Entscheidungsdatum: 18.04.2012
Die Vollziehung des Urteils des Bundessozialgerichts vom 21. März 2012 - B 6 KA 22/11 - wird bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde, längstens für die Dauer von sechs Monaten, vorläufig ausgesetzt.
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I.
Die Beschwerdeführerin, die ein medizinisches Versorgungszentrum betreibt, wendet sich mit der Verfassungsbeschwerde gegen die Entziehung ihrer Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung.
Sie rügt eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 jeweils in Verbindung mit Art. 19 Abs. 3 GG, und begehrt den Erlass einer einstweiligen Anordnung.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist begründet.
1. Nach §§ 32, 93d Abs. 2 BVerfGG kann die Kammer im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsaktes vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Verfassungsbeschwerde erweist sich von vornherein als unzulässig oder offensichtlich unbegründet. Bei offenem Ausgang des Verfassungsbeschwerdeverfahrens muss das Bundesverfassungsgericht die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. BVerfGE 88, 25 <35>; 89, 109 <110 f.>).
2. Die Verfassungsbeschwerde ist weder unzulässig noch offensichtlich unbegründet.
3. Die somit gebotene Folgenabwägung führt zum Erlass der einstweiligen Anordnung.
Die damit erforderliche Folgenabwägung geht zugunsten der Beschwerdeführerin aus. Erginge die einstweilige Anordnung nicht, erwiese sich die Verfassungsbeschwerde aber als begründet, so entstünden der Beschwerdeführerin durch die Entziehung der vertragsärztlichen Zulassung schwere und kaum reparable berufliche und wirtschaftliche Nachteile. Sie müsste den Betrieb des medizinischen Versorgungszentrums mit sofortiger Wirkung einstellen. Es ist weiter davon auszugehen, dass sie angesichts der monatlichen Fixkosten die Praxis endgültig aufgeben und ihren angestellten Ärzten und Mitarbeitern kündigen müsste, wodurch sie zugleich ihren Patientenstamm verlieren würde. Diese Konsequenzen wären bei einem späteren Erfolg der Verfassungsbeschwerde praktisch kaum noch rückgängig zu machen.
Erginge die einstweilige Anordnung, hätte die Verfassungsbeschwerde später aber keinen Erfolg, so könnte die Beschwerdeführerin ihr medizinisches Versorgungszentrum einstweilen weiter betreiben. Dafür, dass den dort versorgten Patienten durch den weiteren Betrieb Gefahren drohten, ist nichts erkennbar. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass es zu erneuten Fehlabrechnungen kommen könnte, ist angesichts des Umstandes, dass bei der Beschwerdeführerin offenbar seit mehr als drei Jahren keine weiteren Pflichtverletzungen aufgetreten sind, eher gering.
Die aufgezeigten Folgen einer weiteren Betätigung der Beschwerdeführerin fallen somit kaum ins Gewicht, während andererseits die beruflichen Folgen, die für sie im Falle einer Ablehnung der einstweiligen Anordnung einträten, existentiell wären. Die grundrechtlich geschützten Belange der Beschwerdeführerin überwiegen daher das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung.
4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 3 BVerfGG.
5. Wegen der besonderen Dringlichkeit ergeht diese Entscheidung unter Verzicht auf die Anhörung der anderen Beteiligten des Ausgangsverfahrens (§ 32 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG).