Entscheidungsdatum: 12.02.2015
I.
1. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 17. Januar 2014 wird verworfen, soweit es den Angeklagten E. betrifft.
2. Die Staatskasse hat die Kosten dieses Rechtsmittels und die hierdurch dem Angeklagten E. entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
II.
1. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil hinsichtlich des Angeklagten R. - auch zu seinen Gunsten - mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte wegen Freiheitsberaubung in Tateinheit mit schwerem Raub und mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden ist (Fall B II 4 der Urteilsgründe) sowie im Strafausspruch.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten dieses Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts München I zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Das Landgericht hat den Angeklagten R. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen, Diebstahls und Freiheitsberaubung, letztere jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und schwerem Raub, zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Im Übrigen hat es den Angeklagten R. freigesprochen. Der Angeklagte R. war zur Tatzeit des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln noch Heranwachsender.
Den Angeklagten E. hat das Landgericht wegen Freiheitsberaubung in Tateinheit mit Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt.
Die Staatsanwaltschaft erstrebt mit ihren zu Ungunsten der Angeklagten eingelegten Revisionen die Verurteilung beider Angeklagter wegen Geiselnahme nach § 239b StGB und zusätzlich die Verurteilung des Angeklagten R. wegen besonders schweren Raubes nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB. Darüber hinaus beanstandet sie beim Angeklagten R. die Anwendung von Jugendstrafrecht.
Die vom Generalbundesanwalt vertretenen Rechtsmittel führen hinsichtlich des Angeklagten R. zur Aufhebung des Urteils; hinsichtlich des Angeklagten E. bleiben sie ohne Erfolg.
I.
Die Revision der Staatsanwaltschaft ist bezüglich des Angeklagten R. rechtswirksam auf den Schuldspruch in Fall B II 4 der Urteilsgründe sowie den Rechtsfolgenausspruch beschränkt.
Zwar hat die Staatsanwaltschaft eingangs ihrer Revisionsbegründung die (uneingeschränkte) Aufhebung des Urteils beantragt und zugleich die Verletzung sachlichen Rechts gerügt. Gegenstand der nachfolgenden Begründung ist allerdings nur Fall B II 4 des Urteils. Somit widersprechen sich Revisionsantrag und Revisionsbegründung. Dieser ist jedoch in einer Gesamtschau zu entnehmen, dass der Schuldspruch in den Fällen B II 1, 2 und 3 und der Teilfreispruch nicht angegriffen werden sollen. Umstände, aus denen sich ausnahmsweise eine untrennbare Verknüpfung der Erörterungen zur Schuldfrage in den Fällen B II 1, 2 und 3 oder des Teilfreispruchs (B II 1) und der Rechtsfolgenfrage ergibt, liegen nicht vor.
II.
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen.
1. a) Nach den Feststellungen des Landgerichts veräußerte und übergab der am 5. November 1991 geborene Angeklagte R. zwischen Mai 2012 und August 2012 dem anderweitig Verfolgten Z. zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten jeweils mindestens 20 g Amphetamin-Gemisch zu einem Preis von jeweils 200 bis 300 €.
b) Kurz vor dem 28. September 2012 veräußerte und übergab der Angeklagte R. dem anderweitig Verfolgten Z. mindestens 363,2 g Amphetamin-Gemisch zu einem Preis von 5.000 € auf Kommission.
c) Zwischen dem 28. September 2012 und dem 7. Januar 2013 suchte der Angeklagte R. die Wohnung des anderweitig Verfolgten Z. auf, der sich zu dieser Zeit in Untersuchungshaft befand. Er beabsichtigte, ein Mischpult und ein Interface, das er diesem geliehen hatte, mitzunehmen; er fand diese Geräte aber nicht. Stattdessen nahm er zwei Synthesizer des anderweitig Verfolgten Z. im Wert von insgesamt 800 € mit.
d) Der Angeklagte R. befürchtete, dass ihn der anderweitig Verfolgte Z. in einer polizeilichen Vernehmung belastet hatte. Am 7. Januar 2013 wurde der anderweitig Verfolgte Z. aus der Untersuchungshaft entlassen. Am 22. Januar 2013 beschlossen die beiden Angeklagten, den anderweitig Verfolgten Z. in bewusstem und gewollten Zusammenwirken aufgrund eines gemeinsamen Tatplans zur Rede zu stellen, ihn gegen seinen Willen im Auto festzuhalten und massiv einzuschüchtern, um so dessen Aussage bei der Polizei zu erfahren. Zugleich strebten sie eine ihnen zu diesem Zeitpunkt noch nicht klare Lösung für das Problem des Angeklagten R. an, das er wegen der Aussage des anderweitig Verfolgten Z. zu haben glaubte. Nachdem sie von einem Bekannten erfahren hatten, dass sich der anderweitig Verfolgte Z. vor dem Anwesen der Zeugin M. aufhielt, fuhren sie mit dem Pkw dorthin. Der Angeklagte R. bedeutete dem anderweitig Verfolgten Z. in unfreundlichem Ton, man müsse reden und fasste ihn an der Schulter, um ihn so dazu zu bewegen, in das parkende Auto einzusteigen. Der anderweitig Verfolgte Z. wagte es nicht, sich zu wehren und stieg ein. Er führte eine Tasche mit einem Apple MacBook und einem MIDI Controller im Gesamtwert von etwa 600 bis 930 € mit sich. Er nahm auf der Rückbank hinter dem Fahrer R. Platz; der Angeklagte E. setzte sich rechts neben ihn. Dann fuhr der Angeklagte R. los. Auf einem Autobahnrastplatz hielt er an und setzte sich links neben den Geschädigten auf die Rückbank. Dieser saß nun zwischen den beiden Angeklagten und dachte sich, dass es ihnen um seine Aussage bei der Polizei gehen würde. Der Angeklagte E. sagte zu dem Geschädigten, er habe allen Grund, Angst zu haben. Darauf teilte der Geschädigte den Angeklagten mit, er habe der Polizei R. als Hintermann seiner Drogenkäufe benannt, und schilderte ihnen seine Aussage. Er befürchtete, den Angeklagten könne nun in den Sinn kommen, ihn umzubringen, um die Aussage ungeschehen zu machen, und hatte Todesangst. Er bot den Angeklagten an, seine Aussage zurückzunehmen. Der Angeklagte R. gab nun vor, außerhalb des Autos mit seinen Hintermännern telefonieren zu müssen. Dann teilte er dem Geschädigten mit, dass eine Rücknahme der Aussage nicht möglich sei, die Hintermänner ihn jetzt abholen und ins Ausland verbringen würden. Ob sie ihn dort umbringen würden, wisse er nicht. Der Angeklagte E. drohte dem Geschädigten damit, dass auch dessen Familie und Freundin etwas zustoßen würde, wenn R. etwas passieren sollte. Als der Geschädigte austreten musste, bewachte ihn der Angeklagte E. und sagte ihm, wenn er weglaufen sollte, sei er tot. Er forderte ihn auf, mit der Zeugin M. zu telefonieren und ihr zu sagen, alles sei in Ordnung, man ginge nur zu McDonalds. Das tat der Geschädigte.
Der Angeklagte R. holte im Verlauf des Gesprächs im Auto ein Elektroimpulsgerät aus seiner Jackentasche heraus und schoss dem Geschädigten zweimal in den Hals. Hierdurch erlitt dieser erhebliche Schmerzen und Krämpfe. Das hatte der Angeklagte R. auch gewusst und gewollt. Der Angriff beruhte nicht auf einem gemeinsamen Tatplan mit dem Angeklagten E. und wurde von diesem auch nicht gebilligt. Der Geschädigte befand sich weiterhin in Todesangst und versuchte erneut, die Angeklagten davon zu überzeugen, dass er die Aussage bei der Polizei zurücknehmen werde.
Der Angeklagte R. stieg nun abermals aus dem Pkw aus und telefonierte wiederum fiktiv mit etwaigen Hintermännern. Danach forderte er den Geschädigten auf, ihm ein Angebot zu machen, er würde die Sache dann abblasen. Die Angeklagten und der Geschädigte kamen daraufhin überein, dass der Geschädigte seine Aussage bei der Polizei ändern und angeben werde, dass er den Angeklagten R. fälschlich beschuldigt habe. Nachdem sie auch Namen von alternativ zu benennenden Hintermännern besprochen hatten, setzte der Angeklagte R. die Fahrt fort.
Während der Rückfahrt beschloss er, dem Geschädigten das elektronische Gerät, das dieser bei sich hatte, als Ausgleich für noch offene Kommissionsschulden und etwaige zukünftige Anwaltskosten wegzunehmen. Dass er auf die Gegenstände keinen Anspruch hatte, wusste er. Unter Ausnutzung der von ihm erkannten, massiven Einschüchterung und Angst des Geschädigten verlangte er am Ende der Fahrt und noch im Auto in Gegenwart des Angeklagten E. die Herausgabe des in der Tasche befindlichen MacBooks und des MIDI Controllers. Er sagte dem Geschädigten, das sei "für die Anwaltskosten". Der Geschädigte wollte ihm diese Gegenstände zwar nicht geben, duldete aber unter dem Eindruck des kurz zuvor erfolgten Einsatzes des Elektroschockers und der Todesdrohungen die Wegnahme der Tasche und die Herausnahme der Gegenstände. Er wollte nur mit dem Leben davon kommen und befürchtete den Einsatz weiterer Gewalt.
Die Wegnahme der Gegenstände beruhte nicht auf einem mit dem Angeklagten E. gefassten Tatplan. Der Angeklagte E. billigte dieses Vorgehen auch nicht.
Nach der Verhaftung bemühten sich beide Angeklagte darum, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen. Der Angeklagte R. schrieb dem Geschädigten aus der Untersuchungshaft einen Entschuldigungsbrief. Während der Hauptverhandlung entschuldigte er sich mündlich bei ihm und bot ihm eine Ausgleichszahlung in Höhe von 1.500 € an; zugleich erklärte er sich mit der Ausreichung der bei ihm sichergestellten 300 € an den Geschädigten einverstanden. Der Geschädigte nahm die Entschuldigungen, die Ausgleichszahlung und die Ausreichung des sichergestellten Geldes an.
Der Angeklagte E. schloss mit dem Geschädigten eine Vereinbarung, die neben einer Entschuldigung auch eine Entschädigungszahlung in Höhe von 1.500 € an den Geschädigten umfasste. In der Hauptverhandlung entschuldigte er sich mündlich bei dem Geschädigten, der die Entschuldigung annahm.
2. Das Landgericht hat das Geschehen in der rechtlichen Würdigung bei dem Angeklagten R. als Nötigung (§ 240 StGB) in Tateinheit jeweils mit Freiheitsberaubung (§ 239 StGB), gefährlicher Körperverletzung (§ 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB) und schwerem Raub (§ 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB) und bei dem Angeklagten E. als Nötigung (§ 240 StGB) in Tateinheit mit Freiheitsberaubung (§ 239 StGB) gewertet.
Eine Geiselnahme nach § 239b Abs. 1 StGB hat das Landgericht mit der Begründung abgelehnt, der während der Entführung durchgesetzte Nötigungserfolg, also die Mitteilung, welche Angaben bei der Polizei gemacht wurden, sei nicht durch die erforderlichen qualifizierten Nötigungsmittel herbeigeführt worden, während die späteren Todesdrohungen nur zu einem abgenötigten Verhalten in Gestalt des Widerrufs der belastenden Angaben bei der Polizei nach Ende der Bemächtigungssituation führen sollten. Die bloße Zusage späteren Verhaltens reiche für eine Straftat nach § 239b Abs. 1 StGB nicht aus.
In Bezug auf die Wegnahme der elektronischen Geräte durch den Angeklagten R. hat das Landgericht ausgeführt, die Bemächtigungssituation und die Nötigung mit der Zielrichtung der Rücknahme der Aussage seien beendet gewesen, man habe die Sache „abgeblasen“ und sei zurückgefahren, so dass auch insoweit kein weiterer, qualifizierter Nötigungserfolg gegeben sei.
III.
Die Revision der Staatsanwaltschaft ist hinsichtlich des Angeklagten E. unbegründet. Das Landgericht hat auf der Grundlage der Feststellungen zutreffend eine Geiselnahme (§ 239b StGB) verneint und ihn der Freiheitsberaubung in Tateinheit mit Nötigung schuldig gesprochen.
Eine Geiselnahme begeht, wer einen Menschen entführt oder sich eines Menschen bemächtigt, um ihn oder einen Dritten durch die Drohung mit dem Tod oder einer schweren Körperverletzung (§ 226 StGB) des Opfers oder mit dessen Freiheitsentziehung von über einer Woche Dauer zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zu nötigen, oder wer die von ihm durch eine solche Handlung geschaffene Lage eines Menschen zu einer solchen Nötigung ausnutzt.
Zwar haben die Angeklagten den Geschädigten entführt, sich seiner bemächtigt und ihn eingeschüchtert. Er teilte deshalb auch von sich aus den Inhalt seiner Aussage vor der Polizei mit und bot noch vor der ersten Todesdrohung an, seine Aussage zurückzunehmen. Nach den Todesdrohungen versuchte er erneut, die Angeklagten zu überzeugen, dass er die Aussage zurücknehmen werde und einigte sich schließlich mit ihnen darauf, die R. belastende Aussage bei der Polizei abzuändern und anzugeben, er habe diesen fälschlich beschuldigt, wobei nun andere als Hintermänner benannt werden sollten.
Es ist jedoch nicht festgestellt, dass die Angeklagten den Geschädigten entführt haben, um ihn zu einer Handlung zu nötigen, die er während der Entführung vornehmen sollte. Zwischen der Entführung und der beabsichtigten Nötigung muss aber ein funktionaler und zeitlicher Zusammenhang derart bestehen, dass der Täter das Opfer während der Dauer der Entführung nötigen will und die abgenötigte Handlung während der Dauer der Zwangslage vorgenommen werden soll (BGH, Beschluss vom 22. November 1994 - GSSt 1/94, BGHSt 40, 350, 355; BGH, Urteil vom 20. September 2005 - 1 StR 86/05, NStZ 2006, 36 f.; BGH, Beschluss vom 12. September 2013 - 2 StR 236/13, StV 2014, 218). Hier verfolgten die Angeklagten aber die Absicht, den Geschädigten durch Entführung und qualifizierte Drohung dazu zu bestimmen, erst nach Beendigung der Zwangslage den Angeklagten R. bei der Polizei zu entlasten. Damit ist der Tatbestand nicht erfüllt.
Soweit der Geschädigte noch während der Bemächtigungslage seine Bereitschaft erklärt hat, künftig vor der Polizei wie gewünscht auszusagen, reicht diese Absichtserklärung für den tatbestandsmäßigen Erfolg nicht aus. Allerdings kann auch das Erreichen eines Teilerfolges des Täters, der ein weitergehendes Ziel vorbereitet, eine Nötigung darstellen (BGH, Urteile vom 14. Januar 1997 - 1 StR 507/96, NJW 1997, 1082 f.; und vom 20. September 2005 - 1 StR 86/05, NStZ 2006, 36 f.), wenn die Handlung des Opfers eine nach der Vorstellung des Täters eigenständig bedeutsame Vorstufe des gewollten Enderfolgs ist (BGH, Urteile vom 14. Januar 1997 - 1 StR 507/96, NJW 1997, 1082 f.; und vom 20. September 2005 - 1 StR 86/05, NStZ 2006, 36 f.).
Eine solche eigenständig bedeutsame Vorstufe in Gestalt einer gesteigerten Verbindlichkeit scheidet anhand der getroffenen Feststellungen aber aus. Den Urteilsgründen lässt sich nicht entnehmen, die Angeklagten seien davon ausgegangen, dass sie bereits während der Bemächtigungssituation erreichen konnten, dass der Geschädigte sich zu diesem Zeitpunkt verlässlich und endgültig zur Rücknahme der den Angeklagten R. belastenden Aussage und der Beschuldigung Dritter verpflichtet. Angesichts dessen, dass sie zu Beginn des Tatgeschehens keine klare Vorstellung darüber hatten, wie sie das durch die belastende Aussage entstandene Problem des Angeklagten R. lösen könnten, liegt es fern, dass nach ihrer Vorstellung die Zusage eine eigenständig bedeutsame Vorstufe des gewollten Enderfolgs sein sollte. Die Zusage verbesserte die Beweislage für den Angeklagten R. und seine Position als Beschuldigter im Ermittlungsverfahren nicht. Sie enthielt keine verbindliche Erklärung über das zukünftige Aussageverhalten des Geschädigten, aus der er irgendeinen rechtlichen Nutzen ziehen könnte. Dem Geschädigten wurde auch nicht abverlangt, seine entlastende Aussage schriftlich niederzulegen, Hintermänner zu belasten und seine Erklärung zu unterschreiben. Zudem erklärte der Geschädigte seine Bereitschaft, die Aussage zurückzunehmen, bereits vor der ersten Drohung mit dem Tode.
Soweit der Angeklagte E. den Geschädigten veranlasst hat, mit der Zeugin M. zu telefonieren und ihr zu sagen, dass alles in Ordnung sei, ist dies ebenfalls keine hinreichende Vorstufe des gewollten Enderfolgs. Es fehlt an der finalen Verknüpfung zwischen der Bemächtigungslage und ihrer Ausnutzung zum Zwecke der Nötigung. Das Telefonat diente lediglich der Aufrechterhaltung der Bemächtigungslage, um die Zeugin zu beruhigen und davon abzuhalten, die Polizei einzuschalten.
Damit erfüllt das Verhalten des Angeklagten E. nur die Tatbestände der Freiheitsberaubung und der (schon im Hinblick auf das erzwungene Telefonat) vollendeten Nötigung.
Zwar sind die Ausführungen des Landgerichts insoweit widersprüchlich als es die Voraussetzungen des § 239b StGB mangels eines während der Bemächtigungslage erzielten Teilerfolgs ablehnt, dann aber eine vollendete Nötigung durch dieses Geschehen mit der Begründung annimmt, die Angeklagten hätten dem Geschädigten die Zusage zur Rücknahme seiner Angaben gegenüber der Polizei durch Drohungen mit dem Tod abgerungen (UA S. 50).
Indes liegt eine vollendete Nötigung beim Angeklagten E. schon deshalb vor, weil er den Geschädigten während der Entführung durch die Drohung, er habe allen Grund, Angst zu haben, zur Preisgabe seiner gegenüber der Polizei getätigten Angaben gezwungen hat.
Auch der Strafausspruch ist rechtsfehlerfrei. Das Landgericht hat den Strafrahmen gemäß § 46a StGB gemildert, weil es zu der Überzeugung gelangt ist, dass der Angeklagte E. mit dem Geschädigten erfolgreich einen Täter-Opfer-Ausgleich durchgeführt hat.
IV.
Die Revision der Staatsanwaltschaft führt hinsichtlich des Angeklagten R. - jeweils insoweit auch zu Gunsten des Angeklagten (§ 301 StPO) - zur Aufhebung des Schuldspruchs und zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs.
Das Landgericht hat bei dem Angeklagten R. zutreffend eine Verurteilung wegen Geiselnahme nach § 239b Abs. 1 StGB abgelehnt (siehe Ziffer III.). Es hat ihn wegen Freiheitsberaubung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und schwerem Raub schuldig gesprochen. Die in den Urteilsgründen ebenfalls festgestellte tateinheitliche Nötigung hat das Landgericht - offensichtlich wegen eines Fassungsversehens - nicht in den Tenor aufgenommen (UA S. 46, 49). Die Verurteilung wegen schweren Raubes gemäß § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB hält jedoch der rechtlichen Prüfung nicht stand, weil die Feststellungen hierzu lückenhaft sind. Demgegenüber liegt auch ein den Angeklagten begünstigender Rechtsfehler vor, weil das Landgericht eine Prüfung des Geschehens unter dem Gesichtspunkt des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB und des § 239a StGB unterlassen hat.
1. Das Landgericht hat die Tatbestandsvoraussetzungen des schweren Raubes gemäß § 249 Abs. 1, § 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB bejaht, soweit der Angeklagte R. dem Geschädigten am Ende der Rückfahrt dessen MacBook und den MIDI Controller wegnahm. Die Qualifikation nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB, die erfüllt wäre, wenn das Elektroimpulsgerät als gefährliches Werkzeug verwendet worden wäre, hat es nicht geprüft.
a) Das Landgericht hat festgestellt, dass der Angeklagte R. unter Ausnutzung der von ihm erkannten massiven Einschüchterung und Angst des Geschädigten die Herausgabe der elektronischen Geräte verlangte und ihm sagte, das sei für die Anwaltskosten. Der Geschädigte, der sich weiterhin im Auto und im Einflussbereich der Angeklagten befunden habe, habe unter dem Eindruck des kurz zuvor erfolgten Einsatzes des Elektroschockgeräts und der Todesdrohungen die Wegnahme der Gegenstände geduldet. Er habe nur mit dem Leben davon kommen wollen und den Einsatz weiterer zeitnaher Gewalt befürchtet (UA S. 7, 22).
Im Rahmen der rechtlichen Würdigung (UA S. 50) hat das Landgericht ausgeführt, zum Zeitpunkt der Wegnahme sei die Bemächtigungssituation beendet gewesen, man hatte die Sache "abgeblasen" und fuhr zurück. Das Nötigungsmittel der Drohung mit weiterer Gewalt und die Wegnahme des technischen Geräts seien funktional verknüpft gewesen. Die kurz zuvor durch den Einsatz des Elektroschockers verübte Gewalt habe als aktuelle Drohung neuer Gewaltanwendung weiter auf den Geschädigten eingewirkt. Dieser habe sich unverändert im Einflussbereich des Angeklagten R. befunden, von dem er wusste, dass er den Elektroschocker bei sich führte, und des Angeklagten E. , der ihn zuvor - ebenso wie der Angeklagte R. - mit dem Tode bedroht hatte. Er sei im Zeitpunkt der Wegnahme nicht nur allgemein eingeschüchtert gewesen, sondern habe sich der Wegnahme nicht zu widersetzen gewagt, weil er den Einsatz weiterer, zeitnaher Gewalt befürchtet habe. Dies habe der Angeklagte R. bewusst ausgenutzt.
b) Diese Feststellungen tragen die Verurteilung wegen Raubes nicht.
Nach § 249 Abs. 1 StGB wird derjenige bestraft, der mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen. Gewalt oder Drohung müssen dabei Mittel zur Ermöglichung der Wegnahme sein (vgl. BGH, Urteil vom 15. Oktober 2003 - 2 StR 283/03, BGHSt 48, 365, 367).
Eine Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen (BGH, Urteil vom 8. Mai 2008 - 3 StR 102/08, NStZ 2008, 687), also durch schlüssiges Verhalten oder mit unbestimmten Andeutungen in versteckter Weise, die ein Übel für das Opfer erkennbar ankündigen. Erforderlich ist, dass der Täter die Gefahr für Leib oder Leben deutlich in Aussicht stellt, sie also durch ein bestimmtes Verhalten genügend erkennbar macht; es genügt nicht, wenn der andere nur erwartet, der Täter werde ihm ein empfindliches Übel zufügen (BGH, Urteil vom 17. März 1955 - 4 StR 8/55, BGHSt 7, 252, 253). Die konkludente Drohung mit Fortführung der Gewalt setzt also voraus, dass sich den Gesamtumständen einschließlich der zuvor verübten Gewalt die aktuelle Drohung erneuter Gewaltanwendung entnehmen lässt, der Täter also in irgendeiner Form schlüssig erklärt, er werde einen eventuell geleisteten Widerstand mit Gewalt gegen Leib oder Leben brechen. Nur dann wirkt die zuvor verübte Gewalt als aktuelle Drohung erneuter Gewaltanwendung weiter. Nutzt der Täter hingegen die durch die vorangegangene Gewaltanwendung entstandene Angst und Einschüchterung des Opfers nur aus, ohne diese durch eine ausdrückliche oder konkludente Drohung zu aktualisieren, fehlt es an der erforderlichen Finalität (vgl. BGH, Beschluss vom 7. September 1994 - 2 StR 431/94, StV 1995, 416 mwN; Sander in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl. 2012, § 249 Rn. 31). Ein Schuldspruch wegen Raubes scheidet aus.
Bei der Anwendung der Gewalt mit dem Elektroimpulsgerät handelte der Angeklagte noch nicht mit dem Ziel, dem Geschädigten etwas wegzunehmen. Die zunächst zu anderen Zwecken begonnene Gewaltanwendung hat er nach Fassen des Wegnahmevorsatzes nicht fortgesetzt.
Eine Äußerung oder sonstige Handlung des Angeklagten vor der Wegnahme, die eine auch nur konkludente Drohung mit weiterer Gewalt nach dem Fassen des Wegnahmeentschlusses beinhaltet, ist nicht festgestellt. Das Landgericht führt lediglich aus, dass die „Bemächtigungssituation und die Nötigung mit der Zielrichtung der Rücknahme der Aussage“ (UA S. 50) beendet war und der Angeklagte R. das Herausgabeverlangen mit der Bemerkung erläuterte, das sei "für die Anwaltskosten". Ob darin ein vom Angeklagten gewollter Erklärungsinhalt im Sinne einer versteckten Andeutung der Androhung erneuter Gewaltanwendung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben zur Erzwingung der Wegnahme liegt und ob der Geschädigte dies dann auch so verstanden hat, lässt das Urteil offen. Allein der Umstand, dass die Wirkungen eines ohne Wegnahmeentschluss eingesetzten Nötigungsmittels noch andauern und der Täter dies ausnutzt, genügt für die Annahme eines Raubes nicht.
Die Feststellungen lassen offen, wo das Elektroschockgerät nach seinem Einsatz verblieben ist, wie sich der Angeklagte R. und der Geschädigte genau verhalten haben, wo sich das Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt befand (u.U. bereits wieder vor der Wohnung der Zeugin M. ) und wodurch die Äußerung, das sei für die Anwaltskosten, ausgelöst wurde.
2. Sofern das neue Tatgericht die Finalität zwischen Gewaltandrohung und Wegnahmehandlung feststellen sollte, wird auch zu prüfen sein, ob der Angeklagte R. das Elektroimpulsgerät im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verwendet hat.
Ein besonders schwerer Raub gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB ist gegeben, wenn der Täter bei der Tat eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug verwendet. Das Elektroimpulsgerät ist ein gefährliches Werkzeug (BGH, Beschluss vom 11. November 2003 - 3 StR 345/03, NStZ-RR 2004, 169).
Ein anderes gefährliches Werkzeug wird nur dann gemäß § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB bei der Tat verwendet, wenn es der Täter als Raubmittel zweckgerichtet einsetzt und das Opfer die Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben mittels des gefährlichen Werkzeugs wahrnimmt und somit in die entsprechende qualifizierte Zwangslage versetzt wird (BGH, Beschluss vom 8. November 2011 - 3 StR 316/11, StV 2012, 153 mwN). Dabei setzt (vollendetes) Verwenden zur Drohung voraus, dass das Opfer das Nötigungsmittel als solches erkennt und die Androhung seines Einsatzes wahrnimmt. Die Äußerung der Drohung kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen. Die konkludente Drohung erfordert, dass nach ihrem Erklärungsinhalt mit dem Einsatz des gefährlichen Werkzeugs gedroht wird. Dies gilt auch dann, wenn das gefährliche Werkzeug bereits in anderem Zusammenhang gebraucht worden ist (BGH, Urteil vom 15. Oktober 2003 - 2 StR 283/03, BGHSt 48, 365, 367).
Kein Verwenden ist das bloße Mitsichführen des gefährlichen Werkzeugs und zwar grundsätzlich auch dann nicht, wenn es offen erfolgt (BGH, Urteile vom 8. Mai 2008 - 3 StR 102/08, StV 2008, 470; und vom 18. Februar 2010 - 3 StR 556/09, NStZ 2011, 158, 159; BGH, Beschluss vom 8. Mai 2012 - 3 StR 98/12, NStZ 2013, 37).
Die Annahme eines besonders schweren Raubes nach § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB setzt hier also voraus, dass der Angeklagte konkludent mit dem erneuten Einsatz des Elektroschockgeräts gedroht hat, sich dieser konkludenten Drohung auch bewusst war und den Geschädigten dadurch veranlassen wollte, die Wegnahme zu dulden. Der Geschädigte wiederum muss eine Drohung mit diesem Erklärungsinhalt auch wahrgenommen haben.
Die Feststellungen lassen offen, ob der Angeklagte R. konkludent mit dem Einsatz des Elektroschockgeräts gedroht und damit dieses gefährliche Werkzeug im Sinne von § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB verwendet hat. Sie ergeben nicht, dass der Angeklagte R. am Ende der Fahrt das Elektroimpulsgerät in irgendeiner Weise dem Geschädigten präsentierte oder in sonstiger Weise in Erinnerung brachte und der Geschädigte dies auch so wahrgenommen hat. Allein die möglicherweise nach wie vor bestehende Verfügungsgewalt des Angeklagten R. über das Elektroimpulsgerät und dessen früherer Einsatz belegen keine konkludente Drohung, es bei Nichtbefolgung seines Herausgabeverlangens erneut einzusetzen. Da die Qualifikation des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB einen zweckgerichteten Einsatz des gefährlichen Werkzeugs voraussetzt, reicht es nicht aus, dass der Geschädigte sich deshalb fügte, weil er den Einsatz weiterer Gewalt befürchtete.
Der Senat kann nicht ausschließen, dass in einer erneuten Hauptverhandlung noch weitergehende Feststellungen getroffen werden können.
3. In diesem Zusammenhang wird auch zu klären sein, ob sich der Angeklagte R. durch das Herausgabeverlangen und die Wegnahme der elektronischen Geräte eines erpresserischen Menschenraubes nach § 239a Abs. 1 StGB schuldig gemacht hat; denn nach den Feststellungen des Landgerichts befand sich der Geschädigte unverändert im Einflussbereich des Angeklagten R. , von dem er wusste, dass er den Elektroschocker bei sich führte, und des Angeklagten E. , der ihn zuvor - ebenso wie der Angeklagte R. - mit dem Tod bedroht hatte (UA S. 50). Allerdings geht das Landgericht davon aus, dass eine „Bemächtigungssituation“ zu diesem Zeitpunkt beendet war (siehe Ziffer IV. 1.b).
Zwar liegt nicht fern, dass die Rückfahrt auch dem Wunsch des Geschädigten nach Rückkehr entsprach, so dass die Entführung (und die Freiheitsberaubung) aufgrund eines Einverständnisses des Opfers mit der nunmehr vorgenommenen Ortsveränderung und dem Verbleib im Auto tatsächlich ihr Ende gefunden hatte. Jedoch sind die Feststellungen hierzu unklar.
4. Eine vollendete Nötigung liegt beim Angeklagten R. bereits deshalb vor, weil die Angeklagten den Geschädigten einvernehmlich mittels der durch die Entführung verstärkten Drohung, er habe allen Grund, Angst zu haben, zur Preisgabe seiner gegenüber der Polizei getätigten Angaben gezwungen haben. Hinsichtlich der in Bezug auf § 239b StGB widersprüchlichen Ausführungen des Landgerichts wird auf Ziffer III. verwiesen.
Ob der Geschädigte seine Aussage vor der Polizei zurückgenommen hat und damit ein weiterer Nötigungserfolg eingetreten ist, lässt sich den Feststellungen nicht entnehmen.
5. Die Aufhebung des Schuldspruchs bei dem Angeklagten R. zieht die Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs nach sich.
Allerdings merkt der Senat an, dass die einheitliche Anwendung von Jugendstrafrecht auf den Angeklagten R. auf der Grundlage der bisherigen (wenngleich lückenhaften) Feststellungen nicht rechtsfehlerhaft ist.
Einen Rechtsfehler stellt es aber dar, im Rahmen der Bemessung der Jugendstrafe offen zu lassen, ob ein vertypter Milderungsgrund (hier § 46a StGB) gegeben ist oder nicht; denn ein vertypter Milderungsgrund prägt das in der Straftat hervorgetretene Unrecht.
Die nunmehr zur Entscheidung berufene Jugendkammer wird die Anwendung von Jugendstrafrecht auf der Grundlage des dann im Fall B II 4 erfolgten Schuldspruchs neu zu prüfen haben.
V.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO und § 473 Abs. 2 Satz 1 StPO.
Raum Graf Cirener
Mosbacher Fischer