Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 11.03.2015


BGH 11.03.2015 - 1 StR 3/15

Strafzumessung wegen versuchten Mordes: Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot bei strafschärfender Berücksichtigung des unbedingten Tötungsvorsatzes


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
1. Strafsenat
Entscheidungsdatum:
11.03.2015
Aktenzeichen:
1 StR 3/15
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend LG Landshut, 1. Oktober 2014, Az: Ks 102 Js 36553/13
Zitierte Gesetze

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Landshut vom 1. Oktober 2014 gemäß § 349 Abs. 4 StPO im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

2. Die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.

3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts Landshut zurückverwiesen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vorbehalten. Die mit der näher ausgeführten Sachrüge begründete Revision des Angeklagten führt zur Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs; im Übrigen ist sie im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO unbegründet.

2

1. Im Rahmen der Strafzumessung hat das Landgericht ausdrücklich strafschärfend gewertet, dass es dem Angeklagten unbedingt darauf angekommen sei, seine Ehefrau zu töten, und er nicht nur mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe. Dies verstößt gegen § 46 Abs. 3 StGB (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. Februar 2004 - 4 StR 403/03 und vom 19. März 2009 - 4 StR 53/09, NStZ 2009, 564). Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Strafausspruch auf diesem Rechtsfehler beruht, der einen von drei bei der konkreten Strafzumessung ausdrücklich genannten Strafschärfungsgründe betrifft.

3

2. Bei dem Vorbehalt der Sicherungsverwahrung ist das Landgericht davon ausgegangen, dass es diesen aussprechen muss, weil die Voraussetzungen des § 66a Abs. 2 StGB vorliegen. Dies ist rechtsfehlerhaft. Bei § 66a Abs. 2 StGB handelt es sich schon nach dem Wortlaut der Norm („kann") um eine Ermessensvorschrift (vgl. Stree/Kinzig, in Schönke/Schröder, 29. Aufl., § 66a Rn. 20). Da das Landgericht den Ermessenscharakter der Vorschrift verkannt hat, hat es kein Ermessen ausgeübt. Dem Senat ist es verwehrt, insoweit eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen (vgl. auch BGH, Beschluss vom 21. August 2003 - 3 StR 251/03, NStZ-RR 2004, 12). Dies führt zur Aufhebung der Vorbehaltsanordnung.

4

In diesem Zusammenhang nicht unbedenklich sind Formulierungen des Landgerichts, wonach bei dem die Tatumstände zum Teil bestreitenden Angeklagten eine „echte Reue" nicht ersichtlich sei, auch weil er sich in der Hauptverhandlung bei der Geschädigten mit der Begründung nicht entschuldigt habe, sie habe in der Hauptverhandlung gelogen. Rechtsfehlerhaft wäre es, mit einem zulässigen Verteidigungsverhalten des Angeklagten dessen Hang zur Begehung erheblicher Straftaten oder dessen hangbedingte Gefährlichkeit zu begründen (vgl. Senat, Beschluss vom 21. August 2014 - 1 StR 320/14, NStZ-RR 2015, 9 mwN).

5

3. Um dem neuen Tatgericht insgesamt eine widerspruchsfreie neue Entscheidung über die Rechtsfolgen zu ermöglichen, hat der Senat die zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

RiBGH Prof. Dr. Jäger

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RiBGH Prof. Dr. Radtke

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Mosbacher