Entscheidungsdatum: 08.11.2016
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 12. Februar 2016 im gesamten Strafausspruch und soweit eine Einziehung angeordnet wurde, aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Von Rechts wegen
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 16 tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten verurteilt und den bei der Tatbegehung verwendeten Pkw BMW 320d eingezogen. Die Revision des Angeklagten, welcher die Nichtanwendung des § 64 StGB von seinem Angriff ausgenommen hat, hat mit der Sachrüge den aus dem Tenor ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet.
I.
Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der in Deutschland nicht vorbestrafte Angeklagte für die anderweitig Verfolgten Z. , K. , B. und S. , welche sich im Raum D. zusammengeschlossen hatten, um mit erheblichen Mengen Betäubungsmitteln (Marihuana) Handel zu treiben, bei insgesamt 16 Gelegenheiten Marihuana in Einzelmengen von jeweils 1 kg bis 4,3 kg zu einem Grammpreis von vier Euro verschafft, indem er von ihnen jeweils zunächst das Geld für den Ankauf der Betäubungsmittel erhielt und sodann am darauffolgenden Tag mit dem Pkw BMW, amtliches Kennzeichen Tschechische Republik , nach Tschechien fuhr und sich dort mit dem anderweitig verfolgten Sa. traf, das erforderliche Rauschgift erhielt und zugleich als Lohn für seine Handlungen zusätzlich nicht näher bekannte Mengen an Marihuana zum eigenen Gebrauch ausgehändigt bekam.
II.
Die materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils hat zum Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen täterschaftlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.
Der Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ist nach ständiger Rechtsprechung weit auszulegen. Er erfasst alle Tätigkeiten, die auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtet sind und schließt damit dem Grundsatz nach auch unterstützende Tätigkeiten als tatbestandliche Handlungen ein (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252). Die Abgrenzung zwischen täterschaftlichen Handlungen und Beihilfehandlungen hat nach allgemeinen Regeln zu erfolgen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 8. Januar 2013 - 5 StR 606/12, NStZ 2013, 549; Urteil vom 28. Februar 2007 - 2 StR 516/06, BGHSt 51, 219). Dabei stellt der Bundesgerichtshof in seiner jüngeren Rechtsprechung vor allem darauf ab, welche Bedeutung dem konkreten Tatbeitrag für das Umsatzgeschäft insgesamt zukommt (BGH, Beschluss vom 30. August 2016 - 4 StR 297/16).
Ein Kurier ist danach als Gehilfe einzuordnen, wenn sich die Tathandlung auf den Transport von Betäubungsmitteln zwischen selbstständig handelnden Lieferanten und Abnehmern beschränkt und der Beteiligte nicht in der Lage ist, das Geschäft insgesamt maßgeblich mitzugestalten. Als mittäterschaftliches Handeltreiben kann eine Kuriertätigkeit demgegenüber einzuordnen sein, wenn der Beteiligte über den reinen Transport hinaus erhebliche Tätigkeiten entfaltet (BGH, Urteil vom 28. Februar 2007 - 2 StR 516/06, BGHSt 51, 219). Solche Tätigkeiten können beispielsweise bei der Einbindung des Kuriers in den An- oder Verkauf der Betäubungsmittel (BGH, Beschluss vom 9. November 2011 - 1 StR 508/11), bei einer weiterreichenden Einflussmöglichkeit des Kuriers auf Art und Menge der transportierten Betäubungsmittel (BGH, Beschluss vom 30. März 2007 - 2 StR 81/07, NStZ-RR 2007, 246) oder wenn der Kurier die transportierten Drogen am Zielort aufzubewahren, zu portionieren, chemisch umzuwandeln oder zu verpacken hat (Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Rn. 221 unter Verweis auf BGH, Beschluss vom 7. März 2001 - 2 StR 23/01), anzunehmen sein.
Nach diesen Maßgaben hat der Angeklagte in den vorliegenden Fällen als unmittelbarer Täter gehandelt und dabei in eigener Person alle Merkmale des Handeltreibens verwirklicht. Der Angeklagte nahm jeweils vor seinen Fahrten nach Tschechien in D. das Geld für die Beschaffung des Marihuanas entgegen, fuhr dann nach Tschechien und traf sich dort mit seinem Lieferanten, dem anderweitig verfolgten Sa. , brachte anschließend die Betäubungsmittel in die Nähe des Grenzübergangs zwischen Tschechien und Deutschland und händigte die bestellte Ware dort an die Käufer aus, welche sie sodann selbst nach Deutschland einführten. Der Angeklagte erhielt von den Käufern die Benzin- und Fahrtkosten nach Tschechien erstattet und von dem anderweitig verfolgten Sa. nicht näher bekannte Mengen an Marihuana zum Eigengebrauch als Lohn für seine Tätigkeit. Für den Angeklagten hatten die auf diese Weise „bezahlten“ Fahrten nach Tschechien den Vorteil, dass er so seine dort lebenden Kinder regelmäßig besuchen konnte und sich entsprechende eigene Aufwendungen ersparte.
Auch wenn der Angeklagte am An- und Verkauf der Betäubungsmittel nicht unmittelbar verdiente, hatte er die Stellung eines Zwischenhändlers, der sowohl den Ankauf wie auch die Weitergabe der Marihuanalieferungen umfassend organisierte und jeweils als Erlös die Besuchsfahrten zu seinen Kindern finanziert und Betäubungsmittel zum Eigengebrauch ausgehändigt erhielt. Sein Interesse an dem Betäubungsmittelhandel betraf somit nicht nur die Erlangung des Kurierlohns, sondern auch die Ermöglichung von Besuchsfahrten sowie die für seinen Konsum erforderlichen Mengen an Marihuana (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 9. November 2011 - 1 StR 508/11). Seine Tathandlung war damit nicht allein auf den Transport von Betäubungsmitteln zwischen selbstständig handelnden Lieferanten und Abnehmern beschränkt; vielmehr hat der Angeklagte aufgrund seiner eigenen Interessen die Geschäfte insgesamt maßgeblich mitgestaltet (BGH, Urteil vom 28. Februar 2007 - 2 StR 516/06, BGHSt 51, 219).
III.
Dagegen hat der Strafausspruch keinen Bestand; dies führt auch zur Aufhebung der Entscheidung über die Einziehung.
1. Die Einziehung des zur Beschaffung der Betäubungsmittel in Tschechien genutzten Pkw´s des Angeklagten hat das Landgericht auf § 74 Abs. 1 StGB gestützt. Indes ist eine hierauf bezogene Einziehung nur zulässig, wenn der Gegenstand zur Zeit der Entscheidung dem Täter gehört oder zusteht (§ 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB), also der Angeklagte selbst oder ein Teilnehmer zum Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung Eigentümer des Fahrzeuges war (BGH, Beschluss vom 28. September 1971 - 1 StR 261/71, BGHSt 24, 222, [226 f.]; Urteil vom 27. August 1998 - 4 StR 307/98, NStZ-RR 1999, 11). Dazu verhält sich das angefochtene Urteil nur unzulänglich: Nach den Feststellungen hatte der Angeklagte Schulden aus einem Autokauf in Höhe von 5.000 €, wobei er den zu diesem Zweck aufgenommenen Kredit in monatlichen Raten von 117 € zurückzahlt. Die - nicht näher begründete - Annahme des Landgerichts, es handele sich um das „Fahrzeug des Angekl.“ bzw. um „sein Fahrzeug“, wird durch diese Feststellungen nicht belegt. Vielmehr entspricht es den Gepflogenheiten im Kraftfahrzeughandel, dass sich die finanzierende Bank Sicherungseigentum übertragen lässt und dies bis zur vollständigen Zahlung des Kaufpreises in Anspruch nimmt. Solange das Sicherungseigentum fortbesteht, kann der Rückübertragungsanspruch des Täters nach § 74 Abs. 1, 2 Nr. 1 StGB eingezogen werden (vgl. hierzu für den der Sache nach vergleichbaren Fall der Anwartschaft BGH, Urteil vom 24. August 1972 - 4 StR 308/72, BGHSt 25, 10).
2. Im Übrigen hätte das Landgericht berücksichtigen müssen, dass eine Einziehung gemäß § 74 Abs. 1 StGB den Charakter einer Nebenstrafe hat und damit eine Strafzumessungsentscheidung darstellt (BGH, Beschluss vom 17. August 2016 - 2 StR 123/16). Wird nämlich dem Täter auf diese Weise eine Sache von nicht unerheblichem Wert entzogen, ist dies deshalb ein bestimmender Gesichtspunkt für die Bemessung der daneben zu verhängenden Strafe und insoweit im Wege einer Gesamtbetrachtung der den Täter betreffenden Rechtsfolgen angemessen zu berücksichtigen (BGH, Beschluss vom 12. März 2013 - 2 StR 43/13, StV 2013, 565). Dies hat das Landgericht nicht bedacht. Nachdem der Wert des Pkw´s nicht mitgeteilt wird, könnte der Senat nicht ausschließen, dass das Landgericht bei Beachtung der oben dargelegten Grundsätze eine andere Strafzumessungsentscheidung getroffen hätte.
3. Die dem Strafausspruch zu Grunde liegenden Feststellungen werden von dem Rechtsfehler nicht berührt und können bestehen bleiben. Der neue Tatrichter wird ergänzende Feststellungen zum Wert des Kraftfahrzeugs zu treffen haben. Ebenfalls wird es auch das Vorliegen eines minder schweren Falles neu zu prüfen haben.
Raum Graf Cirener
Radtke Bär