriebs gefälschter Software führte der Angeklagte auf Weisung seines Halbbruders C. noch weitere Tätigkeiten aus. Für die Vielzahl der unterstützenden Tätigkeiten erhielt er von C. monatlich einen Betrag von 450 Euro, für das Jahr 2013 mithin insgesamt 5.400 Euro.
II.
Der Schuldspruch und die Einzelstrafen halten rechtlicher Nachprüfung stand. Demgegenüber haben die Gesamtfreiheitsstrafe und die Anordnung des Verfalls des Wertersatzes keinen Bestand.
1. Der Schuldspruch ist rechtsfehlerfrei. Der Angeklagte hat sich gemäß § 373 Abs. 1 und 4 AO, § 53 StGB wegen gewerbsmäßigen Schmuggels in drei Fällen strafbar gemacht, indem er gewerbsmäßig Einfuhrabgaben dadurch hinterzogen hat, dass er entgegen der ihn treffenden Verpflichtung aus Art. 40 ZK umsatzsteuerpflichtige Waren bei der Einfuhr in die Europäische Union nicht gestellt hat. Bei der Einfuhrumsatzsteuer handelt es sich um eine Einfuhrabgabe im Sinne des § 373 AO (vgl. Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl., § 373 AO, Rn. 12 sowie § 370 AO, Rn. 445). Der Umstand, dass die Waren jeweils nach Deutschland weitertransportiert wurden, lässt die im Einfuhrmitgliedstaat verwirklichte Strafbarkeit wegen Schmuggels und deren Verfolgbarkeit in Deutschland gemäß § 373 Abs. 4, § 370 Abs. 6 AO unberührt (vgl. auch BGH, Beschluss vom 14. Oktober 2015 - 1 StR 521/14, wistra 2016, 74).
2. Der Rechtsfolgenausspruch hat nur zum Teil Bestand.
a) Die Einzelstrafen weisen weder hinsichtlich der Strafrahmenwahl noch bezüglich der Strafzumessung innerhalb dieses Strafrahmens Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Insbesondere beschwert es den Angeklagten nicht, dass das Landgericht bei Berechnung des Hinterziehungsumfangs den Steuersatz von 19 % gemäß § 12 Abs. 1 (deutsches) UStG und nicht den jedenfalls höheren Steuersatz des Einfuhrmitgliedstaates, in dem die Straftaten begangen wurden (vgl. UA S. 46), zugrunde gelegt hat.
b) Demgegenüber hat die Gesamtfreiheitsstrafe keinen Bestand. Das Landgericht hat im Rahmen der Zumessung der Gesamtstrafe den Umstand, dass die Einfuhrumsatzsteuer bisher nicht beglichen wurde, strafschärfend gewertet (UA S. 48). Damit hat es rechtsfehlerhaft das Nichtvorliegen eines Strafmilderungsgrundes, nämlich einer Schadenswiedergutmachung, als Strafschärfungsgrund berücksichtigt. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht ohne diesen Rechtsfehler eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe als die verhängte von zwei Jahren und acht Monaten festgesetzt hätte. Die Sache ist daher zu neuer Gesamtstrafenbildung an das Landgericht zurückzuverweisen.
c) Auch die Anordnung des Verfalls des Wertersatzes gemäß § 73 Abs. 1, § 73a StGB hat keinen Bestand.
Nach § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB ordnet das Gericht den Verfall an, wenn der Täter oder Teilnehmer für eine rechtswidrige Tat oder aus ihr etwas erlangt hat. Unter den Voraussetzungen des § 73a StGB ordnet das Gericht den Verfall eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Danach kam hier gemäß §§ 73, 73a StGB lediglich der Verfall des Wertersatzes für dasjenige Entgelt in Betracht, das der Angeklagte für die drei abgeurteilten Schmuggeltaten erhalten hat. Ein derartiges Entgelt hat das Landgericht jedoch nicht festgestellt. Vielmehr erhielt der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen über das gesamte Jahr 2013 hinweg eine monatliche Vergütung von 450 Euro für eine Vielzahl verschiedener Hilfstätigkeiten bei der Durchführung der betrügerischen Unternehmungen des gesondert verfolgten C. . Damit konnte der Wertersatzverfall nicht wie vom Landgericht angenommen an § 73 StGB anknüpfen.
Zwar käme - wie der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt hat - unter den Voraussetzungen des § 73d StGB i.V.m. § 263 Abs. 7 StGB ein erweiterter Verfall in Betracht (vgl. auch BGH, Urteile vom 7. Juli 2011 - 3 StR 144/11, BGHR StGB § 73d Anwendungsbereich 3 und vom 23. Juli 2014 - 2 StR 20/14, NStZ-RR 2015, 282). Die Voraussetzungen eines erweiterten Verfalls gemäß § 73d StGB werden durch die vom Landgericht getroffenen Feststellungen jedoch nicht hinreichend tragfähig belegt, zumal das Landgericht das Verfahren gegen den Angeklagten wegen des Vorwurfes u.a. der Beihilfe zum Betrug im besonders schweren Fall eingestellt hat (UA S. 46). Die Sache ist daher auch im Hinblick auf den Verfall des Wertersatzes zu neuer tatrichterlicher Prüfung an das Landgericht zurückzuverweisen.
d) Einer Aufhebung von Urteilsfeststellungen bedarf es demgegenüber nicht. Diese wurden rechtsfehlerfrei getroffen und sind von den Wertungs- und Rechtsanwendungsfehlern, die zur Teilaufhebung des angefochtenen Urteils führen, nicht betroffen. Das Landgericht kann ergänzende, mit den bisherigen nicht in Widerspruch stehende Feststellungen treffen.
Graf |
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Jäger |
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Bellay |
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Radtke |
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Fischer |
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