Entscheidungsdatum: 07.11.2017
1. Die Revision des Angeklagten V. gegen das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 12. Januar 2017 wird mit folgender Maßgabe als unbegründet verworfen:
Der Ausspruch über die Einziehung wird dahin neugefasst, dass die sichergestellten 307,6 g Marihuana, 224 Ecstasy-Tabletten mit der Motivprägung eines Teufelskopfs, 6,38 g MDMA-HCL, 5,54 g Kokaingemisch, 52,55 g Marihuana, 0,9 g MDMA-HCL und drei abgepackte Konsumeinheiten Marihuana mit insgesamt 9,8 g, eingezogen werden.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Von Rechts wegen
Das Landgericht hat den Angeklagten V. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Bestimmen einer Person unter 18 Jahren durch eine Person über 21 Jahren zum Fördern des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt und die Einziehung der „sichergestellten Betäubungsmittel“ angeordnet.
Der Angeklagte V. rügt die Verletzung materiellen Rechts. Sein Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
I.
Nach den Feststellungen des Landgerichts erwarb der Angeklagte V. vor dem 13. Juni 2016 größere Mengen an Betäubungsmitteln, vor allem Marihuana und Ecstasy, um sich durch gewinnbringenden Weiterverkauf eine dauernde Einnahmequelle zu verschaffen. Das Ecstasy war vollständig, das Marihuana „weitestgehend“ zum Verkauf bestimmt. Am 13. Juni 2016 begab sich der Angeklagte V. in Begleitung seiner 17-jährigen Lebensgefährtin S. in die Innenstadt von R. , um dort einen Drogenabnehmer zu treffen. Seine Lebensgefährtin hatte auf Verlangen des Angeklagten V. „einverständlich“ die Aufgabe übernommen, drei abgepackte Konsumeinheiten Marihuana (insgesamt 9,8 g) für den Angeklagten V. unauffällig in ihrer Handtasche zum Ort der späteren Übergabe an den Abnehmer zu transportieren und führte die fertig abgepackten Verkaufsportionen „für den Angeklagten V. griffbereit“ in ihrer Handtasche mit sich. Dadurch wollte sie ihn bei seinem Handel unterstützen. Bei einer Personenkontrolle wurde das Marihuana in ihrer Handtasche aufgefunden. In ihrem Zimmer in der Wohnung ihrer Eltern hatte der Angeklagte V. mit ihrer Kenntnis und mit ihrem Einverständnis weitere 52,55 g Marihuana (mit einem THC-Anteil von mindestens 7 g) und 0,9 g MDMA-HCL gelagert. In seinem eigenen Zimmer in der mütterlichen Wohnung befanden sich 307,6 g Marihuana, 224 Ecstasy-Tabletten, 6,38 g MDMA-HCL und 5,54 g Kokaingemisch. Insgesamt besaß der Angeklagte V. etwa 2.868 Konsumeinheiten Marihuana, die „weitestgehend“ zum Verkauf bestimmt waren.
II.
Die Nachprüfung des Urteils auf die Revision des Angeklagten V. hat – bis auf die fehlerhafte Fassung der Einziehungsentscheidung – keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben. Die Verurteilung des Angeklagten V. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Bestimmen einer Person unter 18 Jahren durch eine Person über 21 Jahren zum Fördern des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nach (§ 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG) hält rechtlicher Nachprüfung stand. Der Schuldspruch wird auch hinsichtlich des tateinheitlich abgeurteilten Bestimmens einer Person unter 18 Jahren durch eine Person über 21 Jahren zum Fördern des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln von den auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung beruhenden Feststellungen getragen.
1. Der Angeklagte V. hat den Tatvorwurf des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG) und den Besitz an den aufgefundenen Betäubungsmitteln eingeräumt. Im Rahmen der Gesamtwürdigung der festgestellten Indiztatsachen hat sich die Jugendkammer aufgrund einer umfassenden Gesamtschau aller Indizien davon überzeugt, dass der Angeklagte V. seine minderjährige Lebensgefährtin zum Fördern seines Handeltreibens bestimmt hat. Die Jugendkammer hat festgestellt, dass sie einverständlich die Aufgabe übernommen hatte, die verkaufsfertig verpackten Portionen an Marihuana in ihrer Handtasche zu transportieren. Das Herbeiführen eines Einverständnisses zwischen den Angeklagten über die Transportmodalitäten setzt eine auf dieses Ziel gerichtete Kommunikation zwischen ihnen voraus.
2. Unter „Bestimmen" im Sinne des § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG ist nach den zu § 26 StGB entwickelten Grundsätzen die Einflussnahme auf den Willen eines anderen zu verstehen, die diesen zu dem im Gesetz beschriebenen Verhalten bringt (vgl. BGH, Beschluss vom 5. August 2008 – 3 StR 224/08, NStZ 2009, 393, 394; Urteile vom 20. Januar 2000 – 4 StR 400/99, BGHSt 45, 373, 374 und vom 8. Januar 1985 – 1 StR 686/84, NJW 1985, 924). Das „Bestimmen" setzt einen kommunikativen Akt voraus, der zu dem Betäubungsmittelhandel durch den Minderjährigen führt (BGH, Urteil vom 7. September 1993 – 1 StR 325/93, NStZ 1994, 29, 30), wobei es unerheblich ist, in welcher Form und durch welches Mittel die Einflussnahme erfolgt (BGH, Urteile vom 20. Januar 2000 – 4 StR 400/99, BGHSt 45, 373, 374 und vom 8. Januar 1985– 1 StR 686/84, NJW 1985, 924). Die Willensbeeinflussung muss auch nicht die alleinige Ursache für das Verhalten des anderen sein, vielmehr genügt bloße Mitursächlichkeit (BGH, Urteile vom 20. Januar 2000 – 4 StR 400/99, BGHSt 45, 373, 374 und vom 7. September 1993 – 1 StR 325/93, NStZ 1994, 29, 30).
Bezugsgegenstand der Anstiftung und damit auch des „Bestimmens“ ist eine konkret-individualisierte Tat. Welche zur Tatindividualisierung tauglichen Merkmale jeweils erforderlich sind, entzieht sich dabei einer abstrakt-generellen Bestimmung und kann nur nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls entschieden werden (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 1986 – 2 StR 661/85, BGHSt 34, 63, 64 ff.). Ein zu einer konkreten Tat fest Entschlossener kann nicht mehr zu ihr bestimmt werden (sog. omnimodo facturus; st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. November 1987 – 3 StR 503/87, BGHR StGB § 26 Bestimmen 1 und vom 8. August 1995 – 1 StR 377/95, BGHR StGB § 26 Bestimmen 3 sowie Urteile vom 20. Januar 2000 – 4 StR 400/99, BGHSt 45, 373, 374 und vom 17. August 2000 – 4 StR 233/00, NStZ 2001, 41, 42).
Der Annahme von Anstiftung und damit auch des „Bestimmens“ steht es nicht entgegen, wenn der Haupttäter bereits allgemein zu derartigen Taten bereit war und diese Bereitschaft auch aufgezeigt hat oder sogar selbst die Initiative zu den Taten ergriffen hatte (vgl. BGH, Urteile vom 20. Januar 2000 – 4 StR 400/99, BGHSt 45, 373, 374 und vom 17. August 2000 – 4 StR 233/00, NStZ 2001, 41, 42); denn hier fehlt es noch an einer konkret-individualisierten Tat, zu der der Haupttäter erst noch durch Hervorrufen des Tatentschlusses veranlasst werden muss (vgl. BGH, Urteil vom 7. September 1993 – 1 StR 325/93, NStZ 1994, 29, 30).
Auf der Grundlage der Feststellungen erfüllt das Verhalten des Angeklagten V. die Tathandlung des „Bestimmens“ im Sinne des § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG. Indem der Angeklagte V. die zur Tatzeit 17-jährige S. bat, die drei abgepackten Konsumeinheiten Marihuana in ihrer Handtasche in seiner Begleitung zum Ort des verabredeten Verkaufsgeschehens zu transportieren, hat er sie zum Fördern seines unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln bestimmt. Dem steht nicht entgegen, dass S. immer wieder bereit war, ihn bei seinem Handeltreiben zu unterstützen, sei es durch das Verwahren von Marihuana in ihrer Wohnung für den Angeklagten V. , das Bringen einer Waage zum Portionieren oder Telefonaten mit Abnehmern.
Erst durch das Ersuchen, das Rauschgift für ihn in seiner Begleitung zum Ort des verabredeten Verkaufsgeschehens zu transportieren, ist S. zu der konkreten Tat des Förderns des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln veranlasst worden. Dass sie – wie ihre bisherigen Unterstützungsleistungen zeigten – bereits allgemein zu derartigen Taten bereit war, ist demgegenüber unschädlich (BGH, Urteile vom 20. Januar 2000 – 4 StR 400/99, BGHSt 45, 373, 374 und vom 7. September 1993 – 1 StR 325/93, NStZ 1994, 29, 30).
Im Anwendungsbereich des § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG wird es sich häufig gerade so verhalten, dass der Minderjährige bereits der Drogenszene verhaftet ist und daher der Gefahr einer Beeinflussung seines Willens in Richtung auf ein Verhalten, wie es in § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG umschrieben wird, in besonders starkem Maße ausgesetzt ist (BGH, Urteil vom 20. Januar 2000 – 4 StR 400/99, BGHSt 45, 373, 374). Der Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG ist nach den Gesetzesmaterialien aus der Überlegung heraus eingeführt worden, dass die Benutzung Minderjähriger zur Durchführung des Betäubungsmittelverkehrs in besonderem Maße verabscheuungs- und strafwürdig ist (BGH, Urteil vom 20. Januar 2000 – 4 StR 400/99, BGHSt 45, 373, 374 unter Hinw. auf BT-Drucks. 12/989 S. 54/55 und 12/6853 S. 41).
Wird ein Minderjähriger erst durch die Übergabe des Rauschgifts mit der Anweisung, dieses zu bestimmten Bedingungen an einen bestimmten Ort zu transportieren, zu der konkreten Tat des unerlaubten Förderns des Handeltreibens veranlasst, „benutzt“ der Täter in einem solchen Fall einen Minderjährigen zum Betäubungsmittelverkehr auch dann, wenn dieser hierzu von vornherein (allgemein) bereit war und die Bereitschaft dem Täter gegenüber auch aufgezeigt hat (BGH, Urteil vom 17. August 2000 – 4 StR 233/00, NStZ 2001, 41, 42).
3. Für den Schuldspruch wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge ist es ohne Belang, dass die Eigenverbrauchsmenge nicht genau quantifiziert worden ist. Der Grenzwert zur nicht geringen Menge war in jedem Fall deutlich überschritten. Es beschwert den Angeklagten V. nicht, dass er hinsichtlich des Eigenkonsumanteils nicht auch wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln verurteilt worden ist.
4. Auch der Strafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand. Bei der Strafzumessung war der Erwerb zum Zwecke des Eigenkonsums nicht von Bedeutung. Bei der Bestimmung der Strafhöhe hat die Kammer gesehen, dass nicht alle Betäubungsmittel, sondern nur der ganz überwiegende Teil zum Gewinn bringenden Weiterverkauf bestimmt war. Insoweit wird auf die Antragsschrift des Generalbundesanwalts Bezug genommen.
5. Die im Urteil ausgesprochene Einziehungsentscheidung war fehlerhaft und deshalb neu zu fassen.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen einzuziehende Gegenstände im Tenor so genau angegeben werden, dass bei allen Beteiligten und den Vollstreckungsorganen Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Mai 2017 – 5 StR 133/17; vom 26. Januar 2017 – 5 StR 531/16; vom 10. Mai 2017 – 2 StR 117/17 und vom 10. November 2016 – 1 StR 453/16, NStZ 2017, 88, 89). Dies ist vorliegend unterblieben, da lediglich die Einziehung der „sichergestellten Betäubungsmittel“ angeordnet worden ist.
Insoweit bedarf es jedoch keiner Zurückverweisung. Die Urteilsgründe enthalten die bei Betäubungsmitteln erforderlichen Angaben über Art und Menge, so dass die konkrete Bezeichnung der einzuziehenden Gegenstände in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO vom Senat nachgeholt werden kann (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Mai 2014 – 3 StR 398/13, NStZ-RR 2015, 16, 17 und vom 23. November 2010 – 3 StR 393/10).
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