Entscheidungsdatum: 08.06.2017
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Darmstadt vom 12. Dezember 2016, auch soweit es den Mitangeklagten A. betrifft, unter Aufrechterhaltung der Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision des Angeklagten wird als unbegründet verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten und den nicht revidierenden Mitangeklagten A. jeweils wegen Steuerhinterziehung in 46 Fällen sowie wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in 46 Fällen zu Gesamtfreiheitsstrafen verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurden. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist sein Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
Das angefochtene Urteil ist im Schuld- und Strafausspruch aufzuheben, weil ihm die maßgeblichen Umstände für die Beurteilung der Frage, ob Tatvollendung oder nur Versuch gegeben ist, nicht entnommen werden können. Hierzu hat der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend ausgeführt:
„Die Urteilsgründe enthalten zwar Feststellungen zu den Daten der Steuererklärungen und zur Höhe der in den verfahrensgegenständlichen Veranlagungs- und Voranmeldezeiträumen zu Unrecht, weil aus Abdeckrechnungen geltend gemachten Vorsteuerbeträge (UA S. 9 ff.). Mangels Feststellungen zu weiteren Angaben in den Erklärungen lässt sich jedoch nicht nachprüfen, ob die (unrichtigen) Steueranmeldungen zu einer Steuervergütung (§ 168 Satz 2 AO) oder zu einer Zahllast (§ 168 Satz 1 AO) der beteiligten Unternehmen geführt haben. Das Landgericht hat dies weder ausdrücklich festgestellt, noch lässt es sich dem Gesamtzusammenhang des Urteils entnehmen. Eben hiervon hängt aber die Frage der Tatvollendung ab. § 370 Abs. 1 AO ist nicht lediglich ein Erklärungs-, sondern auch ein Erfolgsdelikt. Vollendung tritt erst ein, wenn der Täter durch seine Tathandlung Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt hat (BGH, Urteil vom 19. März 2013 - 1 StR 318/12, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Vollendung 3 mwN). Betreffen wie hier alle verfahrensgegenständlichen Taten des Angeklagten die Umsatzsteuer, sei es als Jahreserklärung oder als Voranmeldung, tritt für die Fälle der Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder der Steuervergütung der tatbestandliche Verkürzungserfolg erst aufgrund der gemäß § 168 Satz 2 AO erforderlichen Zustimmung der Finanzbehörde ein. In den Konstellationen des § 168 Satz 1 AO ist die Steuerhinterziehung dagegen bereits mit der (unrichtigen) Anmeldung selbst vollendet (BGH aaO; siehe auch BGH, Beschluss vom 5. Februar 2014 - 1 StR 422/13, NStZ 2014, 335, 336; Beschluss vom 23. Juli 2014 - 1 StR 196/14, NStZ 2015, 282). Die Frage, ob Versuch oder Vollendung vorliegt, entscheidet sich mithin nach dem Saldo der jeweiligen Erklärungen. Die Urteilsgründe beschränken sich demgegenüber jedoch auf die bloße Addition der in den inkriminierten Rechnungen ausgewiesenen Umsatzsteuer je Voranmeldungszeitraum (UA S. 10, 12, 14 f., 16 f.), mithin auf die Bestimmung der - lediglich strafzumessungsrechtlich relevanten - Höhe des beabsichtigten oder tatsächlich eingetretenen Steuerschadens.“
Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung des Urteils. Der Aufhebung der Feststellungen zu den nicht vorhandenen Warenbewegungen und Abdeckrechnungen sowie zur subjektiven Tatseite des Angeklagten bedarf es nicht, denn diese sind rechtsfehlerfrei getroffen. Das gilt auch bezüglich der für die Strafzumessung bedeutsamen Feststellungen über die Höhe der zu Unrecht geltend gemachten Vorsteuerbeträge. Ergänzende, den bisher getroffenen nicht widersprechende Feststellungen zu den Voraussetzungen von § 168 Satz 1 oder Satz 2 AO sind möglich und auch erforderlich.
Die Aufhebung ist gemäß § 357 Satz 1 StPO auf den nicht revidierenden Mitangeklagten zu erstrecken, weil der Rechtsfehler auch ihn hinsichtlich der nämlichen Taten betrifft, wegen derer der Beschwerdeführer verurteilt ist.
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