Entscheidungsdatum: 10.05.2016
1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Weiden i.d. OPf. vom 7. Dezember 2015 im Strafausspruch aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision der Angeklagten wird verworfen.
3. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte und wirksam auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang entsprechend dem Antrag des Generalbundesanwalts Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
1. Der Strafausspruch des angefochtenen Urteils hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand.
Nach den Feststellungen des Landgerichts hat die Angeklagte kurz nach der Entbindung eines ausgereiften, lebenden und lebensfähigen Kindes auf einer Toilette dieses dadurch getötet, dass sie Einwegpapierhandtücher in dessen Mund- und Rachenraum fest hineindrückte und dadurch die Atemwege verschloss, so dass das neugeborene Kind innerhalb weniger Minuten erstickte.
a) Das Landgericht hat bei seinen Strafzumessungserörterungen ausgehend vom Regelstrafrahmen des § 212 StGB im Rahmen einer Gesamtbetrachtung eine Strafrahmenverschiebung wegen eines minder schweren Falles nach § 213 2. Alt. StGB geprüft und dabei zehn zu Gunsten der Angeklagten sprechende, schuldmindernde Gesichtspunkte berücksichtigt und abschließend ausgeführt (UA S. 42): „Dem Gegenüber vermochte die Kammer Umstände, die zu Lasten der Angeklagten sprechen, nicht zu erkennen, so dass aufgrund des Bestehens allein entlastender Umstände vom Vorliegen eines minder schweren Falles auszugehen war.“
Im Rahmen der konkreten Strafzumessung innerhalb des damit geminderten Strafrahmens von einem Jahr bis zu zehn Jahren kommt das Landgericht zu folgendem Ergebnis (UA S. 43): „Unter Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Umstände, insbesondere unter Berücksichtigung der im Rahmen der Strafrahmenwahl angesprochenen Erwägungen (s.o.) und unter besonderer Würdigung des unter II. 2. festgestellten Tatbilds, hält die Kammer eine Freiheitsstrafe von 6 Jahren für tat- und schuldangemessen. Dabei hat die Kammer besonders die Tatsituation und das Alter der Angeklagten zu ihren Gunsten in den Blick genommen.“
b) Diese Erwägungen des Landgerichts sind rechtsfehlerhaft.
aa) Zwar ist die Strafzumessung grundsätzlich Sache des Tatgerichts. Es ist seine Aufgabe, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den es in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen, sie zu bewerten und hierbei gegeneinander abzuwägen. Ein Eingriff des Revisionsgerichts in diese Einzelakte der Strafzumessung ist in der Regel nur möglich, wenn die Zumessungserwägungen in sich fehlerhaft sind, wenn das Tatgericht gegen rechtlich anerkannte Strafzwecke verstößt oder wenn sich die verhängte Strafe nach oben oder unten von ihrer Bestimmung löst, gerechter Schuldausgleich zu sein (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 17. September 1980 – 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, 320, vom 7. Februar 2012 – 1 StR 525/11, juris Rn. 17, BGHSt 57, 123, 127 und vom 12. Januar 2016 – 1 StR 414/15, juris Rn. 12, BFH/NV 2016, 719, jeweils mwN). Nur in diesem Rahmen kann eine „Verletzung des Gesetzes“ (§ 337 Abs. 1 StPO) vorliegen. Dagegen ist eine ins Einzelne gehende Richtigkeitskontrolle ausgeschlossen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 10. April 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, 349; BGH, Urteile vom 12. Januar 2005 – 5 StR 301/04, wistra 2005, 144, vom 7. Februar 2012 – 1 StR 525/11, juris Rn. 17, BGHSt 57, 123, 127 und vom 12. Januar 2016 – 1 StR 414/15, juris Rn. 12, BFH/NV 2016, 719).
bb) Ein solcher Rechtsfehler bei der konkreten Strafzumessung liegt hier jedoch vor.
Im Hinblick auf die Vielzahl der festgestellten Schuldminderungsgründe und den ausdrücklichen Hinweis darauf, dass Schulderhöhungsgründe nicht festgestellt werden konnten, ergibt sich aus den Urteilsgründen nicht, weshalb das Landgericht bei dem nach § 213 StGB gemilderten Strafrahmen eine deutlich über der Mindeststrafe liegende Strafe festgesetzt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 14. November 2007 – 2 StR 417/07, NStZ-RR 2008, 106). Dies gilt umso mehr, als das Landgericht im Rahmen der konkreten Strafzumessung im engeren Sinn ausdrücklich nochmals die besondere Tatsituation und das Alter der Angeklagten zu ihren Gunsten berücksichtigt hat. Aus den Ausführungen des Landgerichts erschließt sich damit nicht, welche gegen die Angeklagte sprechenden Umstände das Gericht bei der Strafzumessung berücksichtigt haben will.
2. Soweit die Angeklagte in der Revisionsbegründung auch die Feststellungen des Landgerichts zum Strafausspruch beanstandet, ist die Revision unbegründet. Insoweit handelt es sich um urteilsfremdes Vorbringen, das der Revision im Rahmen der Sachrüge nicht zum Erfolg verhelfen kann. Da die Feststellungen im Übrigen von dem vorgenannten Zumessungsfehler unberührt bleiben, können sie bestehen bleiben. Der neue Tatrichter ist aber nicht gehindert, ergänzende, den bisher getroffenen nicht widersprechende Feststellungen zu treffen.
Raum Jäger Cirener
Mosbacher Bär